Nach fünftägigen Verhandlungen in der verlängerten vierten Verhandlungsrunde für die Deutsche Telekom haben sich ver.di und die Arbeitgeber am 17. Mai 2024 auf ein Tarifergebnis geeinigt. Das sieht deutliche dauerhafte Entgeltsteigerungen, überproportionale Erhöhungen der Vergütungen für Auszubildende und dual Studierende, einen Verzicht auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen bis zum 31. Dezember 2026 und die Einbeziehung weiterer DT-Gesellschaften in diese Tarifrunde vor.
Im Einzelnen sieht der Tarifvertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten bis zum 31. März 2026 folgende Regelungen vor: Die Tarifbeschäftigten erhalten im Juli 2024 eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.550 Euro (Teilzeitkräfte anteilig). Zum 1. Oktober 2024 werden ihre Entgelte um 6 Prozent erhöht, und zum 1. August 2025 erhalten sie ein weiteres Lohnplus von 190 Euro monatlich als zusätzliches Monatsentgelt (Teilzeitkräfte anteilig).
Auszubildende und dual Studierende bekommen im Juli 2024 eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 775 Euro. Zum 1. Oktober 2024 werden ihre Vergütungen um 95 Euro pro Monat erhöht, und zum 1. August 2025 erfolgt eine Erhöhung von 6 Prozent. Zudem wird für dual Studierende, deren Studienordnung mehr als sechs Semester vorschreibt, eine neue Vergütungsstufe für das vierte Studienjahr eingeführt, und zwar in Höhe von 1.450 Euro monatlich; diese Vergütung erhöht sich ebenfalls zu denselben Zeitpunkten um 95 Euro und 6 Prozent. Zudem sind zusätzlich neue verbindliche tarifvertragliche Aufstiegsregelungen für übernommene Nachwuchskräfte im Sales- und Service-Bereich geschaffen worden.
Zudem werde durch die überproportionale Erhöhung der Vergütungen für Auszubildende und dual Studierende die Attraktivität des Konzerns für Nachwuchskräfte erhöht. „Das stärkt die Position der Deutschen Telekom im Wettbewerb um die Fachkräfte der Zukunft, und das begrüßen wir ausdrücklich.“
Mit Blick auf die Verlängerung des Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen bis zum 31. Dezember 2026 sagte Sauerland: „Für die Beschäftigten im Konzern, deren Arbeitsplätze durch die Transformation durch Digitalisierung, Automatisierung und KI besonders betroffen sind, gibt dies zusätzliche Sicherheit. Der Kündigungsschutz ist für uns ein wichtiger Baustein dieses Tarifergebnisses.“
Positiv sei zudem, dass es gelungen sei, die DT Privatkunden-Vertrieb GmbH (PVG) sowie die DT Service Europe mit zusammen rund 4.500 Beschäftigten in diese Tarifrunde mit einzubeziehen. Die Entgelte dieser Beschäftigten erhöhen sich im gleichen Umfang; es ergeben sich allerdings aufgrund der bestehenden unterschiedlichen Tarifvertragslaufzeiten abweichende Zeitpunkte.
ver.di wird nun ihre Mitglieder zum Tarifergebnis befragen. Die ver.di-Tarifkommission empfiehlt die Annahme des Tarifergebnisses.
Mit bundesweiten Warnstreiks zum Erfolg
Zuletzt hatte ver.di am 16. Mai 2024 die Beschäftigten in den Standorten der zehn Europameisterschaft-Städte zu Warnstreiks und zu Aktionen vor den EM-Stadien aufgerufen. „Unsere Kolleginnen und Kollegen freuen sich auf den EM-Sommer und sind hochmotiviert, das Fußball-Event technisch zu begleiten“, sagte ver.di-Arbeitskampfleiter Pascal Röckert. „Bevor die EM losgeht, haben sie das berechtigte Anliegen, dass ihre Forderungen nach einer kräftigen Entgelterhöhung erfüllt werden. Mit den heutigen Aktionen machen sie darauf noch einmal aufmerksam.“
Schon am 6. und 7. Mai 2024 hatten sich jeweils rund 13.000 Beschäftigte an Warnstreiks beteiligt. „Die Beschäftigten sind enttäuscht, nach den für sie aufreibenden und anstrengenden Jahren mit hohen Inflationsbelastungen, die für den Konzern gleichzeitig Rekordgewinne gebracht haben, nicht mehr Wertschätzung von der Konzernspitze zu erfahren“, sagte Röckert. Das zuletzt von den Arbeitgebern vorgelegte Angebot sei nicht ausreichend gewesen. So seien die angebotenen Entgelterhöhungen zu gering und zudem sei die Laufzeit des Tarifvertrages von 27 Monaten zu lang. Die vierte Verhandlungsrunde ist der letzte vereinbarte Verhandlungstermin.
Schon nachdem die ersten drei Tarifverhandlungsrunden für die Tarifbeschäftigten, Auszubildenden und dual Studierenden bei der Deutschen Telekom ergebnislos beendet wurden, hatte ver.di zu Warnstreiks aufgerufen. Gestreikt wurde Mitte April in Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Baden-Württemberg, Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Bremen und in Bayern. ver.di hatte die vollschichtigen Warnstreiks bis zur dritten Verhandlungsrunde fortgesetzt.
Lautstark und entschlossen hatten schon zu Beginn der zweiten Runde am 15. April rund 3.000 Beschäftigte aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz einen unüberhörbaren Auftakt der Warnstreiks zur Tarifrunde 2024 gestaltet. Unter dem Motto „Jetzt verschaffen wir uns Gehör“ waren sie mit Bussen nach Siegburg zu einer Kundgebung vor dem Verhandlungsort gereist. Ein wirkungsvoller Start der Warnstreiks zur Tarifrunde. „Die Arbeitgeberseite zeigte sich beeindruckt von der lautstarken Kundgebung am Rande der zweiten Verhandlungsrunde“, sagte ver.di-Verhandlungsführer Frank Sauerland. Die ver.di-Verhandlungskommission wurde gestärkt.
Die Arbeitgeberseite hätte am zweiten Tag der Verhandlungsrunde zumindest den Weg in die inhaltliche Diskussion gefunden. „Das begrüßen wir. Die eingebrachte Angebotsstruktur fällt jedoch weit hinter unsere Erwartungen zurück“, so Frank Sauerland. Sie sei in vielen Punkten unkonkret und nicht ausreichend. Sie lasse erkennen, dass die Positionen noch weit auseinander liegen.
ver.di fordert in der diesjährigen Tarifrunde Deutsche Telekom für bundesweit rund 70.000 Tarifbeschäftigte eine Entgeltsteigerung von 12 Prozent, mindestens aber um 400 Euro pro Monat, bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen sowie die Entgelte der dual Studierenden sollen um monatlich 185 Euro erhöht werden. Das hat die zuständige ver.di-Tarifkommission am 15. März 2024 beschlossen.
ver.di hatte zuvor alle Mitglieder und Beschäftigten an der Forderungsfindung beteiligt. „Die Kolleginnen und Kollegen haben uns ein klares Bild gezeichnet, welchen Inflationsbelastungen sie ausgesetzt sind“, sagte ver.di-Verhandlungsführer Frank Sauerland. „Die starken Preissteigerungen der vergangenen Jahre haben die Einkommen der Beschäftigten bei der Deutschen Telekom stark belastet. Über 90 Prozent geben an, dass sie sich auf Grund der Inflation in ihrer Lebensführung mittelmäßig bis stark einschränken mussten. Und das in einem Konzern, der ausgesprochen gute Finanzkennzahlen vorzuweisen hat.“ Im vergangenen Jahr habe die Telekom ihren Konzernüberschuss auf 17,8 Milliarden Euro verdoppeln können. „Jetzt ist es an der Zeit, den Beschäftigten Teilhabe und Wertschätzung für diese guten Ergebnisse zukommen zu lassen. Sie haben es sich verdient.“
Der Telekom-Konzern in Deutschland besteht aus insgesamt 22 verschiedenen tarifgebundenen Konzernunternehmen, in denen jeweils eigenständige Tarifverträge gelten. Ein Großteil der Entgelttarifverträge hat eine Laufzeit bis zum 31. März 2024. Für die Gesellschaften Deutsche Telekom Privatkundenvertrieb GmbH (31. Juli 2024), Deutsche Telekom Service Europe SE (30. September 2024) sowie die T-Systems International (31. Dezember 2024) gelten davon abweichende Laufzeiten. ver.di fordert, die Tarifverhandlungen für alle Konzerngesellschaften gemeinsam zu führen.
Die Tarifverhandlungen hatten am 19. März 2024 begonnen.
Tarifrunde Telekom 2024: https://trt.verdi.de