27. September 2019 – Mit einem Referat zum Thema Verteilungsgerechtigkeit eröffnete Dorothee Spannagel den sechsten Kongresstag. Die Soziologin vom Referat Verteilungsanalyse und Verteilungspolitik des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung konzentrierte sich dabei auf die Punkte Verstetigung und Polarisierung. Bezogen auf einen Zeitraum von Anfang der 1990er Jahre bis heute hat sie dabei festgestellt: In den vergangenen Jahren habe sich die Ungleichheit weiter deutlich verfestigt.
„In keinem Land steigt in diesen Jahren die Einkommensungleichheit so stark wie in Deutschland an“, sagte Spannagel mit Blick auf die Jahre von 1999 bis 2005. Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise sei es dann zu einem zweiten spürbaren Anstieg der Armutsquote gekommen. Insgesamt gehe der Anstieg in dem genannten Zeitraum von 11,4 Prozent im Jahre 1999 auf 16,6 Prozent 2015. Gleichzeitig sei es zu einem Anstieg der Reichtumsquote gekommen, wenn auch nur um zwei Prozentpunkte, auf aktuell 7,4 Prozent. Damit gehe die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander. Armut definierte Spannagel auf ein Nettojahreseinkommen von 12.000 Euro für einen Single-Haushalt, Reichtum beginnt wissenschaftlich gesehen in diesem Haushalt bei einem Nettojahreseinkommen von mehr als 40.600 Euro.
„Immer mehr Haushalte sind dauerhaft arm, beziehungsweise dauerhaft reich“, ist ein weiteres Ergebnis ihrer Forschungen. „Einmal reich, immer reich.“ Damit werde das demokratische und soziale Fundament der Gesellschaft massiv in Frage gestellt, da Prinzipien wie Chancengerechtigkeit, Aufstiegschancen oder soziale Gerechtigkeit fundamental verletzt werden. Als großes Problem bezeichnete sie, dass diese Verfestigung in einer guten konjunkturellen Lage geschehen sei. Doch die trübe sich jetzt ein, warnte sie.
Text: Heike Langenberg