Druckindustrie: Verhandlungsergebnis erzielt

Um insgesamt 7,8 Prozent sollen die Löhne und Gehälter steigen. In den kommenden Wochen wird in den Streik- und Aktionsbetrieben über das Verhandlungsergebnis diskutiert und die ver.di-Mitglieder werden befragt
21.06.2024

Nach intensiven Verhandlungen haben sich ver.di und der Bundesverband Druck und Medien (BVDM) in der sechsten Verhandlungsrunde am frühen Morgen des 21. Juni 2024 auf ein Verhandlungsergebnis für die Beschäftigten der Druckindustrie geeinigt.

 
Für rund 110.000 Beschäftigte in der Druckindustrie gibt es in der sechsten Verhandlungsrunde ein Ergebnis

Das Ergebnis

Vereinbart ist eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um insgesamt 7,8 Prozent:

  • Erhöhung zum 01. Juli 2024 um 3,9 Prozent
  • Erhöhung zum 01. Juli 2025 um weitere 2,0 Prozent
  • Erhöhung zum 01. März 2026 um weitere 1,9 Prozent
  • Erhöhung der Ausbildungsvergütungen in zwei Schritten um jeweils 6,0 Prozent
  • Laufzeit von 29 Monaten bis zum 31. Juli 2026
  • Kein Gehalt unter 13 Euro pro Stunde

In den kommenden Wochen wird in den Streik- und Aktionsbetrieben über das Ergebnis diskutiert und die ver.di-Mitglieder werden zum Verhandlungsergebnis befragt.

Nach dem Ende der Erklärungsfrist am 19. Juli entscheidet die Tarifkommission abschließend über eine Annahme oder Ablehnung.

Dieses Verhandlungsergebnis hat Licht und Schatten. Positiv zu bewerten ist aus ver.di-Sicht die dauerhaft wirksame Lohnerhöhung um insgesamt 7,8 Prozent für die Kolleginnen und Kollegen in der Druckindustrie sowie die überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütungen. Auf der Negativseite steht die lange Laufzeit von 29 Monaten.

In der Gesamtabwägung hat sich die Verhandlungskommission aber dazu entschieden, den Mitgliedern die Annahme des Verhandlungsergebnisses zu empfehlen – nicht zuletzt ist es damit gelungen, den bundesweiten Flächentarifvertrag zu erhalten.

Dieses über Monate hart erkämpfte Ergebnis konnte nur aufgrund der starken Streikbewegung erzielt werden.

 

Rückblick

Noch in die fünften Verhandlungsrunde für die circa 110.000 Beschäftigten der Druckindustrie am 3. Juni 2024 hatte es keine Bewegung gegeben und legten die Arbeitgeber kein neues Angebot vor. Vielmehr hatte die Arbeitgeberseite auf ihrem Standpunkt beharrt, die Forderung der Druckereibeschäftigten sei zu hoch und die Gewerkschaft müsse diese reduzieren.

Nach Vorstellungen des BVDM sollten die Löhne und Gehälter in der Druckindustrie zum 1. Juni 2024 um 2,0 Prozent und zum 1. Juni 2025 um weitere 1,0 Prozent steigen. Die Laufzeit sollte 24 Monate betragen.

„Nach den schmerzhaften Reallohnverlusten der letzten Jahre brauchen die Kolleginnen und Kollegen einen Tarifabschluss, der die Löhne deutlich erhöht! Dafür werden wir die Streiks in der Druckindustrie jetzt deutlich ausweiten“, sagte ver.di-Verhandlungsführerin Rachel Marquardt vor der sechsten Verhandlungsrunde. 

Es braucht jetzt deutliche Signale aus den Betrieben!

Da sich die Arbeitgeber aktuell nicht in der Lage sehen ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen, brauchen sie offenbar weitere Denkanstöße aus den Druckbetrieben, heißt es in der ver.di Tarifinfo, die an die Beschäftigten nach der 4. Verhandlungsrunde geschickt wurde. „Es liegt jetzt an uns Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen zu bringen. Das gelingt nur, indem wir die Streiks in den Druckbetrieben deutlich ausweiten. “ Die fünfte Verhandlungsrunde mit dem BVDM findet am 3. Juni 2024 statt.

 

Dritte Runde

Zu Beginn des dritten Verhandlungstermins wiederholten die Arbeitgeber ihre Auffassung, dass die aus ihrer Sicht „zu hohe Forderung der Druckereibeschäftigten“ nach 12 Prozent mehr Lohn und Gehalt keine Verhandlungsbasis sei. Der Bundesverbands Druck und Medien (BVDM) wollte die Verhandlungen nur weitergeführen, wenn ver.di von der Forderung Abstand nehmen würde. Das wies die gewerkschaftliche Verhandlungskommission deutlich zurück. Nach kurzer Unterbrechung wurden die Gespräche dennoch fortgesetzt, zu einer weiteren Annäherung kam es jedoch nicht. Die Arbeitgeber legten kein neues Angebot

Weil schon die ersten beiden Verhandlungsrunden für die Beschäftigten der Druckindustrie bisher ergebnislos verliefen, hatte ver.di seit dem 2. April zu ersten Warnstreiks aufgerufen. Die Friedenspflicht in der Druckindustrie endete am 31. März 2024.

Zweite Runde

Am 21. März 2024 war in Nürnberg auch die zweite Verhandlungsrunde zwischen ver.di und dem Verband Druck und Medien (BVDM) ergebnislos zu Ende gegangen. Der Arbeitgeberverband hat angeboten, die Löhne und Gehälter mit einer Laufzeit von 24 Monaten zum 1. Juni 2024 um 2,0 Prozent und zum 1. Juni 2025 um weitere 1,0 Prozent anheben zu wollen. Die ver.di-Tarifkommission hat dies als „völlig unzureichend“ zurückgewiesen. Es sei eine Provokation und zeige, wie wenig die Arbeitgeberseite die Lebensbedingungen der Beschäftigten in Zeiten starker Preissteigerungen im Blick habe, sagte ver.di-Verhandlungsführerin Rachel Marquardt. „Ein solches Angebot würde einen weiteren massiven Reallohnverlust für die Beschäftigten in den Druckbetrieben bedeuten und ist völlig inakzeptabel“, so die ver.di-Verhandlungsführerin. Die Erwartungshaltung aus den Betrieben sei und bleibe klar: „Es gibt einen großen Nachholbedarf bei Löhnen und Gehältern. Die Druckindustrie darf nicht weiter abgekoppelt werden. Daher ist unsere Forderung von 12 Prozent mehr als gerechtfertigt“, sagte Marquardt.

 

„Wir werden alles dafür tun, dass die Beschäftigten in der Druckindustrie nicht länger von der Einkommensentwicklung in Deutschland abgehängt werden.“

Rachel Marquardt, ver.di-Verhandlungsführerin

Erste Runde

Die erste Tarifrunde für die mehr als 110.000 Beschäftigten in der Druckindustrie war am 11. März 2024 ergebnislos zu Ende gegangen. ver.di fordert 12 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die 110.000 Beschäftigten. „Denn nach zwei Jahren mit einer überdurchschnittlich hohen Inflationsrate und damit verbundenem deutlichem Einkommensverlust ist der Nachholbedarf sehr hoch“, sagte die ver.di-Verhandlungsführerin Rachel Marquardt im Anschluss. Die Arbeitgeber der Druckindustrie machten kein Angebot zum Verhandlungsauftakt.

Die Arbeitgeber hätten die Forderung abgelehnt, da aus ihrer Sicht 12 Prozent mehr Lohn und Gehalt die Unternehmen überfordern und nicht den notwendigen Spielraum für Investitionen in die Zukunft zulasse würden. „Dieser einseitige Blick verkennt, dass die vergangenen Tarifabschlüsse alle unter Berücksichtigung der Branchensituation zustande kamen. Außerdem sollten die Arbeitgeber bei Investitionen in die Zukunft nicht die Investitionen in die Beschäftigten vergessen – erst recht nicht in Zeiten des Fachkräftemangels“, so Rachel Marquardt.

Entscheidend sei aber auch die Einkommensentwicklung. Denn während die Unternehmen ihre gestiegenen Kosten zumindest in Teilen an die Kundschaft weitergeben können, besteht diese Möglichkeit für die Druckereibeschäftigten nicht. Sie müssten die nach wie vor höheren Preise im Supermarkt und an der Tankstelle zahlen. Genau deshalb brauche es ordentliche Einkommenssteigerungen, so Marquardt.

„Wir werden alles dafür tun, dass die Beschäftigten in der Druckindustrie nicht länger von der Einkommensentwicklung in Deutschland abgehängt werden. Das machen wir mit unserer Forderung für diese Tarifrunde deutlich“, erklärte die ver.di Verhandlungsführerin Rachel Marquardt.

Die Druckindustrie darf nicht weiter abgekoppelt werden!

Zwischen 2000 und 2023 sind die Löhne und Gehälter in der Druckindustrie um 43,5 Prozent gestiegen. In der Gesamtwirtschaft hingegen betrug das Plus in diesem Zeitraum 76,7 Prozent.

Diese großen Unterschiede kommen nicht von ungefähr: Ein Grund für den deutlich geringeren Einkommensanstieg in der Druckindustrie liegt auch in den wiederholten Angriffen der Arbeitgeberseite auf den Manteltarifvertrag in der Vergangenheit. Hier gilt es aufzuholen: Die Kolleg*innen in der Druckindustrie müssen ebenso wie andere Beschäftigungsbereiche an der langfristigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Dafür braucht es deutliche Lohnsteigerungen, die mithelfen, die Lücke gegenüber anderen Branchen zu verringern.

Das ist auch wichtig, um als attraktive Arbeitgeber weiterhin qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte an sich zu binden.