Wir müssen liefern

Auf einem Workshop zum deutschen Lieferkettengesetz wird deutlich, wie wichtig die internationale gewerkschaftliche Zusammenarbeit ist, um weltweit gute Arbeitsbedingungen zu schaffen
© Kay Herschelmann
Es lebe die internationale Solidarität – zum Abschluss des internationalen Podiums bekundeten alle Delegierten ihre Solidarität mit allen Beschäftigten in Not
25.09.2023

Sauberes Wasser, ein Lohn, der zum Überleben reicht – die Forderungen, die Gewerkschaften in Südafrika haben, sind elementar wie simpel. Auch weil sauberes Wasser, Trinkwasser, keine Selbstverständlichkeit für viele Beschäftigte in der Welt ist, hat sich ver.di in einem großen Bündnis mit weit über hundert Organisationen für das deutsche Lieferkettengesetz, das seit dem 1. Januar dieses Jahres in Kraft ist, stark gemacht. Auf dem Workshop zum Gesetz am Sonntagabend des Bundeskongresses machten die internationalen Gäste deutlich, welche Auswirkungen das Lieferkettengesetz auf ihre – ja – Lebengrundlagen haben kann.

Zwei Gewerkschafter und Beschäftigte auf südafrikanischen Weingütern betonten, dass es einen Unterschied mache, wenn wir uns über Grenzen zusammenschließen. Einer von ihnen erklärte, wie weit die Solidarität sie bringe, und dass sie dadurch erst heute Zugang zu sauberem Wasser hätten: „Den weißen Farmern gefällt es nicht, was wir machen, dass wir uns gewerkschaftlich organisieren.“ Die Zusammenarbeit von ver.di mit der südafrikanischen Gewerkschaft CSAAWU konnte so die Verhandlungsmacht von Landarbeiter*innen am Kap bereits spürbar stärken.

Der Gänsehaut-Moment

Zuletzt besuchte eine achtköpfige ver.di-Delegation, hauptsächlich bestehend aus Betriebsräten bei Rewe, Edeka und Kaufland, im März 2023 für eine Woche die südafrikanischen Kolleg*innen in Kapstadt. Auf dem Programm standen Besuche auf Farmen sowie ein zweitägiger Workshop zur Planung der konkreten Zusammenarbeit. Organisiert und begleitet wurde das Treffen vom Gewerkschaftsnetzwerk tie (transnationals information exchange) in Zusammenarbeit mit ver.di und der CSAAWU. Marita, Delegierte auf dem ver.di-Bundeskongress, war mit dabei und wollte sich den Workshop zum Lieferkettengesetz nicht entgehen lassen: „Gänsehaut hat man da, wenn der weiße Farmer zusammenzuckt. Solidarität ist so wichtig!“

Der andere südafrikanische Gewerkschafter, der selbst noch für einen weißen Farmer arbeitet, sagte: „Das Wichtigste, was ich als Farmarbeiter erreicht habe, ist, mit einem deutschen Arbeiter sprechen zu können.“ Es klingt Stolz aus seiner Stimme, dass er heute international so vernetzt ist. Geboren auf einer Farm war das nicht abzusehen. Bezogen auf das deutsche Lieferkettengesetz sagt er: „Wären wir von Anfang an eingebunden gewesen, wäre es kraftvoller geworden.“

Genau darum ging es an diesem Abend. Was beinhaltet das Gesetz und wie kann es wirken? Jenny Jungehülsing, bei ver.di Referentin im Bereich Politik und Planung, stellte das Gesetz vor, für welche Unternehmen es überhaupt gelte und welche Klagemöglichkeiten gegen sie durch das Gesetz bestünden. Ihr Fazit: „Das Gesetz ist nur zwölf Seiten lang, sehr kurz. Wir müssen es jetzt mit Leben füllen.“ Und dafür sei die Zusammenarbeit entlang der Lieferketten unabdinglich.

 

„Wenn du in Mexiko die Niederlassung eines deutschen Unternehmens besuchst, glaubst du nicht, dass das dasselbe Unternehmen ist, so unterschiedlich sind die Bedingungen.“

Rob Johnston, Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF)

Die Risiken minimieren

Den Gewerkschaften sei vor allem daran gelegen, auf die Unternehmen Einfluss zu nehmen und Druck auszuüben. Sie müssten die Risiken in ihren Lieferketten erkennen, offenlegen und zusammen mit den Gewerkschaften und den Beschäftigten beseitigen.

In der Diskussion und den Beiträgen wurde offensichtlich, dass der Schlüssel für faire Arbeitsbedingungen entlang der Lieferketten genau darin liegt. Rob Johnston von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) gab ein Beispiel: „Wenn du in Mexiko die Niederlassung eines deutschen Unternehmens besuchst, glaubst du nicht, dass das dasselbe Unternehmen ist, so unterschiedlich sind die Bedingungen.“

Das gewerkschaftliche Netzwerk tie sieht die größte Gefahr des Lieferkettengesetzes darin, dass es als Papiertiger endet. Ihr Vertreter in der Runde, der mit auf den Weinfarmen in Südafrika gewesen ist, sagt: „Bringt die Gewerkschaften aus dem Süden mit an den Tisch.“

Mehr zum Lieferkettengesetz gibt es hier