Tarif

Der Tarifvertrag hat Vorrang

24.06.2013
Darum sind Tarifverträge so wichtig

Ein Tarifvertrag ist ein schriftlicher Vertrag zwischen einem Arbeitgeber oder Arbeitgeberverband und einer Gewerkschaft. Einmischen ist nicht erlaubt, das gilt auch für den Staat. Das garantiert die Tarifautonomie, die mit dem Recht auf Koalitionsfreiheit im Grundgesetz verankert ist.

Es gibt verschiedene Formen von Tarifverträgen. In Lohn- und Gehaltstarifverträgen wird die Höhe der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen festgelegt. Rahmentarifverträge beschreiben die Tätigkeiten und Qualifikationen für die verschiedenen Lohn- und Gehaltsgruppen. In Manteltarifverträgen sind die übrigen Arbeitsbedingungen geregelt, etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, die Zahl der Urlaubstage und die tarifliche Jahresleistung („Weihnachtsgeld“), Kündigungsfristen, Probezeit. Daneben gibt es spezielle Tarifverträge zu Altersteilzeit, vermögenswirksamen Leistungen, zur Qualifizierung oder etwa zum Rationalisierungsschutz etc..

Noch mehr Tarifverträge

Branchen-, Flächen-, Anerkennungs- oder Firmenverträge – Tarifdeutsch ist bisweilen verwirrend.
Der Branchen- oder Flächentarifvertrag gilt für einen ganzen Wirtschaftszweig.
Der Firmen- oder Haustarifvertrag wird zwischen der Gewerkschaft und einem einzelnen Unternehmen geschlossen. Das ist oft dann der Fall, wenn es nicht gelingt, einen Flächentarifvertrag abzuschließen. Oder wenn der Arbeitgeber nicht dem Arbeitgeberverband angehört. Wenn im Firmentarifvertrag die Inhalte des Flächentarifvertrages komplett übernommen werden, spricht man vom Anerkennungstarifvertrag.
OT, das ist die Kurzform für „ohne Tarifbindung“ und eine üble Erfindung von Arbeitgeberverbänden. Ein Arbeitgeber bleibt Mitglied in seinem Verband, muss aber den Tarifvertrag nicht mehr anwenden. Das ist eine Form, sich aus der Tarifbindung davonzustehlen. Gewerkschaften nennen das Tarifflucht.

Tariflöhne sind Mindestsätze. Dem Arbeitgeber steht es frei, seine Beschäftigten besser zu bezahlen. Schlechter ist allerdings nicht erlaubt. Auch Betriebsvereinbarungen (zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat) oder Einzelarbeitsverträge dürfen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht schlechter stellen als der Tarifvertrag. Der hat Vorrang.

Nicht in jedem Betrieb und jeder Einrichtung gilt ein Tarifvertrag. Dennoch befinden sich die Beschäftigten dort nicht immer im Niedriglohnsektor. Gilt in der Branche ein Tarifvertrag, so dient er auch einzelnen Arbeitgebern als Richtschnur. Auch dort, wo Löhne so niedrig sind, dass sie als sittenwidrig gelten, gilt der Tarifvertrag als Orientierung. Denn sittenwidrig ist eine Vergütung dann, wenn sie weniger als zwei Drittel des in der Branche oder Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns ausmacht, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im April 2009 festgelegt.

Ein Tarifvertrag hat auch Vorteile für Arbeitgeber. Jedes tarifgebundene Unternehmen einer Branche oder Region bietet die gleichen Arbeitsbedingungen und zahlt den gleichen Lohn. Es gelten demnach die gleichen Wettbewerbsbedingungen. So lange der Tarifvertrag läuft, gilt die Friedenspflicht. In dieser Zeit darf in der Regel nicht gestreikt werden, der Arbeitgeber muss also nicht permanent mit Konflikten im Betrieb rechnen.

 

Beispiele Gegenüberstellung gesetzliche/tarifliche Leistungen

  gesetzlich tariflich
Jahresurlaub

24 Werktage

je nach Branche bis zu 30 Werktage

Weihnachtsgeld keine Regelung

je nach Branche anteiliger Prozentsatz eines Monatsverdienstes

Arbeitszeit  bis zu 60 Wochen-stunden

je nach Branche unterschiedlich,
z. B. 35-Stunden- Woche
Auszubildenden-Übernahme

keine Regelung

nach der Ausbildung je nach Branche unterschiedlich mehrere Monate
Vermögenswirksame Leistungen  keine Regelung je nach Branche unterschiedliche Mindesthöhe

Bezahlte Freistellungen

keine Regelung bei besonderen Anlässen je nach Branche unter-schiedlich

 

Mitglied werden

Streng genommen profitieren nur Gewerkschaftsmitglieder vom Tarifvertrag. Nun weiß jeder, dass auch Nicht-Mitglieder das tarifliche Entgelt erhalten und die tariflichen Arbeitsbedingungen. Das hat nur einen Grund: Würden Arbeitgeber sie schlechter stellen, trieben sie die Nicht-Mitglieder in die Arme der Gewerkschaft. Und das wollen sie natürlich nicht. Allerdings hat so manch ein Nicht-Mitglied vor dem Arbeitsgericht bereits sein blaues Wunder erlebt: Wer nicht Mitglied der Gewerkschaft ist, hat nämlich keinen Rechtsanspruch auf Leistungen aus dem Tarifvertrag.

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