Aufstehen für unsere Rechte

Mit einem bildstarken Bühnenprogramm und Reden unter anderem vom Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD, ist der 6. ver.di-Bundeskongress gestartet
© Kay Herschelmann
Bei der Eröffnung wir eine ausdrucksstarke Tanzeinlage vorgeführt.
25.09.2023

Mit einem eineinhalbstündigen bunten Programm aus Musik, Tanz und Reden ist der 6. ver.di-Bundeskongress eröffnet. Mit dem Reggae „Get up, stand up, don’t give up your fight“ begann und endete die Eröffnungsfeier. Aus der ganzen Welt wurden live Musiker*innen zugeschaltet, unter anderem eine Gitarristin aus Esfahan im Iran und eine Cellistin aus Kiew in der Ukraine, Frauen aus den Ländern, in denen Frauen aktuell täglich um Leib und Leben fürchten müssen, weil sie sich für ihre Rechte einsetzen.

 

„Unrecht macht nicht an Grenzen Halt. ver.di steht für Solidarität über Grenzen hinaus – auch deshalb braucht Morgen uns.“

Frank Werneke, ver.di-Vorsitzender

Frei nach dem Motto des Kongresses „Morgen braucht uns“ wurde deutlich, dass das Jetzt Gewerkschaften braucht, aber die Zukunft allemal. Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke sagte nach der Begrüßung aller Gäste – allen voran der internationalen Gäste: „Unrecht macht nicht an Grenzen Halt. ver.di steht für Solidarität über Grenzen hinaus – auch deshalb braucht Morgen uns.“

Immer wieder wurden Worte auf die riesigen Leinwände der Bühne projiziert wie Demokratie, Frieden, Mitbestimmung, Solidarität, Tarifverträge, Mitbestimmung, während eine Sprecherin, Fernsehmoderatorin Franziska Schenk, die Bilder dahinter mit Gedanken begleitete. Bilder aus aller Welt, vom blauen Planeten, Steinzeitmalereien. „Bilder und Worte sind die mächtigsten Formen, mit denen wir uns und unsere Erlebnisse mitteilen. Wie war das am Anfang? Aus Afrika stammen unsere ältesten Vorfahren. Heute leben wir mit der Erfahrung von über 65.000 Generationen. Die Sprache haben unsere Vorfahren vor etwa 500.000 Jahren erfunden. Und die ersten überlieferten Bilder sind noch jünger. Aus dem Fühlen und Denken entstehen unsere Bilder, Ideen und Visionen. Doch die Fähigkeit uns auszudrücken, geht noch viel weiter. Und manchmal sogar ganz ohne Worte“, so die Worte der Sprecherin.

Worte wiederum, die Gewerkschaften mit Inhalten füllen, nicht nur bei dieser Eröffnungsfeier, sondern jeden Tag. Gerade sind es die Beschäftigten im Handel, die mit ver.di für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne streiten. Martina Rößmann-Wolf, die Vorsitzende des ver.di-Gewerkschaftsrats, sagte, das Aufstehen sei „unsere Urbewegung“. Und: „Unsere Mitglieder halten den Laden am Laufen, aber nicht nur. Sie wollen, dass er besser läuft!“

„Get up, stand up“

 

 

Die Eröffnungsreden

Zwischen dem künstlerischen Programm redeten der Regierende Bürgermeister der Stadt Berlin, Kai Wegener, CDU, Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und der Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD. Es war vom Fachkräftemangel, von der bremsenden Schuldenbremse, vom Schulterschluss gegen Rechts und immer wieder von der Zukunft die Rede. Die muss gerechter werden. Fahimi berichtete von einem Besuch in einer Klinik und sagte: „Das Wort Pflegenotstand beschreibt nicht annähernd, was die Kolleginnen und Kollegen tatsächlich erleiden müssen. Ohne Personalbemessung, mehr Zeit, mehr Personal und gute Löhne kann es keine gute Pflege geben.“

Kai Wegener betonte, der Fachkräftemangel habe nicht nur einige Branchen erreicht, sondern längst alle, auch die Verwaltungen. Er verkündete, die Stadt Berlin zum attraktivsten Arbeitgeber in Berlin machen zu wollen. An den Bundeskanzler richtete sich eine Aktion unter den Delegierten. Rund 30 von ihnen standen während seiner Rede auf, trugen weiße bedruckte T-Shirts und hielten Transparente hoch mit Aussagen wie „Schluss mit Aufrüstung“, „Bildung statt Bomben“ oder „Rente statt Raketen“. Olaf Scholz ließ die Aktion nicht unkommentiert. „Vielen Dank für die schönen Transparente“ sagte er, um dann zu erklären, dass es keine Antwort sein könne, der Ukraine zu sagen, verhandelt, statt euch zu verteidigen, wenn Panzer auf sie zurollten. Auch das gehört zur DNA von Gewerkschaften, der eingeladenen Prominenz zu zeigen, was sie bewegt und welche Forderungen sie haben.

Gut kam der Kanzler mit seinem Versprechen für mehr Tarifbindung an. „Wir brauchen gute Löhne“, sagte er und fuhr fort: „Deshalb haben wir sichergestellt, dass im Bereich der Pflege gesetzliche Regeln sicherstellen, dass Lohndumping nicht einfach weiter in Pflegeeinrichtungen so praktiziert werden kann wie in der Vergangenheit. Aber ich sage auch gleichzeitig: Die Grundlage für gute Löhne sind neben einer ordentlichen wirtschaftlichen Entwicklung immer auch Tarifpartnerschaft und Tarifverträge.“ Scholz versprach: „Als Gewerkschafter beklage ich sehr wohl, dass die Tarifbindung zurückgegangen ist. Als Bürger dieses Landes und auch als Kanzler der Bundesrepublik Deutschland setze ich mich dafür ein, dass wir wieder mehr Tarifbindung bekommen.“ Die Delegierten werden ihn gegebenenfalls daran erinnern.