Mittwoch, 7. Oktober 2020 – Der 7. Oktober markiert jedes Jahr den Tag der menschwürdigen Arbeit. Der Aktionstag wurde vom Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB) im Jahr 2006 als internationaler Tag für Gute Arbeit ins Leben gerufen. Vor 12 Jahren wurde er zum ersten Mal begangen. Weltweit treten an diesem Tag Gewerkschaften für die Herstellung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen ein, insbesondere für ein Verbot von Kinderarbeit, zudem für Maßnahmen, die der Benachteiligung von Frauen am Arbeitsplatz entgegenwirken, für den Schutz der Umwelt, hinreichenden Arbeitsschutz der Beschäftigten und für ihre angemessene soziale Sicherung.
Mitte September veröffentlichte die Initiative Lieferkettengesetz, ein Zusammenschluss von Gewerkschaften, kirchlichen Akteuren und Organisationen aus den Bereichen Menschenrechte und Entwicklungszusammenarbeit, Umwelt und Klima, Gemeinwohl und Fairer Handel, insgesamt rund hundert Organisationen, darunter ver.di, die Ergebnisse einer von infratest dimap durchgeführten repräsentativen Umfrage. Gefragt worden war nach den Möglichkeiten eines Lieferkettengesetzes und ob Deutschland überhaupt eines solchen Gesetzes bedarf, das wie der Tag der menschenwürdigen Arbeit die Wahrung der Menschenrechte, Arbeitsschutz, soziale und Umwelt-Standards fordert. Die Antworten waren in fast allen Punkten eindeutig.
91 Prozent der Befragten gaben an, dass es Aufgabe der Politik sei, dafür zu sorgen, dass deutsche Unternehmen auch bei ihren Auslandsgeschäften Menschenrechte und Sozialstandards achten.
75 Prozent der Befragten sprachen sich für ein Gesetz aus, mit dem deutsche Unternehmen künftig dafür sorgen müssten, dass ihre Produkte nicht unter Verletzung von Menschenrechten im Ausland hergestellt werden. 91 Prozent der Befragten gaben an, dass es Aufgabe der Politik sei, dafür zu sorgen, dass deutsche Unternehmen auch bei ihren Auslandsgeschäften Menschenrechte und Sozialstandards achten. Dieser Anteil lag unter Anhänger*innen von CDU und CSU sogar leicht höher (92 Prozent). 76 Prozent der Befragten gaben zudem an, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen mit einem Lieferkettengesetz die Möglichkeit erhalten sollten, vor deutschen Gerichten Entschädigungen einzufordern. Eine hohe Zustimmung (83 Prozent) fand in der Umfrage auch der Punkt, Umweltaspekte in ein Lieferkettengesetz mit aufzunehmen.
Allein der Blick in die Textilindustrie zeigt, wie wichtig ein solch ausgestaltetes Gesetz noch immer ist. Die meisten Arbeitsplätze in Textilfabriken bergen ein großes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten. Lange Arbeitszeiten und ständig wiederholte Bewegungen lösen Krankheiten aus. Sauberes Trinkwasser ist die Ausnahme, oft wird den Beschäftigten verboten, die Toiletten aufzusuchen – sofern überhaupt welche vorhanden sind.
Die Kampagne für Saubere Kleidung, auch Teil der Initiative Lieferkettengesetz, führt auf ihren Internetseiten die wichtigsten Faktoren auf, die vor allem Textilarbeiterinnen belasten. Einseitige Bewegungen, zu lange Arbeitszeiten und der hohe Arbeitsdruck, eine bestimmte Stückzahl erreichen zu müssen, schädigen bei Näherinnen die Augen, führen zu anhaltender Müdigkeit und anderen Krankheiten, die dann aber oftmals unbehandelt bleiben. Und die Beschäftigten werden nicht nur krank. Sie riskieren auch ihr Leben, wenn sie ohne Schutzkleidung mit gesundheitsschädlichen Chemikalien arbeiten. So kann die Bearbeitung von Jeans mit Sandstrahlen, um ihnen Verschleißmerkmale zu geben, die akute und lebensbedrohliche Lungenkrankheit Silikose auslösen.
Allein in Bangladesch sind seit 1990 weit über 1.000 Beschäftigte in Textilfabriken gestorben, unabhängig von der Rana-Plaza-Katstrophe 2013, bei der allein 1.135 Menschen ums Leben kamen. Die meisten anderen wurden totgetrampelt, als sie versuchten bei einem Unglück aus einer Fabrik mit nicht ausreichenden oder gar keinen Notausgängen zu fliehen. Einige Fabrikbesitzer schließen gar vorhandene Ausgänge ab, um sicherzustellen, dass keine Arbeiterin vor Produktionsende geht. In vielen Fällen versperren gelagertes Material und Chemikalien Notausgänge und Treppenhäuser. In einigen Ländern sind Textilfabriken in Gebäuden untergebracht, die nicht für industrielle Nutzung gedacht sind oder die schlecht gebaut sind und daher ein hohes Risiko bergen einzustürzen. Das war auch beim Rana-Plaza-Gebäude der Fall. „Kommt es zu so einer Tragödie gehen die Arbeiter*innen und/oder ihre Hinterbliebenen oft leer aus oder werden nicht angemessen entschädigt“, so die Kampagne für Saubere Kleidung.