Rund 150 Teilnehmer*innen aus acht Ländern sind am 8. und 9. Oktober in Berlin zur dritten Internationalen Handelskonferenz zusammengekommen. In Workshops, Podien und Diskussionen ging es um globale Lieferketten vor allem in den Sektoren Textilien, Orangensaft, Wein, um weltweit agierende Konzerne wie Amazon, H&M und viele andere. Eingeladen hatten der ver.di-Fachbereich Handel, die Friedrich-Ebert-Stiftung und das Netzwerk tie.
„Überall kämpfen Beschäftigte gegen prekäre Arbeitsverhältnisse, gegen Niedriglöhne, mangelnden Arbeitsschutz sowie mancherorts unmenschliche und sklavenähnliche Arbeitsbedingungen“, heißt es in der Abschlusserklärung, die am Ende der Konferenz einstimmig angenommen wurde. „Wir als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter stehen zusammen und kämpfen gemeinsam gegen Ausbeutung entlang der globalen Lieferketten und für die weltweite Verbesserung unserer Arbeitsbedingungen.“ Die internationale Vernetzung und seit Jahren bestehende konkrete Zusammenarbeit sei dabei die Stärke der Kolleg*innen.
Doch klar wurde in vielen Redebeiträgen wie auch in der Resolution, dass sich derzeit die Arbeitsbedingungen weltweit ein weiteres Mal rasant verändern, nämlich durch die Digitalisierung. Profitmaximierung, Verdichtung von Arbeitsbelastung und Arbeitsplatzabbau stünden für die Unternehmen beim Einsatz neuer technischer Möglichkeiten im Mittelpunkt, wie Shakti Hiranyagarbha vom Ex-Chains-Netzwerk aus Indien in seinem Beitrag unterstrich. Technik werde immer stärker zur Kontrolle von Beschäftigten genutzt. Alle Daten würden abgeschöpft und weitergegeben, während Gewerkschaften keinen Zugriff darauf hätten.
In der Abschlusserklärung hieß es dazu, es müsse eine Umkehr geben, technische Entwicklungen seien „in den Dienst von Menschen und Umwelt“ zu stellen. Digitalisierung solle den arbeitenden Menschen zugutekommen. Dass Beschäftigte und Betriebsräte, unterstützt von ihrer Gewerkschaft Einfluss auf den Technikeinsatz nehmen können, illustrierte der Vortrag von Phuc Chu Thi Hong aus dem H&M-Gesamtbetriebsrat in Deutschland. Der hier geltende Tarifvertrag Digitalisierung sorgt für klarere Regeln beim Technikeinsatz.
Wichtiges Thema war auch das 2023 in der Bundesrepublik in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das Mindeststandards für angemessenes Entgelt, Arbeitsschutz und anderes mehr festlegt. Allerdings habe dieses Gesetz nur eine begrenzte Reichweite, zumal mit der nun auf EU-Ebene verabschiedeten Lieferketten-Richtlinie bereits wieder eine Abschwächung eingetreten sei, wie der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke in seinem Grußwort kritisierte. Schuld daran trage die Bundesregierung, die sich auf Druck von FDP und Wirtschaftsverbänden bei der Abstimmung über die Richtlinie enthalten hätte. „Ein Skandal“, so Werneke. „Der Achtung der Menschenwürde stellte allen voran die FDP entgegen, den Unternehmen nicht ,zu viel Bürokratie‘ zumuten zu können.“
Allen Widrigkeiten zum Trotz habe die Konferenz belegt, dass gewerkschaftliche Solidarität gelebt werde, so Silke Zimmer, ver.di-Bundesvorstandsmitglied für den Handel. Es gehe weiterhin darum, gemeinsam Probleme zu lösen und sich dem grenzenlosen Profitmaximierungsstreben der globalen Konzerne zu widersetzen.
Text: Gudrun Giese
Ein EU-Lieferkettengesetz kommt, in Deutschland ist das sogenannte „Lieferkettensorgfaltsgesetz“ bereits seit dem 1. Januar 2023 in Kraft. Doch das soll nun außer Kraft gesetzt werden.
Mehr erfahren: Das Lieferkettengesetz von A bis Z