Am 10. Juni wurde auf den Versammlungen der SED noch die Parteihymne "Die Partei, die Partei, die hat immer recht... " gesungen. Am 11. Juni konnten die Bürger der DDR im "Neuen Deutschland" das Eingeständnis des Politbüros lesen, "daß seitens der SED und der Regierung ... in der Vergangenheit eine Reihe von Fehlern begangen wurden..." Dann folgte die Auflistung einer ganzen Latte von Fehlern ,die dazu geführt hatten, daß "zahlreiche Personen die Republik verlassen haben."
Die Fehler wären vor allem gegenüber Bauern, Einzelhändlern, Handwerkern und Angehörigen der "Intelligenz" begangen worden, also, all jenen, die besonders unter dem "beschleunigten Aufbau des Sozialismus" zu leiden hatten, den Ulbricht auf der 2. Parteikonferenz im Juli 1952 eingeläutet hatte. Schon der nichtbeschleunigte sozialistische Aufbau vorher hatte den Menschen Angst und Schrecken eingejagt. Alleine im ersten Halbjahr 1952 hatten 72.000 Menschen die "Zone" verlassen, im zweiten Halbjahr gesellten sich weitere 110.000 hinzu und im 1. Halbjahr 1953 verdoppelte sich diese Zahl nochmals: eine Abstimmung mit den Füßen über das sozialistische Experiment .Vor allem die Drangsalierung der selbständigen Bauern führte dazu, daß Zehntausende Haus und Hof verließen oder verlassen mußten und die Flucht in den Westen antraten. Die Ernährungslage der Bevölkerung verschlechterte sich vor allem deshalb Ende 1952 dramatisch. Den meisten Selbständigen wurden im April 1953 die Lebensmittelkarten entzogen, d.h. sie mußten sich auf den freien Markt - zu wesentlich erhöhten Preisen - selbst versorgen.
Nachdem am 5. März Stalin gestorben war, machten sich die Diadochen in Moskau Gedanken, wie dieser Entwicklung in "ihrer" DDR begegnet werden könne. Sie wollten dort das Ruder radikal herumreißen: Die forcierte Ausrichtung auf die Schwerindustrie wurde fallengelassen, der Konsumsektor sollte gestärkt, geflohene Bauern (und alle anderen Geflüchteten) sollten ihr Eigentum zurückerhalten können, steuerliche Zwangsmaßnahme aufhören, Privatgeschäfte wieder geöffnet und überhaupt die Rechtssicherheit gestärkt werden. Der Neue Kurs mußte der Parteiführung der SED um Walter Ulbricht aufgezwungen werden.
Die Vorschläge der "Freunde" hatten nur eine kleine Schwachstelle: sie hatten die Arbeiter vergessen, also ausgerechnet jene Klasse, die angeblich die herrschende war und in deren Namen die SED ihre Diktatur ausübte.Die Fehler wären vor allem gegenüber Bauern, Einzelhändlern, Handwerkern und Angehörigen der "Intelligenz" begangen worden, also, all jenen, die besonders unter dem "beschleunigten Aufbau des Sozialismus" zu leiden hatten, den Ulbricht auf der 2. Parteikonferenz im Juli 1952 eingeläutet hatte. Schon der nichtbeschleunigte sozialistische Aufbau vorher hatte den Menschen Angst und Schrecken eingejagt. Alleine im ersten Halbjahr 1952 hatten 72.000 Menschen die "Zone" verlassen, im zweiten Halbjahr gesellten sich weitere 110.000 hinzu und im 1. Halbjahr 1953 verdoppelte sich diese Zahl nochmals: eine Abstimmung mit den Füßen über das sozialistische Experiment .Vor allem die Drangsalierung der selbständigen Bauern führte dazu, daß Zehntausende Haus und Hof verließen oder verlassen mußten und die Flucht in den Westen antraten. Die Ernährungslage der Bevölkerung verschlechterte sich vor allem deshalb Ende 1952 dramatisch. Den meisten Selbständigen wurden im April 1953 die Lebensmittelkarten entzogen, d.h. sie mußten sich auf den freien Markt - zu wesentlich erhöhten Preisen - selbst versorgen.
Nachdem am 5. März Stalin gestorben war, machten sich die Diadochen in Moskau Gedanken, wie dieser Entwicklung in "ihrer" DDR begegnet werden könne. Sie wollten dort das Ruder radikal herumreißen: Die forcierte Ausrichtung auf die Schwerindustrie wurde fallengelassen, der Konsumsektor sollte gestärkt, geflohene Bauern (und alle anderen Geflüchteten) sollten ihr Eigentum zurückerhalten können, steuerliche Zwangsmaßnahme aufhören, Privatgeschäfte wieder geöffnet und überhaupt die Rechtssicherheit gestärkt werden. Der Neue Kurs mußte der Parteiführung der SED um Walter Ulbricht aufgezwungen werden.
Die Vorschläge der "Freunde" hatten nur eine kleine Schwachstelle: sie hatten die Arbeiter vergessen, also ausgerechnet jene Klasse, die angeblich die herrschende war und in deren Namen die SED ihre Diktatur ausübte.
Für diese ging die alte Maloche weiter. Sogar unter verschärften Bedingungen. Das ZK der SED hatte erst noch am 14. Mai die "Erhöhung der Arbeitsproduktivität und die Durchführung strengster Sparsamkeit" gefordert. Die Arbeitsnormen sollten um durchschnittlich 10% bis zum 1. Juni 1953 erhöht werden .Die Regierung beeilte sich, diese Anweisung der Partei "administrativ" durchzustellen. Praktisch bedeutete diese Normerhöhung eine Lohnkürzung, denn die Arbeiter kamen schon bisher nur auf Ihren Lohn, wenn sie die Norm "übererfüllten". Angesichts der allgemeinen erbärmlichen Versorgungslage dürfte die Kraft, es Adolf Hennecke (Held der Arbeit, der unter manipulierten Arbeitsbedingungen die Norm um 387% erfüllte) gleichzutun, objektiv nicht ausgereicht haben.
Am 15. Juni legten die Bauarbeiter auf der Baustelle Krankenhaus Friedrichshain die Arbeit nieder und verständigten sich darauf, Herrn Grotewohl - gemeinsam mit Pieck Parteivorsitzender der SED und Ministerpräsident der DDR - aufzufordern, die Normerhöhung bis zum nächsten Tag zurückzunehmen, andernfalls würde man streiken .Am andern Tag, eine Antwort von Otto Grotewohl war nicht eingegangen, setzten sich zunächst die Bauarbeiter von Block 40 der Stalinallee in Bewegung, andere schlossen sich an.
Zunächst zog der ständig größer werdende Zug zum Haus des FDGB (Wallstraße) und fand dort die Türen verschlossen, dann ging es weiter die Leipziger Straße hinauf zum Haus der Ministerien. Inzwischen waren ca. 10.000 Leute versammelt. Die Bauarbeiter wollten mit Grotewohl und Ulbricht sprechen. Doch diese sahen keine Notwendigkeit, sich auf ein solches Gespräch einzulassen. Selbmann, immerhin Industrieminister, versuchte die Menschen zu beruhigen, wurde jedoch beschimpft und niedergeschrieen.
In der Bezirksleitung der SED brach mittlerweile Panik aus .Sie schickte ihren Spezialisten für "Agitation und Propaganda" Heinz Brandt zum gerade turnusmäßig tagenden Politbüro, um die Zurücknahme der Normerhöhung zu verlangen. Nach langem hin und her entschloß sich das Politbüro zu diesem Schritt. Jetzt erkannte die Parteiführung plötzlich, daß Normerhöhungen nicht "administrativ" eingeführt werden können, "sondern einzig und allein auf der Grundlage der Überzeugung und der Freiwilligkeit." Doch dies wollte zu diesem Zeitpunkt von den Demonstranten schon keiner mehr hören. Die Forderung nach dem Rücktritt der Regierung und vor allem: die Losung nach einem Generalstreik war bereits verkündet .Am nächsten Tag wollte man sich wieder treffen.
Am 17. Juni streikten aber nicht mehr nur die Bauarbeiter Ostberlins, sondern hunderttausende Arbeiter aller Branchen in der gesamten DDR .Der Berliner Rundfunksender RIAS hatte mit seiner Berichterstattung über die Berliner Ereignisse maßgeblich dazu beigetragen, daß sich die Nachricht vom "Aufrechten Gang" der Bauarbeiter über Berlin hinaus verbreiten konnte. Die Forderungen der Berliner Arbeiter: Auszahlung der Löhne nach alten Normen, Senkung der Lebenshaltungskosten, freie und geheime Wahlen, keine Maßregelung der Streikenden, Rücktritt der Regierung finden sich fast überall. Es ging nicht mehr nur um mehr Brot, sondern um politische Freiheit. Die Parole der Bauarbeiter: "Wir wollen freie Menschen sein" zündete in der gesamten DDR. Aus einem Streik war ein Volksaufstand worden .Vor allem Frauen und Jugendliche hatten sich den Demonstrationen und Kundgebungen angeschlossen. Teilweise wurden Parteibüros demoliert, verhaßte Funktionäre angegriffen, Gefängnisse gestürmt und Gefangene befreit. Die Volkspolizei war machtlos.
Am 17. Juni um 13.00 Uhr verhängte der sowjetische Militärkommandant den Ausnahmezustand in Berlin, in den andren Zentren des Aufstandes geschah das Gleiche. Die Sowjetarmee ließ Panzer auffahren ,ließ auf Arbeiter und Demonstranten schießen und richtet Standgerichte ein. Über 100 Menschen sind ums Leben gekommen. Die SED, deren Herrlichkeit schon geschwunden war, durfte wieder an die Regierung zurückkehren. Sie denunzierte den Aufstand als das Werk "von Provokateuren und faschistischen Agenten ausländischer Mächte und ihrer Helfershelfer aus deutschen kapitalistischen Monopolen" und setzte eine drakonische Strafjustiz gegen jene in Gang, die sie als Rädelsführer verdächtigte. Die westlichen Alliierten, von denen angeblich dieser Aufstand angezettelt wurde, hatten den Aufständischen jedoch unmißverständlich klargemacht: auf uns könnt ihr nicht zählen. Die Menschen in der DDR wußten nun, daß der Weg in die Freiheit nur durch individuelle Flucht in den Westen oder - für die Gesamtbevölkerung der DDR - über einen noch unbekannten und unvorstellbaren Umweg - über die Sowjetunion - führen würde.
Für den Erfolg der friedlichen Revolution 1989 lassen sich einige Ursachen benennen: 1. Der wirtschaftliche Bankrott der DDR (und der Sowjetunion), 2. Das Vorenthalten elementarer Menschen- und Bürgerrechte, 3. Die unaufhörlich wieder anschwellende Fluchtbewegung (das Loch im Eisernen Vorhang der ungarischen Grenze), 4. Die Bürgerrechtsbewegung und 5. Die Panzer der Roten Armee blieben in den Kasernen. Das unblutige Ende der SED-Diktatur, die freie Entscheidung der DDR-Bürger, sich mit der Bundesrepublik Deutschland zu vereinigen wäre ohne Duldung der Sowjetunion nicht möglich gewesen.
Die Freiheitsbewegung der DDR von 1989 bezog sich nicht auf den 17. Juni, doch 1989 schloß sich der Kreis, den die Aufständischen am 17. Juni 1953 geöffnet hatten .
Literaturhinweise:
Beier, Gerhard: Wir wollen freie Menschen sein : Der 17. Juni 1953 ; Bauleute gingen voran. - Frankfurt/M. - 1993.
Baring, Arnulf: Der 17. Juni 1953. - Stuttgart. - 1983.
Brandt, Heinz: Der Traum der nicht entführbar ist. - München. - 1967.
Knabe, Hubertus: Der 17. Juni 1953 : ein deutscher Aufstand. - Berlin. - 2003.
Mitter, Arnim ; Wolle, Stefan: Der Untergang auf raten : unbekannte Kapitel der DDR-Geschichte. - München. - 1993.