CETA: Umstrittenes Handelsabkommen stoppen

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Mehr als 300.000 Menschen demonstrierten am 17. September 2016 in Deutschland gegen CETA
22.08.2022

Berlin, 22.08.2022 – Auf einmal soll es ganz schnell gehen: CETA, das Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada, zwischen 2009 und 2014 verhandelt und seit September 2017 in großen Teilen vorläufig in Kraft, soll nun endgültig im vollem Umfang ratifiziert werden. Doch seit 2017 hat sich die Welt verändert. Der zollfreie Handel zwischen den Bündnispartnern hat deren Wohlstand bisher nur in sehr geringem Maße gefördert. Und auf viele Probleme und die aktuellen Krisen hat CETA keine Antworten und Lösungen parat. Sie spielen nicht einmal eine Rolle. „Es ist völlig inakzeptabel, wenn die Bundesregierung nach jahrelangem Stillstand jetzt handstreichartig ein politisch hoch umstrittenes Vertragswerk in Kraft setzen will. Solange die Kernkritik an Investitionsschutz, öffentlicher Daseinsvorsorge und den Regeln zu Arbeitnehmer*innen- und Umweltrechten nicht ausgeräumt wird, darf CETA auch nicht ratifiziert werden“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke anlässlich der ersten Lesung im Bundestag am 7. Juli.

 
Mehr als 300.000 Menschen demonstrierten am 17. September 2016 in Deutschland gegen CETA


Lückenhafte Verankerung von Umwelt- und Arbeitnehmerschutzrechten

Der aktuelle Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD, und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Die Grünen, in Kanada sollen das weitere Verfahren beschleunigen. Mit der vollen Ratifizierung durch die Bundesregierung würden auch jene Teile wirksam werden, die politisch hochumstritten sind wie die lückenhafte Verankerung von Umwelt- und Arbeitnehmerschutzrechten, Gefährdungen für die öffentliche Daseinsvorsorge und vor allem Sonderrechte für ausländische Investoren in Gestalt einer eigenen supranationalen Gerichtsbarkeit. Bis heute enthält der Vertrag keinerlei Bezug zum Pariser Klimaabkommen. Und das bei anhaltenden klimabedingten Katastrophen. Die eigenständigen Kapitel zum Schutz der Umwelt (Kapitel 24) und der Rechte der Arbeitnehmer*innen (Kapitel 23) sind nach wie vor von der Durchsetzung durch Sanktionen ausgenommen. Kurzum: CETA stellt immer noch den internationalen Handel über die Interessen der Menschen, den Umweltschutz und demokratische Prozesse.

Umso unverständlicher sei es, dass die Bundesregierung die vergangenen knapp fünf Jahre nicht genutzt habe, die umstrittenen Regeln nachzubessern, kritisiert Werneke. „Stattdessen hat die Bundesregierung jetzt – mit einer absurd kurzen Frist von nicht einmal 24 Stunden für die obligatorische Verbändeanhörung – die vollständige Ratifizierung des unverändert gebliebenen Vertragswerks eingeleitet.“ Die Fehler im Abkommen versuche man derweil mit nachgeschobenen Protokollerklärungen und Interpretationsauslegungen zu heilen. „Das wird nicht funktionieren“, sagt der ver.di-Vorsitzende. Zu befürchten sei vielmehr, dass genau diese Erklärungen und Auslegungsfragen vor eben jenen Sondergerichten für Investoren landen, die seit Jahren massiv in der öffentlichen Kritik stünden.

Warum CETA gestoppt werden muss

ver.di hat sich deshalb dem Bündnis angeschlossen, das die Ratifizierung stoppen will. In der gemeinsamen Erklärung der deutschen und kanadischen Zivilgesellschaft heißt es: „Anlässlich der Kanadareise von Bundeskanzler Olaf Scholz und im Vorfeld der angekündigten Ratifizierung des Handels- und Investitionsschutzabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) durch den deutschen Bundestag bringen wir – Gewerkschaften, Menschenrechts-, Umwelt- und weitere gesellschaftliche Organisationen –  unsere anhaltende Ablehnung gegenüber CETA zum Ausdruck; denn CETA schützt einseitig Konzerninteressen, indem es demokratische Willensbildung untergräbt und wirksame Politik zum Schutz von Klima, Umwelt und dem Sozialen verhindert.“

Weiter heißt es: „Deutsche Regierungsparteien haben kürzlich angekündigt, CETA mit einer  Interpretationserklärung zum Investitionsschutzkapitel ratifizieren zu wollen. Die unterzeichnenden Organisationen aus Deutschland und Kanada verurteilen dieses Vorgehen und weisen erneut darauf hin, dass es keine Rechtfertigung für die Schaffung einer Sondergerichtsbarkeit für Investorenrechte gibt – mit oder ohne Auslegungserklärung.“

Auch Bürger*innen, Verbände und Gewerkschaften müssen Klagerecht haben

Dazu komme, dass nicht nur kanadische und europäische Investoren klageberechtigt wären, sondern auch US-Konzerne mit Tochtergesellschaften in Kanada und in Europa. Andererseits ermögliche das Abkommen aber weder Bürgerinnen und Bürgern noch Verbänden oder Gewerkschaften, Klage zu erheben, wenn ein Unternehmen gegen Umwelt-, Arbeits-, Gesundheits-, Verbraucherschutz- oder andere Vorschriften verstoße. Angesichts der Klima- und Energiekrise würde die vollständige Ratifizierung von CETA der Transformation der beteiligten Volkswirtschaften und dem Ausstieg aus fossilen Energien nur Steine in den Weg legen. Die Einführung von Sonderrechten für Konzerne käme nämlich vor allem den Öl-, Gas- und Rohstoffunternehmen zugute.

Es bedürfe daher dringend eines Paradigmenwechsels hin zu einer Handelspolitik, die die Interessen der Menschen und des Planeten in den Vordergrund stelle. „Wir fordern daher die Verantwortlichen auf, den CETA-Ratifizierungsprozess zu stoppen! Keine Sonderrechte für Investoren! Schützen wir Menschen und das Klima, nicht die Profite von Konzernen“, heißt es abschließend in dem Aufruf.

Auch TTIP, das Abkommen zwischen der EU und den USA ist noch nicht verabschiedet. Unsere Umfrage, die vor der seinerzeit bevorstehenden Ratifizierung entstanden ist, hat noch immer Bestand. Nach wie vor stehen Beschäftigte und Bürger*innen auf der Verliererseite.

 

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