Wegen langer Haare in die Gewerkschaft

Ulli Meyer aus dem Landesbezirk Rheinland-Pfalz, Saarland, ist seit 51 Jahren Gewerkschaftsmitglied und hat auch als Rentner noch viel zu tun
20.09.2023
Der Delegierte Ulli Meyer auf dem 6. Bundeskongress

Ulli Meyer sieht frisch aus an diesem Mittwochmorgen, obwohl er gestern bis fast Mitternacht gefeiert hat. Damit war der 70-Jährige beim „Feierabend“ länger unterwegs als viele der jüngeren Delegierten. Überhaupt ist der Rentner aus dem Saarland äußerst aktiv. 45 Jahre war er in Kommunalverwaltung tätig, 36 Jahre im Personalrat, 25 Jahre davon als Vorsitzender. Seit sieben Jahre ist der ehemalige Verwaltungsfachwirt in Rente, aber er arbeitet noch: im ver.di-Bezirksvorstand Saar-Trier, im ver.di-Regionalvorstand Eifel-Mosel-Hunsrück und im DGB-Kreisvorstand.

1972 ist Ulli in die Gewerkschaft eingetreten. Wegen seiner langen Haare. Anfang der 70er als er seinen Job anfing, erzählt er, haben in der Eifel 70 Prozent CDU gewählt. Auch in den Verwaltungen herrschte eine konservative Stimmung. Seine langen Haare kommen beim Abteilungsleiter nicht gut an. Der meint, Ulli müsse unbedingt zum Friseur gehen. „Das hat mich gestört und da bin ich in die ÖTV eingetreten und dann hatte ich meine Ruhe.“

Eine Frage der Solidarität

Die Gewerkschaft wird für Ulli schnell mehr als nur ein Schutzschild. Er wird aktives Mitglied, arbeitet viele Jahre in der Bundesfachgruppe AKV (allgemeine Kommunalverwaltung), im Bundesfachbereich Kommunen und in der Bundestarifkommission für den Öffentlichen Dienst Bund und Kommunen. Kein Wunder, dass Ulli hier auf dem Bundeskongress, der sein zweiter ist, viele alte Kolleg*innen trifft.

Warum er auch als Rentner noch bei ver.di geblieben ist? Das sei eine Frage der Solidarität, sagt Ulli. „ver.di ist ja keine Versicherung“, die man nach dem Berufsleben, nicht mehr brauche und deshalb kündigt. Er möchte auch weiter an den Themen dran sein. „Das hält den Körper und den Geist aufrecht.“ Auch wenn die Jungen ranmüssen, könne man seine Erfahrungen einbringen. „ver.di ist eine tolle Gemeinschaft. Warum soll ich da rausgehen?“

Außerdem hat man ein tolles Bildungsangebot, sagt Ulli weiter. Er nutzt regelmäßig Angebote zu gesellschaftspolitischen und geschichtlichen Themen. „Bildung und Weiterbildung sind sehr wichtig.“ In Bildung müsse unbedingt investiert, die ver.di Bildungsstätten unbedingt erhalten werden. Vor allem dürfe der Standort Saalfeld auf keinen Fall aufgegeben werden. „Die einzige Bildungsstätte im Osten muss bei den politischen Verhältnissen sogar noch gestärkt werden“, wünscht sich Ulli. Dafür, dass diese Bildungsstätte „uns langfristig erhalten bleibt“ will er sich einsetzen. Besonders am Herzen liegt ihm auch das Thema Klima: „Ich möchte, dass wir zusammen mit Fridays for Future die Klimapolitik massiv verändern“. Es bleibt also noch viel zu tun für den Rentner.