Herzlichen Glückwunsch, lieber Detlef. Wir stellen hier die neuen Bundesvorstandsmitglieder vor. So neu bist Du aber gar nicht mehr.
Stimmt, ich bin schon seit März 2022 dabei. Ich bin damals durch den Gewerkschaftsrat nachgewählt worden, weil Karin Hesse aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung stand.
Wie ist es jetzt so ganz offiziell gewählt worden zu sein?
Sehr gut! Bisschen angespannt aber auch – jetzt so vor 1.000 Delegierten zu sprechen und mit den ganzen Verzögerungen, die es noch gab, war das schon ein bisschen nervenaufreibend.
Du warst aufgeregt?
Ja, sehr.
Das hat man dir nicht angesehen! Freust Du dich über die große Zustimmung von 93,2 Prozent?
Ich bin sehr sehr zufrieden. Und jetzt auch erleichtert. Das war ein langer Tag.
Du warst mal Stadtinspektor im Ordnungsamt Duisburg. Bist du ein ordentlicher Mensch?
Mein Schreibtisch ist alles andere als ordentlich. Ich bin aber, glaube ich, schon sehr strukturiert, auch wenn man es nicht sieht.
Was sind deine Ziele für die nächsten vier Jahre, was hast du dir vorgenommen?
Die ganz große Herausforderung wird sein, dass wir in den nächsten Jahren ganz viele Hauptamtliche verlieren werden. Da brauchen wir entsprechenden Nachwuchs, der auch entsprechend qualifiziert ist, um die vielen Themen, die es vor Ort gibt, bearbeiten zu können.
Und wir haben dadurch, dass sich die Arbeitswelt verändert, auch ganz neue Herausforderungen: Auch wir müssen digitaler werden in unserer eigenen Arbeit, um junge Menschen stärker ansprechen zu können, aber auch um mehr Zeit zu gewinnen, damit die Kolleg*innen stärker im Betrieb sein können und nicht mit Papierablagen beschäftigt sind. Mein großes Ziel ist, zu gucken, dass die hauptamtlichen Kolleg*innen Rahmenbedingungen vorfinden, die ihnen die Arbeit vor Ort so erleichtern, dass sie für unsere ehrenamtlichen Kolleg*innen gut arbeiten können.
Nach dem Motto: Je mehr digital geht, desto mehr Zeit gibt es für den Menschen?
Genau, das ist einer der Hauptaspekte. Wir haben mit der digitalen Streikunterstützung angefangen. Da gab es früher das klassische Papierformular, das durch mehrere Hände gelaufen ist, wo die Daten dann auch noch abgeschrieben werden mussten. Und solche Prozesse zu vereinfachen, zu digitalisieren, das ist so ein Hauptaspekt, den wir betrachten sollten. Und das meint jetzt nicht, auf jede hippe App zu gehen oder jede hippe Anwendung zu machen, sondern wirklich zu gucken, womit können wir die Organisation nach vorne bringen.
Wo siehst du für ver.di die größten Herausforderungen für die Zukunft?
Wir haben in vielen Bereichen nach wie vor tariflose Zustände oder Arbeitgeber, die sich bewusst dazu entscheiden, aus der Tarifbindung zu gehen. Das einzudämmen ist eine der großen Herausforderungen. Und auch schlicht und ergreifend mehr Menschen davon zu überzeugen, dass sie, wenn sie organisiert sind, mehr erreichen können. Eine weitere große gesellschaftliche Herausforderung ist – und das ist auch auf dem Kongress mehrfach angesprochen worden – auch deutlich Flagge gegen Rechts zu zeigen.
Was bedeutet ver.di für dich? Drei Worte oder einen Satz.
Ein Satz ist schwierig. Ich muss überlegen.
Es kann auch etwas Emotionales sein.
Emotionen gibt es bei mir nicht. (lacht)
ver.di ist ein großes Projekt, um mit vereinter Kraft, möglichst viel für die Kolleg*innen zu erreichen. Es ist ein Projekt, was mich im gewerkschaftlichen Leben die ganze Zeit begleitet hat. Ich bin kurz vor der Gründung hauptamtlich geworden. Und für mich ist es – trotz aller Kritiken und Vorbehalte, die es von Einzelnen im Vorfeld gab – eine Erfolgsgeschichte.
Aber immer noch work in progress?
Ja, natürlich gibt es nach 20 Jahren Punkte, wo es Veränderungsbedarf gibt, viele haben wir auch schon aufgegriffen. Die Fachbereichsfusionen waren so eine Veränderung. Es ist eine lebende Organisation, die sich immer wieder neu erfindet, um auch immer wieder Neues zu erreichen.