Mitte Juli hatte der öffentlich-rechtliche SWR versucht, den Regisseur Joachim Lang mit einer Änderungskündigung von seinen bisherigen Aufgaben zu entbinden. Dabei hatte Lang mit Spielfilmen, die er für den Sender gedreht hat, mehrere Auszeichungen und Preise gewonnen und so zum Renommee des Senders beigetragen. Zu den Filmen zählt unter anderem „Führer und Verführer", mit dem Lang am Tag der Kündigung die Premiere gefeiert hat.
Beim Gütetermin am 8. Oktober vor dem Arbeitsgericht Stuttgart hat der Sender keine Kompromisse angeboten. Damit kommt es nun zum Kammertermin mit einem Urteil in diesem Kündigungsschutzprozess. Begründet hat der SWR die Kündigung mit dem Sparkurs. Dieser lasse es nicht zu, dass der Sender weiter Filme drehe. Allerdings ist er laut Staatsvertrag dazu verpflichtet.
„Aufgrund eines betrieblichen Sparkurses wird einem hochangesehenen Regisseur seine Aufgabe gekündigt, obwohl gleichzeitig extern etliche Filmprojekte vergeben werden. Das zeigt: es geht dem Sender nicht ums Geld", kritisierte ver.di-Landesbezirksleiter Martin Gross. Leidtragende dieser sturen, harten und inhaltlich nicht nachvollziehbaren Haltung des SWR seien nicht nur Joachim Lang und seine Redaktionsleiterin Sandra Dujmovic. Denn als Folge der Kündigung werde auch der geplante und ausgeschriebene Spielfilm über Theresienstadt gestrichen. Damit werde die Kündigung zu einem Politikum, denn nach dem Täterfilm „Führer und Verführer“, sollten mit diesem Werk die Opfer in den Mittelpunkt gerückt werden. Der Auftrag des SWR, gerade in diesen Zeiten, wäre es, unsere Demokratie gegen alle Gestrigen zu verteidigen.
ver.di gewährt den ver.di-Mitgliedern Lang und Dujmovic Rechtsschutz in dem Verfahren.
Nach der Weltpremiere gleich eine Auszeichnung: Der am 8. Juli mit dem Publikumspreis des Filmfests München ausgezeichnete Film „Führer und Verführte“ mit Robert Stadlober und Franziska Weisz in den Hauptrollen unter der Regie von Joachim Lang hat inzwischen die Leinwände und ein großes Publikum erobert.
Zu einer exklusiven Vorstellung und anschließendem Gespräch mit dem Regisseur der filmischen Collage aus Spielfilm, Dokumentation und eindringlichen Zeitzeug*innen-Einordnungen hatte ver.di nach Berlin und Stuttgart eingeladen. Christoph Schmitz-Dethlefsen vom ver.di-Bundesvorstand machte zur Einführung auf die Aktualität des Films aufmerksam in einer Zeit, in der befeuert von den Algorithmen der digitalen Plattformen, die Schmitz-Dethlefsen als „asoziale Medien“ bezeichnete, die Grenzen zwischen Propaganda, Fake News und Realität immer weiter verschwimmen und rechtsextreme Parteien wie die AfD Wahlerfolge feiern.
ver.di stelle sich diesen Tendenzen entschieden entgegen und lasse die Menschen nicht allein Ausgrenzung, Diskriminierung und Bedrohungen ausgesetzt. Auch das ver.di-Mitglied Joachim Lang werde unterstützt. Denn der rennomierte Filmemacher ist von seinem Arbeitgeber, dem SWR, mit einer Kündigung bedroht. Schmitz-Dethlefsen kritisierte die ARD-Anstalt für ihr Vorgehen scharf. Der SWR versuche, sich eines Kritikers und Aufklärers zu entledigen, der angekündigte Sparkurs, mit dem die arbeitsrechtlichen Maßnahmen gegen Lang begründet werden, widerspreche dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
ver.di gibt dem Kollegen klassischen gewerkschaftlichen Rechtschutz. Über diesen wird Joachim Lang anwaltlich beraten und vertreten, eine Klage gegen die Änderungskündigung läuft. Auch der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg, Michael Blume, zeigte sich bei der Stuttgarter Premiere von „Führer und Verführte“ solidarisch. Auf seinem Blog schrieb Blume, als ein erklärter Befürworter des gebührenfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks halte er es für einen schweren Fehler und einen Vertrauensbruch, dass Lang „aus der SWR-Beschäftigung heraus gedrängt wird“. Er erwäge, sich mit einer direkten Beschwerde an SWR-Intendant Kai Gniffke und bei Nicht-Reaktion auch an den Landtag von Baden-Württemberg zu wenden: „Es ist aus meiner Sicht auch medienethisch skandalös, einen international so bedeutenden Filmemacher, der auch im Sender Zivilcourage gezeigt und gerade ein bleibendes Meisterwerk gegen den NS-Antisemitismus geschaffen hat, aus dem SWR drängen zu wollen“, so Blume.
Eine ausführliche Rezension zum Film „Führer und Verführer“ steht in der Online-Ausgabe des medienpolitischen ver.di-Magazins „Menschen machen Medien“: Filmtipp: Führer und Verführer - M - Menschen Machen Medien (ver.di) (verdi.de)