Italienische Amazon-Beschäftigte schreiben Geschichte
Berlin, 24. Mai 2018 – Amazon-Beschäftigte in Italien haben Geschichte geschrieben: Weltweit hat Amazon erstmals eine Vereinbarung mit einer Gewerkschaft unterzeichnet. Die Vereinbarung befasst sich mit den teils unmenschlichen Arbeitsbedingungen bei dem Online-Händler, die ein Kernproblem in den Amazon-Versandhandelszentren auf der ganzen Welt sind. Die Vereinbarung, eine Ergänzung des landesweiten Branchentarifvertrags im italienischen Handel, sorgt für eine faire Arbeitsplanung durch Reduzierung von Nachtschichten und die gerechte Verteilung der Wochenendarbeit. Amazon ist berüchtigt für Überstunden, Bestrafung, wenn Quoten nicht erzielt werden, und nur kurzen Pausen während der Schichten. In einigen Standorten sagen Beschäftigte, sie hätten keine Zeit, die Toilette zu benutzen
Mathias Bolton, Leiter von UNI Handel„Das Abkommen wird das erste von vielen sein.“
Die italienische Gewerkschaft Filcams Cgil Nazionale, die die Beschäftigen im Handel, Tourismus und Dienstleistungssektor vertritt, spielte eine führende Rolle in den Verhandlungen. „Wir sind mit diesem Ergebnis, das derzeit in Europa einzigartig ist, zufrieden“, sagte Massimo Mensi, Leiter der Amazon-Kampagne von Filcams Cgil Nazionale. „Wir hoffen, dass dies den Weg für viele weitere Verhandlungen in allen Ländern ebnet, in denen Amazon operiert.“
Die Vereinbarung sehe vor, dass die Nachtarbeit zunächst nur freiwillig geleistet wird und unter anderem eine 25-prozentige Erhöhung der Vergütung im Arbeitsvertrag beinhaltet, so Mensi. Den Beschäftigten würden vier aufeinanderfolgende freie Wochenenden alle acht Wochen garantiert und Schichten wechselten sich nun zwischen Samstagen und Sonntagen ab.
Weg für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz geebnet
Der Vereinbarung sind monatelange Proteste und die Organisierung der Beschäftigten vorausgegangen. Mit Unterstützung von UNI Global Union, der weltweiten Dachorganisation der Gewerkschaften im Dienstleistungssektor, koordinierten italienische und deutsche Arbeiter die Streikaktivitäten im November 2017. „Dieser Deal ist wichtig angesichts der Streiks und Proteste vom letzten November, als viele Beschäftigte am Black Friday weniger Arbeitsbelastung und weniger Auswirkungen auf ihr Familienleben forderten. Die Vereinbarung kann jetzt den Weg für neue Verhandlungen in Fragen von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ebnen“, sagte Maria Grazia Gabrielli, Generalsekretärin von Filcams Cgil Nazionale.
Das Abkommen, das von einer großen Mehrheit der Stimmberechtigten angenommen wurde, läuft ab dem 17. Juni für ein Jahr. Die Gewerkschaft wird die Ergebnisse genau überwachen. „Es ist jetzt klar, dass Amazon mit Arbeitnehmern verhandeln muss, die sich in Gewerkschaften zusammengeschlossen haben und Amazons Arbeitspraktiken in ganz Europa und den USA unter Druck setzen. Das Abkommen wird das erste von vielen sein, das das Modell ausbeuterischer Arbeitsbeziehungen reformieren wird“, sagte Mathias Bolton, Leiter von UNI Handel.
UNI Global Union arbeitet daran, Allianzen zwischen nationalen Gewerkschaften aufzubauen, die Amazon-Beschäftigte vertreten. Derzeit besteht die Amazon Worker Alliance aus Gewerkschaften aus den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Polen und der Tschechischen Republik.