Dein Recht auf Urlaub und Urlaubsgeld

Heute ist alles, was das Recht auf Urlaub betrifft, im Bundesurlaubsgesetz geregelt. Doch das Recht auf Urlaub kommt nicht von ungefähr, Gewerkschaften haben es durchgesetzt. Alles, was über vier Wochen hinausgeht, haben sie in Tarifverträgen durchgesetzt. Was Du noch wissen solltest

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Endlich Urlaub!
09.08.2024

INHALT

Ohne Gewerkschaften kein Urlaub

„Urlaub ist die schönste Zeit des Jahres“ – doch viele Beschäftigte wissen nicht, dass fünf oder sechs Wochen Urlaub pro Jahr keineswegs eine Selbstverständlichkeit sind. Denn alles, was über vier Wochen hinausgeht, haben Gewerkschaften in Tarifverträgen durchgesetzt. Vor allem: Gewerkschaften, allen voran ver.dis Vorgängergewerkschaften, haben über viele Jahrzehnte hinweg den Urlaub überhaupt erst und seither für bessere Arbeitsbedingungen und erweiterte Urlaubsregelungen und Urlaubsgeld gekämpft. Heute ist alles, was das Recht auf Urlaub betrifft, im Bundesurlaubsgesetz geregelt. Der Gesetzgeber hat klare Regeln für den Urlaubsanspruch der erwerbstätigen Bevölkerung aufgestellt – von der Abgeltung von Urlaub über die Dauer bis zum Widerruf des Urlaubs. Was im Gesetz nicht drinsteht, wird wiederum in Tarifverträgen ausgehandelt.

Dieser Artikel gibt Dir einen Überblick über die aktuellen Regelungen zum Urlaubsanspruch und Urlaubsgeld und zeigt, warum die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft für Dich und alle Beschäftigten auch weiterhin von großer Bedeutung ist.

 

Der gesetzliche Urlaubsanspruch

Jede*r Beschäftigte hat Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt:

  • Bei einer 6-Tage-Woche: 24 Tage
  • Bei einer 5-Tage-Woche: 20 Tage
  • Bei einer 4-Tage-Woche: 16 Tage
  • Bei einer 3-Tage-Woche: 12 Tage
  • Bei einer 2-Tage-Woche: 8 Tage
  • Bei einer 1-Tage-Woche: 4 Tage

Jugendliche und Schwerbehinderte

  • Schwerbehinderte (5-Tage-Woche): 5 zusätzliche Tage
  • Jugendliche unter 16 Jahren: 30 Tage
  • Jugendliche unter 17 Jahren: 27 Tage
  • Jugendliche unter 18 Jahren: 25 Tage

Besonderheiten für bestimmte Beschäftigungsgruppen

Minijobber*innen haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen. Bei Tarifgebundenheit des Betriebs können höhere Urlaubsansprüche bestehen. Anspruch auf anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld besteht, wenn dies betriebsüblich oder tarifvertraglich geregelt ist. Feiertagsbezahlung ist ebenfalls möglich.

Leiharbeiter*innen haben Anspruch auf Urlaub gemäß dem Bundesurlaubsgesetz, Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag. Urlaubsgeld ist eine zusätzliche Leistung, die tarifvertraglich oder im Arbeitsvertrag geregelt ist.

 

Video: Das ABC des Urlaubs

FAQs – rund um den Urlaub

Die wichtigsten FAQs zum Urlaub und Urlaubsgeld

Welchen Urlaubsanspruch habe ich?

Auf bezahlten Erholungsurlaub hat jede*r Beschäftigte Anspruch. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt bei einer 6-Tage-Woche 24 Tage, bei einer 5-Tage-Woche 20 Tage, bei 4 Tagen sind es noch 16 Tage, bei 3 Werktagen 12 Urlaubstage, bei 2 Werktagen 8 und bei einem Werktag immer noch 4 Arbeitstage Urlaub im Jahr. Jugendliche und Schwerbehinderte haben mehr Urlaubstage. Schwerbehinderte mit einer 5-Tage-Woche bekommen 5 Tage im Jahr zusätzlich. Jugendliche unter 16 Jahren haben Anspruch auf 30 Tage, die unter 17-Jährigen auf 27 Tage und die unter 18-Jährigen auf 25 Tage. Urlaubsansprüche, die über den gesetzlichen Anspruch hinausgehen, werden in Tarifverträgen vereinbart. Eine Gewerkschaftsmitgliedschaft lohnt sich also auch, wenn es um den Urlaub geht.

 

Habe ich als Minijobber*in Anspruch auf Urlaub und Urlaubsgeld?

In einem Minijob steht ihnen in jedem Fall der gesetzliche Mindesturlaub (24 Werktage) nach dem Bundesurlaubsgesetz zu. Wenn ein Betrieb tarifgebunden ist, bestehen höhere Urlaubsansprüche entsprechend des Tarifvertrags. In einem Minijob haben Sie Anspruch auf ein anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld, sofern die Zahlung betriebsüblich ist bzw. nach Tarifvertrag gezahlt wird. Anspruch auf Feiertagsbezahlung besteht dann, wenn die regelmäßige Arbeitszeit auf Wochentage verteilt ist und diese auf einen Feiertag fällt. Die Arbeitszeit darf nicht auf einen anderen Tag gelegt und muss nicht nachgearbeitet werden.

 

Habe ich als schwerbehinderter Arbeitnehmer Anspruch auf zusätzlichen Urlaub?

Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Jahr. Verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit des schwerbehinderten Menschen auf mehr oder weniger als fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Soweit tarifliche, betriebliche oder sonstige Urlaubsregelungen für schwerbehinderte Menschen einen längeren Zusatzurlaub vorsehen, bleiben sie unberührt. (SGB IX § 125 Abs. 1)

 

Habe ich als Leiharbeiter*in auch Anspruch auf Urlaub?

Ja, natürlich haben auch Leiharbeiter*innen Urlaubsanspruch. Während des Urlaubs hat der Arbeitgeber das Entgelt weiterzuzahlen. Auch für Leiharbeitnehmer*innen gibt es bezahlten Urlaub. Die Anzahl der Urlaubstage pro Kalenderjahr ergibt sich dabei aus dem Bundesurlaubsgesetz, dem für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag oder deinem Einzelarbeitsvertrag. Vom Urlaubsentgelt ist das Urlaubsgeld zu unterscheiden, dies ist eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers. Das Urlaubsgeld wird meistens in einem Tarifvertrag bzw. im Arbeitsvertrag geregelt. Das Leiharbeitsunternehmen kann allerdings nicht von dir verlangen, dass du deinen Urlaub in Zeiten nimmst, in denen du nicht verliehen bist.

 

Kann ich individuelle Urlaubswünsche geltend machen?

Letztendlich liegt es beim Arbeitgeber, ob er dem gewünschten Urlaubstermin zustimmt. In der Regel ist das der Fall. Beschäftigte, die keine schulpflichtigen Kinder haben, werden oft auf die schulferienfreie Zeit verwiesen. Ansonsten können nur dringende betriebliche Belange ein Grund sein, Urlaubswünschen nicht zu entsprechen.

 

Kann ich mich selbst beurlauben?

Auf keinen Fall! Wer einfach der Arbeit fern bleibt und in den Urlaub fährt, riskiert damit eine fristlose Kündigung. Der Urlaub muss grundsätzlich vom Arbeitgeber abgesegnet werden. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten, wendet man sich am besten an den Betriebsrat, notfalls geht man bis vors Arbeitsgericht.

 

Kann mein Arbeitgeber meinen Urlaub widerrufen und/oder mich aus dem Urlaub zurückrufen?

Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber verboten, einmal gewährten Urlaub zu widerrufen oder seine Beschäftigten aus dem Urlaub zurückzurufen. Ausnahmen bestätigen die Regel. In diesem Fall muss der Arbeitgeber sämtliche Kosten tragen, die den Zurückgerufenen entstehen.

 

Kann ich Urlaubstage ins nächste Jahr übertragen?

Im Prinzip muss der Jahresurlaub bis zum Ende eines Kalenderjahres genommen werden. Bei betrieblichen oder zwingenden persönlichen Belangen (z.B. Krankheit) kann der Urlaub bis zum jeweils 31. März des Folgejahres übertragen und genommen werden.

 

Was passiert mit meinem Urlaub, wenn ich ihn in einem Jahr nicht vollständig nehmen kann?

Wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe vorliegen, ist die Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr möglich. Dann muss der Urlaub aber in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden, ansonsten verfällt er. In Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ist dies oft anders ausgestaltet. Wurde der Urlaub übertragen, was beim Vorliegen der zuvor genannten Gründe automatisch passiert, so hat der Arbeitgeber kein Recht mehr, den Resturlaub bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31.03. des Folgejahres zu verweigern.

 

Kann ich mir meinen Urlaub abgelten lassen?

Urlaub dient der Erholung, deshalb darf auch kein Arbeitgeber seinen Angestellten den Urlaub abkaufen. Möglich ist das nur, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann.

 

Habe ich Anspruch auf Urlaubsgeld?

Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsgeld. Dieses wird vertraglich in Tarifverträgen zwischen Arbeitgebern und den Gewerkschaften ausgehandelt und geregelt. Gesetzlichen Anspruch haben Beschäftigte allerdings auf das sogenannte Urlaubsentgelt, die fortlaufende Vergütung während des Urlaubs.

 

Werde ich im Urlaub weiterbezahlt?

Das Arbeitsentgelt wird während des Urlaubs weitergezahlt. In vielen Firmen wird zusätzlich Urlaubsgeld gezahlt, dessen Höhe zwischen einem halben und einem Monatslohn liegt. Siehe auch die vorhergehende Frage und Antwort.

 

Habe ich Anspruch auf unbezahlten Urlaub?

Im Bundesurlaubsgesetz ist der unbezahlte Urlaub nicht geregelt. Kein Arbeitgeber muss einen solchen gewähren, es liegt ganz in seinem Ermessen. Außer in Sonderfällen, wenn etwa ein ausländischer Mitarbeiter zu einem Wehrdienst in seinem Heimatland eingezogen wird. Das aber ist in der Realität tatsächlich eine Ausnahme.

 

Was ist, wenn ich krank im Urlaub werde?

Krankheitstage werden nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Wer im Urlaub krank wird, braucht eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes – auch auf Mallorca und den Malediven. Wer das Attest beim Arbeitgeber einreicht, gilt als krank. Die Urlaubstage werden wieder gutgeschrieben. Der*die Beschäftigte kann die Krankheit am Urlaubsort auskurieren. Den verpassten Urlaub kann man dann aber meist nicht einfach dranhängen – es sei denn, der Arbeitgeber genehmigt dies ausdrücklich.

 

Wie und wann beantrage ich meinen Urlaub?

Es gibt keine allgemeingültige Regel, wann ein Urlaubsantrag gestellt werden muss. Meist ist es erwünscht, dass sich Arbeitnehmer untereinander absprechen, wenn es um Urlaub zu Stoßzeiten wie den Schulferien geht. Gibt es keine Einigung, entscheidet der Arbeitgeber, wer wann gehen darf. Dabei sollte er sich nach sozialen Kriterien richten. Familienväter oder -mütter haben in Schulferienzeiten Vorrang vor Kinderlosen. Mitarbeiter, die ihren Urlaub an eine Kur anhängen wollen, werden bevorzugt behandelt. Grundsätzlich sollte der Urlaub so beantragt werden, dass der Arbeitgeber Zeit hat, sich auf das Fehlen von Beschäftigten einzustellen. Die Beschäftigten hingegen sollten Gelegenheit haben, ihren Urlaub früh genug buchen zu können.

 

Muss mir mein Urlaub genehmigt werden?

Ein Urlaubsantrag muss zwar nicht schriftlich genehmigt werden, besser ist es aber, sich eine Unterschrift geben zu lassen. Gibt es Zeugen für eine mündliche Genehmigung des Urlaubs, reicht das auch. In vielen Betrieben gibt es Urlaubslisten, in die sich die Beschäftigten eintragen. Auch die sind verbindlich, wenn der Widerspruch des Arbeitgebers nach einer im Betrieb üblichen Frist ausbleibt. Ohne einen genehmigten Urlaubsantrag sollte indes niemand seinen Urlaub antreten. „Ich bin dann mal weg“ – das geht in der Arbeitswelt nicht

 

Wie lange darf mein Arbeitgeber mit der Urlaubsgenehmigung zögern?

Wenn ein Arbeitgeber lange mit der Genehmigung des Urlaubs zögert, sollte noch einmal auf die Notwendigkeit einer schnellen Entscheidung hingewiesen werden: Schließlich werden Flüge und Reisen meist teurer, je später man bucht. Schuldhaftes Zögern des Arbeitgebers kennt das Gesetz allerdings nicht und auch keine Pflicht zu einer schnellen Entscheidung. Bucht der Arbeitnehmer seinen Urlaub ohne die Urlaubserlaubnis, tut er dies auf eigenes Risiko.

 

Kann mich mein Arbeitgeber in den Urlaub schicken?

Macht ein Unternehmen Betriebsferien, müssen auch alle Mitarbeiter*innen Urlaub nehmen. Dieser Pflichturlaub kann wegen dringender betrieblicher Erfordernisse festgelegt werden, zum Beispiel aus saisonalen Gründen, aufgrund drohender Produktionsausfälle oder Betriebsurlaubs von Zulieferbetrieben. Eine feste Grenze, welcher Anteil am Jahresurlaub der Beschäftigten verplant werden darf, gibt es nicht.

 

Muss ich im Urlaub für meinen Chef erreichbar sein?

Nein. Beschäftigte sind für den Arbeitgeber während des Urlaubs nicht erreichbar und müssen es auch nicht sein.

 

Ist es erlaubt, im Urlaub zu arbeiten?

Nein. Urlaub soll der Erholung dienen. Die bezahlte Freistellung bezweckt die Auffrischung und Regeneration der Arbeitskraft. Nach dem Mindesturlaubsgesetz dürfen Arbeitnehmer*innen während des Urlaubs keine dem „Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten“. Was dem Urlaubszweck widerspricht, wird vom Einzelfall abhängig sein. Erwerbstätigkeit bedeutet Tätigkeit gegen Entgelt. Arbeit allgemein, im Garten oder ehrenamtlich, ist natürlich erlaubt.

 

Was passiert mit meinem Urlaubanspruch bei einer Kündigung?

Bestehen noch Urlaubsansprüche, sollten die verbleibenden Urlaubstage genommen werden, sofern dies noch möglich ist. Falls nicht, kann man sich den Urlaub auszahlen lassen durch eine sogenannte „Urlaubsabgeltung“.

 

Was ist mit meinem Urlaubsanspruch, wenn ich den Arbeitgeber wechsle?

Wenn jemand aus dem Unternehmen ausscheidet, bekommt er oder sie mit den Arbeitspapieren auch eine Urlaubsbescheinigung des ehemaligen Arbeitgebers, auf der vermerkt wird, wie viel Urlaub bereits genommen wurde. Der neue Arbeitgeber muss dann im laufenden Jahr noch bestehende Urlaubsansprüche bis zum Mindesturlaub (24 Tage) gewähren. Wenn

 

ver.di macht Urlaub

Unser Anspruch auf Urlaub ist nicht selbstverständlich, sondern wurde und wird von den Gewerkschaften erstritten.

Wo kommt der Urlaub her?

Die Geschichte des Urlaubs

Vom freien Sonntag bis zu 6 Wochen Tarifurlaub war ein langer Weg. Ohne die Gewerkschaften würde unser Anspruch auf Urlaub auch heute noch sehr mager ausfallen.

Wer arbeitet, muss sich auch erholen. Sonst versiegen allmählich die Kräfte von Körper, Geist und Seele. Das wussten schon die Steinzeitmenschen. Wenn die erschöpft von den Anstrengungen der Jagd aus der Wildnis zurückkamen, haben sie sich erst einmal gründlich ausgeruht, um sich zu stärken und den Kopf wieder klar zu kriegen für die nächste Safari. In der Antike, zum Beispiel bei den Griechen und den Römern vor 2000 Jahren, ist selbst vielen Sklavenhaltern klar, dass sie ihre Zwangsarbeiter nur dann auf Dauer ausbeuten können, wenn sie ihnen hinreichend freie Tage und Ruhepausen zur Erholung gönnen.

Am Anfang waren es drei freie Tage im Jahr

Doch erst mit Ausbreitung des Christentums in Europa prägt der frühe Grundsatz einer Sechs-Tage-Arbeitswoche zunehmend das Leben der Menschen. Mit der Industrialisierung werden die Menschen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dann wieder gezwungen, immer mehr und immer länger zu arbeiten: 16 Stunden am Tag, 52 Wochen im Jahr. Viele Feiertage werden abgeschafft, allmählich wird auch der Sonntag zum Arbeitstag. Erst 1895 werden 24 Stunden Sonntagsruhe erstmals gesetzlich angeordnet.

Mit der bürgerlichen Revolution in Deutschland 1848 beginnen viele Arbeiter und alsbald auch Angestellte sich in Gewerkschaften zu organisieren. Von einem verbrieften Recht auf arbeitsfreie Tage wagt noch kaum jemand zu träumen. Die erste tarifvertragliche Urlaubsregelung erstreitet im Jahre 1903 in Stuttgart und in Thüringen der Zentralverband deutscher Brauereiarbeiter: drei freie Tage im Jahr!

1912 verlangt der SPD-Abgeordnete Emanuel Wurm im Reichstag, „dass die Arbeiter Ferien bekommen, Urlaub mit voller Zahlung des Lohns“. Ein völlig utopisches Verlangen. Umso stärkeren Aufschwung nimmt die gewerkschaftliche Forderung, nachdem Deutschland den 1. Weltkrieg verliert und die Kräfteverhältnisse zwischen Kapital und Arbeit sich verschieben. 1929 gibt es schon 8.000 Tarifverträge, in denen bezahlter Erholungsurlaub geregelt wird, wenn es oft auch nur wenige Tage sind.

Nach dem 2. Weltkrieg nehmen die meisten westdeutschen Länder den Anspruch auf zwei Wochen Mindesturlaub in ihre Verfassungen auf. 1951 wird in der DDR durch eine Urlaubsverordnung das in der Verfassung festgeschriebene Recht auf Urlaub umgesetzt. In den 60ern und 70ern gelingt es den bundesdeutschen Gewerkschaften in fast allen Branchen, den gesetzlichen Mindesturlaub durch tarifrechtliche Regelungen auszudehnen.

Ein zusätzliches Urlaubsgeld kann erstmals die Gewerkschaft Holz und Kunststoff 1962 durchsetzen. In der Folge gelingt das den Gewerkschaften auch für viele andere Branchen. Im Jahre 2012 erhalten 59 Prozent aller Beschäftigten mit Tarifbindung zusätzliches Urlaubsgeld. 1975 hat nahezu die Hälfte der Beschäftigten Anspruch auf vier Wochen Tarifurlaub. 1977 sind es dann schon 24 Tage.

6 Wochen Tarifurlaub – ein Erfolg der Gewerkschaften

Den entscheidenden Durchbruch in Richtung 6 Wochen Tarifurlaub schaffen im Winter 1978/79 die Beschäftigten der westdeutschen Eisen- und Stahlindustrie. Heutzutage sind sie in fast allen tarifgebundenen Branchen und Betrieben Standard. 6 Wochen Tarifurlaub – das ist ein unverwechselbarer Erfolg konsequenter Tarifpolitik der Gewerkschaften und ein Beweis dafür, dass Wirklichkeit werden kann, was lange als Utopie gilt.

 

Sabbatical – Auszeit vom Job

Eine längere Berufspause kann helfen, die Akkus wieder aufzuladen. Manchmal reichen kleinere Erholungspausen und Urlaub einfach nicht mehr aus, um Stress abzubauen und genügend Kraft für den Arbeitsalltag zu tanken. Ein Sabbatical kann helfen, die Akkus dauerhaft wieder aufzuladen und einem Burnout vorzubeugen.

Abgleitet vom hebräischen „Sabbat“ meint Sabbatical eine freiwillige, temporäre Arbeitsfreistellung – in der Regel drei bis zwölf Monate – die man individuell nutzen kann. Sabbaticals sind im Unterschied zum unbezahlten Sonderurlaub finanziell und sozial abgesichert. Das heißt, Beschäftigte erhalten während der Freistellungsphase weiterhin finanzielle Bezüge und bleiben sozialversichert. Möglich ist es, vorab auf einen Teil des Entgelts zu verzichten und/oder aus vielen Überstunden ein bezahltes Zeitguthaben zu bilden.

Wie kommt man an ein Sabbatical?

Grundsätzlich gibt es in Deutschland keinen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatjahr. Man muss mit seinem Arbeitgeber darüber verhandeln. Ausnahme: Für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst ist eine Regelung im Arbeitsrecht enthalten.

Wie kann man ein Sabbatical finanzieren?

Es hängt davon ab, was mit dem Arbeitgeber vereinbart werden kann. Wer unbezahlten Sonderurlaub fürs Sabbatical nimmt, muss selbst für die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sorgen. Es sei denn, der Sonderurlaub beträgt maximal vier Wochen. Die Rentenversicherung kann auf freiwilliger Basis weitergeführt werden.

In der Regel wird ein teilweiser Entgeltverzicht im Vorfeld vereinbart, etwa drei Jahre Vollzeit arbeiten, bei 75 Prozent Gehalt. Im vierten Jahr geht man mit dem erarbeiteten Zeitguthaben in ein Sabbatical und erhält gleichzeitig das reduzierte Gehalt. Mit diesem Modell ist man sozial abgesichert, denn die Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Pflege- und Krankenversicherung laufen auch während der Auszeit ununterbrochen weiter.

Das Ansammeln von Überstunden und der anschließende Überstundenabbau eignet sich am besten für kürzere Sabbaticals.

Tarifvertrag füllt Urlaubskasse

In Deutschland erhält derzeit knapp jede*r zweite Beschäftigte Urlaubsgeld. Die Wahrscheinlichkeit, ob ein*e Beschäftigte*r Urlaubsgeld erhält oder nicht, ist dabei von mehreren Faktoren abhängig. Vor allem aber davon, ob im Unternehmen ein Tarifvertrag gilt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Online-Befragung des Internet-Portals lohnspiegel.de vom Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Für die Analyse wurden die Angaben von fast 68.000 Beschäftigten aus dem Zeitraum von Anfang Mai 2023 bis Ende Mai 2024 ausgewertet.

Beschäftigte, die in einem tarifgebundenen Unternehmen arbeiten, sind klar im Vorteil: 74 Prozent von ihnen erhalten ein Urlaubsgeld. Bei den Beschäftigten ohne Tarifvertrag sind es hingegen lediglich 36 Prozent. Die Chance auf ein Urlaubsgeld ist damit in tarifgebundenen Unternehmen fast doppelt so hoch. Beschäftigte in Unternehmen ohne Tarifbindung sind hingegen gleich doppelt im Nachteil: Oftmals liegen schon die Grundgehälter unter dem entsprechenden Tarifniveau und zusätzlich fehlt ihnen ein tariflich verbriefter Anspruch auf Urlaubsgeld. Gewerkschaftsmitglied zu sein und Tarife zu erstreiten, lohnt sich also. Und: „Das Urlaubsgeld ist ein echtes Extra für die Beschäftigten – und ein gutes Argument für tarifgebundene Arbeitgeber, die auf der Suche nach Fachkräften sind“, sagt WSI-Experte Dr. Malte Lübker.

 

Urlaubsgeld auf einen Blick

Grafik – Wer einen Zuschuss zur Urlaubskasse erhält
© WSI 2024
Wer einen Zuschuss zur Urlaubskasse erhält

Je größer der Betrieb, desto häufiger wird Urlaubsgeld gezahlt

Auch die Größe eines Betriebes spielt eine wichtige Rolle. Von den Beschäftigten in Kleinbetrieben (unter 100 Beschäftigte) geben nur 38 Prozent an, Urlaubsgeld zu bekommen. In größeren Betrieben (über 500 Beschäftigte) liegt der Anteil mit 59 Prozent wesentlich höher. Und es gibt deutliche regionale Unterschiede: Während im Westen fast die Hälfte (48 Prozent) der Beschäftigten einen Zuschuss zur Urlaubskasse bekommen, ist dies in den ostdeutschen Ländern nur bei einem Drittel der Fall (34 Prozent). Auch hier ist die Tarifbindung ein entscheidender Faktor: Diese ist in Ostdeutschland mit 44 Prozent niedriger als im Westen (51 Prozent). „Gerade nach den Inflationsschüben der vergangenen beiden Jahre, die viele Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen besonders getroffen haben, ist es ein Problem, ohne Tarifvertrag bei Sonderzahlungen wie dem Urlaubsgeld leer auszugehen“, sagt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI.

Spürbar sind auch die Unterschiede zwischen Frauen (40 Prozent) und Männern (50 Prozent). Am häufigsten ist das Urlaubsgeld in den immer noch eher männlich dominierten Industrieberufen verbreitet, in denen zugleich auch eine relativ hohe Tarifbindung vorherrscht. Hier kommt zum Tragen, dass in den Berufen mit einem hohen Männeranteil überdurchschnittlich häufig Urlaubsgeld gezahlt wird. Wie etwa in Branchen mit vielen Ingenieuren und anderen technischen Berufen. In den privaten Dienstleistungen, die einen hohen Frauenanteil aufweisen, wird hingegen deutlich seltener Urlaubsgeld gezahlt.

Höhe des Urlaubsgeldes fällt sehr unterschiedlich aus

Die Höhe des tarifvertraglich vereinbarten Urlaubsgeldes fällt je nach Branche sehr unterschiedlich aus: Zwischen 186 und 2.686 Euro bekommen Beschäftigte in der mittleren Vergütungsgruppe dieses Jahr als tarifliches Urlaubsgeld. Am wenigsten Geld für die Urlaubskasse bekommen Beschäftigte in der Landwirtschaft und im Hotel- und Gaststättengewerbe. Die höchsten Zahlungen erhalten Beschäftigte unter anderem in der Papier verarbeitenden Industrie, der Metallindustrie, im KfZ-Gewerbe sowie in der Druckindustrie und im Versicherungsgewerbe.

Zur Methode der Befragung: Die Daten des Online-Portals Lohnspiegel.de beruhen auf einer kontinuierlichen Online-Umfrage unter Erwerbstätigen in Deutschland. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, erlaubt aber aufgrund der hohen Fallzahlen detaillierte Einblicke in die tatsächlich gezahlten Entgelte und die Häufigkeit von Sonderzahlungen. Der Lohnspiegel ist ein nicht-kommerzielles Angebot der Hans-Böckler-Stiftung, mit dem Beschäftigte ihr eigenes Gehalt mit den üblichen Gehältern in 500 Berufen vergleichen können.