Jugendämter senden Notruf

Im ganzen Land stehen Jugend­ämter und freie Träger in der Kinder- und Jugendhilfe vor dem gleichen Problem: Es fehlt an Personal. Hohe Arbeitsbelastung, unbesetzte Stellen und fehlende Einarbeitung führen zu starker Fluktuation. Gleichzeitig steigen die Fallzahlen und Problemlagen. ver.di fordert deshalb Sofortmaßnahmen.
14.01.2025
Sozialarbeiter*innen berichten: „Hilfs­angebote und Beratung werden vernachlässigt“.

Die Lage in den Jugendämtern ist dramatisch: Überlastung, unbesetzte Stellen und hohe Fluktuation gefährden den Schutz von Kindern und Jugendlichen. Trotz steigender Fallzahlen und komplexerer Problemlagen fehlt es an Personal und struktureller Unterstützung. ver.di warnt: Ohne Sofortmaßnahmen können Jugendämter ihren staatlichen Schutzauftrag kaum noch erfüllen – der Kinder- und Jugendschutz steht auf dem Spiel.

 

„Der seit Jahren bekannte Fachkräftemangel verschärft sich angesichts wachsender Fallzahlen und steigender Anforderungen immer weiter. Der staatliche Schutzauftrag kann häufig nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr erfüllt werden. Präventive Arbeit ist unter den gegebenen Umständen nicht mehr möglich“, so die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. Sie fordert:

 

"Bund, Länder und Kommunen müssen gemeinsam handeln, um diese Abwärtsspirale zu durchbrechen. Wir brauchen dringend Investitionen in Personal, Strukturen und Rahmenbedingungen, um die wichtigen Aufgaben der Jugendhilfe zu sichern."

Christine Behle, Stellvertretende ver.di-Vorsitzende

Viele Sozialarbeiter*innen verlassen den Beruf schnell wieder – die Situation ist bekannt, Bewerbungen bleiben aus. Zeit für Fortbildung, Supervision oder fachlichen Austausch fehlt ebenfalls. ver.di fordert deshalb Sofortmaßnahmen, um die Jugendämter zu retten: Ein nationaler Kinderschutzgipfel, ausreichende finanzielle Mittel, strukturierte Einarbeitungskonzepte, mehr Studienplätze, eine Begrenzung der Fallzahlen auf 28 pro Vollzeitstelle und Standards für Supervision und Beratung. Ohne diese Reformen ist der Kinderschutz massiv gefährdet. Das betont auch Runa Pal aus dem Jugendamt der ­Kreisverwaltung Offenbach. Wenn nichts passiert, „dann sterben Kinder.“ Aufgrund des Personalmangels, des ­gestiegenen Drucks und wachsender Büro­kratisierung könne man nur noch das Allernötigste machen und sich auf Kinderschutzfälle fokussieren. „Hilfs­angebote und Beratung werden vernachlässigt“, berichtet die Sozialarbeiterin. „Aber bevor so ein Fall zum Kinderschutzfall wird, kann man ja was machen.“ Theoretisch. Wenn man genügend ­Personal und Zeit hat. (Mehr erfahren im ver.di publik-Artikel)

Die Sozialarbeiter*innen der Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) tragen eine zentrale Verantwortung für das Wohl und den Schutz von Kindern und Jugendlichen. Ihre Arbeit ist anspruchsvoll: Sie erfassen komplexe familiäre Situationen, entwickeln gemeinsam mit den Betroffenen Lösungen und sichern so das Kindeswohl. Als Schnittstelle zwischen Beratung und Eingriffsbehörde arbeiten sie eng mit anderen Institutionen zusammen. Angesichts steigender Fallzahlen und komplexer Problemlagen – verstärkt durch die Corona-Pandemie – ist ihre Arbeit wichtiger denn je. Kinder und Jugendliche, deren psychische Gesundheit zunehmend belastet ist, sind auf die Jugendhilfe angewiesen.