Postbank: Verhandlungsergebnis angenommen

ver.di erzielt Einigung mit Deutscher Bank für 12.000 Tarifbeschäftigte der Postbank. Erhalt von Filialen abgesichert. Langfristiger Kündigungsschutz.
28.05.2024
Postbank: Nach den Warnstreiks der letzten Wochen ist weiter Bewegung in die Verhandlungen gekommen

Nach 21-stündigen Verhandlungen haben sich ver.di und die Deutsche Bank AG am 1. Mai 2024 auf ein umfassendes Verhandlungspaket für die zum Konzern gehörenden 12.000 Tarifbeschäftigten der Postbank geeinigt. Es war bereits die fünfte Verhandlungsrunde. Zu dem Ergebnis konnten die ver.di-Mitglieder inzwischen ihr Votum abgeben; 72,4 Prozent haben dem Verhandlungsergebnis zugestimmt. Auf dieser Basis haben die Tarifkommissionen Postbank/PCC und Postbank Filialvertrieb AG das Verhandlungsergebnis einstimmig beschlossen. Damit können alle verhandelten und vereinbarten Inhalte der Tarifverhandlungen nun umgesetzt werden. Ab 1. Juni gibt es mehr Geld.

 

„Durch den Mindestbetrag als soziale Komponente steigen die Gehälter für viele Beschäftigte mit unteren und mittleren Einkommen deutlich über 13 Prozent. Das war uns besonders wichtig“

Jan Duscheck, ver.di-Verhandlungsführer

Die Einigung sieht vor, dass die Gehälter zum 1. Juni 2024 um 7 Prozent, mindestens jedoch um 270 Euro, und zum 1. Juli 2025 um weitere 4,5 Prozent steigen. „Durch den Mindestbetrag als soziale Komponente steigen die Gehälter für viele Beschäftigte mit unteren und mittleren Einkommen deutlich über 13 Prozent. Das war uns besonders wichtig“, kommentierte ver.di-Verhandlungsführer Jan Duscheck das Ergebnis.

Des Weiteren einigte sich die Gewerkschaft mit den Arbeitgebern auf einen langfristigen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zum 31. Dezember 2027. „Durch den langen Kündigungsschutz erhalten die Beschäftigten langfristige Arbeitsplatzsicherheit. Außerdem konnten wir den Erhalt von Filialen absichern. Das sind gute Neuigkeiten für die Beschäftigten und die Kundinnen und Kunden der Postbank“, sagte Duscheck. So vereinbarten beide Seiten Standortgarantien für über 320 Postbankfilialen und zugleich die Errichtung von elf neuen regionalen Beratungscentern zum Aufbau von Ersatzarbeitsplätzen für die Beschäftigten.

Außerdem wurde ein dauerhaftes Wahlrecht zwischen Geld und Freizeit ausgehandelt: Beschäftigte können zukünftig durch die Umwandlung von Gehalt in freie Tage bis zu vier Wochen zusätzliche Freizeit erhalten. Daneben gibt es flexiblere Teilzeitregelungen und die Möglichkeit, ab einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von 36 Stunden eine Vier-Tage-Woche zu wählen. Für die Auszubildenden der Postbank erhöhen sich die Ausbildungsvergütungen um insgesamt 200 Euro. Zusätzlich gibt es eine verbindliche Übernahmeregelung, einen Lernmittelzuschuss in Höhe von 650 Euro sowie ein 13. Monatsgehalt für die Auszubildenden des Postbank Filialvertriebes.

Bis zum 17. Mai 2024 müssen nun die ver.di-Mitglieder über die endgültige Annahme des Ergebnisses entscheiden. Die zuständigen Tarifkommissionen haben ihren Mitgliedern das Ergebnis zur Annahme empfohlen. Stimmen die Mitglieder zu, wäre ein Erzwingungsstreik, zu dem ver.di nach den stockenden vier Verhandlungsrunden zuvor eine Urabstimmung eingeleitet hatte, abgewendet.

 

Rückblick

Die vierte Verhandlungsrunde zwischen ver.di und der Deutschen Bank AG war am 16. April ohne Ergebnis geblieben. Nach den Warnstreiks der letzten Wochen sei zwar weiter Bewegung in die Verhandlungen gekommen, insbesondere beim Thema Gehalt lagen zu dem Zeitpunkt die Positionen aber noch weit auseinander, kommentierte ver.di-Verhandlungsführer Jan Duscheck.

Die Arbeitgeberseite hatte unter anderem beim Gehalt und beim Kündigungsschutz ihr Angebot aus der dritten Verhandlungsrunde weiter nachgebessert. Das Angebot sah nun 6,4 Prozent in der ersten Stufe und 3,6 Prozent in der zweiten Stufe bei vier Nullmonaten und einer Gesamtlaufzeit von 27 Monaten vor. Der angebotene Kündigungsschutz sollte eine Dauer bis zum 30. Juni 2027 haben. Bei weiteren wichtigen Themen, wie der Einführung einer betrieblichen Altersvorsorge und einem Wahlrecht für die Beschäftigten zwischen einem höheren Gehalt oder einer kürzeren Arbeitszeit, signalisierte die Bank zudem Verhandlungs- und Einigungsbereitschaft.

„Die Prozente sind zu niedrig und die Laufzeit zu lang – das jetzige Gehaltsangebot bleibt deutlich unter der Inflation der letzten Jahre. Es zementiert den Kaufkraftverlust für die Postbankbeschäftigten auf Dauer und ist daher inakzeptabel. Schließlich gehören die Kolleginnen und Kollegen hier nicht zu den Spitzenverdienern der Branche“, sagte Duscheck.

Einleitung einer Urabstimmung beschlossen

Die ver.di Tarifkommission hat daher die Einleitung einer Urabstimmung beschlossen: Bis zum 3. Mai 2024 stimmen die ver.di-Mitglieder über die Durchführung von unbefristeten Erzwingungsstreiks ab.  Mit der Einleitung der Urabstimmung zog ver.di die Konsequenzen aus den sich bereits seit mehreren Wochen mit insgesamt vier Runden hinschleppenden Verhandlungen.

ver.di fordert bei einer Laufzeit von zwölf Monaten 15,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens 600 Euro und die Verlängerung des Kündigungsschutzes bis zum 31. Dezember 2028. Für die Dauer der Urabstimmung wird ver.di auf weitere Warnstreiks verzichten. Die Tarifvertragsparteien einigten sich für den 30. April auf eine fünfte Verhandlungsrunde. 

 

++++++ 10. April 2024 ++++++

Die Beschäftigten der Postbank streiken erneut diese Woche an wechselnden Standorten, nachdem bereits im März im Filialbetrieb und Anfang April im Backoffice gestreikt wurde. Für die besonderen Belastungen in den letzten Monaten erwarten die Beschäftigten ein entsprechendes Angebot der Arbeitgeber.

Gestreikt wird bundesweit bis zum 11. April nun nicht nur in allen Backoffice-Einheiten, sondern darüber hinaus auch in den Callcentern (Postbank Direkt) und auch in den Filialen. Betroffen von den Streikaufrufen sind bis zu 12.000 Beschäftigte.

„Trotz wochenlanger Verhandlungen ist der Arbeitgeber nach wie vor nicht bereit, den Postbank-Beschäftigten substanziell entgegenzukommen. Deswegen wird der Druck auf den Arbeitgeber erneut erhöht“, betonte ver.di-Verhandlungsführer Jan Duscheck am Montag.

Mit der Intensivierung der Streiks zieht ver.di die Konsequenzen aus den sich bereits seit mehreren Wochen mit insgesamt drei Runden hinschleppenden Verhandlungen. ver.di fordert 15,5 Prozent, mindestens 600 Euro und die Verlängerung des Kündigungsschutzes bis zum 31. Dezember 2028 bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Dagegen bietet die Arbeitgeberseite lediglich eine Erhöhung von 6,4 Prozent bzw. mind. 250 Euro zum 1. Juni 2024, eine weitere Erhöhung um 2,0 Prozent zum 1. Juli 2025 und eine Verlängerung des Kündigungsschutzes bis zum 31. Dezember 2026 bei einer Laufzeit von 29 Monaten. „Die Differenz zwischen der Forderung von ver.di und dem Postbank-Angebot ist noch viel zu hoch“, kritisierte Duscheck.

Der nächste Verhandlungstermin für die Postbank-Beschäftigten ist am 16. April 2024 in Frankfurt am Main.

ver.di verhandelt gemeinsam für die Beschäftigten im Postbank Filialvertrieb, bei der Deutschen Bank AG (ehemals Postbank oder PB Firmenkunden) sowie bei der BCB, der PCC Services, bei PB Direkt und der PB Factoring.

 

„Die Arbeitgeber eskalieren die Verhandlungen mehr und mehr.“

Jan Duscheck, ver.di-Verhandlungsführer

Unzureichendes Angebot in der dritten Verhandlungsrunde

In der dritten Verhandlungsrunde am 18. März hatte die Deutsche Bank, in die die Postbank und ihre Servicegesellschaften eingegliedert sind, ihr Angebot verbessert, doch das reichte nicht. Die ver.di-Bundestarifkommission lehnte das Angebot als völlig unzureichend ab. „Die Arbeitgeberseite hat zwar Anfang der Woche nachgebessert, aber das Angebot bleibt bei allen wichtigen Punkten unterhalb der Erwartun­gen an einen abschlussfähigen Kompromiss. Dabei kann es nicht bleiben. Deshalb weiten wir die Streiks ab sofort massiv aus“, sagte Jan Duscheck, ver.di-Verhandlungsführer im März.

ver.di rief deshalb die Beschäftigten zu bundesweiten Warnstreiks auf: am 22. und 23. März 2024 in allen Filialen des Postbank Filialvertriebs, im Businesscenter Berlin, in der Postbank-Zentrale in Bonn und der PB Factoring in Bonn. Duscheck hatte nach der erfolglosen dritten Verhandlungsrunde auch angekündigt, nicht nur die Arbeitskampfmaßnahmen sukzessive auszuweiten sondern auch die Urabstimmung vorzubereiten.

„Die Beschäftigten erwarten langfristige Arbeitsplatzgarantien und eine klare materielle Wertschätzung für ihre Arbeit und die besonderen Belastungen der letzten Monate. Die Arbeitgeber halten das Narrativ der nötigen Kosteneinsparungen dagegen. Damit eskalieren sie die Verhandlungen mehr und mehr. Wir werden die Arbeitskampfmaßnahmen daher sukzessive ausweiten und bereiten auch die Urabstimmung vor. Wenn die Arbeitgeberseite diese Eskalation vermeiden will, muss sie ihr Angebot bis zum nächsten Verhandlungstermin am 16. April deutlich nachbessern“, sagte ver.di-Verhandlungsführer Jan Duscheck zur der Ausweitung der Streiks.

Zwei Tage zuvor, direkt nach der dritten Verhandlungsrunde, hatte Duscheck bereits angekündigt: „Es sind erste Fortschritte erkennbar. Allerdings sind wir immer noch weit von einem Abschluss entfernt. In den kommenden Wochen kommt es noch einmal darauf an, dass wir die Streiks zusammen noch einmal intensivieren." Vor der vierten Verhandlungsrunde am 16. April würden die Warnstreiks ausgeweitet werden.

Bereits vor der dritten Verhandlungsrunde hatte ver.di die Beschäftigten des Postbank Filialvertriebs und der Postbank Callcenter bundesweit in allen Betrieben zu Warnstreiks aufgerufen, vom 15. bis 16. März 2024. Zudem fanden für alle Betriebe des Postbank Filialvertriebs zentrale regionale Betriebsversammlungen am 14. März statt. Für den Raum Stuttgart einen Tag später, am 15. März. Rund um diese Betriebsversammlungen kam es zu Protestaktionen im Rahmen der Tarifrunde mit hunderten Beschäftigten. Für die Kunden bedeuteten das massive Beeinträchtigungen in der Erreichbarkeit der Postbank. „Die Beschäftigten der Postbank wissen, ohne Druck bewegt sich nichts, denn ihnen wir nichts geschenkt", sagte ver.di-Verhandlungsführer Jan Duscheck vor der dritten Verhandlungsrunde.

ver.di und die Beschäftigten fordern in der aktuellen Tarifrunde 15,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 600 Euro, und die Verlängerung des Kündigungsschutzes bis zum 31. Dezember 2028. Die Bank bietet hingegen nur 5 Prozent zum 1. Juni 2024 und 2 Prozent zum 1. Juli 2025 sowie einen Kündigungsschutz lediglich bis zum 30. Juni 2026 an. „Das bisher vorgelegte Angebot der Arbeitgeberseite ist sehr weit von einem verhandelbaren Kompromisskorridor entfernt. Ohne weitere Streiks bewegt sich bei der Deutschen Bank überhaupt nichts“, sagt Jan Duscheck, ver.di-Verhandlungsführer für den Bankenbereich.

Mehr erfahren: https://wir-fuer-tarif.de/postbank/ 

 

„Es ist völlig unverständlich, dass das Management in der laufenden Tarifrunde so auf Zeit spielt und damit weiteren Unmut sowohl bei den Beschäftigten als auch bei Kundinnen und Kunden provoziert.”

Jan Duscheck, ver.di-Verhandlungsführer für den Bankenbereich

„Die Streiks betreffen alle Filialen der Postbank Filialvertrieb AG und alle Vertriebs- und Servicecenter der Postbank Direkt. Wir gehen davon aus, dass der größte Teil der Filialen an beiden Tagen geschlossen bleibt und es auch an den Servicehotlines zu größeren Problemen bei der Erreichbarkeit kommen wird“, so der ver.di-Gewerkschafter. Die beiden ersten Verhandlungsrunden fanden am 6. Februar und 26. Februar 2024 statt, am 18. März wird weiterverhandelt.

Mehr Infos zur Tarifrunde gibt's hier.

Verhandlungen in schwierigen Zeiten

Zuletzt hatte ver.di die Beschäftigten bei der Postbank Filialvertrieb AG im November 2023 zu Aktionen aufgerufen, um gegen die geplante Schließung von bundesweit bis zu 250 Filialen zu protestieren. Aufgerufen waren insgesamt mehr als 2.000 Beschäftigte. „Die angekündigten Filialschließungen sind ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten, die monatelang den Ärger der Kundinnen und Kunden abgekriegt und aufgefangen haben und mit mangelhaften Prozessen aufgrund der IT-Umstellung allein gelassen wurden. Zum Dank für ihren Einsatz bekommen sie jetzt massenhafte Filialschließungen“, so Jan Duscheck. ver.di registrierte erhebliche Unruhe in der Belegschaft und völliges Unverständnis für die von der Deutschen Bank beabsichtigten Filialschließungen. Die Gewerkschaft fordert zusammen mit dem Gesamtbetriebsrat der Postbank Filialvertrieb AG beschäftigungssichernde Maßnahmen sowie eine vorzeitige Verlängerung des tariflichen Kündigungsschutzes.

Von den insgesamt noch bestehenden 550 Postbank-Filialen sollen 250 Standorte bis Mitte 2026 schließen. In 100 der verbleibenden Filialen sollen außerdem nur noch Bankdienstleistungen angeboten werden. Bislang kann man in Postbank-Filialen auch Pakete aufgeben und Briefmarken kaufen. Statt ihren Kundenservice deutlich zu verbessern, verschlechtert die Deutsche Bank ihn durch die hohe Anzahl der Schließungen nun zusätzlich.

Monatelang hatte es massive Probleme im Online-Banking gegeben. Durch die Übertragung von etwa 12 Millionen Postbank-Kundendaten in die Computersysteme der Deutschen Bank konnten Kunden sich zeitweise nicht einloggen, keine Zahlungen senden oder empfangen oder überhaupt auf ihr Konto zugreifen. Beschäftigte im Kundendienst wurden nur mangelhaft über die aktuellen Änderungen informiert. Oft war der Kundendienst gar nicht erreichbar, was zu einem dreifachen Aufkommen von Beschwerden sorgte – für Beschäftigte und Kunden gleichermaßen ein enormer Stress. Die aktuellen Schließungspläne führten zu einer weiteren Verunsicherung von Kunden und Beschäftigten, bekräftigt Jan Duschek. Viele Mitarbeiter*innen würden jetzt überlegen zu gehen. Dabei habe die Bank derzeit ohnehin schon Probleme, Nachwuchs zu rekrutieren. In Kürze würden zudem immer mehr Beschäftigte in Rente gehen.

 

„Wir halten einen derart aggressiven Filial-Rückbau für falsch, schließlich muss man erst mal beweisen, dass man digital auch ein gutes Angebot hat.“

Jan Duscheck, ver.di-Bundesfachgruppenleiter für das Bankgewerbe

Die Deutsche Bank solle „zeitnah den Kündigungsschutz bis Ende Januar 2024“ verlängern, „um den Beschäftigten ein Signal zu geben", fordert Duschek.

Auch die Verbraucherzentralen sind über die angekündigten Schließungen empört und bezeichnen die geplanten Kürzungen als „blanken Hohn“. Noch im September hatte sich Christian Sewing, Chef der Deutschen Bank, zerknirscht gezeigt und Fehler bei der technischen Umstellung eingeräumt. Man sei seiner Verantwortung nicht gerecht geworden, ließ er verlauten. Nichts zu beschönigen gäbe es an der Tatsache, die Kunden enttäuscht zu haben. Dass er auch die rund 2.000 von den Filialschließungen betroffenen Beschäftigten enttäuscht hat, werden ihm wohl die Protestaktionen vermitteln.