Tag der Arbeit: Am 1. Mai 2024 für „Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.“

Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit, der Tag, an dem Beschäftigte gemeinsam auf ihre Forderungen aufmerksam machen. Das Motto 2024 lautete: Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.

© DGB
Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
01.05.2024

INHALT

Wie lautete das Motto zum 1. Mai 2024?

Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit, der Tag, den im Jahr 1890 Millionen arbeitender Menschen in Europa und den USA zum ersten Mal gleichzeitig begingen. Bis heute ist die Tradition gewachsen. Am 1. Mai 2024 standen die bundesweiten Aktionen von Gewerkschafter*innen unter dem Motto „Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit." Dazu kam die Forderung #Tarifwende – Jetzt! Denn nur mit Tarifverträgen können die drei Ziele erreicht werden. Die Tarifbindung in Deutschland ist allerdings rückläufig. Immer weniger Menschen arbeiten unter dem Schutz eines Tarifvertrags. Dieser Entwicklung sagen die Gewerkschaften schon lange den Kampf an – auch am 1. Mai. 2024 gingen dafür bundesweit rund 330.000 Gewerkschafter*innen auf die Straße und zu den 1.-Mai-Kundgebungen.

 

Ist der 1. Mai ein Feiertag?

Der 1. Mai ist bundesweit ein gesetzlicher Feiertag.

 

Wo haben die ver.di-Bundesvorstandsmitglieder am Tag der Arbeit 2024 gesprochen?

Frank Werneke

Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke war in diesem Jahr der Hauptredner bei der Kundgebung in München. Zum Auftakt trafen sich die Demonstrierenden um 9:30 Uhr vor der Agentur für Arbeit in der Kapuzinerstraße 26. Dort startete dann um 10 Uhr eine Demonstration mit dem Ziel Marienplatz, wo um 11 Uhr die Kundgebung begann. Unter anderem ging es bei der Kundgebung auch um die Initiative „Daseinsvorsorge am Limit". Um 12:15 Uhr begann ein Kultur- und Familienfest, ab 16:15 Uhr übernahm dann die DGB-Jugend mit einem Open Air Konzert.

Der ver.di-Vorsitzende forderte anlässlich des Tags der Arbeit mehr soziale Gerechtigkeit, den Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge, Investitionen für eine zukunftsgerechte Klimapolitik und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Damit Sozial- und Infrastrukturpolitik nicht länger gegeneinander ausgespielt werden können, müsse die Schuldenbremse endlich ausgesetzt oder mindestens grundlegend reformiert werden, so Werneke.

„Dringend notwendige Investitionen in Infrastruktur, den öffentlichen Personennah- und -fernverkehr oder in Bildung finden nicht mehr statt oder bleiben nur Stückwerk. Die Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse und mindert vor allem die Chancen der großen Mehrheit der Menschen in diesem Land, die auf eine funktionierende öffentliche Daseinsvorsorge angewiesen sind“, so Werneke weiter.

„Arbeitgeberverbände sowie Politiker und Politikerinnen aus der Union und der FDP überbieten sich mit Forderungen zum Rückbau des Sozialstaates. Das ist ein Spiel mit dem Feuer – eine verlässliche Sozialpolitik ist ein wichtiger Teil des Fundamentes für eine erfolgreiche Brandmauer gegen die AfD“, betonte der ver.di-Vorsitzende. In unsicheren Zeiten bräuchten gerade Arbeitnehmer*innen, Rentner*innen, Schüler*innen sowie Studierende eine verlässliche Sozialpolitik als Schutz gegen den sonst drohenden wirtschaftlichen Abstieg.

Ein wirksames Mittel für Teilhabe am wirtschaftlichen Fortschritt, gegen sozialen Kahlschlag und das Wiedererstarken der Rechtsradikalen seien starke, kämpferische Gewerkschaften, die gute Lohnerhöhungen und vernünftige Arbeitsbedingungen durchsetzen: „Jegliche Forderungen der Arbeitgeber und ihres parlamentarischen Arms in Union und FDP nach einer Einschränkung des Streikrechts, vorgeschalteten Schlichtungen oder langen Vorankündigungsfristen bei Streiks weisen wir entschieden zurück. Tarifverhandlungen dürfen nicht zur kollektiven Bettelei verkommen“, so der Gewerkschafter.

Mehr Infos

Andrea Kocsis

Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis war in Dortmund zu Gast. Dort begann die Demonstration um 11 Uhr am Theatervorplatz. Ziel war der Dortmunder Westfalenpark. Dort nahm Kocsis bei der anschließenden Kundgebung auf der Festwiese an der Talkrunde der Gewerkschaften zur „Zukunft der Arbeit“ teil.

Mehr Infos

Christine Behle

Gleich zwei Mal konnte man die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle am Tag der Arbeit erleben. Zum einen sprach sie um 11 Uhr in Bottrop bei der Kundgebung an der Gladbecker Stra0e auf der Gambrinusbühne. Nachmittags war Behle um 15 Uhr Hauptrednerin der Kundgebung im Stadtgarten Recklinghausen. Der Demonstrationszug startete dort um 14:30 Uhr am Parkplatz der Wolfgang-Borchert-Gesamtschule. Auf der DGB-Bühne diskutierte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende anschließend unter anderem mit der Vorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Ricarda Lang, dem SPD-Generalsekretär, Kevin Kühnert und Julia Roth von der ver.di Jugend. Im Anschluss an die Veranstaltung wurden die Ruhrfestspiele eröffnet. 

Mehr Infos

Sylvia Bühler

ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler war gemeinsam mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, SPD, Rednerin bei der Auftaktkundgebung der Demo am Goldenen Reiter in Dresden. Ab 10 Uhr waren beide dort zu hören. Um 12:30 Uhr wurde der Demozug dann mit Livemusik auf dem Schloßplatz begrüßt. Um 13:30 Uhr begann dort dann eine Gesprächsrunde mit Betriebs- und Personalrät*innen sowie den Spitzenkandidat*innen von CDU, SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Europawahl.

Mehr Infos

Christoph Meister

ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Meister war in diesem Jahr ab 11 Uhr im Bürgergarten in Hameln zu hören.

Mehr Infos

 

 

Wo fand 2024 die zentrale Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) statt?

Die zentrale Kundgebung des DGB fand in diesem Jahr in Hannover statt. Die Demo startete um 10 Uhr ab Küchengarten und zog bis 11 Uhr zum Gewerkschaftshaus an der Goseride. Nach der Kundgebung, auf der die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi die Hauptrednerin war, begann um 12 Uhr ein Familienfest mit Kulturprogramm.  

Mehr Infos

 

Der 1. Mai 2024 auf Social Media

Der DGB hat auf seiner Social Media Wall Beiträge zum 1. Mai veröffentlicht, die mit #1MaiFuerMehr gekennzeichnet sind. Jede*r konnte/kann mit eigenen persönlichen Eindrücke von den Kundgebungen, Demonstrationen und Festen mitmachen. 

Instagram und X: Nutze den Hashtag #1MaiFuerMehr bei deinen Posts.
Facebook: Nutze den Hashtag #1MaiFuerMehr und markiere die Facebook-Seite @DGB.Gewerkschaftsbund

 

 
Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.
© DGB
1. Mai 2024: Mehr Sicherheit

Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Tax the rich“ – Start der Unterschriftensammlung am 1. Mai 2024

Das Münchner Bündnis „Superreiche zur Kasse“ ist ein breites Bündnis, in dem sich Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände wie die AWO, VDK und der Paritätische, die Katholische und Evangelische Arbeitnehmerbewegung, Organisationen wie attac und Parteien wie SPD, Grüne und Linke, die Jusos und die Grüne Jugend organisieren. Das Bündnis setzt sich für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer ein und unterstützt deshalb auch die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Tax the rich“ mit der Forderung nach einer europäischen Vermögenssteuer. Ab dem 1. Mai 2024 wurde begonnen, auf dem Kultur- und Familienfest des DGB in München Unterschriften für die Initiative zu sammeln. Die EBI fordert eine europäische Vermögenssteuer für Superreiche, mit der Bildung, Gesundheit und Klimaschutz finanziert werden können. 

Wie funktioniert die Europäische Bürgerinitiative?

Bis zum 9. Oktober 2024 müssen für die Initiative insgesamt 1 Million Menschen aus allen EU-Staaten unterschreiben. Aus Deutschland braucht es mindestens 67.680 Unterschriften. Alle Staatsangehörigen eines EU-Landes, die alt genug sind, um an den Wahlen zum Europäischen Parlament teilzunehmen, dürfen unterschreiben. Deutsche Staatsbürger*innen können beispielsweise ab 16 Jahren teilnehmen. Ist eine EBI erfolgreich, muss die Kommission das Anliegen prüfen und sich mit dem Thema auseinandersetzen.

Unter dem folgenden Link kann die Initiative unterstützt werden: 
Europäische Bürgerinitiative (europa.eu)

 

Die Geschichte des 1. Mai als Tag der Arbeit

Welche Themen die Gewerkschaften im Laufe der Geschichte im 1. Mai in den Mittelpunkt gestellt haben und was sie alles dabei erreicht haben, das zeigt die nachfolgende Bilanz.

„Es ist schon eine eigene Sache um den Weltfeiertag des Proletariats, um die Feier des 1. Mai. Ein Fest ist er, aber eins, das immer mit schweren Opfern bezahlt wurde, das Aussperrungen brachte und Blut fließen sah.“ Dies Fazit zog 1926 die „Gewerkschaft“, das Organ des Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter. Und dies war keine Übertreibung.

Im Jahre 1890 begingen erstmals Millionen arbeitender Menschen in mehreren europäischen Ländern und in den USA gleichzeitig den „Weltfeiertag der Arbeit“. Sie folgten damit einem Beschluss des Internationalen Arbeiterkongresses von Paris 1889. Dort war zu einer „großen internationalen Manifestation“ für den 1. Mai 1890 aufgerufen worden. Im Mittelpunkt stand die Forderung, „den Arbeitstag auf acht Stunden festzusetzen“.

 
Plakat 1. Mai 1946
© Foto: ÖTV-Magazin 5/90

Gewerkschaftsplakat

Der 1. Mai 1890 war von den Delegierten des Kongresses auserkoren worden, da der Amerikanische Arbeiterbund (American Federation of Labor) für diesen Termin bereits „eine solche Kundgebung“ beschlossen hatte. Für die amerikanische Arbeiterschaft war der 1. Mai ein wichtiges Datum. Traditionell wurden an diesem auch als „Moving Day“ bekannten Tag neue Arbeitsbedingungen ausgehandelt. Zudem hatten schon am 1. Mai 1886 in den Vereinigten Staaten Hunderttausende die Arbeit niedergelegt, um den Achtstundentag durchzusetzen. In Chicago war es dabei zu erbitterten Auseinandersetzungen gekommen, bei denen es mehrere Tote gab, darunter auch Polizisten. Sieben Arbeiterführer wurden daraufhin in einem fragwürdigen Indizienprozess zum Tode verurteilt. Vier von ihnen starben am Galgen.

1. Mai-Plakat 1897
© Foto: ÖTV-Magazin 5/90

Erste Maifeier 1890 war allgemein, aber nicht einheitlich

Diese Ereignisse beeinflussten die Entscheidung, den 1. Mai zum internationalen Kampf- und Feiertag der Arbeiter zu proklamieren. Nur wie er begangen werden sollte, ob durch eine allgemeine Arbeitsruhe oder Demonstrationen nach Arbeitsschluss, blieb den einzelnen Ländern überlassen. In Deutschland wurde darüber kontrovers diskutiert.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion warnte vor einer allgemeinen Arbeitsruhe. Mit den Reichstagswahlen am 20. Februar 1890 war sie zu einer starken Kraft im Parlament geworden, obgleich noch das berüchtigte „Sozialistengesetz“, das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ von 1878 galt. Sie fürchtete um die „Früchte des Sieges“, sollte es am 1. Mai zur allgemeinen Arbeitsruhe kommen. Daher schlug sie vor, nur dort, „wo immer man eine Arbeitsruhe am 1. Mai ohne Konflikte erwirken kann, da möge es geschehen“.

„Die erste deutsche Maifeier war zwar allgemein, aber sie war nicht einheitlich“, resümierte nach dem 1. Mai 1890 August Bebel, Vorsitzender der SPD. So waren in vielen Orten Arbeiterinnen und Arbeiter abends zusammengekommen, um den 1. Mai 1890 mit Versammlungen und Festen zu feiern. Etwa 100.000, vor allem in Hamburg und Berlin, hatten die Arbeit niedergelegt.

 
Plakat zum 1. Mai 1907
© ver.di-Archiv

Langer Streit um Arbeitsruhe am 1. Mai

In Hamburg konterten die Unternehmer mit Massenaussperrung und Maßregelungen. Bis in den September zogen sich die Auseinandersetzungen. Viele erhielten die Arbeit erst zurück, nachdem sie aus ihrer Gewerkschaft ausgetreten waren. Die Mitgliederzahl der Hamburger Gewerkschaften ging um fast zwei Drittel zurück auf knapp 12.000.

Auch in den folgenden Jahren reagierten Unternehmer mit Aussperrung und Entlassung. Der Stempel im Arbeitsbuch „Entlassen am 2. Mai“ war für viele Arbeiterinnen und Arbeiter die Folge des Engagements. Mit diesem „Kainsmerkmal“ gelang es nur schwer, eine neue Beschäftigung zu finden. Dennoch gewann die Idee einer Maifeier immer mehr Anhänger.

Die Frage der Arbeitsruhe am 1. Mai blieb lange Zeit Streitpunkt in der deutschen Arbeiterbewegung. Angesichts des wirtschaftlichen Aufschwungs in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts betonte die SPD den Gedanken einer allgemeinen Arbeitsruhe. So heißt es m einem Beschluss des Parteitages von Gotha 1896: „Als würdigste Feier des 1. Mai betrachtet die Partei die allgemeine Arbeitsruhe.“

Vorsichtiger in diesem Punkt verhielten sich die Gewerkschaften. Sie hatten die Ausgesperrten finanziell zu unterstützen, was für viele der noch jungen Verbände kaum möglich war. So beschlossen beispielsweise die im Handel- und Transportgewerbe beschäftigten Hilfsarbeiter, spezielle Maimarken für diejenigen herauszugeben, die am 1. Mai zur Arbeit gingen. Dazu stellten sie fest: „Die Maimarke im Mitgliedsbuch jedes einzelnen organisierten Kollegen sei der zielbewusste Ausdruck seines Solidaritätsgefühls und sein Stolz, in würdiger Weise zur erhebenden Feier des 1. Mai beigetragen zu haben.“

 
Postkarte zum 1. Mai 1919
© ver.di-Archiv

Seit 1919 allgemeiner Feiertag in Deutschland

Mit dem Ende des Kaiserreiches schien für die arbeitenden Menschen ein besseres Zeitalter zu beginnen: Der Achtstundentag wurde vereinbart und die Gewerkschaften „als berufene Vertretung der Arbeiterschaft anerkannt“. Zudem beschloss die Weimarer Nationalversammlung, den 1. Mai 1919 zum allgemeinen Feiertag zu erklären.

Das Erstarken der reaktionären Kräfte in der Weimarer Republik verhinderte jedoch eine reichseinheitliche Regelung für den 1. Mai. Den Ländern blieb es überlassen, die Feiertagsregelung festzulegen.

Wirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und politische Straßenkämpfe bildeten den Hintergrund der Maifeiern Ende der zwanziger Jahre. Aus Furcht vor Ausschreitungen verbot der sozialdemokratische Polizeipräsident von Berlin, Karl Zörgiebel, Demonstrationen am 1. Mai 1929. Die KPD widersetzte sich, organisierte Kundgebungen. Die Polizei griff überhart durch: Sie setzte Gummiknüppel gegen Demonstranten ein, machte massiv von Schusswaffen Gebrauch. Gesamtbilanz des „Blutmai“: 33 Tote und fast 200 Verletzte, darunter auch Unbeteiligte.

 
Abbildung Zeitungsausschnitt
© Foto: NS-Kurier, Sonderbeilage 1. Mai 1937

2. Mai 1933: SS und SA stürmen die Gewerkschaftshäuser

Die Nationalsozialisten, Ende Januar 1933 an die Macht gekommen, funktionierten den 1. Mai zum bezahlten „Nationalen Feiertag des deutschen Volkes“ um.  Am 1. Mai 1933 inszenierten sie in Berlin ein gigantisches Massenspektakel. Bereits einen Tag später stürmten SS und SA die Gewerkschaftshäuser und zerschlugen die freien Gewerkschaften. Auch in den folgenden Jahren der Nazi-Diktatur wurde die Maifeier missbraucht: Unter dem Motto „Freut euch des Lebens“ sollten befohlene Aufmärsche aller „Volksgenossen“ die Idee des Klassenfriedens symbolisieren.

Der Gedanke, den 1. Mai in seiner ursprünglichen Form zu feiern, ließ sich jedoch nicht zerstören. Er lebte in kleinen Gruppen weiter, die sich unter großen Gefahren in Ausflugslokalen oder im Wald zu illegalen Kundgebungen trafen. Selbst in den Konzentrations- und Vernichtungslagern der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft war der Maigedanke nicht totzukriegen.

1946: Erstmals wieder freie Maifeiern nach dem Krieg

Knapp ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, im April 1946, bestätigte der alliierte Kontrollrat den 1. Mai als Feiertag. Nun konnten zum 1. Mai wieder freie Maifeiern stattfinden. Noch waren die alliierten Siegermächte allerdings skeptisch, erlaubten bei den Demonstrationen und Kundgebungen keine Fahnen und Spruchbänder. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer war es jedoch, wie ein Zeitzeuge berichtet, „ein erhebendes Gefühl, dass wir uns nach der faschistischen Tyrannei wieder frei bewegen konnten“.

Bei der ersten Maifeier nach dem Kriege konzentrierten die Gewerkschaften ihre Forderungen auf Probleme des täglichen Lebens: Verpflegung, Obdach, Kleidung. In den Jahren danach rückten die Parolen „Frieden in Freiheit und soziale Gerechtigkeit“ in den Vordergrund der Maikundgebungen. Fragen eines geordneten Wiederaufbaus der Städte sowie der Wiedervereinigung standen dabei ganz oben an.

Am 1. Mai 1955 verkündete der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sein erstes Aktionsprogramm. Hauptforderungen waren: kürzere Arbeitszeit, höhere Löhne und Gehälter, größere soziale Sicherheit, gesicherte Mitbestimmung, verbesserter Arbeitsschutz. „Samstags gehört Vati mir“ lautete die Maiparole 1956. Doch auch die Einheit Deutschlands blieb Thema: „Wiedervereinigung: ohne Gewalt – doch bald“, hieß die Losung 1957.

In der DDR entwickelten sich die Maifeiern zu Militärparaden, mit denen die Wehrfähigkeit und -bereitschaft des „ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaates“ vorgerührt werden sollten.

 
© Foto: Deutscher Gewerkschaftsbund

Maiparolen – Spiegel gesellschaftspolitischer Entwicklungen

In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wandten sich die Demonstranten am 1. Mai gegen die geplanten Notstandsgesetze: „Die Grundrechte sichern“ (1963). Mit Beginn der Wirtschaftskrise und bei steigender Arbeitslosigkeit in den siebziger Jahren wurde eine alte Forderung wieder aktuell: „Recht auf Arbeit“ (1978). In den achtziger Jahren lautete das Leitmotiv Vollbeschäftigung: „Arbeit für alle“ (1982).

Im Jahr der deutschen Einheit 1990 feierten die deutschen Gewerkschaften 100 Jahre 1. Mai. Vergangenheit und Zukunft wurden verknüpft: „Solidarität sichert unsere Zukunft“. Die Losung zum 1. Mai 1991, der ersten gemeinsamen Maifeier im vereinten Deutschland, lautete: „Soziale Einheit in Frieden und Freiheit“. In den folgenden Jahren rückte die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit in den Vordergrund: „Deine Stimme für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (1998). „Wer, wenn nicht wir?“ – Mit diesem Slogan sollten im Jahre 2000 die klassischen Kompetenzen der Gewerkschaften herausgestellt und ihre Zukunftsorientierung deutlich werden.

Die Würde des Menschen zu achten, ihn nicht zu einem Kostenfaktor zu degradieren, war Zielrichtung der Maiparole 2005. Hieran knüpft der Slogan für 2006 an: „Deine Würde ist unser Maß“.

 
Gute Arbeit muss drin sein
© DGB

Ein Leben in Würde ist für viele Menschen keine Selbstverständlichkeit mehr.

Im Aufruf heißt es: „Ein Leben in Würde ist für viele Menschen keine Selbstverständlichkeit mehr. Millionen von Menschen sind dauerhaft arbeitslos. Weitere Millionen arbeiten Vollzeit zu Armutslöhnen. Dazu kommt die zunehmende Angst vor Arbeitslosigkeit und das drohende Abrutschen in Hartz IV. Die angekündigte weitere Verschlechterung des Kündigungsschutzes verschärft diese Situation noch. Auf der anderen Seite explodieren die Firmengewinne und Managergehälter. Selbst profitable Unternehmen entlassen Tausende von Beschäftigte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sagt: So geht es nicht weiter. Wir treten ein für existenzsichernde Einkommen durch Tarifvertrag und Mindestlöhne, für eine gerechte Teilhabe der Beschäftigten am Wohlstand.“

Wie verlief der 1. Mai in den vergangenen Jahren?

Einfallsreich während der Pandemie (2020/2021)

Der Tag der Arbeit war in den Jahren 2020 und 2021 stark von den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie geprägt. Dennoch ist es den Gewerkschaften gelungen, auch in diesem beiden Jahren ein verbindendes Element zu schaffen und den Tag der Arbeit gemeinsam begehen zu können. Mit jeweils 90minütigen Livestreams kamen sich die Gewerkschafter*innen trotz Abstand näher und sangen sogar zum Abschluss gemeinsam in einem großen Chor. Wie ungewöhnlich der 1. Mai in diesen beiden Jahren verlief, zeigt auch die Rede des ver.di-Vorsitzenden Frank Werneke. Er sprach 2021 in einem Autokino in Duisburg. Hupen statt Applaus, aber das tat dem Zusammenhalt keinen Abbruch.

 
1. Mai 2022
© ver.di
1. Mai 2022

2022

GeMAInsam Zukunft gestalten – Mit diesem Wortspiel haben die DGB-Gewerkschaften die Bedeutung dieses Tages hervorgehoben. Denn die Gewerkschaften stehen für ein solidarisches Miteinander, auch in unruhigen Zeiten. Nach zwei Jahren mit Einschränkungen durch die Corona-Pandemie sind sie in diesem Jahr wieder gemeinsam auf die Straße gegangen. Damit haben sie am Tag der Arbeit ein sichtbares Zeichen für eine gerechte Zukunft gesetzt.

Die zentrale Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) fand in Berlin statt. Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke sprach sich bei der Kundgebung in Mainz für ein Ende des Krieges in der Ukraine aus. Zudem erinnerte er daran, dass für den dringend erforderlichen klimaneutralen Umbau der Wirtschaft sowie für Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung Finanzmittel in zweistelliger Millionenhöhe gebraucht werden. Dazu müsse aber die Schuldenbremse ausgesetzt werden. Zudem müssten Reiche und Vermögende endlich ihren längst überfälligen Beitrag für das Gemeinwesen leisten, derzeit müssten vor allem Arbeitnehmer*innen die Lasten schultern. „Wir fordern eine Abgabe für Vermögende als Lastenausgleich zur Bewältigung der unmittelbaren Kriegs- und Krisenfolgen und für dringend notwendige Investitionen in die Zukunft“, sagte Werneke.