5. November 2020 – Am heutigen Donnerstag debattiert der Bundestag in zweiter und dritter Lesung über enen Gesetzentwurf zur Erhöhung der Regelbedarfe in der Grundsicherung. Nach einem Entwurf des Kabinetts, der im Sommer veröffentlicht worden ist, war für Alleinstehende ein Plus von sieben Euro vorgesehen, 439 statt bisher 432 Euro pro Monat. Dann hat das Bundesarbeitsministerium noch einmal weitere sieben Euro draufgelegt. 446 Euro für eine*n Alleinstehende*n stehen jetzt in dem Gesetzentwurf.
Doch diese Rechenspielerein täuschen über zwei Dinge nicht hinweg. Zum einen sind die zusätzlichen sieben Euro keine Großzügigkeit des Bundesarbeitsministers. Das Ministerium hat lediglich einen gesetzlich vorgeschriebenen Rechenschritt nachgeholt, denn der Entwurf des Kabinetts basierte noch auf Daten zur Preis- und Leistungsentwicklung aus 2018 (ver.di publik berichtete). Zum anderen, und das ist viel schwerwiegender, wird bei einer Summe von jetzt 446 Euro klar, dass die Regelsätze in der Grundsicherung nicht zur Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben reichen. Sie liegen weiterhin weit unter der Armutsschwelle, sind existenzbedrohend. Und die krisenbedingten Mehrausgaben in der Corona-Pandemie werden immer noch nicht ausgeglichen, einen entsprechenden Antrag hat die Mehrheit im Bundestag im Mai abgelehnt. Die Gewerkschaften hatten sich für einen Corona-Zuschlag von 100 Euro pro Monat ausgesprochen, für den aktuellen Teil-Lockdown im November hat der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke einen Zuschlag von 150 Euro gefordert.
Der Grund dafür, dass die Beträge in der Geundicherung nicht ausreichend ist, ist die Basis, auf der die Erhöhung berechnet wird. ver.di kritisiert schon seit Jahren die Berechnungsgrundlage für die Regelsätze. Herangezogen werden statistische Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Beliebige Streichungen für einzelne Vergleichsgruppen und ermittelte Ausgaben wie beispielsweise für Balkonpflanzen, Buntstifte und Tierfutter, dienen aber nach ver.di-Ansicht dazu, den Regelsatz künstlich herunterzurechnen, um so die Kosten zu senken. Das Verfahren wurde 2011 entwickelt.
Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht im Juli 2014 die Methodik der Regelbedarfsermittlung für zulässig erklärt und die Höhe der Regelbedarfe für „noch verfassungskonform“ befunden. Allerdings war der Auftrag an den Gesetzgeber, Aspekte wie die Anschaffungskosten einer Waschmaschine oder Energiekosten besonders zu berücksichtigen. So sollte eine Bedarfsunterdeckung vermieden werden. Das habe die Bundesregierung bislang noch nicht erfüllt, moniert ver.di in dem Newsletter sopoaktuell Nr. 297.
Wirksame Armutsbekämpfung
Gemeinsam mit dem DGB kritisiert ver.di, dass die Regelsätze zu niedrig sind. Sie schützten nicht ausreichend vor Armut uns stellen kein ausreichendes Maß an sozialer Teilhabe sicher. Im Rahmen des Aktionstages sollen zur Unterstützung der Forderung nach höheren Regelsätzen, die zum Leben reichen, Unterschriften gesammelt werden. Die Listen können auch unter erwerbslos.de heruntergeladen werden. Ohne die Nachbesserung der Regelsätze bleibe die soziale Teilhabe für die Betroffenen ein leeres Versprechen. Auch von wirksamer Armutsbekämpfung könne dann nicht die die Rede sein, heißt es in einem Aufruf des Bundeserwerbslosenausschusses von ver.di. Daher hatte sich ver.di Ende Oktober auch an einem Aktionstag des Bündnisses „AufRecht“, einem Zusammenschluss von gewerkschaftlichen Arbeitsloseninitiativen und Sozialverbänden, beteiligt.
Rund sieben Millionen Menschen sind in Deutschland auf Grundsicherungsleistungen angewiesen, darunter zahlreiche Alleinerziehende, Erwerbstätige mit Niedriglöhnen, Erwerbslose, Erwerbsminderungsrentner*innen und Menschen, die von Altersarmut betroffen sind.
Mehr Infos zur Erwerbslosenarbeit von ver.di
Alleinstehende
2020 432 Euro
2021 446 Euro
Volljährige Partner*innen
2020 je 389 Euro
2021 je 401 Euro
Kinder unter 25 im Elternhaus
2020 345 Euro
2021 357 Euro
Kinder von 14 bis 17
2020 328 Euro
2021 373 Euro
Kinder von 6 bis 13
2020 309 Euro
2021 309 Euro
Kinder unter 6 Jahren
2020 250 Euro
2021 283 Euro
*lt. Gesetzentwurf
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