Der Betriebsrat bestimmt mit, wenn es um die Belange der Beschäftigten geht. Alles darüber, wie er hilft, wie er gegründet wird, welche Aufgaben er hat und wie ver.di ihn unterstützt
Alle vier Jahre werden sie gewählt, die Betriebsräte, immer zwischen dem 1. März und 30. Mai. Zuletzt fanden 2022 Betriebsratswahlen statt. Betriebsräte sind die Menschen, die sich für die Beschäftigten stark machen, die dafür sorgen, dass die Beschäftigten gehört werden, wenn es um die Ausgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen geht. Die zur Seite stehen, wenn jemand gekündigt werden soll oder gemobbt wird. Die Gesundheitsprogramme durchsetzen, damit Arbeit nicht kaputt macht. Die auf die Einhaltung von Dienstplänen achten. Kurzum: Die mitbestimmen, wenn es um wichtige Entscheidungen in einem Unternehmens geht, die sich auf die Beschäftigten in der einen oder anderen Form auswirken.
Betriebsrätliche Mitbestimmung ist auch gut für Unternehmen. Gerade in Zeiten des Wandels sind sie wichtig, damit dieser gemeinsam mit den Beschäftigten gestaltet werden kann. Zum einen, weil die Perspektiven und Interessen der Beschäftigten berücksichtigt werden und sie so den Weg der Veränderungen mitgehen, zum anderen weil die Einbindung der Expertise der Beschäfigten über den Betriebsrat in der Regel zu besseren Ergebnissen führt, so die Forschungsergebnisse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Laut einer aktuell im Jahr 2024 ausgewerteten Umfrage des WSI wird trotzdem jede fünfte Betriebsratsgründung behindert. Dies geschieht besonders oft in inhabergeführten Unternehmen, die die Macht in ihrem Betrieb nicht mit einer weiteren Instanz teilen wollen. Dabei böten mitbestimmte Betriebe bessere Arbeitsbedingungen und seien im Mittel produktiver und innovativer als Firmen ohne betriebliche Mitbestimmung, so das WSI.
Wer im Betrieb noch keinen Betriebsrat, kurz BR, hat, findet bei ver.di jederzeit Unterstützung, einen zu gründen, und auch dann, wenn es bereits einen gibt. Alles, was man über Betriebsräte und ihre Arbeit wissen sollte, ist hier auf dieser Seite gebündelt.
Ein Betriebsrat ist die Arbeitnehmervertretung in Betrieben, Unternehmen und Konzernen. Seine Rechte und Pflichten sind im Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Umgangssprachlich werden auch einzelne Betriebsratsmitglieder als Betriebsräte bezeichnet. Betriebe mit Betriebsrat zahlen im Schnitt ein höheres Entgelt, die Arbeitsplätze sind sicherer und die Arbeitsbedingungen besser. Betriebsräte machen sich für die Belegschaft stark. Sie helfen bei individuellen Problemen und Konflikten am Arbeitsplatz und sie tragen zu mehr Demokratie im Betrieb bei. Geregelt ist ihre Arbeit und Mitbestimmung im Betriebsverfassungsgesetz.
Der Betriebsrat wacht darüber, dass Tarifverträge, Verordnungen, Gesetze und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden. Er hat in vielen Fragen ein Mitspracherecht. Eine Kündigung ist beispielsweise ohne seine Anhörung und Zustimmung nicht wirksam. Wenn der Betrieb umstrukturiert oder Personal abgebaut werden soll, handelt der Betriebsrat einen Sozialplan aus. Und er stärkt auch einzelnen Beschäftigten bei einem Konflikt mit dem Chef den Rücken.
Es gibt Betriebsräte auf betrieblicher Ebene, aber auch Gesamt- und Konzernbetriebsräte. In Verwaltungen und Behörden des öffentlichen Dienstes gibt es keine Betriebsräte sondern Personalräte, deren Rechte in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder geregelt sind. (Mehr zur Arbeit von Personalräten hier)
Statistiken belegen, dass es Beschäftigten mit Betriebsrat besser geht als ohne. Mit einem Betriebsrat haben alle Beschäftigten im Unternehmen mehr Rechte und werden besser in betriebliche Entscheidungsprozesse einbezogen. Gar nicht selten werden Betriebsräte in Konfliktsituationen und Krisenzeiten gegründet, um mehr für die Belegschaft herauszuholen. Betriebsräte müssen vom Arbeitgeber über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens informiert werden. Bei Problemen können sie somit rechtzeitig Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung ergreifen.
Mit Betriebsräten läuft es besser: Mehr Ausbildungsgehalt, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und mehr Urlaub, mit Betriebsräten gibt es von allem mehr.
Was ist der Unterschied zwischen Betriebsrat und Gewerkschaft? Der Deutsche Gewerkschaftsbund gibt die Antwort darauf in zwölf Sprachen
Nicht immer verläuft die Betriebsratsarbeit konfliktfrei. Oft geht es in die Schiedsstelle oder vor Gericht. Die Rechte der Betriebsräte mussten erst erstritten werden und sind heute im Betriebsverfassungsgesetz festgeschrieben. Dafür haben vor über hundert Jahren abhängige Beschäftigte und ihre Gewerkschaften hart gekämpft. Die gesetzliche Grundlage, das Betriebsverfassungsgesetz wurde – als „Betriebsrätegesetz“ – erstmals am 18. Januar 1920 beschlossen und trat am 4. Februar 1920 in Kraft. Am 14. November 1952 trat dann erstmals das Betriebsverfassungsgesetz in Kraft, das in der Tradition des Betriebsrätegesetzes umfangreiche Informations-, Konsultations- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats regelt und die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat vorschreibt. 1972 wurde das Gesetz grundlegend novelliert. Seither wird es immer wieder angepasst und ergänzt, auch weil sich die Arbeitswelt durch technischen Fortschritt, Globalisierung und Digitalisierung laufend verändert und ein Arbeitsplatz heute anders ist als früher.
Das Betriebsverfassungsgesetz vom Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz online: https://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/
Erleichterungen nach dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz:
Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgsetz in 2021 ist die Gründung von Betriebsräten erleichtert worden, die Mitbestimmungsrechte bestehender Betriebsräte wurden erweitert. Konkret bedeutet das u.a.: Das vereinfachte Wahlverfahren zur Gründung eines Betriebsrats gilt jetzt auch in Unternehmen mit bis zu 100 Beschäftigten, statt wie früher nur bis zu einer Belegschaft von 50 Beschäftigten. Und demnach sind nur in Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten zwei Unterschriften für Wahlvorschläge erforderlich. In Firmen mit weniger als 20 Beschäftigten werden gar keine Unterschriften von Beschäftigten mehr benötigt, um einen Betriebsrat zu gründen.
Die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats sind in Paragraf 80 Absatz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes geregelt. Danach hat der Betriebsrat folgende allgemeine Aufgaben:
Weitere Gesetze und Regelungen: Der Betriebsrat muss für die Einhaltung von Gesetzen, Grundrechten und Arbeitsverträgen sorgen: Dazu gehören Arbeitsgesetze, Tarifverträge sowie die Arbeitsverträge, die für die Beschäftigten gelten. Der Betriebsrat hat darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen vom Arbeitgeber eingehalten werden. (Paragraf 80 Absatz 1)
Stufenaufbau des Arbeitsrechts: Grundrecht, EU-Recht, z.B. Grundrechte, Diskriminierungsverbote und internationale Arbeits- und Sozialabkommen. Dann folgen Arbeitsgesetze und öffentliche Verordnungen, z.B. das Betriebsverfassungsgesetz, Arbeitszeitgesetz, Unfallverhütungsvorschriften. Darauf folgen Tarifverträge, also Verträge zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberverband bzw. Unternehmen. Dem folgen Betriebsvereinbarungen, d.h. Verträge zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Danach Arbeitsverträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.
Die Rechte und Grundsätze der Zusammenarbeit von Betriebsräten mit dem Arbeitgeber sind im Betriebsverfassungsgesetz festgeschrieben. Dort sind auch die Arbeitsfelder genannt, in denen er mitbestimmen darf:
„Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter der Beachtung der geltenden Tarifverträge (...) mit (...) Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen." (Paragraf 2 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz)
„Arbeitgeber und Betriebsrat sollen mindestens einmal im Monat zu einer Besprechung zusammentreten. Sie haben über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln..."(Paragraf 74 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz)
Arbeitsfelder des Betriebsrats: Der Betriebsrat bestimmt mit bei der Arbeitszeitgestaltung und den Entlohnungsgrundsätzen, er kümmert sich um soziale Themen im Betrieb, um personelle Angelegenheiten, die Berufsbildung, den Gesundheitsschutz, die Arbeitsplatzgestaltung und um wirtschaftliche Angelegenheiten.
Arbeitszeit und Entlohnung: Der Betriebsrat hat ein Recht auf Mitbestimmung bei allen Fragen der Arbeitszeitgestaltung und der Entlohnungsgrundsätze – soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Dazu gehören unter anderem: Lage und Verteilung der Arbeitszeit; Gleitzeit, Arbeitszeitkonten, Schichtarbeit; Urlaub; Auszahlung der Entgelte; betriebliche Lohngestaltung; Festsetzung von Akkord, Prämien und leistungsbezogenen Entgelten (Paragraf 87 Betriebsverfassungsgesetz)
Ordnung des Betriebs und Verhalten der Arbeitnehmer: Alle Anweisungen des Arbeitgebers, die die Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Beschäftigten regeln sollen, sind nur dann wirksam, wenn sie schriftlich mit dem Betriebsrat vereinbart werden. Dazu gehören zum Beispiel: Alkoholtest; Rauchverbot; Taschenkontrollen;Krankengespräche; Anwesenheitslisten; Parkplatzordnung; Ausnahme: Umsetzung von Sicherheits- und Hygienebestimmungen (Paragraf 87 Betriebsverfassungsgesetz Absatz 1, Ziffer 1)
Arbeits-, Umwelt- und Gesundheitsschutz, Arbeitsplatzgestaltung: Hierbei geht es um Schutz und Prävention im Interesse der Beschäftigten. Ziel ist es, den gesetzlichen Arbeitsschutz im Betrieb effektiv umzusetzen. Dazu gehören unter anderem: Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten verhüten; Gesundheitsgefahren verhüten; allgemeine Aufgaben im Umwelt- und Arbeitsschutz; Arbeit humanisieren; Arbeitsabläufe und Arbeitsumgebung gestalten (Paragrafen 89 bis 91 Betriebsverfassungsgesetz)
Personelle Angelegenheiten und Berufsbildung: Der Betriebsrat hat Informations-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei Maßnahmen der betrieblichen Personalpolitik. Dazu gehören: Einstellungen; Versetzungen; Beurteilungen; Kündigungen; Personalplanung; Berufsbildung; Berufliche Weiterbildung; Beschäftigungssicherung (Paragrafen 92 bis 98 Betriebsverfassungsgesetz)
Wirtschaftliche Angelegenheiten: Über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens und über wichtige Planungen und deren Auswirkungen auf die Beschäftigten muss der Betriebsrat informiert werden. Dazu gehören: Betriebsänderung; Interessenausgleich; Sozialplan; Wirtschaftsausschuss in Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 Beschäftigten (Paragraf 80 Absatz 2 und Paragrafen 111 bis 113 Betriebsverfassungsgesetz)
Ein Gesamtbetriebsrat (GBR) vertritt die Interessen der Beschäftigten auf Ebene des Gesamtunternehmens oder mehrere Betriebe im Unternehmen. Als Gesamtbetriebsrat wird das Gremium bezeichnet, aber auch die einzelnen Mitglieder nennen sich so, bzw. Gesamtbetriebsrätin.
Ein Gesamtbetriebsrat ist dann zu errichten, wenn in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte (Gremien) bestehen (Betriebsverfassungsgesetz § 47). Er wird jedoch nicht direkt von den Beschäftigten gewählt, sondern jeder Betriebsrat mit bis zu drei Mitgliedern entsendet ein Mitglied in den Gesamtbetriebsrat. Hat ein Betriebsrat mehr Mitglieder, dann entsendet er zwei Mitglieder in den Gesamtbetriebsrat. Dabei sollen die Geschlechter berücksichtigt werden.
Der Gesamtbetriebsrat ist dazu da, die Interessen der Beschäftigten auf überbetrieblicher Ebene gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten. Er behandelt Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen. So kann er auch für Betriebe innerhalb des Unternehmens zuständig sein, die selbst keinen Betriebsrat haben. Er ist den einzelnen Betrieben aber nicht übergeordnet. Er ist bei überbetrieblichen Angelegenheiten zuständig, die Betriebsräte sind es bei lokalen. So regelt der Gesamtbetriebsrat beispielsweise Arbeitszeitmodelle, die für das gesamte Unternehmen gelten, oder eine einheitliche Dienstkleidung oder auch den Umgang mit dem Datenschutz, wenn die einzelnen Betriebe nicht selbst zuständig sind. Im Einzelfall ist die Zuständigkeit aber immer zu prüfen.
Die Stimmgewichtung jedes einzelnen Betriebsratsmitglieds im Gesamtbetriebsrat hängt davon ab, wie viele wahlberechtigte Beschäftigte es in seinem Betrieb, in dem er gewählt wurde, gibt. Gibt es zwei Betriebsräte aus einem Betrieb, die in den Gesamtbetriebsrat entsendet werden, dann teilen sie sich die Stimmgewichtung. Wird ein Mitglied für mehrere Betriebe in den Gesamtbetriebsrat entsendet, so hat es so viele Stimmen, wie wahlberechtigte Arbeitnehmer*innen in den Wahllisten der Betriebe eingetragen sind. Sind es mehrere Mitglieder, so stehen ihnen die Stimme anteilig zu.
Kommt es zu einer Vereinbarung zwischen Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber, so nennt man das Gesamtbetriebsvereinbarung.
Ein Konzernbetriebsrat (KBR) vertritt die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Konzernebene. Als Konzernbetriebsrat wird das Gremium bezeichnet, aber auch die einzelnen Mitglieder, bzw. die weibliche Form ist Konzernbetriebsrätin. Der Konzernbetriebsrat regelt Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können.
Ein Konzernbetriebsrat kann durch Beschlüsse einzelner Gesamtbetriebsräte des Konzerns errichtet werden. In den Gesamtbetriebsräten müssen dazu insgesamt mehr als die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Konzerns beschäftigt sein (Betriebsverfassungsgesetz § 54).
Wie auch der Gesamtbetriebsrat wird der Konzernbetriebsrat nicht von den Beschäftigten direkt gewählt. Stattdessen entsendet jeder Gesamtbetriebsrat zwei seiner Mitglieder in den Konzernbetriebsrat. Die Geschlechter sollen angemessen berücksichtigt werden. Jedem Mitglied des Konzernbetriebsrats stehen die Stimmen der Mitglieder des entsendenden Gesamtbetriebsrats je zur Hälfte (§55 Betriebsverfassungsgesetz §55).
Der Betriebsrat hat die Aufgabe, „darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden“. So lautet ein Kernsatz des Betriebsverfassungsgesetzes (Paragraf 80 BetrVG).
Starke Hilfe für jeden einzelnen: Betriebsräte helfen und unterstützen jeden einzelnen Beschäftigten im Betrieb. Beispielsweise muss der Betriebsrat vor einer Kündigung angehört werden. Ohne seine Anhörung ist die Kündigung unwirksam. Ein Betriebsrat hilft auch, wenn der Vorwurf von Mobbing im Raum steht oder wenn jemand vermutet, zu wenig zu verdienen oder einfach nur wenn er Fragen zu seinem Arbeitsvertrag hat.
Außerdem bestimmt der Betriebsrat in Betrieben und Unternehmen mit über die Arbeitsbedingungen aller. Das geschieht nicht immer konfliktfrei, deshalb genießt er einen besonderen Kündigungsschutz.
Arbeitszeitgestaltung: Der Betriebsrat sorgt beispielsweise für eine gerechte Eingruppierung, er bestimmt mit über Arbeitsbeginn und -ende, Pausenzeiten, Überstunden, Bereitschaftsdienst, Teilzeit, Gleitzeit usw.
Ausbildung und Weiterbildung: Der Betriebsrat setzt sich für die Rechte der Auszubildenden ein und achtet darauf, dass alle Beschäftigten Weiterbildungsangebote erhalten. Er hat Informations- und Mitbestimmungsrechte bei der Berufsbildung und Beruflichen Weiterbildung.
Technik- und Software: Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen geht, die beispielsweise dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer*innen zu überwachen – wie etwa IT-Systeme, eine neue Software oder Überwachungskameras.
Entlohnung: Der Betriebsrat hat ein Recht auf Mitbestimmung bei Fragen der Entlohnungsgrundsätze – soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Sind Tarifverträge mit der zuständigen Gewerkschaft ausgehandelt, dann achtet er darauf, dass sie eingehalten werden.
Verhaltensregeln: Alle Anweisungen des Arbeitgebers, die die Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Beschäftigten am Arbeitsplatz regeln sollen, sind nur dann wirksam, wenn sie schriftlich mit dem Betriebsrat vereinbart werden. Dazu gehören zum Beispiel Alkoholtests, Rauchverbot, Taschenkontrollen, Krankengespräche, Anwesenheitslisten oder die Parkplatzordnung.
Gesundheit: Die Aufgabe des Betriebsrats ist es, den gesetzlichen Arbeitsschutz im Betrieb effektiv umzusetzen, um Arbeitsunfälle zu verhindern und Berufskrankheiten zu verhüten, Gesundheitsgefahren abzuwenden, allgemein den Umwelt- und Arbeitsschutz zu gewährleisten, die Arbeit zu humanisieren und die Arbeitsabläufe und Arbeitsumgebung mitzugestalten. Zur Durchsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung haben Betriebsräte weitreichende Mitbestimmungsrechte.
Personal: Der Betriebsrat hat Informations-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei Maßnahmen der betrieblichen Personalpolitik wie Einstellungen, Versetzungen, Beurteilungen, Kündigungen, die Personalplanung und die Beschäftigungssicherung.
Wirtschaftliche Lage: Der Betriebsrat hat auch ein Recht auf Informationen. Das bedeutet, er muss über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens und über wichtige Planungen und deren Auswirkungen auf die Beschäftigten informiert werden. Dazu gehören Betriebsänderungen, ein Interessenausgleich, ein Sozialplan oder auch die Gründung eines Wirtschaftsausschusses in Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 Beschäftigten.
Ob Arbeitszeit, Fortbildungen, Prämien oder Zulagen – es gibt Fragen, die nicht jeder einzeln mit dem Arbeitgeber aushandeln und durchsetzen kann. Aber mit einem Betriebsrat. Beschäftigte mit Betriebsrat haben mehr Rechte. Betriebsräte bestimmen mit bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen und -zeiten, bei Einstellung und Versetzung. Sie müssen vor jeder Kündigung gehört werden. Doch wie wählt man einen Betriebsrat? In welchem Betrieb ist das möglich? Wir zeigen es.
Wenn in einem Betrieb mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer*innen tätig sind und drei von ihnen wählbar sind, kann ein Betriebsrat gebildet werden. Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre immer vom 1. März bis 30. Mai statt. Zuletzt in 2022. In Betrieben, in denen es noch keinen Betriebsrat gibt, kann jederzeit gewählt werden.
Wahlberechtigt sind alle Beschäftigten im Betrieb, die bis zum Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet haben. Wahlberechtigt sind auch Auszubildende, befristet Beschäftigte, Teilzeitarbeitnehmer*innen und Aushilfen. Auch Leiharbeitnehmer*innen sind wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb arbeiten oder arbeiten sollen. Nicht wahlberechtigt sind leitende Angestellte, die unternehmerische Aufgaben wahrnehmen.
Wählbar sind alle Arbeitnehmer*innen die wahlberechtigt sind, das 18. Lebensjahr vollendet haben, und dem Betrieb mindestens sechs Monate angehören oder einem anderen Unternehmen oder Betrieb des Konzerns.
Größe des Betriebsrats: Wenn es genug Wahlberechtigte und wählbare Beschäftigte gibt und sich genug Kandidaten finden, kann gewählt werden, auch wenn die Mehrheit noch nicht überzeugt ist. Bei bis zu 20 Wahlberechtigten wird eine Person gewählt, bei bis zu 50 drei, bei bis zu 100 sind es fünf, bei 200 sind es sieben und bei bis zu 400 Wahlberechtigten sind es neun Betriebsratsmitglieder.
Wahlvorstand: Die Betriebsratswahl wird immer von einem Wahlvorstand vorbereitet und durchgeführt. Gibt es noch keinen Betriebsrat wird der Wahlvorstand auf einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Beschäftigten gewählt. Scheitert dies, können drei wahlberechtigte Arbeitnehmer*innen oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft die Bestellung eines Wahlvorstands beim Arbeitsgericht beantragen.
Das vereinfachte Wahlverfahren: Bisher galt für kleinere Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten ein vereinfachtes Wahlverfahren; am 21. Mai 2021 hat der Deutsche Bundestag das Betriebsrätemodernisierungsgesetz beschlossen. Damit gilt das vereinfachte Wahlverfahren zur Gründung eines Betriebsrats künftig in Unternehmen mit bis zu 100 Beschäftigten. – Auf einer ersten Wahlversammlung wird dann der Wahlvorstand gewählt. Er erstellt sogleich eine Wählerliste, in die alle wahlberechtigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eingetragen werden – und erlässt dann ein Wahlausschreiben.
Auch die Wahlvorschläge werden in dieser Versammlung – mündlich oder schriftlich – abgegeben und sofort danach veröffentlicht. Jeder Wahlberechtigte im Betrieb kann einen oder mehrere Kandidaten vorschlagen. Damit der Vorschlag gültig ist, muss der Kandidat zustimmen und seit 2021 (Betriebsrätemodernisierungsgesetz) nur noch in Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten von 2 Beschäftigten unterstützt werden. In Firmen mit weniger als 20 Beschäftigten werden gar keine Stützunterschriften von Beschäftigten mehr benötigt, um einen Betriebsrat zu gründen.
Eine Woche nach der ersten findet eine zweite Wahlversammlung statt. Auf dieser wird der Betriebsrat in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.
Dazu händigt der Wahlvorstand den wahlberechtigten Beschäftigten einen Wahlumschlag und einen Stimmzettel aus. Darauf können so viele Kandidaten angekreuzt werden, wie Sitze zu vergeben sind. (Danach wird der Stimmzettel im Wahlumschlag in die Wahlurne geworfen.)
Die Stimmauszählung erfolgt öffentlich im Anschluss an die Wahlversammlung. Die Bewerber mit den meisten Stimmen sind gewählt.
Das normale Wahlverfahren: Bei mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern im Betrieb findet in der Regel das normale Wahlverfahren Anwendung. Wie in kleineren Betrieben muss als erstes auch hier in einer Betriebsversammlung ein Wahlvorstand gewählt werden. Dieser erstellt dann die Wählerliste und erlässt das Wahlausschreiben.
Wer für den Betriebsrat kandidieren will, muss auf einer Vorschlagsliste aufgeführt sein. Eine solche Liste kann binnen 2 Wochen nach dem Aushang des Wahlausschreibens von einer im Betrieb vertretenden Gewerkschaft oder von einzelnen Beschäftigten beim Wahlvorstand eingereicht werden.
Die Vorschlagsliste kann einen oder mehrere Kandidaten enthalten und muss von mindestens 5 Prozent der wahlberechtigten Beschäftigten unterzeichnet sein.
Die als gültig anerkannten Vorschlagslisten werden spätestens eine Woche vor dem Wahltag ausgehängt.
Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.
Listenwahl: Wurden mindestens zwei Vorschlagslisten für gültig befunden, gibt es eine Listenwahl. Das heißt, die Beschäftigten können sich für eine der Listen entscheiden. Nach der Wahl wird die Anzahl der Sitze ermittelt, die auf die einzelnen Listen entfallen. Gewählt sind die Kandidaten in der Reihenfolge wie sie auf der Liste stehen.
Personenwahl: Wurde nur eine Vorschlagsliste eingereicht oder für gültig befunden, gibt es eine Personenwahl. Die Beschäftigten können den einzelnen Kandidaten ihre Stimme geben. Sie können so viele Bewerber ankreuzen, wie Sitze zu vergeben sind. Es sind die Kandidaten gewählt, die die meisten Stimmen bekommen haben.
Briefwahl: Wer seine Stimme nicht persönlich abgeben kann, kann Briefwahl beantragen. Er erhält vom Wahlvorstand die erforderlichen Unterlagen und muss nur dafür sorgen, dass sein Wahlbrief rechtzeitig vor dem Ende der Wahl beim Wahlvorstand eingeht.
Bei kleineren Betrieben mit bis zu 100 Beschäftigten, muss man das dem Wahlvorstand nur mitteilen – spätestens drei Tage vor der Wahl – und kann dann seine Stimme sogar nachträglich abgeben.
Die Wahl organisieren: ver.di hilft bei der Organisation von Betriebsratswahlen: https://br-wahl.verdi.de
Mehr Infos von ver.di zum Thema Betriebsratswahlen
Gesetzlich geschützt: Das Gesetz sagt eindeutig, dass niemand – auch nicht der Arbeitgeber – eine Betriebsratswahl behindern darf. Ein solcher Versuch kann sogar strafrechtlich verfolgt werden.
Die Initiatoren, die zur Betriebsratswahl einladen, der Wahlvorstand und die Kandidaten sind auch individuell vor Repressalien geschützt, vor allem vor einer ungerechtfertigten Kündigung.
Trotzdem sollten sie taktisch geschickt vorgehen, denn dieser Schutz gegen Willkürmaßnahmen ist zeitlich begrenzt und an Voraussetzungen gebunden. Wer im Vorfeld Vorbereitungshandlungen zur Betriebsratswahl vornimmt, in dem er sich etwa bei seiner Gewerkschaft über die Möglichkeiten der Betriebsratsgründung in seinem Betrieb erkundigt, muss dazu gegenüber einem Notar erklären, dass er einen Betriebsrat errichten möchte. Dieser Kündigungsschutz endet aber nach 3 Monaten wenn bis dahin kein Betriebsrat gewählt wird. Es ist also vorteilhaft, wenn schon ein grober Fahrplan für die Wahl existiert, bevor der Arbeitgeber erstmals Kenntnis davon erhält.
Geregelt ist der besondere Kündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern und Wahlvorstand im Kündigungsschutzgesetz.
Gewerkschaften unterstützen Betriebsräte: Die Einbeziehung Gewerkschaft, die für den Betrieb zuständig ist, ist ebenfalls wichtig, weil deren Funktionäre nicht vom Arbeitgeber abhängig sind und daher unbefangener agieren. Die gewerkschaftlichen Fachleute kennen die rechtlichen Grundlagen, die bürokratischen Klippen und wissen auch, was zu tun ist, wenn der Chef versucht, eine Wahl zu verhindern.
ver.di-Leistungen für Betriebsräte: Für Beschäftigte in der Dienstleistungsbranche ist die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zuständig. Die Gewerkschaft unterstützt die neu gewählten Betriebsratsmitglieder und berät vor Ort, wenn der Betriebsrat Probleme mit dem Arbeitgeber hat, eine Betriebsvereinbarung aushandelt oder tarifvertraglich geregelte Rechtsansprüche der Arbeitnehmer durchsetzen will. Zudem bietet ver.di Schulungen für Betriebsräte an oder solche, die es werden wollen. Die Gewerkschaft unterstützt mit Formularen und Informationsmaterial und beantwortet weitere Fragen. Die enge Kooperation zwischen ver.di und Betriebsratsmitgliedern ist ein wichtiges Fundament, um Arbeitnehmerrechte durchsetzen zu können und Konflikte am Arbeitsplatz zu lösen.
Gabriel hat einen Betriebsrat in einer Digitalagentur gegründet und hätte damit auch scheitern können. Er wurde angefeindet, kaltgestellt, mit Kündigungen bedroht. Wenn ihr wissen wollt, was Gabriel alles erlebt hat, wie er durchgehalten hat, obwohl man ihn aus der Agentur drängen wollte, könnt ihr seine ganze Story im anhängenden PDF nachlesen. Für unseren Blog „wir sind ver.di“ haben wir im September 2022 mit ihm gesprochen, sechs Jahre später. Er ist heute immer noch Betriebsrat. Zum Interview
Der Betriebsrat sorgt in Unternehmen und Betrieb für die Umsetzung von Gesetzen und Tarifverträgen. Zu diesem Zweck kann er Betriebsvereinbarungen abschließen, er handelt aber keine Tarifverträge aus. Das macht die zuständige Gewerkschaft. Der Betriebsrat hat die gesetzliche Pflicht, auf die Einhaltung von Tarifverträgen zu achten. Er ist auch nicht Repräsentant der Gewerkschaft im Betrieb. Dazu gibt es sogenannte gewerkschaftliche Vertrauensleute. In der Praxis sind aber die meisten Betriebsratsmitglieder zugleich auch engagierte Funktionär*innen ihrer Gewerkschaft, weil sie wissen, dass ein Betriebsrat sich mit einer starken Gewerkschaft im Rücken besser und effektiver für die Beschäftigten einsetzen kann.
Kommt es zu Schwierigkeiten, sollte der Betriebsrat hinzugezogen werden. Er hat nicht nur ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans, wenn es um Urlaubsfragen geht, die die Belegschaft allgemein berühren. Das Gesetz sieht auch ein Mitbestimmungsrecht vor, wenn es um die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer/-innen geht, wenn zwischen diesen und dem Arbeitgeber kein Einvernehmen erzielt wird (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG).
Betrifft allerdings die Frage der Urlaubsgewährung nicht nur einzelne Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, liegt ein kollektives Regelungsbedürfnis vor. Es besteht insoweit die Mitbestimmung bei der Festlegung von Urlaubsgrundsätzen. Sie schließt ein Initiativrecht ein. Das bedeutet: Der Betriebsrat verhandelt mit dem Arbeitgeber über die Gewährung von Urlaub. Natürlich wird es dabei nur um einzelne Urlaubstage gehen können, wie beispielsweise für das Halbfinale einer Fußball-WM oder – sofern Sonntagsarbeit zu leisten ist – für das Finale. Bei Nichteinigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber sieht das Gesetz die Entscheidung der Einigungsstelle vor (§ 87 Abs. 2 BetrVG).
In Krisen ist es immer ein schweres Stück Arbeit, dann noch einen Betriebsrat zu gründen und etwas für die Beschäftigten auszuhandeln. Aber ohne Betriebsrat ist alles noch schlimmer. Natürlich gibt es auch Fälle, wo Betriebsräte konfliktfrei gegründet werden. Doch leider nehmen auch die vielen Fälle zu, in denen Betriebsräte von Unternehmen bei ihrer Arbeit schwer behindert werden, obwohl das eine Straftat ist.
Diese Arbeitgeber stehen „jedweder Form von eigenständiger, kollektiver Interessenvertretung feindlich gegenüber…“. Hier sind „harte, strategisch geplante Maßnahmen“ an der Tagesordnung, oft mit Unterstützung von spezialisierten Anwaltskanzleien. Solche Arbeitgeber versuchen systematisch die betriebliche Mitbestimmung auszuhebeln. Das legt u.a. eine von der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) geförderte Studie offen. Sogenanntes Betriebsräte Bashing endet fast immer vor Gericht. In diesem Fall werden ver.di-Mitglieder von ihrer Gewerkschaft unterstützt und bekommen kostenlosen Rechtsschutz.
Aktuelle Umfrageergebnisse (2024): Laut einer aktuellen Umfrage (Pressemitteilung vom 12. September 2024) des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen (WSI) Instituts der HBS, wird jede fünfte Betriebsratsgründung behindert, obwohl das ein Straftatbestand ist. Dazu schüchtern die Arbeitgeber die Kandidat*innen ein, drohen mit Kündigung oder verhindern die Bestellung eines Wahlvorstands. Besonders verbreitet ist Druck gegen Beschäftigte die einen Betriebsrat gründen wollen in mittelgroßen eigentümergeführten Unternehmen. In beinahe der Hälfte aller Fälle, in denen sich der Arbeitgeber der erstmaligen Wahl eines Betriebsrats entgegenstellten, fand diese am Ende nicht statt. Laut der Befragung des WSI schüchterten die Arbeitgeber mögliche Kandidat*innen in 62 Prozent der Fälle ein. In 58 Prozent der Konfliktfälle versuchten sie, die Bestellung eines Wahlvorstands zu verhindern, bei 45 Prozent unterstützten sie ihnen nahestehende Kandidat*innen. In 21 Prozent der betroffenen Betriebe wurde sogar Kandidat*innen gekündigt. Nach Angabe der befragten Gewerkschafter*innen nahmen gut 47 Prozent der Arbeitgeber, die Betriebsratswahlen behinderten, bei ihren Störaktionen externe Hilfe durch Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen in Anspruch. Auch dies ist bei mittelgroßen Betrieben besonders verbreitet.
Auch ver.di bekam es in ihrem Organisationsbereich in den letzten Jahren immer wieder mit Betriebsräte-Bashing zu tun. Quer durch alle Branchen gibt es etliche Beispiele für das Behindern von Betriebsräten und gerichtliche Auseinandersetzungen, zum Beispiel beim Onlinespiel-Produzenten Goodgame Studios, beim Biomarkt Alnatura, in etlichen Wach- und Sicherheitsunternehmen, bei der Klier Hair Group GmbH, bei privaten Logistik- und Busbetrieben, bei Edeka, in Seniorenwohnparks und privaten Kliniken. Nachfolgend aktuelle Beispiele aus der Arbeitswelt, die zeigen, in welch schwierigem Fahrwasser Betriebsräte handeln müssen oder gar gegründet werden. Trotzdem lohnt es sich zu kämpfen, denn das Gesetz ist auf ihrer Seite. Und: Ist ein Betriebsrat erst einmal etabliert, arrangieren sich die meisten Unternehmen bald mit dessen Existenz und sehen eher selten Gründe, seine Arbeit prinzipiell in Frage zu stellen, so das WSI. Die aktuellen Forschungsergebnisse sprechen für sich: In mitbestimmten Unternehmen läuft vieles runder und besser, sie sind zukunftsfester. Davon profitieren nicht nur die Beschäftigten.
Amazon, 2022 – Schrittweise hin zur Mitbestimmung: Amazon möchte Gewerkschaften am liebsten draußen halten und ist auch zu Tarifverhandlungen nicht bereit. Am 28. Juni 2022 haben nun die Beschäftigten des Amazon-Verteilzentrums in Wunstorf bei Hannover den ersten Betriebsrat Europas in einem Verteilzentrum des Unternehmens, der sogenannten Amazon delivery station, gewählt. Für das 9 Personen starke neue Betriebsratsgremium in Wunstorf hat die ver.di-Liste die Mehrheit (6 Sitze) erzielt. Mit Blick in die USA und die erfolgreiche Gewerkschaftswahl bei Amazon in New York-Staten Island, zeigt sich, dass es auch bei Amazon vorangeht mit den demokratisch mitbestimmten Arbeitsbedingungen. In den Monaten zuvor gab es in Niedersachsen bereits erfolgreiche Betriebsratswahlen in den Amazon Logistik-Zentren, den sogenannten Fulfillment Centern, in Achim und Winsen. Auch dort haben die gewerkschaftlich organisierten Listen gute Ergebnisse eingefahren.
Orpea Konzern, 2021 – Klagewütiger Pflegeheimbetreiber in Weyhe: Ein Pflegeheimbetreiber der Residenz-Gruppe in Weyhe, einer hundertprozentigen Tochter des französischen Konzerns Orpea, wollte seit 2020 mehrere Betriebsräte kaltstellen. Ganz so wie man es vom Mutterkonzern schon gewohnt war, der 2018 Negativschlagzeilen mit Kündigungsversuchen und Aussperrungen in der Celenius-Klinik im thüringischen Bad Langensalza machte. Offenbar sollte sich das im Norden Deutschlands wiederholen. Die Residenz-Gruppe versuchte das Betriebsratsgremium vom Senioren Wohnpark Weser Nord aufzulösen und sprach gleich mehrere Kündigungen gegenüber Betriebsräten und Betriebsratsvorsitzender aus. Entzündet hatte sich der Konflikt an der Einführung einer Software, die geeignet ist, personenbezogene Daten zu speichern. Der Arbeitgeber wollte nicht verhandeln, deshalb hat der Betriebsrat entschieden, das durch eine Einigungsstelle klären zu lassen. Daraufhin liefen mehrere Klagen vor Gericht, weil die Arbeitgeberseite nicht nachgeben wollte. Die Betriebsräte haben angekündigt, Strafanzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit zu erstatten.
Wirecard, 2020 – Sieben Betriebsräte in letzter Minute: Als der Börsenliebling Wirecard am Aktienmarkt einbrach und Insolvenz anmelden musste, standen auch die Beschäftigten vor einer Katastrophe. Etliche Tochterunternehmen wurden verkauft, viele Arbeitsplätze gingen verloren; allein in Deutschland wurden in der ersten Welle 800 Mitarbeiter*innen entlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt glaubten die Beschäftigten, sie brauchten keine Interessenvertretung und keinen Betriebsrat. Mit 76 Nationen hatten sie in einem tollen Arbeitsklima gearbeitet, wie sie später berichteten. Erst als die Pleite da war, fragten sie sich, was sie nun noch für ihre Arbeitsplätze tun konnten. In der Krise wandten sie sich an ver.di und gründeten noch in letzter Minute sieben Betriebsräte für sieben Gesellschaften. Nun müssen die Gesellschaften gegenüber den Betriebsräten Auskunft geben. Das bedeutet, wenn im Insolvenzverfahren Entscheidungen über die Zukunft der Arbeitsplätze und über das Schicksal der Beschäftigten getroffen werden, können die Betriebsräte wenigstens Einfluss nehmen. Der Fall Wirecard zeigt, für eine Betriebsratswahl ist es (fast) nie zu spät.
ver.di berichtet regelmäßig über Neugründungen von Betriebsräten, über aktuelle Fälle von Betriebsräte Bashing und auch über Betriebsräte, die für ihre Arbeit ausgezeichnet wurden. Über aktuelle Konflikte und Erfolge von Betriebsräten mehr in der ver.di-Mitgliederzeitung publik erfahren: https://publik.verdi.de
Die Behinderung von Betriebsräten hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Deshalb brauchen Betriebsräte mehr Schutz. Sie nehmen wichtige Funktionen in den Betrieben wahr und ermöglichen den Beschäftigten eine demokratische Teilnahme an den sie betreffenden betrieblichen Entscheidungen. Das muss vom Gesetz her ausreichend geschützt werden. Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz, das mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen am 21. Mai 2021 beschlossen wurde, soll die Gründung von Betriebsräten erleichtert und die Rechte bestehender Betriebsräte sollen erweitert werden. In der Praxis bedeutet das u.a.: Das vereinfachte Wahlverfahren zur Gründung eines Betriebsrats gilt jetzt auch in Unternehmen mit bis zu 100 Beschäftigten, statt wie früher nur bis zu einer Belegschaft von 50 Beschäftigten. Und demnach sind in Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten nur noch zwei Unterschriften für Wahlvorschläge erforderlich. In Firmen mit weniger als 20 Beschäftigten werden gar keine Unterschriften von Beschäftigten mehr benötigt, um einen Betriebsrat zu gründen.
Die wesentlichen Änderungen im Überblick
Der Gesetzestext wurde nach seiner Verabschiedung im Juni 2021 im Bundesgesetzblatt eröffentlicht.
Der Deutsche Betriebsrätepreis ist eine Initiative der Fachzeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“. Er zeichnet seit 2009 das Engagement und die erfolgreiche Arbeit von Betriebsräten aus, die sich nachhaltig für den Erhalt oder die Schaffung von Arbeitsplätzen oder für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Unternehmen und gerechte Löhne einsetzen. In der Jury sitzen Vertreter*innen von Gewerkschaften, aus der Wissenschaft und ausgewiesene Praktiker*innen.
Auszeichnungen 2023
Mit dem Sonderpreis für innovative Betriebsratsarbeit wurden zwei Projekte aus dem ver.di-Organisationsbereich 2023 ausgzeichnet: Der Betriebsrat des Klinikums Aschaffenburg-Alzenau und der Betriebsrat der gemeinnützigen Stiftung KBF aus Mössingen.
Mit dem Thema New Work hatte sich der Betriebsrat des Klinikums Aschaffenburg-Alzenau auseinandergesetzt. Dazu wurde eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. In dem Pilotprojekt „Meine Station" lag der Fokus auf der interdisziplinären Zusammenarbeit und dem Abbau von Hierarchien hin zu Strukturen, die auf Mitarbeitende und Patient*innen ausgelegt sind. Die Mitarbeitenden passten Strukturen und Prozesse selbst an. Ziel war es, Überlastung, Unterbesetzung und damit dem grundsätzlichen Mangel an Pflegepersonal entgegenzuwirken und die Attraktivität des Berufsbildes zu stärken. Das Motiv dahinter: Mehr Möglichkeiten für selbstbestimmtes Arbeiten in der Pflege zu schaffen.
Mehr Nachhaltigkeit war der Schwerpunkt des Projekts des Betriebsrats der gemeinnützigen Stiftung KBF aus Mösslingen in Baden-Württemberg. Das Thema Nachhaltigkeit spielte bislang nur eine Nebenrolle im Unternehmen. Deshalb ergriff der Betriebsrat die Initiative, schuf interne Strukturen und setzte Impulse, um Nachhaltigkeit strukturell zu verankern. So gründete das Gremium einen Nachhaltigkeitsausschuss. Es wurde eine freiwillige Betriebsvereinbarung zum Thema abgeschlossen. Darüber hinaus wurde ein Vorschlagswesen etabliert und Nachhaltigkeit steht bei jedem Monatsgespräch auf der Agenda. Bei Betriebsversammlungen und im BR-Info wird Nachhaltigkeit und die Beteiligung der Beschäftigten regelmäßig thematisiert.
Mehr Infos zu den weiteren ausgezeichneten Projekten, zum Betriebsratepreis und zur Ausschreibung für 2024 finden sich hier
ver.di unterstützt Betriebsratsmitglieder und berät vor Ort, wenn der Betriebsrat zum Beispiel
ver.di unterstützt Betriebsräte bei ihrer Neugründung und bei Betriebsratswahlen: https://betriebsratswahlen.verdi.de
ver.di bietet ihren Mitgliedern – und vor allem den Betriebsratsmitgliedern – ein vielfältiges Qualifizierungsprogramm: https://bildungsportal.verdi.de
Die enge Kooperation zwischen ver.di und Betriebsratsmitgliedern ist ein wichtiges Fundament, um Arbeitnehmerrechte durchsetzen zu können.
Als Mitglied genießen Sie alle Vorteile unserer großen Organisation und die Solidarität von mehr als zwei Millionen Kolleginnen und Kollegen.
ver.di ist eine starke Organisation aus knapp 2 Mio. Menschen, die sich zusammengefunden haben, um ihre Interessen durchzusetzen. ver.di finden Sie vor Ort und in Betrieben. Wir machen uns stark für Arbeitnehmerrechte, verhandeln Tarifverträge und setzen die Interessen unserer Mitglieder politisch durch.
ver.di sein heißt, sich gegenseitig helfen und unterstützen. Aus diesem Engagement der einzelnen Mitglieder zieht ver.di seine Stärke. Und dieses Netzwerk der Vielen bietet für jeden Einzelnen ganz praktische große und kleine Vorteile: im Job und darüber hinaus.
Wir unterstützen Arbeitnehmer/innen dabei, ihre Interessen und Rechte durchzusetzen. Und sollten Sie sich einmal nicht mehr selbst helfen können, vertreten wir Sie gerne ... im Zweifel durch alle Instanzen.
In ver.di organisieren sich Menschen aus über 1000 Berufen, die in unterschiedlichen Lebenssituationen stecken. Sie alle finden in ver.di einen kompetenten Ansprechpartner. Genauso vielfältig ist unser Service. Spezielle Angebote gibt es z.B. für Seniorinnen und Senioren, Selbstständige oder Beamte und Beamtinnen.
Wir bieten exklusiv für Mitglieder eine Vielzahl kostenloser Seminare zu Themen wie Arbeitsrecht, Gesundheitspolitik, soziale Kompetenz, Jugendvertretungen, Gleichberechtigung, Betriebsratsarbeit und vieles mehr.
Versicherungen zu Vorteilskonditionen, Sparen bei Reisen und Einkaufen und weitere Angebote bietet die Mitgliederservice GmbH allen ver.di Mitgliedern.
Auf „meine ver.di“ lassen sich Mitgliedsdaten bearbeiten, die Beitragsquittung und die Mitgliederbescheinigung runter laden und direkt ausdrucken, die Gruppenplattformen zur gemeinsamen Diskussion und zur Arbeit an Dokumenten erreichen und alle Informations-Abos verwalten.
Ein kleiner Betriebsrat ist besser als keiner: Wenn es bei einer Betriebsratswahl weniger Kandidat*innen gibt als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, kann ein Betriebsrat mit weniger Mitgliedern gewählt werden. Bei der Ermittlung der Anzahl ist so lange auf die jeweils nächstniedrigere Stufe des § 9 BetrVG zurückzugehen, bis die Zahl von Kandidat*innen für die Wahl eines Gremiums mit einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern ausreicht. Mehr erfahren bei ver.di b+b zum BAG-Urteil vom 24. April 2024, Aktenzeichen 7 ABR 26/23.
Notwendige Reisezeiten nachweisen: Laut einem Urteil vom 15. September 2021 haben Betriebsratsmitglieder, die aus dienstlichen Gründen reisen, einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber diese Zeit vergütet. Im Streitfall müssen sie allerdings genau nachweisen, wann sie gereist sind und warum das erforderlich war. Wer das unterlässt, verliert seinen Prozess. Mehr erfahren zum Urteil vom 15. September 2021, Arbeitsgericht Hildesheim, 2 Ca 265/20 auf der Webseite vom DGB-Rechtsschutz
Gewerkschaftsvertreter*innen in Betriebsratssitzungen – Wie viele dürfen es sein? Ein Arbeitgeber wollte die Teilnahme auf einen Gewerkschafter beschränken und scheiterte. Die Gewerkschaft rief das Arbeitsgericht in der Frage an. Es folgte der Rechtsauffassung der Gewerkschaft, zumal beide Gewerkschaftsvertreter in unterschiedlichen Themen beraten sollten. Das Zutrittsrecht beider Gewerkschaftssekretäre, so das Gericht, ergebe sich aus § 2 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Hiernach sei den Beauftragten der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften zur Wahrnehmung der im BetrVG genannten Aufgaben und Befugnisse der Zugang zum Betrieb zu gewähren, Arbeitsgericht Weiden, Entscheidung vom 23.02.2022, Aktenzeichen 4 BVGa 3/22, juris. Mehr erfahren: DGB-Rechtsschutz
Bislang wurde über das Betriebsverfassungsgesetz, mittels Tarifverträgen und mit Hilfe von Betriebs- oder Dienstvereinbarungen mitbestimmt. Künftig wird es eine weitere Ebene geben müssen, denn die Entwicklung von KI (Künstlicher Intelligenz) stellt auch die Mitbestimmung vor neue Herausforderungen.
Sich selbst verändernde Softwaresysteme und Programmierungen sind zwar noch keine echte künstliche Intelligenz, sie bilden diese nur nach, dahinter stecken mathematische Prozesse, doch sie handeln immer öfter selbstständig. Sie können sich sogar weiterentwickeln, ohne dass der Mensch noch eingreift. Und häufig werden Entscheidungen an sie delegiert. Die Frage ist, was lässt der Mensch hier zu? Welche Rahmenbedingungen gibt er den Algorithmen mit auf den Weg?
Wenn Menschen Entscheidungen zu Produkten, Produktionsketten oder Arbeitsprozessen an eine Ansammlung von Software delegieren, dann müssen sie überlegen, wie auch die Mitbestimmung dort hineinkommt, soll sie künftig weiter erhalten bleiben. Soziale Standards, was Gewerkschaften oder Betriebsräte erreichen wollen, das wird deshalb künftig auch in den Algorithmen mit eingearbeitet sein müssen, um hier Einfluss zu nehmen.
„Wenn wir das nicht schaffen, dann läuft uns die Technik davon und aus dem Betrieb hinaus. Dann entgleitet uns die Mitbestimmung", warnt Welf Schröter in einem Interview in der ver.di-publik in 2021. Schröter ist Mitbegründer und Leiter des „Forum Soziale Technikgestaltung“ beim DGB Baden-Württemberg, das Betriebs- und Personalräte auf dem Weg in die Wissensgesellschaft unterstützt und vernetzt und 2021 seit 30 Jahren besteht. Aus einer Reihe von Diskussionen mit Wissenschaftlern, Gewerkschaftern, Betriebs- und Personalräten ist der gewerkschaftliche Gestaltungsanspruch für mitbestimmte Algorithmen entstanden.
Die bisherige Mitbestimmung genüge laut Schröter nicht mehr. „Die neuen algorithmischen Steuerungssysteme sind entwickelt worden, um die Beziehungen zwischen den Betrieben, den Standorten und den Zuliefererbetrieben zu organisieren. Es geht nicht mehr nur um die vertikale sondern insbesondere um die horizontale Wertschöpfungskette zwischen den Betrieben, Zulieferern, Kundschaft und so weiter. Doch soweit reicht die Mitbestimmung nicht, sie endet physisch am Ende des Werktors. Im virtuellen Raum müssen wir deshalb neu darüber entscheiden. Wenn ein Softwaresystem als Subjekt den Boden des Betriebes verlassen kann, um Arbeitsprozesse außerhalb des Betriebes zu steuern, die dann wiederum andere Arbeitsprozesse und Arbeitspersonen in anderen Betrieben beeinflussen, dann reicht die herkömmliche Mitbestimmung im Betrieb nicht mehr aus. Unsere Antwortet lautet: Dann müssen wir die Standards in den Betrieben, in den Aushandlungsprozessen, in der Humanisierung der Arbeit, in denen wir Mitbestimmung durchsetzen können, im Algorithmus verankern. So erreichen wir, dass der Algorithmus auf seiner Reise zwischen den Betrieben die Mitbestimmung mitnimmt.“
Das Interview „Softwarehaufen mit Vollmacht“ ist in der ver.di-publik, Ausgabe 4/2021 veröffentlicht, bzw. online zu lesen: https://publik.verdi.de/ausgabe-202104/software-haufen-mit-vollmacht/
Zahlreiche Berichte über die Behinderung von Betriebsratsarbeit zeigen, dass die betriebliche Mitbestimmung besser gegen Übergriffe von Arbeitgebern gesichert werden sollte. Auch stellt das 21. Jahrhundert neue Anforderungen durch Digitalisierung, Internationalisierung und Umweltfragen beispielsweise. Eine Gruppe von Expertinnen und Experten aus den DGB-Gewerkschaften, der Hans-Böckler-Stiftung sowie Jura-Professoren von den Universitäten Göttingen und Bremen haben ein Reformkonzept für die Betriebsverfassung in Form eines Gesetzesvorschlags erarbeitet, das am 6. April 2022 in einer Pressekonferenz vom DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann, der Zweiten Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, von Christoph Meister, Mitglied des ver.di-Bundesvorstands und von Dr. Johanna Wenckebach, wissenschaftliche Direktorin des Hugo-Sinzheimer-Instituts (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung und Mitautorin des Gesetzesvorschlags, vorgestellt wurde.
Der Reformvorschlag setzt sechs Schwerpunkte:
Mehr erfahren:
ver.di-Nachricht von 6. April 2022: Reform der Betriebsverfassung nötig
Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 6. April 2022
Noch Angregungen zum Gesetzentwurf der Gewerkschaften? Über ihn wird im Blog der Zeitschrift „Arbeit und Recht" diskutiert: https://aur-blog.eu
Betriebsräte (und genauso Personalräte, die gewählten Interessenvertretungen in öffentlichen Verwaltungen) können mit dieser Funktionsbezeichnung auftreten; dürfen aber nur dann im Namen des Betriebsrats bzw. Personalrats (Gremium) sprechen, wenn sie dazu beauftragt wurden. Zum Streik aufrufen darf ein Betriebsrats-Mitglied als Gewerkschaftsmitglied, jedoch nicht in seiner Funktion als Betriebsrat (bzw. Personalrat)
Das Thema der rechtmäßigen Vergütung von Betriebsräten steht schon lange in der öffentlichen, wissenschaftlichen und betrieblichen Debatte. Vor allem bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern stellt sich wiederkehrend die Frage, ob diese in Sachen Vergütung nicht benachteiligt oder gar bevorzugt werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dazu in zahlreichen Entscheidungen Weichen gestellt. Zuletzt sorgte dann eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes für Strafsachen (BGH) im Januar 2023 für Aufmerksamkeit. Es ging dabei um die Frage, ob Arbeitgeber sich ggf. wegen Untreue strafbar machen, wenn sie bei der Bezahlung von Betriebsratsmitgliedern daneben liegen. In der Folge kam es vielfach zu Kürzungen von Gehältern von Betriebsrät*innen, frei nach dem Motto: lieber weniger zahlen, als zu riskieren, strafrechtlich verurteilt zu werden. Im Hintergrund wirkten dem Vernehmen nach mitunter geschäftstüchtige Rechtsanwält*innen, die entsprechende Ängste gezielt schürten. Daraufhin kam es bundesweit zu Klagen betroffener Betriebsratsmitglieder vor den Arbeitsgerichten. Das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat dies zum Anlass genommen, eine längst überfällige Überarbeitung der Betriebsverfassung zu dieser Frage zu veranlassen. Eine eigens dafür zusammengestellte Expertenkommission erarbeitete einen Vorschlag. Aus diesem Vorschlag resultiert der wortgleiche Gesetzesentwurf der Bundesregierung, den das Bundeskabinett am 1. November 2023 beschlossen hat.
Am 28. Juni 2024 hat der Deutsche Bundestag die gesetzliche Klarstellung zur Betriebsratsvergütung durch eine Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes beschlossen. Alle Fraktionen und Gruppen des Bundestages stimmten der Regierungsvorlage zu, nachdem sie zuvor ausdrücklich den Betriebsräten in Deutschland für deren ehrenamtliches Engagement gedankt haben. Der Entscheidung im Plenum lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zugrunde. Durch die Novelle sollen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom Januar 2023 entstandene Rechtsunsicherheiten beseitigt werden. Betriebsratsmitglieder dürfen laut Betriebsverfassungsgesetzes wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Das gilt auch für ihre berufliche Entwicklung und das Arbeitsentgelt. Das Benachteiligungsverbot wird ergänzt durch einen Mindestvergütungsanspruch. So darf das Arbeitsentgelt nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung. Quelle: Bundestag
Mehr zum Gesetzentwurf und eine Stellungnahme des DGB bei ver.di: https://newsletter.verdi.de/go/unx7snf4db351r6r6a3u7b6q3f2exw4ufgjs4go843q5