Appell

Corona: Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen besonders schützen

Schutz in Zeiten von Corona
22.12.2020

Berlin, 22. Dezember 2020 – Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung sowie die in diesen Bereichen Beschäftigten müssen besser vor Corona-Infektionen geschützt werden. Das fordern ver.di, die Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. und die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V. in einem gemeinsamen Appell an die Gesundheitsminister des Bundes und der Länder. Zugleich müssten die nötigen Maßnahmen soweit wie möglich mit den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Menschen und ihrem Bedürfnis nach sozialen Kontakten in Einklang gebracht werden.

 

„In vielen Pflegeeinrichtungen ist die Lage dramatisch. Es müssen endlich alle Register gezogen werden, um hochbetagte, pflegebedürftige Menschen zu schützen.“

Sylvia Bühler, im ver.di-Bundesvorstand zuständig für das Gesundheits- und Sozialwesen

„Die vergangenen Monate haben gezeigt: Pflegebedürftige Menschen sind am stärksten durch die Corona-Pandemie bedroht. In vielen Pflegeeinrichtungen ist die Lage dramatisch. Es müssen endlich alle Register gezogen werden, um hochbetagte, pflegebedürftige Menschen zu schützen“, sagt Sylvia Bühler, die im ver.di-Bundesvorstand für das Gesundheits- und Sozialwesen zuständig ist. Auch für Pflegebedürftige, die zuhause durch ambulante Pflegedienste versorgt werden, müssten konkrete Schutz-Konzepte entwickelt werden. Bühler begrüßt, dass sich dies in der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegten Impfstrategie widerspiegle.

Doch weitere Maßnahmen seien dringend notwendig. Kostenlose FFP-2-Masken, Schnelltests und Hygienemaßnahmen könnten dazu beitragen, eine erneute Isolation von Bewohnerinnen und Bewohnern in Pflegeeinrichtungen zu verhindern. „Angesichts der ohnehin dünnen Personaldecke ist der Einsatz von zusätzlichen Pflege- und Hygienefachkräften dafür eine zwingende Voraussetzung“, so Bühler. Dieses Personal müsse vollständig refinanziert werden. Bessere Personalschlüssel seien auch nötig, damit potenziell infiziertes Personal in Quarantäne gehen kann, ohne dass die Versorgung zusammenbricht. Kontaktpersonen ersten Grades weiter einzusetzen, gefährde hingegen Beschäftigte und Bewohner gleichermaßen, das sei schlichtweg unverantwortlich.

 
Präventive Maßnahmen wie Abstand halten ist bei pflegebedürftigen Menschen oft schwieriger umzusetzen, da sie häufig auf körpernahe Unterstützung durch wechselnde Personen angewiesen sind


Schutz ebenso wichtig wie Teilhabe

Auch Menschen mit Behinderung sind häufig besonderen Risiken ausgesetzt, da sie teils wegen bestehender Vorerkrankungen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für schwere Krankheitsverläufe haben. Zudem können sie präventive Maßnahmen wie Abstand halten oft schwieriger umsetzen, da sie häufig auch auf körpernahe Unterstützung durch wechselnde Personen angewiesen sind. Angesichts der einschneidenden Maßnahmen zur Corona-Prävention fordert Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, MdB und Bundesministerin a.D., dass Menschen mit Behinderung an Corona-Entscheidungen beteiligt werden müssen: „Für Menschen mit Behinderung ist ihr Schutz vor Infektionen ebenso wichtig wie ihre Teilhabe und bedarfsgerechte Unterstützung. Daher muss ihre Perspektive gehört werden“, sagt Schmidt.

„Viele unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind erschöpft. Personalengpässe und unzureichende Schutzschirme gefährden den Schutz insbesondere von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen“, sagt Johannes Magin, 1. Vorsitzender des Bundesverbandes Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie und Abteilungsleiter bei der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg. Für ihn ist unerklärlich, dass nunmehr Menschen mit Schwerst- und Mehrfachbehinderung (z.B. mit Pflegegrad 4) in Einrichtungen der Behindertenhilfe durch die Impfverordnung nicht in die höchste Priorität eingestuft würden, obwohl sie vergleichbar gefährdet seien.