Herzlichen Glückwunsch, liebe Rebecca. Du hast mit 94,7 Prozent die höchste Zustimmung bekommen. Wie fühlt sich das an?
Ich freue mich riesig über dieses Ergebnis. Ich war auch super erstaunt, damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Aber es bedeutet natürlich auch eine Herausforderung, weil damit auch Erwartungen und Hoffnungen verbunden sind. Und die möchte man ja nicht enttäuschen. Also heißt es: Ärmel hochkrempeln und ordentlich rangehen an die Themen.
Um welche Themen geht es Dir? Was hast Du Dir vorgenommen für die nächsten vier Jahre?
Ich habe mir vorgenommen, gerade was die Arbeitsmarktpolitik betrifft, dass wir den Fachkräftemangel und die Fachkräfteentwicklung stärker angehen. Und zwar mit verschiedenen Instrumenten, die wir als ver.di schon kennen: Zum Beispiel brauchen wir Tarifbindung, die Auszubildenden müssen gestärkt werden, junge Menschen müssen überhaupt wieder viel mehr in Ausbildung gehen. Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist mir, dass wir die Potenziale, die wir haben, stärker fördern, zum Beispiel Frauen, die in erwerbstätig sind, aber ihr komplettes Potenzial nicht ausschöpfen können aufgrund von Care-Arbeit. Wir müssen hinbekommen, dass sie voll berufstätig sein können, um auch der Altersarmut – denn das ist ja ein Kreislauf – entgegenzuwirken.
Mein zweites großes Thema ist die Rentenpolitik. Das, was uns jetzt gerade wieder angeboten wird bezüglich des Rentenpaketes II, ist eine Zumutung. Wenn es so kommt, dieser Wechsel von umlagefinanzierter Rente zu kapitalgedeckter Rente stattfindet, dann ist das sowas von gefährlich. Ich brauche nur Lehman Brothers zu erwähnen. In den USA hat man nämlich diesen Wechsel schon gemacht und da laufen heute immer noch – jahrelang später – Klagen, weil Rentenfonds komplett auf Null gefahren sind. Das kann für uns nicht die Antwort sein.
Du hast heute eine Schultüte bekommen.
Ja, das ist total süß. Ich bin ja – oder „war“ muss ich jetzt immer sagen – stellvertretende Landesbezirksleiterin vom Landesbezirk Rheinland-Pfalz, Saarland. Und von meinen Kolleg*innen dort habe ich heute die Tüte überreicht bekommen mit den Worten, Rebecca, Du fängst jetzt wieder ganz neu an und wie ein Neuling bekommst Du eine Schultüte. Ich freue mich riesig darüber. Da sind Sachen drin, die mich stärken, aber auch erinnern sollen. Das war ja auch ein kleiner Abschied hier auf dem Bundeskongress.
Abschied klingt ein bisschen traurig. Oder überwiegt die Freude auf das neue Amt?
Das neue Amt ist sicherlich super. Deswegen habe ich mich dafür auch aufstellen lassen. Aber ein Abschied tut weh. Der Landesbezirk Rheinland-Pfalz, Saarland ist mir ans Herz gewachsen. Ich komme ja aus diesem Landesbezirk. Ich bin da groß geworden und da sind viele Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich jahrelang zusammengearbeitet habe – auch schon als Ehrenamtliche. Deswegen ist schon ein weinendes Auge dabei. Aber wir bleiben definitiv in Kontakt, ich wohne ja nicht weit entfernt.
Ziehst Du nicht nach Berlin?
Ich werde weiterhin in Hessen wohnen, aber einen Zweitwohnsitz in Berlin haben. Ich werde viele Termine in Berlin haben, möchte aber die Wochenenden mit der Familie in Hessen verbringen können.
Was denkst Du, sind für ver.di die größten Herausforderungen für die kommenden Jahre?
Eine der großen Herausforderungen ist, die Demokratie hochzuhalten und die bröckelt an den verschiedensten Stellen. Wenn ich mir die Zahlen der AfD angucke, dann habe ich mehr als große Bedenken. Wenn ich mir anschaue, wie unsere Daseinsfürsorge – und ich meine Fürsorge – gestaltet wird, mache ich mir sehr große Gedanken. Das werden die großen Herausforderungen unserer Zeit. Und da drunter lässt sich das natürlich vieles mehr subsumieren.