Vom Überwinden der Kragenlinie

    17.06.2021

    Ein Drei-Säulen-Modell bündelt in der Weimarer Republik sozialdemokratisch orientierter Verbände der Arbeiter, Angestellten und Beamten

    Text: Gunter Lange
    Motive: ver.di-Archiv

     

    • Teil 1: Die Gewerkschaftslandschaft im Kaiserreich – Ein zerklüftetes Bild
      Gedenkblatt zur Maifeier 1892
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      Gedenkblatt zur Maifeier 1892

      Ein Rückblick auf die frühe Organisationspolitik der Gewerkschaften. Die 1891 von 74 Delegierten sozialdemokratischer „freier“ Arbeiter-Gewerkschaften gewählte Generalkommission der deutschen Gewerkschaften umfasste anfangs 53 Zentralverbände mit insgesamt 351 200 Gewerkschaftsmitgliedern. Zum ersten Gewerkschaftskongress 1892 im März 1892 in Halberstadt legte die Generalkommission einen Organisationsplan vor, „nach welcher die Zentralorganisationen der einzelnen Berufe die Grundlage der Bewegung bilden sollten. Die Zentralverbände verwandter Berufe sollten sich in Unionen zu gemeinsamer Agitation und wirksamerer Durchführung von Lohnbewegungen zusammenschließen“, beschreibt Richard Seidel, langjähriger Schriftleiter beim ADGB.[i] Die Metallarbeiter hatten aus ihren Erfahrungen heraus Industrieverbände vorgeschlagen, ihren Antrag dann aber zurückgezogen. Nach langer kontroverser Debatte einigten sich zwar die Delegierten 1892 auf eine salomonische Formel zur Organisationsfrage. Danach wurde für eine „Annäherung der Zentralisation verwandter Berufe durch Kartellverträge“ plädiert. Sie überließen die Frage nach späteren Vereinigungen zu beruflichen Unionen oder Industrieverbänden der weiteren Entwicklung. Allerdings heißt es im Absatz 2 der Resolution: „Der Kongreß erklärt, daß in all denjenigen Berufsgruppen, wo die Verhältnisse den Industrieverband zulassen, dieser vorzuziehen ist, daß jedoch in all denjenigen Berufsgruppen, wo infolge der großen Verschiedenheit der Verhältnisse die Vereinigung in einen Industrieverband nicht durchführbar ist, durch Bildung von Unionen diese Möglichkeit herbeigeführt werden soll.“[ii] Eine eindeutige Beschlusslage, ob Berufs- oder Industrieverbandsprinzip sollte sich – im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung – erst Jahrzehnte später ergeben. Die hier gebündelten Verbände mit Carl Legien als Vorsitzenden repräsentierten etwa vier Fünfteln der organisierten Beschäftigten. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs, die Generalkommission umfasste 46 selbstständige gewerkschaftliche Zentralverbände mit rund 2,5 Mio. Mitgliedern, darunter war der Metallarbeiterverband mit rund 500 000 über mehrere Branchen verteilten Mitgliedern der stärkste Industrieverband.[iii] Mit dem 1897 gegründeten Zentralverband der Handlungsgehilfen (ZdH), etwa die Hälfte der Mitglieder waren Frauen, gehörte dann auch eine Angestelltengewerkschaft der Generalkommission an.

      Gegen Ende des Kaiserreichs gab die Gewerkschaftslandschaft ein stark zerklüftetes Bild ab, beruflich auch differenziert nach Arbeitern, Angestellten und Beamten. Sinnbildlich konturiert nach der Berufskleidung: die Kragenlinie. Angestellte und Arbeiter unterschieden sich nach weißen und blauen Kragen. Hinzu kam eine Differenzierung nach weltanschaulichen Ausrichtungen der Verbände, sie differenzierte die Berufsorganisationen nach sozialdemokratisch orientierten freien Gewerkschaften, christlichen-nationalen Gewerkschaften und liberalen Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinen.

      Die Abgrenzung zwischen Angestellten und Arbeitern entsprach den betrieblichen Realitäten, war im Kaiserreich durchaus politisch gewollt, hatte sich in arbeits- und sozialrechtlichen Normen manifestiert und drückte sich in der Arbeitnehmerschaft mental in gegenseitiger Abneigung aus. Impulse zur Überwindung der Abgrenzung gingen maßgeblich von Teilen der Angestelltenbewegung aus. Im letzten Friedensjahr des Kaiserreichs zählten zu den Angestellten etwa drei Millionen abhängig Beschäftigte (Privatangestellte in engerem Sinne), von denen 756 271 in den Angestelltenverbänden organisiert waren.[iv] In seiner Betrachtung der Angestelltenverbände zeichnete Siegfried Aufhäuser, seit 1913 Geschäftsführer des Bundes der technischen industriellen Beamten (Butib), noch im letzten Kriegsjahr ein differenziertes Bild dieses Teils der Gewerkschaftsbewegung. Er kam auf 77 Angestelltenverbände mit unterschiedlichen weltanschaulichen Orientierungen vom nationalkonservativen, antisemitischen berufsständischen Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband über die christlichen Angestelltenverbände zu den liberalen kaufmännischen Vereinigungen, die teils gar die Prinzipale in ihren Reihen hatten.

      Aufhäuser selbst mit seinem Butib sah sich in einem kämpferischen Angestelltenverband. Noch als Funktionär des liberalen Vereins deutscher Kaufleute hatte er 1909 bekannt: „Wir Angestellte haben die gleichen Interessen wie die Arbeiter.“[v] Während des Ersten Weltkriegs bündelten sich die berufsständischen Angestelltenverbände in der „Arbeitsgemeinschaft kaufmännischer Verbände“ sowie in der „Arbeitsgemeinschaft technischer Verbände“ mit dem Technikerverband und dem Werkmeisterverband, jeweils mit einer deutlichen Trennlinie zur Arbeiterschaft. Aufhäuser formierte Ende 1917 mit seinem Butib, dem ZdH und weiteren Verbänden die „Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände (A.f.A.)“.[vi] Noch 1916 hatte er die Bekanntschaft mit dem damals wohl einflussreichsten Gewerkschafter gemacht: Carl Legien. In einem Konsultationsgremium beim Kriegsamt der Reichsregierung, dem „Vertrauensmännerausschuss der Angestellten und Arbeiter“, saß er neben dem Vorsitzenden der Generalkommission der deutschen Gewerkschaften wie auch neben Adam Stegerwald, dem führenden Gewerkschafter der christlichen Verbände. Das Gremium trug dazu bei, den Weg zum Gesetz über den „Vaterländischen Hilfsdienst“ zu ebnen. Einerseits sorgte es dafür, Arbeitskräfte in der Rüstungsproduktion zwangszuverpflichten, andererseits ermöglichte es, Arbeiter- und Angestelltenausschüsse in den Betrieben zu bilden. Siegfried Aufhäuser, im Hauptberuf noch immer Geschäftsführer des Butib und nebenbei A.f.A.-Wortführer, war davon überzeugt, dass für die Angestelltenbewegung eine Abgrenzung von der Arbeiterschaft in eine politische Sackgasse führt. Er beschwor einen Wandel: „Die Angestelltenbewegung hat aber in der Kriegszeit nicht nur innere Wandlungen ihres Organisationswesens erfahren, sondern auch nach außen hin bessere Beziehungen zu der übrigen werktätigen Bevölkerung angeknüpft. Das gilt auch in bezug auf das Verhältnis der Angestelltenbewegung zur Arbeiterbewegung. Die gewerkschaftlichen Angestelltenverbände hatten auf Grund der von ihnen vertretenen allgemeinen Arbeitnehmersozialpolitik immer schon Ursache, gute Fühlung mit der Gewerkschaftsführung zu halten.“[vii] Seine Ambitionen, Angestellten- und Arbeiterbewegung näher zu bringen, hatte er dann in die Weimarer Republik fortsetzen wollen.

      Noch 1918/1919 war es Aufhäuser gelungen, den Deutschen Technikerverband (DTV), nachdem dieser sich endlich zum Streikrecht bekannt hatte, in seine A.f.A. zu holen; Butib und DTV verschmolzen zum Bund der technischen Angestellten und Beamten (Butab). Der Einigungskommission hat er in die Vorlage schreiben lassen: „Ein enges Zusammenarbeiten mit den Gewerkschaften der Arbeiter und Beamten wird erstrebt.“[viii] Die gewerkschaftspolitische Standortbestimmung des Butab fiel programmatisch bemerkenswert aus: „Der Bund stellt sich auf den Boden des unüberbrückbaren Gegensatzes zwischen Kapital und Arbeit und wird den Kampf gegen den Kapitalismus in Gemeinschaft mit allen auf gleichem Programm stehenden Arbeitnehmern und Verbänden fortführen …“.[ix]

       
      Demonstration 1926
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      Demonstration 1926

      Der Weltkrieg und die revolutionäre Großwetterlage ging an der Angestelltenschaft nicht spurlos vorüber, ihre starken Einkommensverluste in Verbindung mit gravierender Teuerung beendete ihre eher sozialfriedliche Weltanschauung, sie folgten Aufrufen zu Massenversammlungen und Streiks. In ihrer Mehrheit organisierten sie sich eher in den zur A.f.A. gehörenden Angestelltenverbänden. Auch Siegfried Aufhäuser rückte weiter links, seit 1917 USPD-Mitglied, richtete er in den revolutionären Novembertagen 1918 im Reichstag, in Zimmer 14 die Zentrale der Angestelltenräte ein, favorisierte in diesen Wochen die Räterepublik. „Man kann unmöglich behaupten, daß sich eine soziale Demokratie darin erschöpft, das demokratische Wahlrecht zum Parlament einzuführen“, schrieb er im Januar 1919 im USPD-Blatt „Freiheit“. Mit der Geburt der Weimarer Republik 1919 folgten die Gewerkschaften und Verbände den Weg zur parlamentarischen Demokratie. Was im Kaiserreich nicht möglich war, erreichten die Gewerkschaften in den revolutionären Wochen 1918/19: Sie waren endlich als Verhandlungspartner akzeptiert, rechtlich waren fixiert: das Koalitionsrecht, das Tarifvertragsrecht und der Weg frei für ein Betriebsrätegesetz. In den Freien Gewerkschaften waren mehr als acht Millionen Arbeitnehmer organisiert, bei den Christlichen Gewerkschaften mehr als eine Million und bei den Hirsch-Dunckerschen gut 225 000.[x] Mit nahezu 690 000 Mitgliedern war Aufhäuser A.f.A-Bündnis die größte Angestelltenbewegung zu Beginn der Weimarer Republik. Berufsbezogene Organisationsfelder und nicht zuletzt weltanschauliche Differenzen bremsten die politische Gestaltung im Interesse aller Lohnabhängigen.

       

    • Teil 2: Nach der Revolution 1918/19 – Die Gewerkschaften stellen sich neu auf
      Der Zusammenschluss der Angestelltenverbände bis 1933
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      Der Zusammenschluss der Angestelltenverbände bis 1933

      Zu Beginn der Weimarer Republik sortierte sich die deutsche Gewerkschaftslandschaft gegenüber der Ära des Kaiserreichs durchaus neu. Denn in dieser Landschaft gab es Baustellen. „Ihr Aufstieg zu einer anerkannten und mitgestaltenden Kraft in Staat und Wirtschaft, begleitet von einem alle bisherigen Dimensionen sprengenden Mitgliederzustrom, zwang sämtliche Gewerkschaften nach dem Krieg nicht nur zu einer programmatischen Neubesinnung; er konfrontierte sie auch mit der Notwendigkeit, unverzüglich die organisatorischen Voraussetzungen den gewandelten Erfordernissen anzupassen, um die ihnen neu zugewachsenen Aufgaben überhaupt angemessen ausfüllen zu können“, diagnostiziert der Historiker Michael Ruck.[i] Einem Bedeutungszuwachs der Gewerkschaften im sozialen und politischen Kraftfeld in der jungen Republik trug eine neue gegenüber der Ära der Generalkommission konkretere Satzung Rechnung. Und zwar mit präziser gefassten Aufgaben wie Agitation und Bildungsarbeit, Informationsressourcen, Koordination und Außenvertretung. Ein Aufgabenbereich umschloss die Förderung des Zusammenwirkens zwischen den Mitgliedsverbänden, den Organen des Bundes und anderen Vertretungen der Arbeiterbewegung, skizziert Ruck. Damit auch eine Förderung der innergewerkschaftlichen Konzentrationsbewegung zu leistungsfähigen Zentralverbänden.

       
      Carl Legien
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      Carl Legien

      Der 10. Kongress der Freien Gewerkschaften im Juli 1919 in Nürnberg sprach nach kontroversen Debatten zwar der Generalkommission das Vertrauen aus, setzte aber an deren Stelle als organisatorische Neuformierung den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB).[ii] Er umfasste seinerzeit 52 Mitgliedsverbände. Der bisherige Generalkommissions-Vorsitzende wurde der neue ADGB-Vorsitzende: Carl Legien. Kennzeichnend für diesen Kongress war die Kontroverse über die programmatische Ausrichtung zwischen parlamentarischer Demokratie (Theodor Leipart) und Räterepublik (Richard Müller). Der Kongress wandte sich mit Mehrheit gegen die Räterepublik und legte in Richtlinien die Aufgaben Betriebsräten und Gewerkschaften fest.

      Die freigewerkschaftliche Ausrichtung der Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände begründete die Affinität zum ADGB. Gab es während der Beratungen zum Betriebsrätegesetz noch Dissonanzen zwischen ADGB und A.f.A, so begründen beide eine gemeinsame Betriebsrätezentrale und bestreiten im Oktober 1920 gemeinsam den ersten gewerkschaftlichen Betriebsrätekongress. Diese Nähe hatte zuvor ihre Bewährungsprobe. Bereits am 13. März 1920 haben ADGB und A.f.A-Bund gemeinsam zum Generalstreik gegen den Kapp-Putsch aufgerufen, die christlichen Gewerkschaften am 15. März und der Beamtenbund am 16. März schlossen sich an. Der Putsch der Rechtsextremisten konnte somit zwar abgewehrt werden, aber das mit der Regierung ausgehandelte Abkommen zum Streikende und dessen unzureichende Umsetzung enttäuschte weite Teile der organisierten Arbeitnehmerschaft, quer durch alle Verbände. Die Ursache: Im Betriebsrätegesetz war die einflussreiche wirtschaftliche Mitbestimmung ausgeklammert, der politische Einfluss in der Nationalversammlung, im Reichstag eher mäßig, und an den wirtschaftlichen Hebeln saß noch immer die alte Elite. So ganz war sich die Gewerkschaftsbewegung ihrer  organisatorischen Macht kaum bewusst.

      Eine Arbeitnehmergruppe war mit einigen Ausnahmen in der Generalkommission außerhalb des Fokus: die Staatsbeamten. Immerhin rund eine Million. Aber die Beamtenschaft war auf Dutzende von Einzelverbänden, nach Tätigkeit und Region zersplittert. Erst im Dezember 1918 gründete sich mit dem Deutschen Beamtenbund (DBB) eine Gesamtorganisation, für das gewerkschaftspolitische Kraftfeld ein beachtenswerter Faktor. Die Gründung sozialdemokratischer, gewerkschaftlicher Beamtenverbände lag durchaus nahe. Kein Wunder, dass damals Emissäre der Generalkommission zu Vertretern des DBB Kontakte aufnahmen und bei Gesprächen im März 1919 deutlich machten, dass ihre angeschlossenen Verbände von der Gründung eigener Beamtenorganisationen absehen würden, wenn der DBB sich zu den gewerkschaftlichen Grundsätzen bekannte.[iii] Dazu gehörte vor allem ein Bekenntnis zum Streikrecht für Beamte. Legien selbst hatte in den Gesprächen ein „Drei-Säulen-Modell“ ins Spiel gebracht. Jeweils eine Säule mit Zentralverbänden der Arbeiter, Angestellten und Beamten, verbunden in einer eher losen geknüpften Arbeitsgemeinschaft. Das Modell fand Anklang bei der Vorständekonferenz der Zentralverbände[iv] am 22. März 1919. Diese gewerkschaftspolitische Konstruktion fand beim DBB durchaus Interesse. Im August 1919 befasste sich der Bundesausschuss des inzwischen gegründeten ADGB mit dem Verhandlungsstand. Zum Beratungsstand heißt es: „Falls der Deutsche Beamtenbund gewillt wäre, auf gewerkschaftlichen Boden zu treten, wäre die Möglichkeit eines kartellierten Zusammenwirkens der drei großen Arbeitnehmergruppen, der Arbeiter, der Privatangestellten und der öffentlichen Angestellten gegeben. Die Beratung mit führenden Persönlichkeiten des Deutschen Beamtenbundes ergab deren Bereitwilligkeit, den letzteren auf gewerkschaftlichen Boden zu stellen, und es ist inzwischen auch eine Satzungsänderung in gewerkschaftlichem Sinn erfolgt. Insofern wären die Voraussetzungen für ein gewerkschaftliches Zusammenarbeiten mit dem Beamtenbund erfüllt, indes unterhält der letztere zur Zeit einen Fonds für die Wahl von Beamtenvertretern zur Nationalversammlung und zu anderen politischen Vertretungen, angeblich ohne Rücksicht auf deren Parteistellung. Dies muß als Gegensatz zur parteipolitischen Neutralität der Gewerkschaften, wie sie der Nürnberger Gewerkschaftskongreß beschlossen hat, erscheinen.“[v]

      So begründete der ADGB seine Bedenken, den DBB nunmehr als Gewerkschaft anzuerkennen. Noch etwas anderes lag als Hindernis im Weg: In seinen Grundsätzen mochten sich die meisten Verbände des DBB nicht eindeutig zum Streikrecht bekennen. Die beamtenrechtliche Treuepflicht gegenüber dem Dienstherrn, dem Staat, erschwerte schon ein Bekenntnis zum Streikrecht. Legien machte im Bundesausschuss unmissverständlich klar, dass der ADGB-Vorstand am Streikrecht für Beamte festhalten werde. Tatsächlich hat der ADGB einzelne Aufnahmeanträge regionaler Beamtenverbände mit dieser Begründung abgewiesen. In der Folgezeit wuchs in einzelnen Verbänden im DBB allerdings der Widerstand gegen ein Zusammenwirken mit dem ADGB, sodass Verhandlungen vorerst zum Erliegen kamen.  

      Die Frage, ob Berufs- oder Industrieverband verbot sich bei den Angestellten, in vielen Branchen noch als Industrie- oder Privatbeamte tituliert.[vi] Die im Bergbau Aufsicht führenden Steiger behielten noch über Jahrzehnte ihren Beamtentitel. Gegen Ende des Kaiserreichs gab es in Deutschland 77 Angestelltenverbände. Das reichte vom Allgemeinen Verband der Deutschen Bankangestellten, über Bayrischen Rechtsanwaltsgehilfen-Verband, den Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband, den Deutschen Steigerverband, den Deutschen Polierbund, die Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger, die Internationale Artistenloge, den Verband der deutschen Versicherungsbeamten und dem Zentralverband der Handlungsgehilfen (ZdH) an, um nur einige aufzuzählen.[vii]

      Die Verbände der Angestellten differenzierten sich nach weltanschaulichen Orientierungen. Teile der Handlungsgehilfen, ein „Institut zum Besten nothleidender Handlungsdiener“ als erster Verband 1774 in Breslau gegründet[viii], standen im Wesentlichen den liberalen Hirsch-Dunckerschen Verbänden nahe. Sie dominierten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Angestelltenbewegung und hatten zugleich die Prinzipale, also Arbeitgebr, in ihren Reihen. Mit der Gründung des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes 1893 aus antisemitischen Beweggründen und mit seiner antisozialistischen Grundhaltung entstand ein Schwergewicht der christlichen Angestelltenbewegung. Die liberalen und christlichen Angestelltenverbände legten Wert auf eine berufsständische Interessenpolitik, abgegrenzt von der Arbeiterschaft.

      Im November 1919 wurde der „Gesamtverband der Angestellten“ (Gedag) als Dachorganisation von Angestelltenverbänden mit „christlich-nationaler“ Orientierung gegründet und er schloss sich dem christlichen Gewerkschaftsbund an. Der liberale „Gewerkschaftsbund der Angestellten“ (GDA) verließ daraufhin den christlichen Gewerkschaftsbund und schloss sich dem Gewerkschaftsring deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbänden (Hirsch-Duncker)an.[ix] Erst mit dem 1893 gegründeten ZdH hatte eine Entwicklung zur Gründung freier Angestelltenverbände begonnen. Der ZdH gehörte der Generalkommission, später dem ADGB an, ebenso wie der Verband der Büroangestellten, beide Verbände schlossen sich im September 1919 zum Zentralverband der Angestellten (ZdA) zusammen.

       
      Siegfried Aufhäuser
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      Siegfried Aufhäuser

      Siegfried Aufhäuser identifizierte 1918 zwei grundsätzliche Ausrichtungen: eine „mittelständische und eine gewerkschaftliche Angestelltenbewegung“.[x] Er subsumierte die liberalen und die christlich-nationalen Verbände als die mittelständischen Angestellten, von ihm auch als „Harmonieverbände“ tituliert. Weltanschaulich differenziert gruppierten sich alle Angestelltenverbände zu Beginn der Weimarer Republik also in drei Blöcken.

      In dieser Zeit erhielten die freien Angestelltenverbände deutlich mehr Zulauf als die liberalen und christlichen, waren somit als Bündnispartner für den deutlich größeren ADGB durchaus von Interesse. Ein Interesse auf Gegenseitigkeit. Als Wortführer der Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände (A.f.A.) hatte Siegfried Aufhäuser die Zusammenarbeit mit den Arbeitergewerkschaften schon 1918 betont: „Wie wichtig es wäre, gegenüber den Konzentrationsbestrebungen des organisierten Unternehmertums, die Liga der organisierten Kopf- und Handarbeiter zu schaffen, braucht nicht erst bewiesen zu werden.“[xi] Über das Wie sollte sich eine längere Debatte entwickeln. Eine Möglichkeit: Die A.f.A.-Angestelltenverbände gliedern sich ein gleicher Weise wie die Arbeiterorganisationen in den ADGB ein, mit einem Unterausschuss des ADGB für spezielle Angestelltenfragen.[xii] Für diese Konstruktion gab es im A.f.A.-Bund wie auch im ADGB durchaus Befürworter. Ein anderer Vorschlag sah ein „Drei-Säulen-Modell“ vor: Unter einem Dach des ADGB jeweils eine Säule für Arbeiter, Angestellte und Beamte, verbunden mit einem Kartellvertrag. Diesen Vorschlag hatte Legien bei Verhandlungen mit Beamtenverbänden im März 1919 in die Debatte geworfen (siehe oben); er entfernte sich aber bald von diesem Modell. Aufhäuser, für den ein Bündnis mit den Harmonieverbänden ohnehin nicht in Frage kam, hatte zur gleichen Zeit einen Dreierbund gewerkschaftlicher Organisationen im Blickfeld: also auch ein „Drei-Säulen-Modell“, aber mit einem Kooperationsabkommen unter Gleichen.

      Vorausgegangen waren Überlegungen der A.f.A.-Verbände zur Reorganisation der A.f.A“. Kurz gesagt: Aus der losen Arbeitsgemeinschaft, die von der Butib-Zentrale geführt wurde, soll eine zentralisierte Struktur gebildet werden mit einer Hauptgeschäftsstelle, die die Betriebsratsarbeit koordiniert und Kontakt zu den Ortskartellen hält. Allerdings müssten dazu die dem ADGB angehörenden Angestelltenverbände, und das waren der ZdH und die Gewerkschaft der Büroangestellten mit beachtlichen Mitgliederzahlen und Beitragseinnahmen, dort ausscheren. Eine Mitgliedschaft in einem neuen Angestelltenbund und im ADGB wäre für beide Organisationen finanziell und organisatorisch eine Doppelbelastung. Bei einem „Säulen-Modell“, so die Überlegung, müsste mit dem ADGB eine enge organisatorische Beziehung hergestellt werden mit einer gemeinsamen „einheitlichen Spitze“. Auf längere Sicht wäre eine ähnliche Verbindung zu den Beamtenverbänden denkbar, ein „Drei-Säulen-Modell“. Die Argumentation für eine eigenständige Angestelltensäule in dieser Konstruktion klingt unter Berücksichtigung der damaligen Bedingungen auch plausibel, wollte man doch für Angestellte, die noch den Harmonieverbänden nahestanden, attraktiv sein und für noch unorganisierte Angestellte allemal. Handlungsbedarf, also Verhandlungen mit dem ADGB lagen damit auf der Hand. Das A.f.A.-Positionspapier zur Reorganisation lag im Dezember 1919 dem ADGB-Bundesausschuss zur Beratung vor. Hier bekam der Aufhäuser-Vorschlag einen Dämpfer. Otto Urban, erst vor wenigen Monaten zum Vorsitzenden des Zentralverbandes der Angestellten (ZdA) gewählt, wandte sich eindeutig gegen ein Ausscheiden seines Verbandes aus dem ADGB und empfahl stattdessen die Errichtung eines besonderen Angestelltensekretariats. Damit könnten alle Angestelltenverbände für einen Anschluss an den ADGB gewonnen werden.[xiii] Nach längerer Debatte beschloss der ADGB-Bundesausschuss, einen „fachmännischen Beamten“ für besondere Angestelltenfragen einzustellen. Auch könne der Bundesausschuss den Angestelltenverbänden einen Austritt aus dem ADGB nicht empfehlen.

      Ein Dämpfer für Aufhäuser und seine Kollegen, aber kein Grund, das Projekt aufzugeben. Denn die vom Bundesausschuss vorgeschlagene Begrenzung auf einen Angestelltensekretär fand erwartungsgemäß keinen Widerhall. Vor allem ging es den A.f.A.-Gewerkschaftern darum, aus der Arbeitsgemeinschaft einen straff geführten und durchsetzungsfähigen Angestelltenbund zu formen, einen Allgemeinen freien Angestelltenbund (AfA). Deshalb lud Aufhäuser dem ADGB-Vorstand zur A.f.A.-Konferenz am 16./17. Januar 1920 ein, um dort das Vorhaben zu diskutieren. Aber es kam kein ADGB-Vertreter. So beschloss die Konferenz zielgerichtet den Aufbau einer „selbstständigen Zentrale der freigewerkschaftlichen Angestelltenverbände“ und schlugen dem ADGB eine gemeinsame Kommission vor, die Vorschläge für die „Eingliederung beider Organisationsverbände in die gemeinsame Rahmenorganisation“ auf zentraler wie lokaler Ebene auszuarbeiten habe. Bis zur abschließenden Beschlussfassung sei eine Entsendung von Vertretern in die Vorstands- und Ausschusssitzungen zu gewährleisten. Außerdem empfahl die Konferenz „Maßnahmen zur Herbeiführung einer Gemeinschaftsarbeit auch mit den freigewerkschaftlichen Beamten vorzubereiten.“[xiv] Diese Vorschläge fanden beim ADGB keine Zustimmung, wie der Bundesausschuss Ende Februar 1920 befand. Noch nicht. A.f.A. und ADGB einigten sich aber auf die Bildung einer gemeinsamen Kommission, die Vorschläge zur Lösung erarbeiten sollte. Immerhin ein Indiz für den festen Willen einer Annäherung.

       

    • Teil 3: Der Kapp-Putsch im März 1920 – Triebfeder für die Überwindung der Kragenlinie
      Aufruf zum Generalstreik
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      Aufruf zum Generalstreik

      Carl Legien und Siegfried Aufhäuser unterschieden sich trotz dieser pragmatischen Vorgehensweise. Legien war in seiner politischen Überzeugung fest bei den Mehrheitssozialdemokraten (MSPD) verortet, Aufhäuser bei der linken Abspaltung bei den Sozialdemokraten, bei der USPD. Schon frühzeitig hatte sich Legien von der Forderung aus revolutionären Tagen vom November 1918 nach Sozialisierung der Industrie verabschiedet. Für Aufhäuser hingegen blieb sie auf der Tagesordnung. Ein Dissens war auch in den Tagen der Verabschiedung des Betriebsrätegesetzes im Januar 1920 spürbar, denn der A.f.A.-Bund schloss sich dem Aufruf von USPD und anderen zur Protestkundgebung vor Reichstag auf. Mental waren Legien und Aufhäuser nicht so weit auseinander. Legien wie Aufhäuser waren leidenschaftliche Debattenredner. Anlässlich des Kapp-Putsches im März 1920 konkretisierte sich die Zusammenarbeit der beiden – auch wenn sie über die Beendigung des Generalstreiks stritten, Aufhäuser dann doch den Aufruf zum Streikabbruch unterzeichnete. Beide waren sich bewusst, dass sie die wesentlichsten Teile der deutschen Gewerkschaftsbewegung anführten. Legien die Arbeiterbewegung, Aufhäuser die Angestelltenbewegung. Die Trennlinie zwischen Arbeitern und Angestellten, im deutschsprachigen Raum besonders konturiert, war seit der Reichsgründung 1871 besonders im arbeits- und sozialrechtlichen Kontext gezogen worden und hat sich verfestigt. Sie aufzulösen, war zu Beginn der Weimarer Republik ein wenig Erfolg versprechendes Anliegen, brannten doch ganz andere politischen Probleme wie Arbeitslosigkeit, Folgen des Versailler Friedensvertrages, anziehende Teuerung und beständige Bedrohung von Rechtsextremisten auf den Nägeln. Insofern war eine Annäherung von Arbeiter- und Angestelltenverbänden im Handlungsfeld der freien Gewerkschaften schon ein beachtlicher Fortschritt. Darüber waren sich Legien und Aufhäuser bewusst.

      Ungeachtet von Differenzen im Vorfeld der Gesetzgebung zum Betriebsrätegesetz waren sich ADGB und A.f.A in ihren Führungsgremien nähergekommen; so war es im ADGB-Bundesausschuss üblich geworden, zu relevanten Tagesordnungspunkten A.f.A.-Vertreter hinzuziehen. Am 5. Juli 1920 verabredeten beide Spitzenorganisationen die Einrichtung einer gemeinsamen Betriebsrätezentrale, deren Kosten anteilsmäßig nach ihren Mitgliederzahlen zu tragen wären und die Leitung jeweils von einem ADGB- und einem A.f.A.-Vertreter wahrgenommen und ein gemeinsamer „Geschäftsführender Ausschuß“ bestimmt werden soll. Ausdrücklich stimmte Aufhäuser abseits der paritätischen Regelungen dem Wunsch des Metallarbeiterverbandes nach besonderer Vertretung zu: „Aus den beiden Vorständen der AfA und des Gewerkschaftsbundes wird eine Reichszentrale, ein geschäftsführender Ausschuß bestimmt. Dieser geschäftsführende Ausschuß soll aus drei Mitgliedern des Gewerkschaftsbundes und zwei Mitgliedern des Vorstandes der AfA bestehen.“[i] Die Richtlinien für die Betriebsrätezentrale und ihre regionalen Zentralen wurden in der ersten Betriebsrätezeitung dann veröffentlicht.

      Die Einbeziehung der A.f.A. in organisationspolitische Beratungen des ADGB-Bundesausschusses verdeutlicht ein Beispiel vom Juli 1920. Der Metallarbeiter- sowie der Bauarbeiterverband hatten einen Antrag zur Zusammenfassung von Hand- und Kopfarbeitern in einheitliche Industrieverbände eingebracht. Zur Beratung waren Aufhäuser und weitere A.f.A.Vorstandsmitglieder einbezogen worden. Verständlich, dass die A.f.A.-Vertreter eine Gegenposition vertraten. Sie argumentierten, dass ein derartiges Zusammengehen der Organisierung der Angestellten entgegenstehe. Der ADGB-Vorstand ahnte den Konflikt und hatte im Vorfeld nur beschlossen, den Vorschlag zu diskutieren und später zu entscheiden. Nach einer Debatte im Bundesausschuss unter Beteiligung der A.f.A.-Vertreter wurde ein Vorschlag von Carl Giebel (ZdA) mehrheitlich angenommen: „Der Bundesausschuß erklärt, daß die einseitige Durchführung der vom Bauarbeiter- und Metallarbeiterverband geförderten Idee der Industriegruppenverbände im Widerspruch stehen würde zu den in den §§ 5 ff. (Bundessatzung) niedergeschriebenen Grundsätzen des ADGB. Diese Bestimmungen können nur durch einen Gewerkschaftskongreß abgeändert werden. Bis dahin hat jede angeschlossene Gewerkschaft das Organisationsgebiet jedes anderen Verbandes zu respektieren, das durch die Bundessatzung gewährleistet ist. Dieses Recht darf auch bei und durch Propaganda der Industriegruppenorganisation nicht verletzt werden.“[ii] Giebels erfolgreicher Antrag ist nachvollziehbar, hätte doch die Annahme für den ZdA zur Folge, er müsste seine Mitglieder, nämlich Angestellte in der Metallindustrie und in der Bauwirtschaft an die Industrieverbände abtreten. Der Bundesausschuss beschloss allerdings eine Kommission zur Prüfung der Organisationsfrage einzurichten, an der auch die A.f.A. zu beteiligen wäre.

      Ein nicht zu unterschätzender Aspekt der Zusammenarbeit von ADGB und A.f.A. war noch im gleichen Jahr der erste Betriebsrätekongress vom 5. bis 7. Oktober 1920 mit der gemeinsamen Leitung durch Robert Dißmann (Vorsitzender des Metallarbeiterverbandes) und Siegfried Aufhäuser. Im Monat darauf, am 6./7. November 1920 haben die Vorstände der in der Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände (A.f.A.) beschlossen, sich zum Allgemeinen freien Angestelltenbund (AfA) auf der Basis von freigewerkschaftlichen Grundsätzen zusammenzuschließen.[iii] Damit hat Aufhäuser eine wichtige Etappe zum Aufbau eines starken Angestelltenkartells abgehakt; der Weg zu einem Gründungskongress des AfA-Bundes ein knappes Jahr später war damit frei.

      Der Beschluss war gut terminiert, denn im Dezember 1920 erstattete Gustav Sabath, der ADGB –Vertreter in der vom ADGB eingesetzten Kommission über die Reorganisation der Angestelltenverbände im ADGB-Bundesausschuss einen Sachstandsbericht.[iv] Sabath, einst Redakteur im Verband der Schneider und nun seit einigen Monaten Sekretär der ADGB-Vorstandes, berichtete über die Schwierigkeit, eine Einigung zu erzielen. So hatten die A.f.A.-Vertreter in der Kommission ihre Abneigung gegen eine Eingliederung in die ADGB-Verbände deutlich gemacht, sahen sie doch ihr Werbeargument, die spezifischen Angestellteninteressen seien in Angestelltenverbänden besser aufgehoben, beeinträchtigt. In der Kommission war daraufhin die schon früher einmal in Aussicht genommene jeweilige Bündelung der Arbeiter, Angestellte und Beamte in gesonderten Bünden diskutiert worden. Das Drei-Säulen-Modell war damit im Zentrum der Beratung angekommen. Die Verbindung der drei Säulen könne durch Kartellvertrag oder gemeinsame Dachorganisation hergestellt werden, so die Überlegung. Eine Favorisierung oder gar Festlegung hatte die Kommission nicht vorgenommen, insofern war die Beratung im Bundesausschuss ergebnisoffen. Erwartungsgemäß plädierten Aufhäuser und Urban, der sich nunmehr dem Drei-Säulen-Modell verpflichtet sah, für ihre Lösung.

      Bei nur drei Gegenstimmen beschloss der ADGB-Bundesausschuss: „Der Ausschuß des ADGB erachtet es im Hinblick auf die zu lösenden wirtschafts- und sozialpolitischen Aufgaben der freien Gewerkschaften für dringend notwendig, eine organisatorische Gemeinschaft zwischen ADGB und AfA-Bund zu schaffen, der möglichst bald auch noch eine freigewerkschaftliche Zentrale der Beamtenbewegung einzugliedern ist. Unter Würdigung der historischen Entwicklung der Angestelltenbewegung und ihrer Eigenart kann nicht darauf verzichtet werden, dem AfA-Bund als Spitzenorganisation der freien Angestellten-Gewerkschaften das erforderliche Maß von Selbständigkeit und Bewegungsfreiheit zu gewährleisten. Die Einheitlichkeit der gesamten freigewerkschaftlichen Arbeiterbewegung ist in der Weise anzustreben, daß die drei Organisationsgruppen und durch eine gemeinsame Spitzenkörperschaft vereinigt werden, um gemeinsame Aktionen im Interesse der Gesamtarbeiterschaft zu sichern. Bei der Schaffung dieser großen Rahmenorganisation empfiehlt es sich, daß die zur Zeit dem ADGB und dem AfA-Bund angeschlossenen Angestelltenverbände künftig nur noch unmittelbar dem AfA-Bund angehören. Ihre innige Verbindung mit den Arbeitergewerkschaften wird dann durch die gemeinsame Spitze des ADGB und des AfA-Bundes gewährleistet.“[v]

      Eine Richtungsentscheidung ganz im Sinne der Angestelltenverbände, der sich der ADGB-Vorstand anschloss, und mit diesem Votum hatte der ADGB-Bundesausschuss im März 1921 die Vereinbarung mit einer Entschließung konkretisierte. Danach behalten ADGB und AfA-Bund ihre Selbständigkeit, „verpflichten sich aber zu einem satzungsgemäßen Zusammenwirken in allen gewerkschaftlichen, sozial- und wirtschaftspolitischen Angelegenheiten, welche für die Interessen der Arbeiter und Angestellten gemeinsam berühren. In Fragen, die nur die Interessen der einen Gruppe berühren, aber auch diejenigen der anderen beeinflussen könnten, soll tunlichst jeder Gruppe auf die andere Rücksicht üben.“[vi] Über die Organisationszugehörigkeit heißt es: „Grundsätzlich wird anerkannt, daß der ADGB die Arbeiter und der AfA-Bund die Angestellten gewerkschaftlich organisieren soll. Über notwendige Abweichungen von diesem Grundsatz werden die beiderseitigen Vorstände sich untereinander und mit den beteiligten Verbänden verständigen, wobei geschichtlich und organisatorisch begründete Eigentümlichkeiten berücksichtigt werden sollen. Streitigkeiten, die nicht durch die Verständigung beigelegt werden können, sind von Fall zu Fall durch gemeinsame Schiedsgerichte zu entscheiden.“ Die Entschließung regelte die gegenseitige Präsenz in den Gremien des Bundes sowie der Ortskartelle. Zugleich ebnete der ADGB-Bundesausschuss mit dieser Entschließung die Aufnahme des AfA-Bundes in den Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB). Zugleich forderte der Bundesausschuss den Vorstand auf, „die Verhandlungen mit dem Deutschen Beamtenbund über eine Klarstellung seines Standpunktes gegenüber den Organisationen der Arbeiter und Angestellten fortzusetzen und mit tunlichster Beschleunigung zum Abschluß zu bringen.“ Aber dies wurde im Gegensatz zum AfA-Bund ein Langstreckenlauf.

       

    • Teil 4: Ein Dach, getragen von drei Säulen – Das Ringen um die Beamten

      Auf der Basis der Bundesausschussentschließung vom Januar 1921 unterzeichneten am 12. April 1921 ADGB und AfA-Bund ihren sechs Paragrafen umfassenden Organisationsvertrag: Theodor Leipart, seit Januar 1921 Vorsitzender des ADGB und Nachfolger für den am 26.12.1920 verstorbenen Carl Legien; Siegfried Aufhäuser, Bruno Süß und Franz Klingen für den AfA-Bundesvorstand. Auf dem AfA-Gründungskongress im Oktober 1921 ist dieser Organisationsvertrag ratifiziert worden. Im Gegensatz zu den liberalen und christlich-nationalen Angestellten zeigt der neue AfA-Bund programmatisch freigewerkschaftliche Grundsätze: „Die auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln beruhende kapitalistische Wirtschaft mit ihrer Entwicklung zum Großbetrieb und ihrer immer weiter getriebenen Arbeitsteilung hat ein Heer von Angestellten geschaffen, die ebenso wie die Arbeiter zeit ihres Lebens darauf angewiesen sind, als besitzlose Arbeitnehmer ihren Unterhalt zu erwerben. Um ihre wirtschaftliche und soziale Lage zu heben und ihre Rechte gegenüber dem Unternehmertum zu wahren, sind auch die Angestellten gezwungen, sich in Gewerkschaften zusammenzuschließen.“[i] Aufhäuser dankte ausdrücklich dem anwesenden ADGB-Vorsitzenden Theodor Leipart für den Bündnisvertrag mit dem AfA-Bund. Damit sei „die Einheitsfront der Kopf- und Handarbeiter zustande“ gekommen. „Unsere AfA-Bewegung hat ja die besondere Mission, gerade die Kopfarbeiter, die am schwersten für diese Einheitsfront zu gewinnen sind,in die geschlossene Front einzugliedern. Unsere Aufgabe ist es, als Angestelltenbewegung, die Angestellten zu Bundesgenossen der Arbeitergewerkschaften zu machen.“[ii] Dem AfA-Bund gehörten nunmehr 17 Mitgliedsverbände mit mehr als 600 000 Mitgliedern an. Vorausgegangen sind verabredungsgemäß die gegenseitigen Beteiligungen an Sitzungen der jeweiligen Führungsgremien. In der Folge gab der ZdA als Mitglied im AfA-Bund seine Mitgliedschaft im ADGB auf; der Deutsche Polierverband wechselte 1923 vom ADGB zum AfA-Bund. Als Spitzenverbände traten nun ADGB und AfA-Bund häufig gemeinsam auf, etwa bei Gesprächen mit Mitgliedern der Reichsregierung.

       
      Demonstration 1926
      © ver.di
      Demonstration 1926

      Die Einbeziehung der Beamtenschaft blieb lange Zeit eine Baustelle, aber zugleich ein Handlungsauftrag. Immerhin hatte der ADGB unter anderem mit dem Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter und im Deutschen Eisenbahnerverband Beamte im Portefeuille. Mit dem Verzicht auf eine eigene Beamtensäule hatte der ADGB den freigewerkschaftlichen Kräften im Deutschen Beamtenbund (DBB) Interesse an einem Zusammengehen signalisiert.[iii] Noch im März 1921 hatte der ADGB-Bundesausschuss den Vorstand beauftragt, „die Verhandlungen mit dem Deutschen Beamtenbund über eine Klarstellung seines Standpunktes gegenüber den Organisationen der Arbeiter und Angestellten fortzusetzen und mit tunlichster Beschleunigung zum Abschluss zu bringen.[iv] Ein Vertragsentwurf lag dann kurze Zeit nach dem Organisationsvertrag zwischen ADGB und AfA auf dem Tisch. Darin waren sich die drei Spitzenverbände einig, dass sie „unter Wahrung ihrer vollständigen Selbständigkeit und unter Ausschluß aller parteipolitischen und religiösen Bestrebungen“ zusammenwirken. Und: „Alle beteiligten Verbände erkennen ihren organisatorischen Besitzstand gegenseitig an und werden sich jedes agitatorischen und organisatorischen Eingriffes in die Mitgliedschaft eines anderen beteiligten Verbandes enthalten.“[v]

      Doch es bauten sich Dissonanzen auf, Widerstände kamen aus dem Transportarbeiterverband, der bezweifelte, dass die Beamtenverbände zu gewerkschaftlichen Grundsätzen stünden. Der Beamtenbund selbst stand zwar zu Verhandlungen mit den Arbeiter- und Angestelltenorganisationen, aber sah sich im August 1919 veranlasst, ein Abkommen zu vertagen mit dem Hinweis, der Vertragstext enthalte keine ausreichende Garantie zur Wahrung der Beamteninteressen. So wuchsen auf beiden Seiten Widerstände; beim ADGB meldeten die Verbände mit Beamten in ihren Reihen Bedenken an, und beim DBB gewannen vor dem Hintergrund der politischen Krisen in der jungen Weimarer Republik die Gegner einer freigewerkschaftlichen Ausrichtung deutlich an Boden. Dennoch wollte die ADGB-Spitze die dritte Säule.

      Im März 1922 gründeten Beamtensektionen im ADGB und AfA-Bund eine freigewerkschaftliche Beamtenzentrale mit eigener Geschäftsführung und Zeitung, realistischerweise eher als Zwischenschritt zur dritten Säule charakterisiert. Zeitgleich rumorte es im DBB, Gruppierungen der höheren Beamten verließen den DBB. Ein Streik von Eisenbahnern, im Frühjahr 1922 organisiert von der Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahnbeamten (im DBB), befeuerte die Debatte im DBB um das Streikrecht der Beamten. Ausgetragen vor allem auf dem von den zuvor streikenden Eisenbahnbeamten einberufenen Bundestag des DBB im April. Daraufhin schloss die DBB-Bundesleitung Mitglieder der freigewerkschaftlichen Beamtenzentrale aus.[vi] Die Reichsgewerkschaft der Eisenbahnbeamten näherte sich in der Folge dem zum ADGB gehörenden Deutschen Eisenbahner Verband (DEV) und bildete mit ihm eine Arbeitsgemeinschaft, auch mit der Perspektive einen gemeinsamen Bund zu bilden. Weitere gewerkschaftlich orientierter Beamte wechselten vom DBB zu den Organisationen des ADGB und des AfA-Bundes und am 18. Juni 1922 kam es im Leipziger Volkshaus zur Gründung des freigewerkschaftlichen Allgemeinen Deutsche Beamtenbundes (ADB). Ein Kandidat für die dritte Säule?

      Die Entwicklung traf den ADGB zur Unzeit. Der zeitgleich ebenfalls in Leipzig tagende ADGB-Kongress hatte sich mit der Frage des Organisationsprinzips zu befassen. Industrieverbandsprinzip oder Berufsverbandsprinzips mit den Protagonisten Robert Dißmann (Metallarbeiterverband) und Fritz Tarnow (Holzarbeiterverband). Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Strukturwandels mit Konzentrationsprozessen in den Unternehmen präferierte der Kongress zwar das Industrieverbandsprinzip, aber ohne sich vom Berufsverbandsprinzip zu verabschieden. Im ADGB-Bundesausschuss am Rande des Kongresses positionierte sich Leipart zur Beamtenfrage eher skeptisch.

      Die im Frühjahr eingerichtete gewerkschaftliche Beamtenzentrale hatte die in sie gesetzten Erwartungen noch nicht erfüllt. Auch die aus zwei Eisenbahnerverbänden verabredete Arbeitsgemeinschaft barg nach Leiparts Eindruck die Gefahr eines Syndikalismus. Und Leipart hatte wohl noch immer den DBB als dritte Säule im Blickfeld, beklagte er doch die Schärfe gegen den DBB in der von der Beamtenzentrale herausgegebenen Zeitung und, dass die Geschäftsleitung der Beamtenzentrale ohne „Verständigung“ mit der ADGB-Spitze zur Gründungsversammlung nach Leipzig eingeladen hatte.[vii] „Auf diese Art können wir nicht zusammenarbeiten“, kritisierte Leipart. Ihm widersprach Paul Neumann vom Feuerwehrmannverband, denn es müsse für jeden klar sein, dass „der DBB für ein Bündnis mit unseren Spitzenorganisationen nicht mehr in Frage kommt“; es bestehe die Hoffnung, dass der neue Beamtenbund eine uns genehme Tätigkeit entfalten werde. Oswald Schumann, Vorsitzender des Transportarbeiterverbandes monierte im Bundesausschuss: „Die Gründung eines neuen Beamtenbundes hätte doch mindestens zwischen den Spitzenorganisationen und den beteiligten Verbänden vorher verhandelt werden müssen. Gelingt es der Beamtenzentrale, nennenswerte Beamtenverbände bei sich anzuschließen, so soll es der Beamtenzentrale frei stehen, ob sie sich dem ADGB oder dem AfA-Bund angliedern will.“ Der tatsächlich nun in Leipzig gegründete ADB konnte somit nicht erwarten, mit offenen Armen empfangen zu werden.

      Das Thema wurde im ADGB erst einmal vertagt, landete aber zwei Wochen später im Bundesausschuss. Hier gerieten Oswald Schumann, erklärter Gegner des Drei-Säulen-Modells, und Siegfried Aufhäuser aneinander. Für Schumann war die Gründung des neuen Beamtenbundes das Werk von ungeeigneten Personen, zudem überbezahlt. „Solange sich nicht unsere an der Beamtenorganisation interessierten Verbände nicht einig sind, die neue Organisation anzuerkennen, werden wir kein Mitglied abtreten.“[viii] Schumann hatte auf einer öffentlichen Versammlung während des Gründungskongresses seine ablehnende Haltung deutlich gemacht. Er beanstandete nun, dass in der gleichen Versammlung Siegfried Aufhäuser, namens des AfA-Bundes die Gründung hingegen begrüßt hatte und Schumann das Mandat, für den ADGB zu reden, abgesprochen hatte. Aufhäuser machte in seiner Replik deutlich, dass der alte Beamtenbund als Partner nicht mehr infrage käme. „Wir haben ein Interesse daran, dass die Beamtenbewegung reorganisiert wird, weil uns die rückständige Beamtenbewegung wie ein Klotz anhängt.“ Im Bundesausschuss sieht man überwiegend die Notwendigkeit, mit dem neuen Beamtenbund in Verhandlung zu treten.

       
      Karikatur zum Dreierbund
      © ver.di
      Karikatur zum Dreierbund

       

      Versuche, die beiden konkurrierenden Beamtenverbände wieder zu vereinigen, schlugen im November 1922 fehl, und die in der gewerkschaftlichen Beamtenzentrale (dann aufgelösten) angeschlossenen Beamtenverbände traten zum neuen ADB über.[ix] Auf dieser Basis kamen die Verhandlungen voran. So haben am 27. März 1923 der ADGB, der AfA-Bund und der ADB ihren Organisationvertrag (PDF, 66 kB) unterzeichnet. Der ADGB-Bundesauschuss ratifizierte den Vertrag schließlich ohne Beratung am 17. April 1923. Als Personen standen für dieses Bündnis: Peter Graßmann (ADGB), Siegfried Aufhäuser (AfA-Bund) und Albert Falkenberg (ADB).

      In der Folgezeit trat dieser Dreierbund eher zurückhaltend in Erscheinung, etwa beim Aufruf für Kundgebungen oder bei Spitzengesprächen auf dem politischen Parkett. Eine über den Vertrag hinausgehende Annäherung fand nicht statt. Hinzukommt: Zu einer Stärkung der freigewerkschaftlichen Organisationsmacht stehen die Zeichen der Zeit schlecht. Ruhrkämpfe, Inflation und Arbeitslosigkeit lassen die Mitgliedschaft schrumpfen. In den Folgejahren kommt es eher zu Gewinnen bei den gewerkschaftlichen Organisationen der rechten Verbände oder der Roten Gewerkschaftsopposition. Gegen Ende der Weimarer Republik haben die freigewerkschaftlichen Verbände nahezu die Hälfte ihrer Mitglieder verloren.

       

    • Fußnoten

      Teil 1 

      [i] Richard Seidel, Die Gewerkschaftsbewegung in Deutschland, 4. Auflage, Verlag Internationaler Gewerkschaftsbund, Berlin, 1932, S. 33
      [ii] Resolution dokumentiert in Michael Schneider, Kleine Geschichte der Gewerkschaften, 2. Auflage, Bonn, 2000, S. 500 ff.
      [iii] Erich Matthias, Klaus Schönhoven (Hrg.), Solidarität und Menschenwürde, Bonn, 1984, S. 44
      [iv] Siegfried Aufhäuser, Weltkrieg und Angestellte, Verlag für Sozialwissenschaft, Berlin, 1918, S. 7
      [v] Gunter Lange, Siegfried Aufhäuser (1884-1969), Ein Leben für die Angestelltenbewegung, Berlin, 2013, S. 22
      [vi] Aufhäuser, ebd. S. 103
      [vii] Aufhäuser, ebd. S. 106
      [viii] Deutsche Industriebeamtenzeitung, 1918,Nr. 25
      [ix] Butab-Beschluss, zitiert nach S. Aufhäuser, Eine unromantische Betrachtung zum Geschichtsbild der Angestelltenbewegung, herausgegeben vom DAG-Hauptvorstand, Hamburg, 1960, S. 16
      [x] Schneider, S. ebd. 580

      Teil 2

      [i] Michael Ruck (Bearbeiter), Quellen zur Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung im 20. Jahrhundert, Band 2, 1919-1923, Einleitung, Köln, 1985, S. 40
      [ii] Schneider, ebd. S. 155
      [iii] Ruck, ebd. S. 92 Fußnote
      [iv] Vergleichbar mit dem späteren Bundesausschuss des ADGB mit Vertretern der Mitgliedsverbände
      [v] Ruck, ebd. S. 92
      [vi] In einem Großteil der Berufsverbände, etwa beim Butib, wurden die Gewerkschaftsangestellten auch als Gewerkschaftsbeamte bezeichnet.
      [vii] Aufhäuser, eine unromantische Betrachtung …, ebd. , S. 19 ff.
      [viii] Gerhard Halberstadt, Die Angestellten und ihre Gewerkschaft, Freiburg, 1991, S. 24
      [ix] Karlheinz Kuba, Manfred Süß, Bruno Süß 1876-1943, Ein Leben für die Gewerkschaft, Berlin, 2012, S. 41
      [x] Aufhäuser, Weltkrieg und Angestelltenbewegung, ebd., S. 108
      [xi] Aufhäuser, ebd., S.107
      [xii] Kuba/Süß, ebd. S. 45
      [xiii] Ruck, Quellen, ebd., S. 115
      [xiv] Ruck, Quellen, ebd., S. 137

      Teil 3

      [i] Ruck, Quelle, ebd., Dokument 15, S. 190
      [ii] Ruck, Quelle, ebd., Dokument 15, S. 192
      [iii] Lange, Aufhäuser, ebd., S. 85
      [iv] Ruck, Quellen, ebd., Dokument 23, S. 259 Fußnote.
      [v] Ruck, Quellen, ebd., Dokument 23, S. 260
      [vi] Ruck, Quellen, ebd., Dokument 29, S. 269

      Teil 4

      [i] AfA-Bund (Hrsg.), Protokoll, 1. Gewerkschaftskongreß des AfA-Bundes am 2. und 3. Oktober 1921, Berlin, 1921 
      [ii] Ebd., S. 6
      [iii] Ruck, Quellen, ebd., S. 51ff.
      [iv] Ruck, Quellen, ebd., Dokument 29, S. 298
      [v] Ruck, Quellen, ebd., Dokument 42, S. 371
      [vi] Ruck, Quellen, ebd., Dokument 60, S. 559, Fußnote
      [vii] Ruck, Quellen, ebd., Dokument 60, S. 561
      [viii] Ruck, Quellen, ebd., Dokument 62, S. 612 ff.
      [ix] Ruck, Quellen, ebd., Einleitung S. 52