Mehrfach pro Tag die Nachrichten checken, Bilder hochladen, Statusmeldungen updaten: Die Nutzung von social media Plattformen wie facebook oder twitter ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch immer häufiger führen online-Aktivitäten in sozialen Netzwerken auch zu Problemen mit dem Chef und manchmal sogar zum Jobverlust. Besonders drastisch stellt sich der Fall eines Beschäftigten aus dem Kreis Herford dar, der bundesweit durch die Medien ging. Er postete im Mai 2012 den „Bück dich hoch“-Song der HipHop Band Deichkind auf seiner facebook-Seite und schrieb dazu: „Hm, mal überlegen. Wieso gefällt mir ausgerechnet das Lied von Deichkind, my friends". Und erhielt prompt die fristlose Kündigung. Begründung des Arbeitgebers: Die besungenen Arbeitsbedingungen („Halt die Deadline ein, so ist's fein! Hol' die Ellenbogen raus, burn dich aus!“) würden mit denen gleichgesetzt, die im Betrieb herrschen.
Doch genau dies ist die Erfahrung vieler junger Beschäftigter. Es überrascht daher kaum, dass sich der Song zur Anti-Hymne auf die moderne Arbeitswelt entwickelt hat und bereits mehrere Millionen Mal im Netz angeschaut wurde. Aufgrund des realsatirischen Charakters der Herforder Geschichte und der Überreaktion des Arbeitgebers war daher auch zu erwarten, dass die Kündigung durch das Arbeitsgericht aufgehoben würde. Doch der Arbeitnehmer zog seine Kündigungsschutzklage zurück und einigte sich mit seinem ehemaligen Chef. Leider tat er dies außergerichtlich. Damit wurde die Chance vergeben, gerichtlich feststellen zu lassen, dass das Posting unter die Kategorie der legitimen Beschwerde über Chefs und Arbeitsbedingungen fällt. Und ein Fall von freier Meinungsäußerung ist. Gerade auch weil niemand persönlich angegriffen wurde und es auf einer privaten facebook-Seite stattfand – zu der jedoch auch der Arbeitgeber Zugang hatte.
Fehlende Vorsichtsmaßnahmen in den facebook-Profileinstellungen erleichtern es vielen Chefs und Vorgesetzten, Druck auf Beschäftigte auszuüben. Über die Kontrolle und Überwachung von sozialen Netzwerken versuchen Arbeitgeber zunehmend Beschäftigte in ihrem Sinne zu disziplinieren oder sogar loszuwerden. So berichtet eine Betriebsrätin eines großen Versicherungsunternehmens aus München: „Bei uns wurde eine auch in der Jugendauszubildendenvertretung aktive Auszubildende, die wegen einer Verletzung am Arm krankgeschrieben war, gekündigt. Sie hatte sich mit Freunden abends getroffen, wurde dabei fotografiert und dann tauchte das Foto bei facebook bei einem anderen Azubi auf. Der Arbeitgeber bekam davon Wind und kündigte sie.“ Obwohl der Betriebsrat der Kündigung widersprach und die angeblichen Beweise vor Gericht nicht akzeptiert wurden, war das Arbeitsverhältnis beendet. Die Beschäftigte wollte nach den Ereignissen nicht mehr in dem Betrieb weiterarbeiten, man einigte sich auf eine fristgerechte statt einer fristlosen Kündigung.
Hier zeigt sich, dass „der Arbeitgeber oft halt doch am längeren Hebel sitzt und den längeren Atem hat“, sagt die Betriebsrätin. Besonders bitter: „Die Auszubildende hätte als ehemaliges JAV-Mitglied unbefristet übernommen werden müssen und das wollte der Arbeitgeber um jeden Preis verhindern, obwohl es sich um eine richtig gute Mitarbeiterin handelte.“
Wer sich solche Probleme mit dem Arbeitgeber ersparen und sich seinen Spaß mit den sozialen Medien erhalten will, sollte bestimmte Vorsichtsmaßnahmen treffen.
facebook bietet an, die Kontakte aus dem eigenen E-Mail-Postfach zu importieren und mit der Information anzuschreiben, dass „du jetzt auch dabei bist“. Danach hat man viele facebook-Freundschaften zu Chefs und entfernten Bekannten, die man sonst eventuell nicht eingegangen wäre. Diesen Schritt sollte man überspringen.
Die Standardeinstellungen sehen vor, dass ein Großteil der persönlichen Informationen von allen Internet-Nutzern gesehen werden kann, hier sollte man schnell Abhilfe schaffen. Es hilft, sich ab und zu mit dem Zusatz „facebook“ zu googlen, um zu sehen, was über sich im Netz gefunden wird.
Es ist sinnvoll, die eigene Chronik und Freundesliste ab und an aufzuräumen, um zukünftigen Problemen aus dem Weg zu gehen. Eine „Entfreundung“ wird der entsprechenden Person nicht mitgeteilt und fällt oftmals gar nicht auf. Alternativ kann man Listen verschiedener Gruppen wie Kollegen oder Familie anlegen, um die eigenen Inhalte besser zu kontrollieren.
Zumeist werden auf facebook hochgeladene Fotos als Beweis für "angebliches „Krankmachen“ und als Beleg für fristlose Kündigungen vorgelegt. Wer sich nicht regelmäßig einloggt, bekommt mitunter gar nicht mit, dass er oder sie auf einem Foto markiert wurde. In den Privatsphäre-Einstellungen kann man diese Funktion unter „Profil und markieren“ einschränken oder ausschalten.
Ein wichtiges Thema ist der Umgang mit Vorgesetzten und Führungskräften. Soll man ihre Freundschaftsanfragen akzeptieren oder sie gar als Freunde hinzufügen? Oder ist das nicht eine Form der freiwilligen Fremdkontrolle, die zu den beschriebenen Konsequenzen führen kann? Aus Sicht der Beschäftigten hilft es, sich hier untereinander auszutauschen und gemeinsame Regeln zu finden. Zusammen lässt sich leichter klarstellen, dass man bestimmte Grenzen auch in den sozialen Netzwerken nicht verwischen will. Hier können auch social media guidelines helfen, die von Betriebs- und Personalräten mitentwickelt wurden.
Wer die aufgeführten Anregungen umsetzt, ist hinsichtlich des sicheren Umgangs mit facebook & Co. einen Schritt weiter. Wichtig ist, nicht panisch zu reagieren. Auch wenn im digitalen Zeitalter so mancher Arbeitgeber neu erwachte Kontrollfantasien hat: Auf das Recht der eigenen Meinung besinnen! Jenseits der kommerziellen Angebote wie facebook mit den dazugehörigen Fallstricken, bietet es sich insbesondere für den Austausch über betriebliche Probleme an, das ver.di-Mitgliedernetz als gewerkschaftliche Plattform zu nutzen. Von einer „bück dich hoch“-Stimmung ist hier nichts zu spüren.
Text: Romin Khan