Aus dem Vorwort zur Broschüre:
Mittlerweile arbeiten 68 Prozent der Beschäftigten im Dienstleistungssektor in sehr hohem oder hohem Maß mit digitalen Mitteln. Zudem nutzen 21 Prozent der Dienstleistungsbeschäftigten in ihrer Arbeit Künstliche Intelligenz (Ergebnisse der ver.di-Sonderauswertung auf Basis des DGB Index Gute Arbeit 2022). Diese Veränderungen am Arbeitsplatz und bei Remote Work bedeuten im übertragenen Sinne nicht nur, den Stift mit einem (selbstlernenden) Computerprogramm zu tauschen; auch durch ganz neue Dienstleistungs- und Arbeitsprozesse sowie neue Geschäftsmodelle entwickeln sich schon jetzt neue Arbeitsteilungen und Arbeitsweisen in der Zusammenarbeit und Kooperation unter den Beschäftigten (z. B. durch agiles Arbeiten) sowie durch eine engere Zusammenarbeit mit digitalen Mitteln (z. B. kollaborative Roboter oder kurz Cobots). Dabei ist es definitiv eine Frage der (gewerkschaftlichen) Gestaltungskraft, ob diese Entwicklung im Interesse der Beschäftigten und gesellschaftlicher Bedarfe geschieht und auch, inwiefern sich diese veränderten Anforderungsprofile in den auszuhandelnden Entgeltbewertungssystemen wiederfinden.
ver.di bringt sich seit Jahren stark in diese (digitalen) Transformationsprozesse ein, um die Veränderungen auch mit tarifpolitischen Mitteln zu gestalten. Dabei geht es nicht allein um Arbeitsplatzsicherheit, Qualifizierung und soziale Abfederung, sondern durchaus auch darum, solche Veränderungsprozesse mit grundlegender Beschäftigtenbeteiligung und verstärkter Mitbestimmung in den unterschiedlichen Branchen und Unternehmen innovativ, gemeinsam und sozial zu bewältigen.
In dieser (digitalen) Transformation werden etliche Entgeltstrukturen durch die veränderten Aufgabenprofile in ganz unterschiedlichen Branchen oder Unternehmen angepasst werden müssen. Diese Weiterentwicklung wird darüber hinaus durch neue gesetzliche Vorgaben weiter an Dynamik gewinnen, da die EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz, die bis Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt sein muss, unter bestimmten Umständen eine Entgeltbewertung von Arbeitgebern und Beschäftigtenvertretungen vorsieht. Denn bei Arbeits- und Entgeltbewertungsverfahren wird viel zu oft immer noch davon ausgegangen, dass Tarifverträge automatisch für Entgeltgleichheit sorgen würden. Dabei wird vergessen, dass auch Tarifverträge unbeabsichtigt diskriminierende Regelungen enthalten können. Es ist also die Aufgabe beider Tarifparteien, die eigenen Tarifverträge zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten.
Rechtliche Vorgaben geben dabei Orientierung. Wenn sich also Tarifkommissionen und -verhandler*innen auf ihren unterschiedlichen Wegen zur Weiterentwicklung der Entgeltstrukturen aufmachen, müssen sie verstärkt diese rechtlichen Aspekte berücksichtigen. Der grundlegende Anspruch von ver.di ist ohnehin, dass diskriminierungsfreie Tarifverträge entwickelt werden. Ein gutes und praxisorientiertes Werkzeug für die Überprüfung und Weiterentwicklung der Entgeltstrukturen ist dabei das Prüfinstrumentarium Entgeltgleichheit Check – eg-check.de
Mit dieser vollständig überarbeiteten und erweiterten Handlungshilfe (Stand der Rechtsprechung: August 2023) greifen wir deswegen sowohl Aspekte aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als auch dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) auf, die insbesondere für die Arbeit von Tarifverhandler*innen und Mitgliedern von Tarifkommissionen von Bedeutung sind.
Die vorliegende Handlungshilfe versteht sich auch als Checkliste, um einen schnellen Überblick über tarifvertragliche Regelungsfelder und ihre Fallstricke zu erhalten. In Zweifelsfragen helfen Kommentierungen zum AGG bzw. zum EntgTranspG oder juristische Beratung weiter. Darüber hinaus besteht das Angebot für ver.di-Tarifkommissionsmitglieder und -verhandler*innen, dass die Tarifpolitische Grundsatzabteilung in ver.di bei diesen Prozessen berät und unterstützt.
Sensibilität einerseits und Durchsetzungskraft andererseits ist in der Umsetzung von diskriminierungsfreien Tarifverträgen gefragt. Nur gemeinsam können wir dazu beitragen, den beruflichen und auch den gesellschaftlichen Alltag diskriminierungsfrei(er) zu gestalten. Als Tarifvertragspartei ist es das Selbstverständnis von ver.di, daran mitzuwirken und Benachteiligungen zu verhindern bzw. zu beseitigen.
In diesem Sinne möchten wir uns – gerade auch an dieser Stelle – bei unserer ehemaligen Kollegin Petra Ganser für ihren langjährigen Einsatz in ver.di ausdrücklich bedanken. Sie hat wesentlich auch dazu beigetragen, dass dieses Thema in ver.di praxisnah weiterentwickelt wurde.
Gut zu wissen für ver.di-Mitglieder: Gedruckte Exemplare dieser Broschüre können kostenfrei bei uns bestellt werden, bitte einfach eine E-Mail an die Tarifpolitische Grundsatzabteilung schreiben. Ab Mitte März 2024 können wir sie dann druckfrisch versenden.
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ver.di ist eine starke Organisation aus knapp 2 Mio. Menschen, die sich zusammengefunden haben, um ihre Interessen durchzusetzen. ver.di finden Sie vor Ort und in Betrieben. Wir machen uns stark für Arbeitnehmerrechte, verhandeln Tarifverträge und setzen die Interessen unserer Mitglieder politisch durch.
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