In der fünften Verhandlungsrunde am 28. Januar 2025 zwischen dem Zeitungsverlegerverband BDZV und der ver.di, an der auch der Deutsche Journalisten Verband DJV teilgenommen hat, konnten keine Fortschritte erreicht werden. Die bereits bekannten minimalen Tarifangebote wurden nicht aufgebessert und dagegen deutliche Verschlechterungen in der bisher nach Berufsjahren steigenden Gehaltsentwicklung als weitere Forderungen der Arbeitgeber gestellt.
Direkt vor der fünften Verhandlungsrunde war gestreikt worden. Es war der erste gemeinsame Arbeitskampf von dju und BJV in dieser Tarifrunde. Bereits seit Mai befinden sich die dju und der Zeitungsverlegerverband BDZV in der Tarifrunde. ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel kündigte an, ver.di werde hartnäckig bleiben und auch vor der nächsten Verhandlungsrunde erneut Druck machen.
„Der Verlegerverband provoziert mit kleinsten Tariferhöhungen und will zugleich das Fundament der bisherigen Eingruppierungen und Stufensteigerungen nach Berufsjahren einreißen.“
Die Verhandelnden des Verlegerverbandes hätten immer noch nicht erkannt, dass die Beschäftigten in den Redaktionen dringend wirksame Einkommenssteigerungen benötigten. „Diese Realitätsverweigerung zeigen sie auch, wenn es um verbindliche Regeln für die Anwendung von KI-Tools in den Redaktionen geht, sagte Matthias von Fintel.
Der BDZV hat in der fünften Verhandlungsrunde Erhöhungen in drei Stufen angeboten, zunächst um 120 Euro ab Januar 2025, 1,5 Prozent ab August 2026 und 1,0 Prozent für 2027 an. Die Laufzeit soll bis Ende des Jahres 2027 dauern. Die für Redakteurinnen und Redakteure nachträglichen Einschnitte lauten: nach Berufsjahresstufen zustehende Einkommensschritte soll es nur noch dann geben, wenn die Betreffenden eine vorgegebene aber eigenverantwortlich und auf eigene Kosten zu organisierende Weiterbildung vorweisen können. Außerdem sollen Verlage einseitig entscheiden können, die tarifvertraglichen Steigerungen nach Berufsjahren vollkommen zu streichen. Die Folge von beidem wäre, auf Einstiegsgehältern stecken zu bleiben. Weitere nachteilige Forderungen werden für die Vergütung für Leitungsaufgaben, bei der Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten aus anderen Medienunternehmen und beim Urheberecht gestellt. Dieses Angebot und die weiteren Forderungen werden von der Deutschen Journalistinnen und Journalisten-Union (dju) in ver.di abgelehnt.
Die Verhandlungen werden am 20. März in Düsseldorf fortgesetzt.
Vor der fünften Verhandlungsrunde hatten im Januar die Redakteurinnen und Redakteure der Süddeutschen Zeitung für 48 Stunden die Arbeit niedergelegt, um ein Zeichen bei den festgefahrenen Tarifverhandlungen mit dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) zu setzen und Druck zu machen.
Die Gewerkschaften fordern eine Tariferhöhung von 12 Prozent der Gehälter und Honorare sowie Regelungen zum Einsatz von Systemen generativer Künstlicher Intelligenz (KI) bei einer Laufzeit von einem Jahr, rückwirkend zum 1. Mai 2024. Die Verleger machen nur Minimalangebote. Besonders umstritten ist ihr Plan, die bisherigen automatischen Gehaltssteigerungen nach Berufsjahren an verpflichtende Weiterbildungen zu koppeln. Diese müssten die Redakteurinnen und Redakteure eigenverantwortlich und auf eigene Kosten absolvieren. „Mit dieser Haltung gefährden die Verlegerinnen und Verleger die Demokratie, weil man es sich schlicht und einfach nicht mehr leisten kann, als Journalistin oder Journalist zu arbeiten“, so Martin Mühlfenzl, Sprecher der ver.di-Betriebsgruppe der SZ und Lokalredakteur.
„Angesichts der seit fast drei Jahren grassierenden Inflation hier noch von einem ‚Angebot‘ der Verleger zu sprechen ist grotesk“, sagt Franz Kotteder, dju-Landesvorsitzender in Bayern und Mitglied der ver.di-Verhandlungskommission. „Als Bayer würde ich da eher sagen: Der Verlegerverband bettelt um eine Watschn in Form einer sehr hohen Streikbeteiligung.“
„Vor allem für junge Kolleg*innen ist es mit der aktuellen Entwicklung nicht mehr möglich, sich auf den Beruf einzulassen. Die Verleger gefährden die Zukunft ihrer Häuser, wenn sie ihre Mitarbeiter in Zeiten so hoher Inflation nicht vernünftig und fair bezahlen“, sagt Ertunç Eren, Fachsekretär für Medien im ver.di Bezirk München. Eren verweist auf die hohe Streikbeteiligung, die es bei den vergangenen drei Arbeitskämpfen bei der SZ bereits gegeben hat. „Nun gehen die Kolleg*innen in dieser Tarifrunde erstmals gemeinsam mit dem BJV auf die Straße, um sich für faire Löhne in den Redaktionen einzusetzen. Ich bin mir sicher, dass wir zusammen ein starkes Zeichen setzen werden, um den Verlegern klarzumachen: Euer Angebot muss deutlich besser werden!“
„Die BDZV-Vertreter*innen lassen kein Verständnis für die wirtschaftlichen Erwartungen der Zeitungsjournalist*innen in ihren Verlagen erkennen. Ein Angebot mit weniger Netto-Wirkung als die Tarifzahlungen im Jahr 2024 und im jeweiligen Volumen unter 1 Prozent in den Jahren 2026 und 2027 in einer Laufzeit bis Ende 2027 lässt keinen anderen Schluss zu.“
Matthias von Fintel betonte: „Die Ablehnung, sich zwischen den Tarifparteien auf verbindliche Regeln für die den Redaktionsalltag zunehmend bestimmenden KI-Tools in Redaktionssystemen zu verständigen, mutet wie Realitätsverweigerung an. Dies mit einem eher klerikalen Argument des angeblichen Tendenzschutzes zu begründen, umso mehr“, erklärte der ver.di-Verhandlungsführer.
„Mit immer weniger Kolleg*innen müssen wir mehr Kanäle online und die Zeitungsausgabe produzieren. Die gestiegene Produktivität wird von den Verlegern überhaupt nicht anerkannt und vergütet.“
Der Verlegerverband habe keine Vision, wie Journalist*innen noch für den anspruchsvollen und für die Gesellschaft so wichtigen Zeitungs-Job noch zu gewinnen sein sollen, so der Redakteur und stellvertretende Vorsitzdende der dju. „Er verhält sich in Tarifverhandlungen losgelöst von unseren Problemen in den Redaktionen.“
Nicht nachvollziehbar sei auch, sich „dem aktuell drängenden Thema Einsatz von KI zu verweigern“, erklärte Matthias von Fintel. „Aus dem Journalismus ist KI nicht mehr wegzudenken“. ver.di fordert klare Regelungen zum KI-Einsatz, die zur stärkeren Autonomie der Zeitungsjournalist*innen beim Einsatz der Instrumente, mehr Mitbestimmung beim KI-Einsatz und Beteiligung an den zu erwartenden Effizienzerlösen führen sollen.
„Der BDZV agiert mit tarifpolitischen Scheuklappen. Zulasten von Journalistinnen und Journalisten, für deren Arbeit es keine klaren Grundregeln dazu gibt, wie über die KI-basierte Verwendung eigener Beiträge in den Redaktionssystemen mitbestimmt werden kann.“
Die Verleger lehnen zudem eine Beteiligung der Beschäftigten an den erwarteten Effizienzgewinnen ab, so Matthias von Fintel. „Mit seinen personalpolitischen und beruflichen Vorstellungen zum Journalismus bewegt sich der BDZV meilenweit hinter den Erfordernissen der aktuellen Medienlandschaft. So baut der BDZV die Attraktivität des Berufs als Zeitungsredakteurin/Zeitungsredakteur noch weiter ab“, kritisierte von Fintel nach der ergebnislosen dritten Runde
Verhandlungsauftakt war im Mai 2024
Der Verhandlungsauftakt fand am 27. Mai 2024 statt. „Nach mehreren für Zeitungsjournalistinnen und -journalisten nachteiligen Tarifabschlüssen muss der eingetretene Reallohnverlust ausgeglichen werden. Mit 12 Prozent könnte der Anschluss an die allgemeine Tarifentwicklung wieder hergestellt werden“, sagte von Fintel zur ersten Runde. Weitere drängende Themen in Redaktionen seien die immens gestiegene Arbeitsbelastung nach stetigem Personalabbau und die Sorgen um die journalistische Zukunft, wenn KI intransparent Einzug hält in die Publikationen. „KI-Systeme bieten einige Vorteile für die journalistische Arbeit, aber nur wenn die Kolleginnen und Kollegen auch mitentscheiden können, wo die Grenzen für maschinell generierte Zeitungsinhalte zu setzen sind.“