Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland ist mittlerweile von Armut betroffen. Das hatte im vergangenen Herbst der Paritätische in seinem jährlichen Armutsbericht bereits angemahnt. In absoluten Zahlen sind das 2,9 Millionen Kinder. Doch da in dem Bericht noch keine Zahlen von 2022 eingeflossen sind, ist davon auszugehen, dass die Anzahl in Armut lebender Kinder durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit einhergehende Inflation und teils massiv gestiegene Lebenshaltungskosten für sehr viele Familien erneut erhöht haben dürfte.
Die nun von der Ampel-Regierung vereinbarten Eckpunkte zur Kindergrundsicherung kritisiert ver.di daher als eindeutig nicht ausreichend. „Der in der Ampel ausgehandelte Kompromiss bündelt im Wesentlichen bestehende Leistungen, eine verbesserte Unterstützung für armutsgefährdete Kinder bietet er nicht. Das ist kläglich“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke anlässlich des vorgestellten Kompromisses zur Kindergrundsicherung. Kinderarmut werde damit nicht wirksam bekämpft. Wenn von ursprünglich geforderten 12 Milliarden Euro mehr pro Jahr gerade mal 2,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden sollen, davon zum Teil für Verwaltungskosten, zeige dies deutlich, dass der Kompromiss falsche Schwerpunkte setze.
„Für Steuererleichterungen für obere Einkommensschichten und für die Wirtschaft ist Geld da, für Kinder offensichtlich nicht“, so Werneke weiter. Die Kindergrundsicherung verdiene ihren Namen nur, wenn sie finanziell substanziell mehr ausmache als nur eine Umwidmung bestehender Programme, so Werneke weiter. „Denn die bestehenden Programme führen dazu, dass jedes fünfte Kind armutsgefährdet ist. Das ist beschämend.“
ver.di hatte die ursprünglich vorgelegten Pläne von Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Die Grünen, zur Kindergrundsicherung begrüßt. „In einem reichen Land wie Deutschland ist es eine Schande, dass immer noch eine große Anzahl von Kindern in Armut aufwächst. Angesichts der demografischen Entwicklung darf kein einziges Kind zurückgelassen werden“, fordert der ver.di-Vorsitzende deshalb. Die Bundesregierung müsse bei ihren Entscheidungen ein größeres Gewicht auf die Sozialpolitik legen und Kinder wirksam vor Armut schützen.
Der Plan der Bundesfamilienministerin, die Kindergrundsicherung künftig nicht mehr auf das Bürgergeld der Eltern anzurechnen, sei in diesem Zusammenhang absolut richtig. „Ausreichende Unterstützung und Förderung der Kinder sind unerlässlich für die Zukunft unseres Landes“, so Werneke.
Kinder sind in Deutschland überdurchschnittlich häufig von Armut betroffen. Die Armutsquote von Kindern unter 18 Jahren liegt deutlich über der der Gesamtbevölkerung. Nach den Zahlen für 2021 leben 20,8 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter der Armutsgefährdungsschwelle. Das geht aus Berechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervor. Für den Paritätischen hat die Armut in Deutschland einen traurigen Höchststand erreicht. Insgesamt müssen derzeit 13,8 Millionen Menschen hierzulande zu den Armen gerechnet werden, darunter 2,9 Millionen Kinder unter 18 Jahren.
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