Berlin, 01.11.2021 – Bundesweit sind die Tarifverhandlungen im Einzel- und Versandhandel abgeschlossen. Nur der Versandhändler Amazon will weiterhin keinen Tarifvertrag abschließen. „Es kann nicht angehen, dass sich ein milliardenschwerer multinationaler Konzern dumm und dusselig verdient und sich dennoch weigert, den Beschäftigten die Lohnsteigerungen zukommen zu lassen, die andere Unternehmen der Branche den Kolleginnen und Kollegen zahlen“, so Orhan Akman, ver.di-Bundesfachgruppenleiter für den Einzel- und Versandhandel. ver.di hat die Amazon-Beschäftigten deshalb für den 1. November 2021 an den Standorten in Leipzig und an zwei Standorten in Bad Hersfeld zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Mit der ersten Arbeitsschicht in der Nacht zum 2. November treten dann auch Beschäftigte an den Amazon-Standorten in Werne, Rheinberg, Koblenz und Graben in den Ausstand.
Nachdem am Freitag, den 8. Oktober 2021, im größten Bundesland – in Nordrhein-Westfalen – der entscheidende Durchbruch im Tarifkonflikt im Einzelhandel erreicht werden konnte, haben unterdessen alle anderen Bundesländer nachgezogen. Zwei Nächte lang war bereits Ende September im hessischen Handel verhandelt worden. Dann stand am 29. September nach fast sechsmonatigen Tarifverhandlungen dort der erste Tarifabschluss überhaupt in der Handelstarifrunde auf Papier.
Nicht nur ein Verhandlungsmarathon, sondern auch eine mehrmonatige durch zahlreiche Streiks und öffentliche Aktionen geprägte Tarifrunde gehe damit zuende, hatte Bernhard Schiederig, Landesfachbereichsleiter Handel in ver.di Hessen und Verhandlungsführer für den hessischen Einzel- und Versandhandel, nach den durchverhandelten Nächten gesagt. „Neben der materiellen Erhöhung der Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen ist es uns gelungen, die von den Arbeitgebern lange Zeit favorisierte Differenzierung der Branche und damit von ihnen abgeleitete Ungleichbehandlung der Beschäftigten verschiedener Bereiche des Einzel- und Versandhandels zu verhindern. Unsere Forderung ‚Gleiche Erhöhung für alle im Handel‘ war nicht nur populär unter den Beschäftigten, sondern fand auch eine positive Resonanz in der Öffentlichkeit“, so Schiederig. „Erneut konnten wir eine überproportionale Erhöhung für die unteren Entgeltgruppen erreichen. Das ist ein großer Erfolg“, kommentierte Silke Zimmer, die ver.di-Verhandlungsführerin in NRW, den Abschluss in ihrem Bundesland.
Die Entgelte werden rückwirkend zum 1. August bzw. zum 1. September in NRW dieses Jahres um 3 Prozent und zum 1. April 2022 (1. Mai 2022 in NRW) um weitere 1,7 Prozent angehoben. Die Ausbildungsvergütungen steigen in beiden Tarifjahren in allen drei Ausbildungsjahren um jeweils 30 Euro. Dies entspricht einer durchschnittlichen Steigerung je Tarifjahr um 2,5 bis 3 Prozent.
In der Tarifrunde im Einzel- und Versandhandel haben mehrere zehntausend Kolleg*innen für einen Tarifabschluss gekämpft. Mit dem Abschluss in Hessen wurde der erste Durchbruch erzielt. In Sachsen, Sachsen Anhalt und Thüringen konnte am 4. Oktober in der 5. Verhandlungsrunde ein identischer Abschluss für die 280.000 Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel dort erzielt werden ebenso wie für die Beschäftigten im bayerischen Groß- und Außenhandel nach 100 Streikaktionen. Dort steigen die Ausbildungsvergütungen allerdings jeweils nur um 20 Euro. Am 18. Oktober wurden in Niedersachsen/Bremen und in Hamburg die nächsten Abschlüsse erreicht. Dort steigen die Löhne rückwirkend zum 1. September um 3 Prozent, zum 1. Mai 2022 steigen die Löhne um weitere 1,7 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen steigen zum 1. September 2021 und 2022 jeweils um 30 Euro.
Einen Tag später wurde in Berlin und Brandenburg die Tarifrunde mit einem Abschluss beendet. Die Löhne und Gehälter für die Beschäftigten steigen zum 1. November 2021 um 3 Prozent. Für die Auszubildenden steigen die Vergütungen jeweils zum 1. September in diesem und im darauffolgenden Jahr um 30 Euro. Ab dem 1. Juli 2022 erhalten alle Beschäftigten des Einzelhandels weitere 1,7 Prozent. Und inzwischen konnten in Baden-Württemberg, dem Saarland, in Schleswig-Holstein, in Rheinland-Pfalz und zu guter Letzt in Mecklenburg-Vorpommern am 27. Oktober nahezu identische Abschlüsse erzielt werden. Im Groß- und Außenhandel wurden ebenfalls erste Abschlüsse erzielt, Details zu den Abschlüssen finden sich weiter unten für jedes einzelne Bundesland.
Die neuen Gehalts- und Lohntarifverträge haben eine Laufzeit von 24 Monaten.
Im baden-württembergischen Einzel und Versandhandel wurde für eine Laufzeit von 24 Monaten (1.4.2021 bis 31.03.2023) folgendes vereinbart: • Ab 1. August 2021 werden Gehälter und Löhne um 3 % erhöht • Ab 1. April 2022 gibt es eine weitere Erhöhung um 1,7 % • Die Ausbildungsvergütungen werden jeweils zum beginnenden Ausbildungsjahr angehoben: 30 € zum 1.8.2021 und weitere 30 € zum 1.8.2022. Die Vereinbarung ist ohne Erklärungsfrist abgeschlossen, wird somit sofort wirksam. Im baden-württembergischen Groß- und Außenhandel wurde bereits abgeschlossen. Dort steigen die Löhne zum 1. Oktober um 3,0 Prozent, im März 2022 gibt es noch einmal 1,7 Prozent mehr. Außerdem konnte eine Einmalzahlung in Höhe von 84 Euro im kommenden Januar durchgesetzt werden. Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt 25 Monate.
Nach über 100 Streikaktionen im bayerischen Groß- und Außenhandel konnten sich die Tarifvertragsparteien in den späten Abendstunden auf einen Tarifabschluss einigen. Die Beschäftigten im Groß- und Außenhandel erhalten rückwirkend zum 1. Oktober 2021 eine Entgelterhöhung von 3%. Zum 1.4.2022 werden die Entgelte um weitere 1,7 % steigen. Die Vergütung der Auszubildenden wird in 2021 um 30 € und in 2022 um 20 € angehoben. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten. Im Einzel- und Versandhandel wird am 22.10.2021 wieder verhandelt.
Die Löhne und Gehälter für die Beschäftigten, die bis zur Gehaltsgruppe Verkäuferin/Verkäufer im letzten Berufsjahr (2.663 Euro in Vollzeit) eingruppiert sind, steigen zum 1. November 2021 um 3 Prozent. Beschäftigte in höheren Entgeltgruppen erhalten einen Festbetrag in Höhe von 80 Euro. Die geringeren Einkommen erhöhen sich also überproportional. Das Gleiche gilt für die Auszubildenden: Deren Vergütungen steigen jeweils zum 1. September in diesem und im darauffolgenden Jahr um 30 Euro. Ab dem 1. Juli 2022 erhalten alle Beschäftigten des Einzelhandels weitere 1,7 Prozent.
In Hamburg steigen die Löhne rückwirkend zum 1. September um 3,0 Prozent, eine weitere Lohnsteigerung gibt es am 1. Mai 2022 um 1,7 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen steigen zum 1. September 2021 und 2022 jeweils um 30 Euro. Die Tarifverträge laufen bis zum 30. April 2023.
Am 29. September 2021 wurde im hessischen Einzel- und Versandhandel der erste Abschluss in den Tarifrunden des Handels erzielt. Die Entgelte werden rückwirkend zum 1. August dieses Jahres um 3 Prozent und zum 1. April 2022 um weitere 1,7 Prozent angehoben. Die Ausbildungsvergütungen steigen in beiden Tarifjahren in allen drei Ausbildungsjahren um jeweils 30 Euro. Dies entspricht einer durchschnittlichen Steigerung je Tarifjahr um 2,5 bis 3 Prozent.
Die Löhne und Gehälter für die Beschäftigten, die bis zur Gehaltsgruppe der Verkäufer*in im letzten Berufsjahr (2,622,58 Euro in Vollzeit) eingruppiert sind, steigen zum 1. November 2021 um 3 Prozent. Für alle Beschäftigten in höheren Entgeltgruppen gibt es einen Festbetrag in Höhe von 78,68 Euro. Ab dem 1. Juli 2022 erhalten alle Beschäftigten des Einzelhandels weitere 1,7 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen steigen jeweils zum 1. September in diesem und im darauffolgenden Jahr um 30 Euro. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten.
In Niedersachsen/Bremen steigen die Löhne im Einzel- und Versandhandel rückwirkend zum 1. September um 3,0 Prozent, eine weitere Lohnsteigerung gibt es am 1. Mai 2022 um 1,7 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen steigen zum 1. September 2021 und 2022 jeweils um 30 Euro. Die Tarifverträge laufen bis zum 30. April 2023. Die Beschäftigten im Groß- und Außenhandel erhalten rückwirkend zum 1. Oktober 2021 eine Entgelterhöhung von 3%. Zum 1.4.2022 werden die Entgelte um weitere 1,7 % steigen. Die Vergütung der Auszubildenden wird in 2021 um 30 € und in 2022 um 20 € angehoben. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten.
Die Löhne und Gehälter für die Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel, die bis zur Gehaltsgruppe Verkäuferin im letzten Berufsjahr (2.704 Euro in Vollzeit) eingruppiert sind, steigen rückwirkend zum 1. September 2021 um 3 Prozent. Für alle Beschäftigten in höheren Entgeltgruppen gibt es einen Festbetrag in Höhe von 81,12 Euro. Ab dem 1. Mai 2022 erhalten alle Beschäftigten des Einzelhandels weitere 1,7 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen steigen jeweils zum 1. September in diesem und im darauffolgenden Jahr um 30 Euro. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten. Die Löhne und Gehälter im Groß- und Außenhandel steigen rückwirkend zum 1. Oktober 2021 um 3 Prozent und ab dem 1. April 2022 um weitere 1,7 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen steigen zum 1. September 2021 um 30 Euro und am 1. September 2022 um 20 Euro. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten.
Das Verhandlungsergebnis im Einzel- und Versandhandel sieht im Einzelnen folgende Erhöhungen der Einkommen vor: 3,0 % mehr (höchstens 81,12 €) ab dem 1. September 2021 (nach 4 Nullmonaten) Weitere 1,7 % mehr ab dem 1. Mai 2022 Die Auszubildendenvergütungen werden zum 1. August 2021 und zum 1. August 2022 jeweils um 30 € je Ausbildungsjahr erhöht Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt 24 Monate, er läuft somit bis zum 30. April 2023. Im Groß- und Außenhandel sieht der Abschluss wie folgt aus: Ab 1.10.2021 3% Ab 1.4.2022 1,7 % Auszubildende: 1.9.2021 pro Ausbildungsjahr 30,-€ 1.9.2022 pro Ausbildungsjahr 20,- € bzw. Ab 1.11.2021 3% Ab 1.5.2022 1,7 % Auszubildende: 1.9.2021 pro Ausbildungsjahr 30,-€ 1.9.2022 pro Ausbildungsjahr 20,- € je nach Region.
Das Verhandlungsergebnis sieht folgende Erhöhungen der Einkommen vor: • 3,0 % mehr (höchstens 81,12 €) ab dem 01. August 2021 (nach 4 Nullmonaten) • Weitere 1,7 % mehr ab dem 1. April 2022 • Die Auszubildendenvergütungen werden zum 1. August 2021 und zum 01. April 2022 jeweils um 30 € je Ausbildungsjahr erhöht • Die Laufzeit der Tarifverträge dauert 24 Monate, somit bis zum 31. März 2022 Keine Einigung gab es in der Frage der geforderten Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge für den saarländischen Einzel- und Versandhandel. Ver.di wird diese Forderung auf der politischen Ebene weiterverfolgen.
In der 5. Verhandlungsrunde einigten sich ver.di und der Einzelhandelsverband in Mitteldeutschland für die 280.000 Beschäftigten auf einen Tarifabschluss. Die Löhne und Gehälter werden bis zum Verkäuferinnenendgehalt um 3 % zum 1. Oktober 2021 erhöht. Alle Gruppen darüber werden um 79,98 Euro erhöht. Zum 1. Juni 2022 gibt es für alle Gruppen eine weitere Erhöhung von 1,7 %. Die Ausbildungsvergütungen werden jeweils zum 1. September um 30 Euro erhöht.
Die Löhne und Gehälter für die Beschäftigten, die bis zur Gehaltsgruppe der Verkäufer*in im letzten Berufsjahr (2.702,45 Euro in Vollzeit) eingruppiert sind, steigen rückwirkend zum 1.September 2021 um 3 Prozent. Für alle Beschäftigten in höheren Entgeltgruppen gibt es einen Festbetrag in Höhe von 81,07 Euro. Ab dem 1. Mai 2022 erhalten alle Beschäftigten des Einzelhandels weitere 1,7 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen steigen jeweils zum 1. September in diesem und im darauffolgenden Jahr um 30 Euro. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten. Besonders wichtig ist aus Sicht von ver.di außerdem der Wegfall der von der Arbeitgeberseite gewünschten Branchendifferenzierung im Tarifvertrag.
In einer gemeinsamen Initiative soll in jedem Bundesland die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge im Einzelhandel wieder erreicht werden. Dann würden regional im Einzelhandel die gleichen Löhne gezahlt werden.
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Jetzt einloggen Zum MitgliedernetzDas zurückliegende Jahr 2020 war im Handel nicht nur online ein Rekordjahr: Trotz der Lockdowns seit nunmehr über einem Jahr hat der Einzel- und Versandhandel den Gesamtumsatz intensiv gesteigert. Es war das elfte Wachstumsjahr in Folge und die Erlöse lagen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes real um knapp vier Prozent höher als 2019; im Großhandel waren es immerhin noch 1,8 Prozent. Darin steckt Rekordarbeit – und sie wird in großen und kleinen Geschäften, in Versandzentren, Lägern, auf LKWs sowie in Büros geleistet.
Es gab in den anstehenden Tarifrunden im Einzel- und Großhandel also etwas zu verteilen, wenngleich Corona sich in der gesamten Branche sehr unterschiedlich ausgewirkt hat. Während außer dem Versand- und Onlinegeschäft zum Beispiel auch der Handel mit Lebensmitteln und Baustoffen oder Pharmaprodukten enorm nach oben schnellte, gab es empfindliche Einbußen beim Mode- und Innenstadthandel sowie beim Verkauf von Maschinen und Ausrüstungen.
Bei tarifgebundenen Unternehmen, die wegen der Pandemie in die Krise geraten sind, ist ver.di im Handel deshalb weiter offen für tarifpolitische Lösungen, um damit die Arbeitsplätze der Kolleginnen und Kollegen abzusichern. Am 28. April war der Auftakt zur ersten Verhandlungsrunde im Handel in Baden-Württemberg. Im Verlauf des Monats Mai starteten in fast allen anderen Bundesländern ebenfalls die Tarifrunden, lediglich in Mecklenburg-Vorpommern ging es erst am 24. Juni los. Dort wurde auch erst zuletzt abgeshlossen.
Als Slogans hatten die Tarifkommissionen „Ohne uns kein Geschäft!“ beziehungsweise „Ohne uns kein Handel!“ gewählt, weil sehr viele Beschäftigte trotz extrem gestiegener Belastungen „den Laden am Laufen“ halten. Andere müssen durch Kurzarbeit empfindliche Gehaltseinbußen hinnehmen. Das braucht dringend einen Ausgleich, verlangt Respekt und Anerkennung.
Hauptanliegen von ver.di im Einzel- und Versandhandel war es, die Löhne und Gehälter um 4,5 Prozent und um 45 Euro zu erhöhen. Mit Blick auf eine Mindestabsicherung im Alter wird als nächster Schritt auch ein tariflicher Mindestlohn von 12,50 Euro pro Stunde gefordert. Die Auszubildenden sollten in der Regel 100 Euro mehr im Monat bekommen.
Für den Groß und Außenhandel war die Spannbreite der Forderungen relativ groß. Sie bewegten sich zwischen 4,5 Prozent plus Festbetrag und 6 Prozent, wobei alternativ Festbeträge bis zu 199 Euro verlangt wurden. In Sachsen sollten die Arbeitgeber 1 Euro mehr pro Stunde zahlen.
Maurike Maaßen ist eine erfahrene Gewerkschafterin aus der Praxis, Betriebsrätin bei Netto in Essen, Mitglied der Tarifkommission und auf vielen Ebenen bei ver.di ehrenamtlich aktiv. Sie empfand das Verhalten der Arbeitgeber als „Dreistigkeit ohne Ende“. Denn, auch wenn es schon oft gesagt worden sei, stimme die Aussage: „Wir haben es verdient!“ Die Kolleg*innen in den Geschäften hätten in den zurückliegenden Monaten schwer geschuftet, aber mehr als Beifall sollten sie dafür nicht erhalten. Verzweifelt seien auch die Kolleg*innen gewesen, die wegen des Lockdowns nicht in den Läden vor Ort arbeiten konnten, inzwischen allerdings sehr viel für das Online-Geschäft getan hätten. „Es hieß ja so oft, dass wir ,systemrelevant‘ sind. Das muss sich nun in Euro und Cent ausdrücken.“
„Die Angst vor Altersarmut ist sehr groß, weil es bei den Einkommen hinten und vorne nicht reicht“, sagt Jürgen Schulz, der bei Saturn beschäftigt ist. Er gehört der Tarifkommission für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen an, in der kürzlich die Ergebnisse einer Tarifbefragung diskutiert wurden, in die fast 900 Betriebe einbezogen waren. Dass den Beschäftigten im Handel Altersarmut droht, untermauert auch eine aktuelle Studie, laut der jede zweite Verkäuferin in Nordrhein-Westfalen nur einen Niedriglohn bezieht. Dumping prägt bereits weite Teile des deutschen Einzel- und Versandhandels, angefacht durch die anhaltende Tarifflucht. Inzwischen sind rund 80 Prozent der Betriebe im Handel nicht mehr an die Flächentarifverträge gebunden.
Neben einem deutlichen Gehaltsplus forderte ver.di deshalb für den gesamten Handel die sogenannte Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Tarifverträge, kurz: AVE, die dann für alle Betriebe gelten würden. Eine gemeinsame Beantragung von Gewerkschaft und Arbeitgebern bei den Arbeitsministerien, die dafür notwendig wäre, haben die Arbeitgeberverbände bis zum Ende verweigert.