Tarifpolitik bei ver.di: Analyse – Bedingungen – Konsequenzen

Nach intensiver Diskussion wurde Anfang 2019 das Tarifpolitische Programm der ver.di beschlossen. Es stellt fachbereichsübergreifende Grundsatzpositionen der ver.di dar sowie mittel- und langfristige Strategien und Orientierungen für die Tarifpolitik. Gleichseitig finden sich gewerkschaftliche Antworten auf zentrale ökonomische, politische und soziale Entwicklungsprozesse.

Aus dem Vorwort zur Broschüre:

Im nun vorliegenden Tarifpolitischen Programm werden die ökonomischen und gesellschaftspolitischen Veränderungsprozesse nur insoweit betrachtet, als sie für die tarifpolitischen Positionsbestimmungen von ver.di relevant sind. Die einzelnen Abschnitte sind wie schon in den vorangegangenen Entwürfen jeweils in zwei Teile untergliedert: Der thematischen Analyse und Problembeschreibung im ersten Teil folgt jeweils ein Abschnitt zur sich daraus ergebenden Handlungsorientierung. Da sich die inhaltlichen Aussagen dieses Programms bewusst auf der Ebene von fachbereichsübergreifenden Positionierungen bewegen, konnte nicht auf spezifische Entwicklungen und Besonderheiten in einzelnen Branchen und Fachbereichen eingegangen werden.

Inhaltsübersicht

Das Tarifpolitische Programm gliedert sich in neun Kapitel. Nach einer kurzen Einleitung folgt eine Funktionsbeschreibung der Tarifpolitik verbunden mit der Botschaft, die Tarifpolitik als zentrales gewerkschaftliches Handlungsfeld zu stärken (Kapitel 2). Das ver.di-Verständnis von Tarifpolitik geht dabei deutlich über das bloße Verhandeln von Lohn- und Gehaltstarifverträgen hinaus. Es zielt auf die umfassende Gestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten im gesellschaftspolitischen Zusammenhang. Damit ist die Tarifpolitik Teil der Gesellschaftspolitik.

Der zentrale Rahmen gewerkschaftlicher Tarifpolitik ist die im Grundgesetz niedergelegte Koalitionsfreiheit und das daraus abgeleitete, sich historisch entwickelnde Tarifsystem, und die Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften. Daraus ergibt sich der zentrale Stellenwert des Kapitels 3 mit dem Thema „Tarifautonomie und Tarifverträge“.

Dem Kernfeld gewerkschaftlicher Tarifpolitik, der gewerkschaftlichen Lohn- und Verteilungspolitik, ist das 4. Kapitel gewidmet. Nach einer prinzipiellen Bestimmung der Lohnpolitik als Verteilungspolitik werden die Besonderheiten der Tarifpolitik im Dienstleistungsbereich behandelt und die Einbettung der Mindestlohnpolitik in die Lohnpolitik im Niedriglohnsektor beschrieben. Einen breiten Stellenwert nimmt die Entgeltgestaltung in ihren verschiedenen Facetten ein.

Kapitel 5 beschäftigt sich mit der europäischen Tarifpolitik und dem nicht spannungsfreien Verhältnis von nationalen Anforderungen und europäischen Rahmenbedingungen. Kapitel 6 fasst die tarifpolitischen Schwerpunkte und Anforderungen unter dem speziellen Blickwinkel der Jugend zusammen.

Die Herausforderungen und Strategien der ver.di in Bezug auf die Gestaltung von qualitativ hochwertigen Arbeitsbedingungen werden in den Kapiteln 7 bis 9 beschrieben. Kapitel 7 widmet sich unter der Überschrift „Arbeitszeitpolitik – humane Arbeitszeiten“ der in jüngster Zeit wieder mehr ins Blickfeld rückenden Arbeitszeitfrage.

In Kapitel 8 „Gute Arbeit“ werden die Grundvoraussetzungen und vorhandenen Gestaltungselemente für Gute Arbeit unter den Bedingungen der digitalen Arbeitswelt von morgen beschrieben. Kapitel 9 widmet sich schließlich umfassend den demografischen Herausforderungen der Tarifpolitik, vom alterns- und altersgerechten Arbeiten bis hin zur betrieblichen Altersversorgung.

Mit dem nun vorliegenden Tarifpolitischen Programm hoffen wir eine Balance gefunden zu haben zwischen der Darlegung der in den letzten Jahren bereits erfolgten Veränderungen der ver.di-Tarifpolitik und Anstößen für eine programmatische Weiterentwicklung.

Insbesondere die Kapitel, die sich mit den qualitativen Aspekten der Tarifpolitik befassen, sind nicht frei von inhaltlichen Überschneidungen. Dies liegt zum einen an der thematischen Nähe der dort abgehandelten Themenbereiche und zum anderen an dem Anspruch, die einzelnen Kapitel in sich abgerundet und schlüssig zu behandeln. Wer eine Aussage nur zu einem Regelungsfeld oder einem Stichwort sucht, muss daher nur das entsprechende Kapitel lesen oder wird durch das Stichwortverzeichnis auf entsprechende Seiten im Programm verwiesen.

Die Tarifpolitische Grundsatzabteilung, in deren Federführung die einzelnen Entwürfe wie auch die redaktionelle Fertigstellung des Programms lag, bedankt sich bei den Mitgliedern der Arbeitsgruppe für die anregende und engagierte Zusammenarbeit und bei den vielen Kolleg*innen, die sich mit umfassenden Hinweisen und konstruktiver Kritik an der Erarbeitung dieses Programms aktiv beteiligt haben!

Wir hoffen, dass dieses Tarifpolitische Programm einen Beitrag zur tarifpolitischen Orientierung der ver.di leistet, gute Argumente und Themen für Tarifauseinandersetzungen liefert, Zusammenhänge verdeutlicht und damit einen Beitrag leisten kann, gewerkschaftlichen Einfluss und gewerkschaftliches Durchsetzungsvermögen in Tarifauseinandersetzungen und Politik zu stärken.