Mitbestimmung

Warum Mitbestimmung bei der Arbeit gut ist.

© ver.di
Ich mach die Klappe auf, weil ich meinen Job liebe
26.10.2022

INHALT

 

Warum Mitbestimmung bei der Arbeit gut ist.

 

10 % mehr Lohn erhalten Beschäftigte in Betrieben mit Betriebsrat

Viele denken bei Gewerkschaft zuerst an Streiks. Damit sind wir ja auch besonders oft in der Presse. Streiks müssen manchmal sein. Aber worum es uns mindestens genau so geht, ist euch zu ermutigen und zu helfen euren Arbeitsalltag mitzugestalten. Oft lassen sich Kolleg*innen sogar leichter dafür gewinnen, gemeinsame Interessen per Mitbestimmung durchzusetzen, als zu streiken. Klar ist: Wer mitbestimmt, ist zufriedener und macht auch sein Unternehmen erfolgreicher. Das ist in vielen Chefetagen schon bekannt. Und wo es noch nicht so ist, wirds Zeit.

Erkundigt euch im Folgenden darüber, wie ihr Mitbestimmung organisieren könnt.

 

Vier von vielen guten Gründen mitzubestimmen:

  1. Ihr habt das Recht mitzubestimmen
    Mitbestimmung ist im Betriebsverfassungs- und im Mitbestimmungsgesetz festgeschrieben und geregelt. Auch zur Charta der Europäischen Union gehört das Recht auf Anhörung und Mitbestimmung aller Arbeitnehmer*innen der EU. Das gilt nicht nur, falls was schiefläuft. Das gilt für jeden Vorschlag und Gedanken , mit dem ihr euch im Betrieb einbringen wollt.

  2. Mitbestimmung bringt dir mehr Geld
    Auch Lohnfragen unterliegen der Mitbestimmung. Wo kompetente Interessenvertretungen mit den Unternehmensleitungen verhandeln, kommt für alle nachweisbar mehr raus. Und wo Löhne und Arbeitsbedingungen nicht willkürlich von oben bestimmt werden, gibts auch definitiv mehr Urlaub, planbare Arbeitszeiten und mehr Fortbildung.

  3. Mitbestimmung schützt dich und deine Gesundheit
    Betriebs- und Personalräte sorgen auch dafür, dass niemand unrechtmäßig entlassen wird, dass Überstunden begrenzt und bezahlt werden und deine Arbeit dich nicht krank macht. Und: Mitbestimmung schützt vor Ungerechtigkeit, indem Prinzipien wie „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ durchgesetzt werden. Übrigens sind Betriebsräte und Vertrauensleute auch Anlaufstellen bei Mobbing und sexueller Belästigung.
  4. Mitbestimmung stärkt deine Firma
    Wenn Beschäftigte in Betriebs-, Personal- und Aufsichtsräten mitbestimmen, werden deren Ideen und Know-how produktiv genutzt. Und wo es demokratisch gewählte Interessenvertretungen gibt, können innerbetriebliche Konflikte schneller und konstruktiver verhandelt und oft auch ohne Streik beigelegt werden. Deshalb sind mitbestimmte Unternehmen innovativer, agiler und dauerhaft erfolgreicher als andere.

Wie könnt ihr mitbestimmen?

Der Betriebsrat ist die bekannteste Form der Arbeitnehmervertretung. Daneben gibt es aber noch weitere Organe und Wege der Mitbestimmung. Im öffentlichen Dienst vertritt der Personalrat die Interessen der Arbeitnehmer, in kirchlichen und karitativen Einrichtungen die Mitarbeitervertretung. Um die Belange junger Beschäftigter kümmert sich die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV). In Betrieben, in denen mindestens fünf schwerbehinderte Menschen arbeiten, ist eine Schwerbehindertenvertretung zu wählen. Und schließlich sind da die Vertrauensleute, die die Interessen der organisierten Arbeitnehmer vertreten. Auf der Unternehmensseite kann die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat von Kapitalgesellschaften vertreten sein.

 
Der Betriebsrat des Helios Klinikums Salzgitter freut sich über den Deutschen Betriebsrätepreis in Gold, der ihm vom Kerstin Jerchel, Leiterin des Bereichs Mitbestimmung in der ver.di-Bundesverwaltung (links), überreicht worden ist.
© Deutscher BetriebsräteTag

Erfolgsgeschichten von ver.di - Gemeinsam für mehr Mitbestimmung

Immer mehr Arbeit, immer schlechter planbare Dienste bei immer weniger Personal. Wie in vielen anderen Kliniken auch, herrschte im Helios Klinikum Salzgitter ein enorm hoher Druck, der zu dauerhafter Überlastung der Pflegekräfte führte. Bis sich die Belegschaft organisierte und eine Strategie zur Veränderung entwickelte. Im April 2018 folgte die erste Strafzahlung von 135.000 € gegen den Arbeitgeber, der sich nun lieber im Vorhinein mit der Belegschaft zusammensetzt und einen Dienstplan erstellt. Ein großartiger Erfolg für den Betriebsrat des Helios Klinikums Salzgitter, der ihm auch den goldenen Deutschen Betriebsrätepreis einbrachte.

"Der Arbeitgeber muss auf Augenhöhe mit dem Betriebsrat verhandeln."
Sprecherin,
Betriebsrat Salzgitter

Was ihr gegen unbezahlte Überstunden tun könnt.

Klar mach ich Überstunden aber nicht ohne Ende, okay
© ver.di

5 Stunden länger als vertraglich vereinbart arbeiten Vollbeschäftigte im Durchschnitt pro Woche

Wer seinen Job liebt, bleibt auch mal ein bisschen länger. Kein großes Problem. Problematisch wirds, wenn man sich über längere Zeit überarbeitet und ausgebrannt fühlt. Wenn einfach zu viele unbezahlte Überstunden auflaufen und es trotz Beschwerden beim Chef immer mehr Arbeit wird. Was ihr dagegen tun könnt? Als Arbeitnehmer habt ihr Mitbestimmungsrechte. Und dazu gehört auch das Recht, mit einem Betriebsrat verbindliche Regelungen der täglichen Arbeitszeiten mitzubestimmen. Wenn ihr noch keinen Betriebsrat habt, dann tut euch unter Kollegen zusammen und gründet einen. Wie ihr das am besten macht und welche Formen der Mitbestimmung es noch gibt, erfahrt ihr im Folgenden.

 
Streik der Monster bei Dungeon
© Karin Desmarowitz

Gemeinsam gegen die Überstunden

Schauerliche Arbeitszeiten und Folterlöhne – davon hatten die Beschäftigten der Erlebniswelt Berlin Dungeon genug. Nachdem sich ein großer Teil der Belegschaft in der Gewerkschaft organisiert hatte, leitete ver.di 2016 Betriebsratswahlen ein, die im Januar 2017 erstmalig stattfanden. Seither gibt es auch im Geisterhaus betriebliche Mitbestimmung bei Arbeitszeiten, Pausen und Sozialräumen. Die gewählten BR-Mitglieder, allesamt bei ver.di, haben inzwischen an Schulungen teilgenommen – und ein neues Ziel: einen Gesamtbetriebsrat für Berlin und Hamburg.

"Unser Einsatz hat sich gelohnt, wir werden endlich angemessen bezahlt."
Petra,
Berlin Dungeon

Was ihr gegen schlechte Bezahlung tun könnt.

Ich mach nen guten Job, der soll auch was wert sein
© ver.di

12 € pro Stunde beträgt der gesetzliche Mindestlohn seit Oktober 2022.

Obwohl ihr viel und hart arbeitet, verdient ihr trotzdem viel zu wenig Geld? Egal, ob ihr bei großen Online-Versandhändlern, internationalen Textil-Discountern, Verkehrsbetrieben oder in Pflege-Einrichtungen angestellt seid: Lohndumping ist ein Missstand, gegen den es sich zu kämpfen lohnt! Der Niedriglohnsektor wächst und wächst, da liegt es an jedem Einzelnen, sich für faire Bezahlung am Arbeitsplatz einzusetzen. Und mit einem Betriebsrat an eurer Seite stehen die Chancen gleich viel besser. Den gibt es noch nicht? Dann tut euch doch zusammen und gründet selbst einen. Es zahlt sich buchstäblich aus!

Wie ihr das am besten macht und welche Formen der Mitbestimmung es noch gibt, erfahrt ihr im Folgenden.

 
Ein super Erfolg bei Primark
© Copryright: EPA/FACUNDO ARRIZABALAGA/dpa - Bildfunk.

Erfolgsgeschichten von ver.di - Gemeinsam für faire Bezahlung

Das macht Ralf Sander so schnell keiner nach: Der heutige Betriebsratsvorsitzende von Primark Hannover hat es nicht nur geschafft, die Zahl der ver.di-Mitglieder bei dem Textildiscounter von einst unter zehn auf über 250 zu steigern. Der gelernte Bäcker und Lagerist sorgte 2014 auch dafür, dass überhaupt ein Betriebsrat gegründet wurde, und trug dann maßgeblich dazu bei, einen Tarifvertrag für alle deutschen Primark-Filialen zu erkämpfen. Der zahlt sich seit 2016 für die Beschäftigten aus: in Form von mehr Stundenlohn, mehr Urlaub, Weihnachts- und Urlaubsgeld.

"Dank Betriebsrat verdienen wir jetzt bis zu 800 € mehr. Zu Recht!"
Ralf
Primark, Hannover

Was ihr gegen ein schlechtes Betriebsklima tun könnt.

Bevor ich krank werde gehe ich zu ver.di
© ver.di

53 Mio. Krankheitstage wurden 2012 in Deutschland durch psychische Leiden verursacht.

Eigentlich fühlt ihr euch wohl bei der Arbeit, mit euren Arbeitskollegen versteht ihr euch sowieso. Aber vor jedem Gang ins Büro vom Chef habt ihr mindestens eine unruhige Nacht und schon am Morgen Schweißausbrüche. Höchste Zeit, etwas dagegen zu unternehmen! Denn ein von Angst geprägtes Arbeitsklima macht nicht nur unglücklich, sondern auch krank. In so einem Fall können gewerkschaftliche Vertrauensleute oder ein Betriebsrat vermitteln. Ihr habt noch keine Arbeitnehmervertretung und eurem Chef gefällt sowas auch nicht? Das darf euch in dem Fall egal sein: Einen Betriebsrat zu gründen, ist euer gutes Recht. Also setzt euch gemeinsam für ein gutes Betriebsklima ein!

 
Am Computer: ver.di-Betriebsgruppen setzen immer mehr auf Information und Austausch im Netz
© dpa-Bildfunk

Erfolgsgeschichten von ver.di - Gemeinsam gegen schlechtes Betriebsklima

Es war eine Zeitenwende in der fast 50-jährigen Firmengeschichte des Essener IT-Dienstleisters Opta data: 2017 wurde dort erstmals ein Betriebsrat gewählt. Zuvor waren Mitarbeiter mit der Bitte um Unterstützung auf ver.di zugekommen, weil sie unzufrieden mit der Führungskultur waren und keinerlei Mitspracherecht bei Umstrukturierungen hatten – ungewöhnlich für ein Unternehmen mit insgesamt fast 2500 Mitarbeitern an 18 Standorten, davon über 1000 in Essen. Um die Initiatoren zu schützen, führte ver.di Informationsveranstaltungen durch und lud zur Wahlversammlung ein. Der Arbeitgeber zeigte sich zwar nicht begeistert („Aus unserer Sicht ist Mitbestimmung kein Privileg eines Betriebsrats“), fügte sich aber in die Rechtslage. Im Juli 2017 wurde mithilfe von ver.di ein Betriebsrat konstituiert.

"Mit unserem Wunsch nach einem Betriebsrat haben wir geltendes Recht umgesetzt."
Sprecherin
Opta Data, Essen

Was ihr für eure Sicherheit am Arbeitsplatz tun könnt.

Ich setz doch mein Leben nicht aufs Spiel
© ver.di

873.562 meldepflichtige Arbeitsunfälle gab es im Jahr 2017.

Zu schwere Lasten, Lärm, Flammen, Funken, Staub, fehlende Schutzkleidung, Nachtschichten ohne Ende an eurem Arbeitsplatz lauern ständig Gefahren. Wenn die Sicherheitsvorkehrungen nicht dem Standard entsprechen und ihr euch nicht sicher fühlt, dann verschweigt das nicht. Euer Arbeitgeber ist verpflichtet, alle Gefahren im Betrieb in einer Gefährdungsbeurteilung festzuhalten, um wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Wenn das nicht passiert, muss der Betriebs- oder Personalrat einschreiten. Wartet nicht darauf, dass euer Arbeitgeber etwas für euch regelt. Bringt euch selbst ein! Denn gerade in diesem Bereich kann Mitbestimmung wirklich Leben retten.

 
Krankenhaus in Not
© Foto: Friso Gentsch/DPA

Erfolgsgeschichten von ver.di - Durch mehr Mitbestimmung zu mehr Gesundheit und Sicherheit

Wenn immer weniger Mitarbeiter immer mehr Arbeit erledigen müssen, geht das zwangsläufig irgendwann auf Kosten der Gesundheit. So auch in der Helios Ostseeklinik in Damp, wo die Gesundheitsbelastung so hoch war, dass dringend etwas getan werden musste. Gegen den Willen des Arbeitgebers beschloss die Einigungsstelle des Betriebsrates eine Betriebsvereinbarung. Seitdem ist klar geregelt, wie viele Pflegekräfte in der Früh-, Spät- und Nachtschicht auf den einzelnen Stationen der Ostseeklinik anwesend sein müssen. Ein Meilenstein für den Betriebsrat und für gesunde und sichere Arbeitsbedingungen in der Ostseeklinik Damp.

"Nach fast vier Jahren haben wir endlich ein Mitspracherecht. und es hat sich gelohnt!"
Udo Strube,
Sprecher Betriebsrat, Helios Klinikum Damp

Noch kein Mitglied?

Was kann ver.di für euch tun?

Wenn ihr einen Betriebsrat gründen wollt, seid ihr nicht auf euch allein gesetellt. ver.di hilft euch vom ersten Schritt bist zur Durchführung der Wahl. Wir stärken euch mit Know-how den Rücken, machen euch fit für eure Aufgaben und geben dir Tipps für die betriebliche Kommunikation und bei Konflikten mit eurem Arbeitgeber.

Rat & Tat
ver.di qualifiziert neu gewählte Betriebsräte in Rechts- sowie Wirtschaftsfragen und stellt euch bei schwierigen Aufgaben Fachleute an die Seite.

Recht & Schutz
Im Konfliktfall erhalten Betriebsräte Rat und auch Rechtsschutz durch die Gewerkschaft.

Vernetzt & Verbunden
Die ver.di-Betriebsräte-Netzwerke sorgen dafür, dass sich gute Betriebsratsarbeit herumspricht und anderswo als Anregung dient.

Wort & Bild
ver.di bietet Betriebsräten Infomaterial, Hintergrundwissen und Handlungsempfehlungen für die Interessenvertretung auch in Konflikten.