Ich bin Gewerkschaftssekretär der kollektiven Betriebs- und Tarifarbeit (KBTA) im Fachbereich B (Öffentliche und Private Dienstleistungen, Sozialversicherung und Verkehr). Als KBTA-Sekretär schaue ich, wo wir das Potential haben, in den Dienststellen gewerkschaftliche Strukturen aufzubauen – also Vertrauensleutekörper. Dazu braucht es natürlich erstmal Mitglieder, die müssen gewonnen werden. Außerdem unterstütze und berate ich Personalräte und gucke, dass sie an ver.di angebunden sind, weil das unsere wichtigsten Zugänge in die Dienststellen sind. Wenn es im öffentlichen Dienst Tarifrunden gibt, organisiere ich Aktionen und Streiks. Neben Personalratswahlen ist das ein großes Thema. Nach der Tarifrunde ist vor der Tarifrunde (lacht). Letztes Jahr gabs den letzten Tarifabschluss ÖD Bund und VKA, seit Anfang des Jahres bereiten wir uns schon auf die nächste Runde vor, indem wir nach der Umfrage zum Thema Arbeitszeit, jetzt die Forderungsdebatte führen.
Ich habe eine Ausbildung zum Metallbauer bei der Stadt Rüsselsheim gemacht. Gleich zu Ausbildungsbeginn bin ich ver.di Mitglied geworden und habe mich für die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) aufgestellt. Als ich dafür zu alt wurde, bin ich in den Personalrat gewählt worden. Zuletzt war ich stellvertretender PR-Vorsitzender in voller Freistellung.
Erstmal war ich traurig, als ich aus dem Jugendalter raus war. Nach dem hessischen Personalvertretungsgesetz (HPVG) darf man nach der Ausbildung nur bis zum 26. Lebensjahr in der JAV sein. Ich wollte unbedingt Auszubildende unterstützen, weil sie besonders ungeschützt sind und noch wenig über ihre Rechte wissen. Oft waren sie die Lückenfüller in Bereichen, in denen gerade Hilfe nötig war und wurden dann angewiesen, in ihren Berichtheften Falschangaben zu machen. Ausbildungsfremde Tätigkeiten waren oft auf der Tagesordnung Ich habe also einen Weg gesucht, mich weiter für Nachwuchskräfte einzusetzen und wollte mich dafür auch gut ausbilden lassen. Deshalb habe ich mich für das JuSiE-Programm [1] bei ver.di beworben.
Ich habe hier die Freiheit zu entscheiden, wo ich Potential sehe und Kraft reinstecken möchte. ver.di gibt mir das Vertrauen, diese Entscheidung zu treffen und unterstützt mich dabei. Die Freiheit, mich so in meinem Job zu entfalten, hat mir noch kein anderer Arbeitgeber zuvor geboten. Klar gibt es bundesweite Arbeitsschwerpunkte, aber daneben kann ich frei entscheiden, welche örtlichen Schwerpunkte ich mit den Ehrenamtlichen lege. Das ist einfach respektvoll und wertschätzend mir als Arbeitskraft gegenüber und auch notwendig in einer Ehrenamtsorganisation.
Was du in erster Linie brauchst ist Empathie – sich in die Lage der Mitglieder hineinzuversetzen und zu verstehen, was sie gerade durchmachen. Das steht an erster Stelle, damit man sich für sie einsetzen kann. Wenn ich der Dienststellenleitung/ Arbeitgeber*in gegenüberstehe und im Namen der Beschäftigten spreche, muss ich wissen, was die Beschäftigten brauchen. Außerdem hilft es, charismatisch und anpassungsfähig zu sein, um auf die Menschen zugehen zu können und Sympathien aufzubauen. Du kannst nicht in kurzer Hose in eine Commerzbankfiliale gehen, genauso wenig wie du mit ner Krawatte auf dem Bauhof aufschlagen darfst. Es braucht ein Gespür für das passende Auftreten in der jeweiligen Situation. Manchmal fühl ich mich wie ein Rechtsanwalt, manchmal wie ein Seelsorger, manchmal wie ein Life-Coach. Der Job ist vielfältig und die Menschen, mit denen ich arbeite, auch.
Es kostet Kraft, das miteinander zu vereinbaren. Ich habe eine Tochter, die ich mittwochs und freitags mittags vom Kindergarten abholen muss. Das erfordert schon viel Terminkoordination, weil ich ja viele Termine mit weiten Anfahrten habe. Es ist nicht immer leicht, allem gerecht zu werden. Da wo ich kann, lege ich mir die Termine so, dass es passt.
[1] JuSiE: Jugendsekretär*in in Einarbeitung – Vorgänger des Trainee-Programms