Vermögenssteuer? Brauchen wir!

Seit 1997 wird in Deutschland keine Vermögenssteuer mehr erhoben. Würde sie wieder eingeführt, könnten jährlich über 20 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen fließen. ver.di fordert gemeinsam mit dem DGB eine Vermögenssteuer von 1 Prozent ab einer Million Vermögen, bis zu 2 Prozent bei mehr als einer Milliarde Euro. Was Du noch zur Vermögenssteuer wissen solltest

© MacRein, photocase.de
Älterer Mann mit Rechenschieber als Erbsenzähler vor einer altmodischen Tapete, auf dem Schreibtisch stapeln sich Erbsengläser, daneben eine Waage
30.08.2024

INHALT

 

Warum die Superreichen zur Kasse gebeten werden müssen

In Deutschland ist der Anteil der Armen in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Gleichzeitig sind die Reichen immer vermögender geworden. Die reichsten 10 Prozent in Deutschland besitzen rund zwei Drittel des gesamten Privatvermögens, das reichste Prozent der Bevölkerung nahezu 35 Prozent und allein die reichsten 0,1 Prozent (!) der Bevölkerung verfügen über bis zu 20 Prozent. Auf der anderen Seite steht der Staat, der nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vor erheblichen finanziellen Herausforderungen steht. Es müssen Milliardenkredite, die in den vergangenen Jahren zur Bewältigung der multiplen Krisen aufgenommen wurden, bedient werden. Und immer noch fehlt es an Investitionen in vielen Bereichen.

Abgesehen davon, dass es überall an Fachkräften mangelt, hängt Deutschland vor allem in den Verwaltungen mit der Digitalisierung hinterher, viele Kommunen sind überschuldet und müssen deshalb Schwimmbäder, Bibliotheken und Theater schließen, Schulen warten auf dringend notwendige Renovierungen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. In Kitas, Schulen, Krankenhäusern und Pflegeheimen herrscht massiver Personalmangel. Zusätzlich besteht ein riesiger Investitionsbedarf, um eine erfolgreiche sozial-ökologische Transformation zu ermöglichen. Geld dafür ist in Deutschland – einem nach wie vor sehr reichen Land – ausreichend vorhanden – nur nicht da, wo es gebraucht wird. Vor allem die Superreichen in diesem Land müssen deshalb wieder mit einer Vermögenssteuer zur Kasse gebeten werden und sich so an den gesellschaftlichen Aufgaben angemessen beteiligen.

Müssten alle Leute mit mehr als 4,6 Millionen Euro nur 2 Prozent Vermögenssteuer zahlen und Multimilliardäre sich mit 5 Prozent an der Staatskasse beteiligen, kämen in Deutschland laut einer Oxfam-Studie von 2024 über 85 Milliarden Euro zusammen. Das würde den Bundeshaushalt um knapp 20 Prozent erhöhen und wäre genug, um den Umbau anzuschieben und grundlegende Verbesserungen in Bildung, Gesundheit und Entwicklungszusammenarbeit umzusetzen.

 

Wie wird man/frau reich?

ver.di setzt sich mit vielen anderen seit vielen Jahren für eine Vermögenssteuer ein. Dieser Film ist 2013 entstanden und ist weitestgehend noch immer aktuell. Nur: Die Superreichen in Deutschland sind heute noch etwas superreicher.

Die wichtigsten FAQs

1. Was ist die Vermögenssteuer?

Vermögenssteuern besteuern hohe Privatvermögen fortlaufend. Davon zu unterscheiden ist eine einmalige Vermögensabgabe auf den aktuellen Vermögensbestand. Die Vermögenssteuer wird auf das Nettovermögen erhoben, also auf die steuerpflichtigen Vermögenswerte (Grundvermögen, Finanzvermögen, Betriebsvermögen, ohne Altersvorsorgeansprüche und Hausrat) abzüglich der Schulden, die die Steuerpflichtigen haben. Hohe Freibeträge gewährleisten, dass nur sehr große Vermögen belastet werden.

 

2. Wer muss eine Vermögenssteuer zahlen?

Menschen mit entsprechend hohen Vermögen. Die Vermögenssteuer kann für einzelne Personen erhoben werden oder auch familiäre Zusammenhänge berücksichtigen, indem Ehepaare zusammen veranlagt werden, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung von Kindern. ver.di und der DGB fordern die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, zudem auch eine Besteuerung von Kapitalgesellschaften sowie eine Reformierung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, bei der die bisherige extreme Begünstigung bei großen Unternehmensvermögen und Aktienpaketen beseitigt wird. ver.di hat dazu Vorschläge gemacht, die den finanziellen Spielraum des Staates deutlich vergrößern und zugleich niemanden in den Ruin treiben: Mit der Vermögenssteuer soll das Nettovermögen – Geld-, Betriebs- und Immobilienvermögen abzüglich Schulden – oberhalb eines Freibetrags von einer Million Euro pro Person mit 1 Prozent besteuert werden. Der Steuertarif steigt dann bis zu einem Nettogesamtvermögen von 20 Millionen Euro auf 1,5 Prozent. Vermögen oberhalb von 100 Millionen Euro sollen mit einem Steuersatz von 1,75 Prozent und Vermögen oberhalb von einer Milliarde Euro mit 2 Prozent besteuert werden.

Weitergehende Ausführungen im zusammen mit dem DGB erarbeiteten Steuerkonzept.

 

3. Was bringt Deutschland eine Vermögenssteuer?

In erster Linie würde eine Vermögenssteuer zu mehr sozialer Gerechtigkeit führen. In Deutschland ist der Anteil der Armen in der letzten Dekade deutlich gewachsen – das ergibt der aktuelle Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Gleichzeitig sind die privaten Vermögen im Vergleich zu anderen EU- und OECD-Ländern mit ähnlicher Einkommenssituation besonders ungleich verteilt. Die untere Hälfte der Bevölkerung hat nach Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung keine nennenswerten Vermögen. Dagegen besitzen die reichsten 10 Prozent rund zwei Drittel des gesamten Privatvermögens, das reichste Prozent der Bevölkerung bis zu 35 Prozent und allein die reichsten 0,1 Prozent der Bevölkerung verfügen über bis zu 20 Prozent. Zudem halten vor allem Reiche jene Vermögensarten, die in den vergangenen Jahren die höchsten Renditen abgeworfen haben, etwa Aktien, Immobilien und Betriebsvermögen. Hinzu kommen erhebliche finanzielle Herausforderungen an den Staat. So müssen nicht nur die Milliardenkredite, die in den vergangenen Jahren zur Bewältigung der multiplen Krisen aufgenommen wurden, bedient werden. Zusätzlich besteht riesiger Investitionsbedarf, um eine erfolgreiche sozial-ökologische Transformation zu ermöglichen.

Angesichts dieser Entwicklungen ist eine Vermögenssteuer dringend geboten. Die Ungleichheit in Deutschland hat laut den Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung ein Ausmaß erreicht, das die Einführung einer Vermögensteuer nahelegt.

Wer mehr Geld hat, kann auch mehr zum Gemeinwohl beitragen

Darüber hinaus würde eine Vermögenssteuer dazu beitragen, das Prinzip gerechter Besteuerung, das Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen, besser zu verwirklichen: Wer die gleiche Leistung erbringt, muss auch gleich, wer unterschiedliche Leistungen erbringt, muss entsprechend unterschiedlich besteuert werden. Ein Beispiel: Eine Person, die beispielsweise monatlich 5.000 Euro verdient, zusätzlich aber ein Vermögen von einer Million Euro besitzt, ist finanziell leistungsfähiger, kann also rein finanziell mehr zum Gemeinwohl beitragen, als jemand, der „nur“ 5.000 Euro im Monat verdient. Die Einkommensteuer allein bildet das unterschiedliche Leistungsvermögen insofern nicht angemessen ab. Mit Blick auf das Prinzip der Leistungsfähigkeit ist es laut der Hans-Böckler-Stiftung daher kein Widerspruch, wenn der Staat sowohl eine progressive Einkommenssteuer als auch eine Vermögenssteuer erhebt. Eine Doppelbesteuerung könne könne darin nicht gesehen werden.

Zudem: Die Vermögensteuer ist ausdrücklich im Grundgesetz Artikel 106 vorgesehen.

 

4. Wann zahlt man Vermögenssteuer?

Da es aktuell in Deutschland keine Vermögenssteuer gibt, stehen nur Vorschläge im Raum. Ginge es nach der SPD, sollte eine Vermögenssteuer ab einem Vermögen von 2 Millionen Euro pro Person in Höhe von 1 Prozent auf das Nettovermögen pro Jahr erhoben werden. In die Berechnung einbezogen sollen dabei auch das private Einfamilienhaus und die private Altersvorsorgevermögen weitgehend freigestellt, die Substanzbesteuerung von Betriebsvermögen vermieden werden. Die Grünen hingegen möchten das Betriebsvermögen nach der Bundestagswahl geringer besteuern, haben ansonsten sehr ähnliche Vorstellungen, fordern aber zudem den Abbau klimaschädlicher Subventionen wie etwa des Dieselprivilegs, der Dienstwagenbesteuerung, der Steuerbefreiung von Kerosin und Erdöl für die Plastikherstellung. Die Linke will Nettovermögen (abzüglich Verbindlichkeiten) oberhalb von 1 Million Euro mit 1 Prozent besteuern. Bis zu einem Nettovermögen von 50 Millionen Euro soll die Steuer auf 5 Prozent ansteigen. Für Betriebsvermögen sollten Freibeträge von mindestens 5 Millionen Euro gelten. Darüber hinaus schlägt die Linke eine einmalige Vermögensabgabe vor. CDU/CSU und FDP möchten keine neue Steuer erheben.

Das ver.di-Vermögenssteuermodell

ver.di schlägt vor, Nettovermögen – Geld-, Betriebs- und Immobilienvermögen abzüglich Schulden – ab einer Million Euro mit 1 Prozent zu besteuern. Bis zu einem Nettogesamtvermögen von 20 Millionen Euro soll der Steuersatz auf 1,5 Prozent steigen, Vermögen von mehr als 100 Millionen Euro sollen mit einem Steuersatz von 1,75 Prozent und Vermögen von mehr als einer Milliarde Euro mit 2 Prozent besteuert werden. Zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung von Kapitalgesellschaften und ihrer Gesellschafter wird hier auf beiden Seiten jeweils nur der halbe Vermögenswert besteuert.

Deutschland ist nach wie vor ein reiches und wirtschaftsstarkes Land. „Es ist endlich an der Zeit, dass die starken Schultern einen angemessenen Beitrag leisten, um die Krise zu überwinden. Mehr Steuergerechtigkeit gegenüber Wohlhabenden und eine Vermögensabgabe sind überfällig“, sagt der ver.di Vorsitzende Frank Werneke. Es müssen sich diejenigen an den Kosten beteiligen, die nicht entlastet werden müssen. Dazu zählen Unternehmen, die mit hohen Gewinnen an den Krisen verdienen. Und auch die Vermögenden, die nach wie vor ihre millionenschweren Vermögen nicht versteuern müssen.

 

5. Was gilt als steuerbares Vermögen?

Der Gesetzgeber hat bei der Erhebung einer Vermögensteuer laut der Hans-Böckler-Stiftung einen großen Spielraum. Eigentum ist einerseits durch das Grundgesetz besonders geschützt, allerdings nicht uneingeschränkt. Steuern stellen nach weit verbreiteter Ansichtgrundsätzlich keinen Eingriff in die Eigentumsfreiheit dar, schon gar keine Enteignung. Im Grundgesetz heißt es hingegen: „Eigentum verpflichtet“. Jeder soll demnach, gemessen an seiner Leistungsfähigkeit, einen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten (siehe auch Frage 3). Allenfalls die Frage, wie hoch dieser ausfallen darf, ist unter Expertinnen und Experten umstritten.

Verfassungsrechtlich unproblematisch ist nach diesen Maßstäben die Besteuerung von Sollerträgen aus Vermögenswerten. Besteuerungsgrundlage sind danach die aus dem Vermögen erzielbaren Erträge, zum Beispiel potenzielle Mieteinnahmen und Zinseinkünfte, nicht hingegen die Vermögenssubstanz. Aber auch eine darüber hinaus gehende Substanzbesteuerung ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen – zu rechtfertigen sei sie „in Zeiten erheblicher und nur schwer begründungsfähiger Vermögensungleichheit“ – wenn durch die Ungleichheit also eine Gefährdung des demokratischen Versprechens der demokratischen Gleichheit drohe, so laut einem von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Rechtsgutachten vom März 2023.

Bei der Ausgestaltung der Vermögensteuer sind laut dem Rechtsgutachten weitergehende verfassungsrechtliche Vorgaben zu beachten: So müssen neben den privaten Vermögen im Grundsatz auch Betriebsvermögen einbezogen werden. Allerdings müssen Betriebsvermögen nicht zwingend in der gleichen Höhe wie private Vermögen besteuert werden. Es sei möglich, Betriebsvermögen zu bevorzugen, da diesem eine besondere Bedeutung für die Prosperität einer Gesellschaft zukomme.

Sehr wichtig ist laut dem Rechtsgutachten zudem, dass Vermögensgegenstände so erfasst werden, dass sie annähernd dem Marktwert entsprechen. Werden bei der Erfassung unterschiedliche Maßstäbe angelegt, stünde dies im Konflikt mit dem Gleichheitsgrundsatz – genau hier lag das Problem der bis in die 1990er-Jahre erhobenen Vermögenssteuer, über die das Bundesverfassungsgericht 1995 zu entscheiden hatte (siehe auch Frage 7).

Schwierig damals wie heute: Bei Bargeld oder Aktien ist die Bewertung vergleichsweise einfach, komplizierter wird es aber bei Kunstgegenständen und anderen Sachgütern, ebenso bei Immobilien. Hier ist der Staat auf die Ehrlichkeit der Steuerpflichtigen angewiesen, wobei zu betonen ist, dass die unzutreffende Angabe von relevanten Steuersachverhalten eine Straftat darstellt.

 

6. Wie hoch war die Vermögenssteuer in Deutschland?

Eine jährliche Vermögenssteuer wurde deutschlandweit von 1923 bis 1996 erhoben. Dabei waren auch juristische Personen vermögensteuerpflichtig. Die Steuer wurde bundeseinheitlich erhoben, das Aufkommen der Vermögensteuer wurde den Ländern zugewiesen. Ab 1978 betrug der Steuersatz für natürliche Personen 0,5 Prozent und für juristische Personen 0,7 Prozent (0,6 Prozent ab 1984). In den neuen Bundesländern wurde die Vermögenssteuer nach der Wiedervereinigung nicht erhoben. 1995 stieg der Vermögensteuersatz für natürliche Personen von 0,5 auf 1,0 Prozent. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass eine solche Vermögenssteuer derzeit jährlich 10 bis 20 Milliarden Euro einbringen könnte.

 

7. Wann wurde die Vermögenssteuer abgeschafft?

Seit Ende der Neunzigerjahre wird in Deutschland keine Vermögenssteuer mehr erhoben. In einem Urteil von 1995 hatte das Bundesverfassungsgericht bemängelt, dass Immobilien bei der Besteuerung gegenüber anderen Vermögen bevorzugt würden, und eine Neuregelung der Vermögenssteuer diesbezüglich gefordert. Die damals regierende schwarz-gelbe Bundesregierung verzichtete allerdings auf eine Reform. Seit 1997 wird deshalb keine Vermögenssteuer mehr erhoben. Angesichts der anhaltenden Diskussion über Lastenverteilung in der Krise und knapper werdender Haushaltsmittel fordern Gewerkschaften nun erneut seit langem ihre Wiedereinführung.

Tatsächlich ist die Vermögenssteuer bis heute Bestandteil des Grundgesetzes. Das Verfassungsgericht hatte bei seinem Urteil 1995 mit der steuerlichen Gesamtbelastung argumentiert. Die Karlsruher Richter formulierten den sogenannten Halbteilungsgrundsatz. Laut dem muss der Staat dem Steuerzahler mindestens die Hälfte seiner Einkünfte lassen. Doch auch schon damals kritisierte einer der Verfassungsrichter in einem Sondervotum diese Idee. In späteren Urteilen rückte das Verfassungsgericht schließlich vom Halbteilungsgrundsatz ab. Zudem: Der Beschluss von 1995 richtete sich keineswegs gegen eine Besteuerung von Vermögen an sich, sondern lediglich gegen ihre seinerzeit konkrete Ausgestaltung. Das Grundgesetz steht einer Vermögensbesteuerung deshalb überhaupt nicht entgegen, im Gegenteil: Sie wird dort in Artikel sogar „ausdrücklich als eine prinzipiell zulässige Steuerart aufgelistet“. Zu einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer ist es dennoch bisher nicht gekommen.

 

8. Ist die Vermögenssteuer verfassungswidrig?

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1995 hat die Vermögenssteuer seinerzeit keinesfalls an sich für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht bemängelte lediglich die konkrete Ausgestaltung der Vermögenssteuer. Bezug nahm das Gericht auf die steuerlichen Werte für das Grundvermögen, die seit ihrer Hauptfeststellung 1964 nicht mehr erneuert worden waren. Allein die damit verbundene Besserstellung des Grundvermögens erklärte das Bundesverfassungsgericht 1995 für verfassungswidrig. Die damalige schwarz-gelbe Bundestagsmehrheit wollte die Vermögenssteuer seinerzeit gleich abschaffen und verhinderte eine Neuregelung der Grundbesitzbewertung, die anschließend nur für die Erbschaftsteuer erneuert wurde. Daher wird die Vermögenssteuer seit 1997 nicht mehr erhoben. Das Vermögensteuergesetz hat dennoch bis heute Bestand.

 

9. Welche Länder erheben eine Vermögenssteuer?

Eine Vermögenssteuer gibt es derzeit nur noch in wenigen OECD-Ländern, zum Beispiel in Frankreich, der Schweiz und Norwegen. In vielen Ländern wurde die Vermögenssteuer in den vergangenen Jahren abgeschafft (etwa in Italien, Österreich, den Niederlanden oder Schweden) beziehungsweise ausgesetzt (Deutschland). In Spanien wurde sie wieder befristet eingeführt, in Frankreich erhöht. In den meisten Ländern werden aber noch weitere vermögensbezogene Steuern erhoben, zum Beispiel die Grundsteuer auf den Immobilienwert (vor Abzug von Schulden), die Grunderwerbssteuer auf Grundstücksverkäufe oder die Erbschaftssteuer auf Erbschaften und Schenkungen zwischen Personen. Diese Steuern sind vielen Ländern erheblich höher als in Deutschland.

 
So werden Reiche in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern von Steuern verschont
© Hans-Böckler-Stiftung
So werden Reiche in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern von Steuern verschont

10. Soll die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden?

SPD und Grüne hatten im letzten Bundestagswahlkampf eine Vermögenssteuer gefordert. Die FDP lehnt sie hingegen ab. Der Bundesfinanzminister, Christian Lindner von der FDP, führt unter anderem die vergleichsweisen hohen Kosten für die Bewertung von Vermögen an. Diese Kosten machten vor Aussetzung der Steuer rund ein Drittel des Aufkommens aus. Zur Verringerung des Aufwands schlägt der DGB Anzeigepflichten für Kreditinstitute, Versicherungen und andere Vermögensverwaltungen vor, zudem gibt es mittlerweile etablierte Verfahren zur realistischen Wertbestimmung von Immobilien und Betriebsvermögen. Ein weiterer Vorschlag ist, dass Steuerzahler die Höhe ihres Vermögens über eine sogenannte Selbstveranlagung eigenständig angeben könnten, wobei falsche Angaben scharf geahndet würden. Ein Vorbild könnte das US-Steuersystem sein, in dem die Selbstveranlagung üblich ist.

Angesichts einer hohen Ungleichheit bei der Vermögensverteilung und erheblicher finanzieller Herausforderungen, denen sich Deutschland ausgesetzt sieht, ist ihre Einführung nicht nur gut begründbar, sie trüge auch zur Verwirklichung grundlegender verfassungsrechtlicher Prinzipien bei. Zu diesem Ergebnis kommt ein von der Hans-Böckler-Stiftung gefördertes Rechtsgutachten vom März 2023. Bei der Ausgestaltung einer Vermögenssteuer habe der Gesetzgeber demnach einen erheblichen Spielraum.

 

11. Wann kommt die Vermögenssteuer?

Da sich die aktuelle Bundesregierung nicht einig ist – SPD und Grüne sind für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die FDP ist dagegen –, ist unklar, ob überhaupt und wann die Vermögenssteuer kommtob in dieser Koalition bzw. Legislaturperiode eine Vermögensteuer kommen wird. Die Diskussion darüber ist allerdings wieder in vollem Gange. ver.di macht gemeinsam mit anderen Vereinen und Organisationen Druck, damit in Zukunft wieder eine Vermögensteuer erhoben wird.