ver.di fordert in der aktuellen Verhandlungsrunde für die rund 100.000 Beschäftigten in der Druckindustrie die unbefristete Verlängerung des Manteltarifvertrages inklusive aller seiner Anhänge. „Das bedeutet“, erläutert ver.di-Tarifsekretär Holm-Andreas Sieradzki, „dass alle bisherigen Regelungen, etwa zu den Zuschlägen, zum Urlaubsgeld und zur Jahresleistung, also dem Weihnachtsgeld, unverändert weiter Gültigkeit haben sollen.“ Außerdem bekräftigt ver.di seine Erwartungen nach einer bundesweiten 35-Stunden-Woche und einer Allgemeinverbindlichkeit einzelner Tarifregelungen. Auch will die ver.di-Verhandlungskommission mit den Arbeitgebern über Maßnahmen zur Abmilderung der besonderen Belastungen durch Schichtarbeit reden, wie etwa die Arbeitszeitverkürzung mit Teillohnausgleich, der teilfinanzierte Ausstieg aus der Schichtarbeit und gute Altersteilzeitregelungen.
Diese Forderung und Erwartungen sind dem Bundesverband für Druck und Medien (BVDM) bereits im September 2024 von ver.di übermittelt worden. Ihnen hat der Arbeitgeber BVDM nun in der aktuell zweiten Verhandlungsrunde eine Absage erteilt. Ihm zufolge müsse ein neuer Manteltarifvertrag deutliche Änderungen beinhalten, hieß es. Faktisch handelt es sich nach Einschätzung der ver.di-Verhandlungsführerin Rachel Marquardt dabei aber um Verschlechterungen für die Beschäftigten. So steht etwa Verlängerungen der Wochenarbeitszeit um bis zu drei Stunden zur Option, eine Absenkung der Jahresleistung und des Urlaubsgeldes, eine Streichung der Anhänge mit Regelungen u.a. zur Maschinenbesetzung oder zur Berufsausbildung sowie eine nur kurze Laufzeit des Manteltarifvertrages bis zum 31. Juli 2026.
Zum Thema Maschinenbesetzung erklärt Sieradzki: „Der Manteltarifvertrag Druck ist einer der ältesten Tarifverträge, der eine Regelung zur Personalbemessung aufweist – die sogenannte Besetzungsregelung. Sie schreibt vor, wie viele Druckerinnen und Drucker an einer Maschine stehen müssen. Das ist die quantiative Besetzung.“ Die qualitative Besetzung regele, so Sieradzki weiter, den sogenannten Facharbeiterschutz an den Maschinen, die nur von ausgebildeten Druckern bedient werden dürfen. Hier argumentiere der Arbeitgeberverband, dass die Maschinen inzwischen so digitalisiert seien, dass sie im Grunde jeder bedienen könne. Da brauche es keine Medientechnologen Druck, da könne auch ein Mechatroniker ran.
Ein Jahrzehnte langer Kampf um Sicherheit
Die aktuelle Absage an die ver.di-Forderungen durch den BVDM sei besonders ärgerlich vor dem Hintergrund der wechselvollen Geschichte des Manteltarifvertrags in der Druckindustrie, sagt Sieradzki. „Seit mehreren Jahren schon finden wir uns regelmäßig in Auseinandersetzungen um den Manteltarifvertrag. Zuletzt hatten die Arbeitgeber den Manteltarifvertrag 2018 gekündigt“, sagt der Tarifsekretär. Die anschließende Mantelrunde lief zusammen mit der Lohntarifrunde. Neun Monate Verhandlungen und Streiks später gelang ver.di der Durchbruch: Der Manteltarifvertrag trat unverändert wieder in Kraft, wurde allerdings von nun an befristet, bis jeweils neue Regelungen vorliegen. Diese Befristung wurde zwischenzeitlich zweimal verlängert und ist am 31.10.2024 ausgelaufen.
Seitdem befindet sich der Manteltarifvertrag in sogenannter Nachwirkung, bis neue Regelungen greifen. Das ist für die Beschäftigten von Nachteil. Alle Beschäftigten, die vor Ablauf am 31.10.2024 angestellt und ver.di-Mitglied waren, haben dadurch Anspruch auf die Leistungen des Vertrages. All jene aber, die ab dem 1.11.2024 eingestellt wurden oder noch werden, können durch den Status der Nachwirkung zu schlechteren Bedingungen eingestellt werden. „Das kann dann runtergehen auf Mindestlohnhöhe“, erklärt Rachel Marquardt.
Mit einem Manteltarifvertrag in Nachwirkung sind die Beschäftigten zudem erpressbar, so die ver.di-Verhandlungsführerin weiter. „Da können dann von Arbeitgebern Investitionen in den Betrieb davon abhängig gemacht werden, ob die Beschäftigten zum Beispiel auf Urlaubsgeld oder die Jahresleistung verzichten. Mit einem gültigen Tarifvertrag geht so etwas nicht“, sagt Marquardt. Sie weist darauf hin, dass die Regelungen im Manteltarifvertrag, etwa über Zuschläge bei Schichtarbeit, Urlaub und Jahresleistung insgesamt rund ein Viertel des Bruttoeinkommens ausmachen. „Das ist viel Geld für die Beschäftigten“, so Marquardt.