Zusammenhalt, Solidarität, Empowerment

Linda Ruch ist Sozialarbeiterin und Delegierte aus dem Bezirk Stuttgart. Die 31jährige ist außerdem Mitglied der ehrenamtlichen Kongressleitung des 6. ver.di Bundeskongresses
21.09.2023
Die Kongressleitung ist anstrengend, macht aber auch viel Spaß

Du arbeitest hier auf dem Bundeskongress in der Kongressleitung. Ist das dein erstes Mal?

Ich war schon auf dem letzten Bundeskongress, auch in der Kongressleitung. Damals hatte ich das Jugendmandat. Da habe ich mich scheinbar gut angestellt. Denn ich wurde angesprochen, ob ich auch jetzt wieder Interesse hätte, die Kongressleitung zu machen. Dieses Mal bin ich aus dem Bezirksfachbereich, Fachbereich C delegiert.

Das heißt, jetzt bist du erwachsen?

Ja, jedenfalls auf Satzungserwachsenen-Ebene.

Wie hart ist der Job? Wie nervenaufreibend?

Im Vergleich zu vor vier Jahren – damals waren wir nur sechs Kolleginnen und Kollegen in der Konferenzleitung, und das war sehr anstrengend – ist es dieses Mal deutlich entspannter. Dieses Jahr sind wir acht Kolleg*innen. Deswegen haben wir jetzt auch das Vergnügen, tatsächlich mal einen ganzen Tag lang in keiner Rolle zu sein, und das entspannt unglaublich. Gestern Vormittag war ich ja in der Moderation …

... was du sehr gut gemacht hast.

Dankeschön. Ja, und das war schon sehr anstrengend für den Kopf. Das war eine große Anspannung. Das war auch die erste lange Antragsberatung. Da war die Stimmung auch noch etwas gedämpfter. Heute finde ich die Stimmung allgemein besser. Es wird mehr geklatscht, es gibt mehr Zurufe. Das finde ich gut, also auch Resonanz zu bekommen.

Die Aufgabe an sich macht mir unglaublich viel Spaß. Also auch schon die Vorbereitung. Sich zu überlegen, was Sinn macht. Wir besprechen ja auch viele inhaltliche Sachen in der Kongressleitung. Und es ist schön, auch ein bisschen Hintergrundwissen zu haben. Ich mache das wirklich sehr gerne.

Du bist auch Delegierte, das heißt du stimmst mit ab. Was sind dir besonders wichtige Themen? Welcher Antrag liegt dir besonders am Herzen?

Ich bin Sozialarbeiterin und Heilerziehungspflegerin. Das heißt, alles zum Thema soziale Sicherung, zum Thema Verbesserung von Arbeitsbedingungen in den sozialen Bereichen und im Gesundheitsbereich ist für mich sehr wichtig. Ich arbeite seit kurzem auch im Projekt „Demokratie leben“, welches noch bis Ende 2024 geht. Für mich sind also auch alle Anträge, die mit Demokratie zu tun haben, alles, was Demokratiebildung betrifft, sehr wichtig. Ich hatte vorgestern auch die Resolution miteingebracht, die solidarischen Grüße an die Demonstration, wo es um die Kürzungspläne im Kinder- und Jugendplan des Bundes ging. Die Bundesregierung hat da in ihrem Entwurf zum Bundeshaushalt Kürzungen von über 44 Millionen vorgesehen, eine Kürzung von fast einem Fünftel. Deshalb ist auch der Antrag C 98 I 002 ein Herzensantrag von mir, wo wir eine ganz klare Kante brauchen, dass es keine Kürzungen gibt. Eine wehrhafte Demokratie braucht politische Bildung und soziale Infrastruktur.

Kannst du dich erinnern, wann du in ver.di Mitglied geworden bist und warum?

Ja, daran kann mich noch sehr gut erinnern. Wir haben damals bei uns im Betrieb gerade einen Tarifvertrag verhandelt, der erste dort. Und da bin ich in die Jugend- und Auszubildendenvertretung gegangen. Und dadurch, dass wir so ein tolles Fortbildungsprogramm für JAVen haben, wurde ich auf dem Seminar auf ver.di aufmerksam und bin ich Mitglied geworden, weil ich da gecheckt habe: Interessenvertretung und Gewerkschaft gehen für mich Hand in Hand. Das war am 6. Mai 2013 glaube ich, ich bin also vor zehn Jahren eingetreten.

Herzlichen Glückwunsch zum 10jährigen Jubiläum. Was bedeutet ver.di für dich?

ver.di bedeutet für mich Rückhalt. Ich komme aus dem ländlichen Raum, aufgrund meiner Sozialisation habe ich nie damit gerechnet, studieren zu gehen und auch meinen Master abzuschließen. Das habe ich eigentlich der Gewerkschaftsarbeit zu verdanken, weil ich in der Gewerkschaft gemerkt habe, dass ich eben doch was drauf hab. Diesen Rückhalt, dieses Zusammenarbeiten, Zusammenschluss und Solidarität habe ich vorher in meinem Leben nicht so oft erlebt. Und das ist für mich Gewerkschaft: Zusammenhalt und Solidarität und – ganz wichtig für mich – Empowerment der eigenen Person.