Tarifrunde Deutsche Post AG: Kein Ergebnis, Warnstreiks bundesweit

Seit Anfang Januar 2025 laufen die Verhandlungen über die Erhöhung der Tarifentgelte für die Arbeitnehmer*innen, Auszubildenden und dual Studierenden bei der Deutschen Post AG. Auch nach drei Verhandlungsrunden wurde keine Einigung erzielt. Das unzureichende Angebot der Arbeitgeber wird mit weiteren Warnstreiks beantwortet

© Marius Becker / DPA
Mitarbeiter der Deutschen Post demonstrieren am 18.06.2015 in Bonn
14.02.2025

INHALT

Vom 12.-14. Februar wurde verhandelt. Doch auch nach drei Tagen wurde in dieser dritten Tarifverhandlungsrunde für die rund 170.000 Tarifbeschäftigten, Auszubildenden und dual Studierenden bei der Deutschen Post AG kein Ergebnis erzielt.

Am Freitag legten die Arbeitgeber ein Angebot mit einer Laufzeit des Tarifvertrags von 27 Monaten bis zum 31. März 2027 vor, das u.a. Entgeltsteigerungen ab 1. Juli 2025 von 1,8 Prozent und ab 1. Oktober 2026 von weiteren 2,0 Prozent vorsieht; zudem soll die Urlaubsregelung lediglich so angepasst werden, dass nur einige Beschäftigte einen Urlaubstag mehr erhalten.

 

„Das von den Arbeitgebern vorgelegte Angebot ist völlig unzureichend und würde bei Annahme deutliche Reallohn-Einbußen für die Beschäftigten bedeuten.“

Andrea Kocsis, stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführerin

„Die Kolleginnen und Kollegen werden ihre Antwort auf das vorliegende Angebot in den Betrieben geben – auch mit Warnstreiks“, so Kocsis weiter. Bis zur Bundestagswahl am Sonntag, 23. Februar 2025, werde ver.di jedoch nicht zu Warnstreiks aufrufen, um einen reibungslosen Ablauf der Briefwahlen zu ermöglichen.

Die ver.di-Konzerntarifkommission hat das Angebot auf ihrer Sitzung am 14. Februar 2025 abgelehnt und fordert die Arbeitgeber auf, in einer vierten Verhandlungsrunde ein einigungsfähiges Angebot vorzulegen. „Wir erwarten in einer weiteren Verhandlungsrunde ein deutlich verbessertes Angebot, das einigungsfähig ist.“ Ein Termin für eine vierte Verhandlungsrunde steht noch nicht fest.

 

 
Beschäftigte der Post streiken vor dem Paketzentrum Kleinmachnow am 28. Januar 2025
© Foto: Christian Jungeblodt
Beschäftigte der Post streiken vor dem Paketzentrum Kleinmachnow am 28. Januar 2025

Über konkrete Warnstreikmaßnahmen wird ver.di jeweils gesondert und zeitnah informieren. Der erste bundesweite Warnstreik fand am 28. Januar statt. Für den 29. Januar 2025 hatte ver.di Beschäftigte in der Zustellung in ländlichen Regionen in allen Bundesländern (außer den Stadtstaaten) zu weiteren vollschichtigen Warnstreiks aufgerufen, ab dem 4. Februar wurde unter anderem ganztägig in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Bremen, Baden Württemberg und Bayern gestreikt – teilweise mehere Tage hintereinander.

Zustellung der Wahlunterlagen trotz Warnstreiks gesichert

ver.di hat bei den Streiks im Blick, dass aktuell viele Bürger*innen von der Briefwahl für die anstehende Bundestagswahl am 23. Februar 2025 Gebrauch machen wollen. Die rechtzeitige Zustellung der Wahlunterlagen steht für ver.di und die Beschäftigten dabei außer Frage. Außer Frage steht auch, dass das eine enorme Herausforderung für die Wahlämter und auch für alle Beschäftigten ist, die die Wahlunterlagen pünktlich zustellen sollen. Bei der letzten Wahl hat fast die Hälfte der Wähler*innen per Briefwahl abgestimmt. Daran wird deutlich: Ohne diese wichtige öffentliche Dienstleistung wäre eine solche Wahl gar nicht möglich.

ver.di fordert für die Tarifbeschäftigten, Auszubildenden und dual Studierenden eine Tarifsteigerung von linear sieben Prozent bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten. Für die Tarifbeschäftigten und Auszubildenden werden drei Tage Urlaub mehr sowie ein zusätzlicher Urlaubstag für ver.di-Mitglieder gefordert.

„Nur mit deutlichen Lohnsteigerungen für die Beschäftigten lassen sich die noch immer hohen Kosten und Lebensmittelpreise bewältigen“, begründet Andrea Kocsis die ver.di-Forderung. „Die Einkommen der großen Mehrheit der Beschäftigten bei der DP AG liegen noch immer unter dem mittleren Einkommen (Medianeinkommen) in Deutschland.“ Zudem betont sie:

 

„Die zusätzlichen Urlaubstage sind dringend notwendig für den Gesundheitsschutz der Kolleginnen und Kollegen, der Krankenstand liegt auf Rekordhöhe.“

ver.di-Vize und -Verhandlungsführerin Andrea Kocsis

Vor der zweiten Verhandlungsrunde fanden bundesweit Betriebsversammlungen statt, bei denen die ver.di-Themen auf der Agenda standen. Damit wurden zehntausende Kolleg*innen auf die Weichenstellungen in den kommenden Wochen vorbereitet. Dazu zählt natürlich auch die Tarifauseinandersetzung. Auch die Kolleg*innen bei der Post erleben den Arbeitskräftemangel täglich, der schon lange kein reiner Fachkräftemangel mehr ist: Die Unternehmen stehen in Wettbewerb um bessere Bedingungen, damit auch in Zukunft ausreichend Kolleg*innen die Arbeit, die nicht weniger wird, erledigen. Dafür müssen die Bedingungen stimmen. Darüber hinaus stärken ordentliche Löhne die Konjunktur und halten die Wirtschaft in Schwung, das ist kein Geheimnis.

Aber: „Über die Tariferhöhung wird nicht allein am Verhandlungstisch entschieden. Viel eher entscheiden die Entschlossenheit und der Mut unserer Mitglieder über den Ausgang dieser Tarifrunde. Unsere Mitglieder und unsere Vertrauensleute, die sich stark für diese Forderung machen und die ihre Kolleginnen und Kollegen überzeugen mitzumachen“, unterstrich Andrea Kocsis bei den Betriebsversammlungen. Und mitmachen – das gelte auch für die anstehende Bundestagswahl.

 

„Lasst uns sicherstellen, dass unsere Themen als Arbeitnehmer*innen ernst genommen werden. Ob es um faire Arbeitsbedingungen oder den Schutz unserer Gesundheit geht – ich denke an die Gewichtsgrenze für Pakete – wir alle haben es verdient, gehört zu werden.“

ver.di-Vize und -Verhandlungsführerin Andrea Kocsis

ver.di sei parteipolitisch neutral, aber beileibe nicht unpolitisch. So werde die Gewerkschaft nicht zur Wahl einer bestimmten Partei aufrufen, sondern zur Beteiligung an der Wahl. Die in Teilen als gesichert rechstextrem geltende Alternative für Deutschland (AfD) sei hingegen für überzeugte Demokrat*innen nicht wählbar: „Die Politik der AfD widerspricht unseren gewerkschaftlichen Werten wie Zusammenhalt und Solidarität, und das auf ganzer Linie. Eure ver.di vertritt alle unsere Mitglieder. Für uns ist klar: Kolleg*in ist Kolleg*in, egal, wo man herkommt. Und nur so sind wir stark! Jeder Versuch von Rechtsradikalen, uns nach rassistischen Merkmalen zu spalten, schwächt unsere Durchsetzungskraft. Und die werden wir in dieser Tarifrunde brauchen. Als Arbeitnehmer*innen müssen wir zusammenstehen, egal welche Hautfarbe, Sprache, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Behinderung wir haben. So können wir gute Löhne und sichere Arbeitsplätze durchsetzen“, machte Kocsis deutlich.

 

Stark mit viel Gewicht

Ein weiterer Blick in die Betriebsversammlung in Ibbenbüren zeigt, die Arbeit bei der Post ist hart, die Belastung sehr hoch. Unser Bericht in der ver.di publik


Nicht ohne Grund erwarten die Beschäftigten eine deutliche Lohnerhöhung sowie Entlastung durch zusätzliche Urlaubstage. Aktuell erhalten rund 90 Prozent der Kolleg*innen ein Bruttogehalt zwischen 2.448 Euro und 3.430 Euro. Die Löhne liegen damit unter dem Medianeinkommen, trotz der guten wirtschaftlichen Situation der DAX-notierten Deutschen Post. Angesichts hoher Preise für Mieten und Lebensmittel müssen die Löhne steigen, damit die Kolleg*innen über die Runden kommen.

Dazu kommt: Die Arbeit als Brief- und Paketzusteller*in sowie als Verlader*in ist körperlich sehr anstrengend. Etwa 90 Prozent der Beschäftigten arbeiten unter hoher körperlicher Belastung und müssen schwer heben und tragen. Zusteller*innen sind jedem Wetter ausgesetzt und müssen oft schwere Pakete ausliefern – allein bis zu 31,5 kg. Die Arbeit wird immer mehr, die Belastung steigt, auch psychisch. Nicht ohne Grund ist der Krankenstand in der Branche überdurchschnittlich hoch. „Durch steigende Paketmengen und Gewichte brauchen unsere Mitglieder weitere Entlastung durch zusätzliche Freizeit”, erklärt Andrea Kocsis die Forderung nach drei Tagen mehr Urlaub. „Die zusätzlichen Urlaubstage sind dringend notwendig für den Gesundheitsschutz der Kolleginnen und Kollegen, der Krankenstand liegt auf Rekordhöhe.“ 

Für die rund 19.000 Beamtinnen und Beamten des Unternehmens fordert ver.di, dass die sogenannte Postzulage fortgeschrieben werden soll. Diese Zulage gleicht die Besoldungsdifferenz der Post-Beamtinnen und Post-Beamten zu den übrigen Bundesbeamten aus.

 

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Auf dem Rücken der Beschäftigten

Das Thema Zustellgewicht beschäftigt ver.di auch weiterhin politisch. Die Reform des Postgesetzes ist seit einigen Monaten beschlossene Sache. Ein Punkt ist aber noch offen. Im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Rücken der Beschäftigten wurde die Chance verpasst, die 20-Kilo-Grenze pro Paket in der Ein-Personen-Zustellung einzuführen. Bislang sieht das Postgesetz vor, dass Pakete mit einem Einzelgewicht von über 20 Kilogramm grundsätzlich von zwei Personen zugestellt werden müssen – es sei denn, es steht ein geeignetes technisches Hilfsmittel zur Verfügung. Allerdings, so schlossen sich die Abgeordneten der Kritik von ver.di an, seien die Kriterien für solche Hilfsmittel bisher nicht durch eine Rechtsverordnung präzisiert worden. Dies wahrscheinlich aus dem einfachen Grund, dass es keine geeigneten technischen Hilfsmittel gibt.

Am 20. Dezember 2024 hat der Deutsche Bundestag erstmals den Gesetzentwurf „zur Entlastung der Zustellerinnen und Zusteller in der Paketbranche“ diskutiert. Eingebracht wurde der Entwurf von SPD und Grünen. Nach einer intensiven Debatte wurde der Vorschlag zur weiteren Bearbeitung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen, wobei der Ausschuss für Arbeit und Soziales die Federführung übernimmt.

Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Paketbranche zu verbessern. Konkret werden Änderungen am Postgesetz vorgeschlagen, um die Regelungen zur Zustellung von schweren Paketen zu überarbeiten. Durch den Gesetzentwurf sollen die Vorgaben zur Zustellung von schweren Paketen konkretisiert und vereinfacht werden. Die grundsätzliche Pflicht, schwere Pakete durch zwei Personen zustellen zu lassen, soll erhalten bleiben. „Sie greift ab einem Einzelgewicht von 23 Kilogramm und gilt ohne Ausnahmen. Damit wird das Maximalgewicht für Pakete in der Einzelzustellung von 31,5 Kilogramm auf 23 Kilogramm abgesenkt“, heißt es im Entwurf. Die Regelung entspricht zwar nicht der von ver.di geforderten 20-Kilo-Grenze, aber würde dennoch eine deutliche Entlastung für die Beschäftigten in der Paketbranche bedeuten.

 

„Pakete zustellen, ist und bleibt Schwerstarbeit, nicht nur in der Weihnachtszeit. Die Politik ist gefordert, dafür zu sorgen, dass dies nicht zu Lasten der Gesundheit derjenigen geht, die die Pakete sortieren und zu den Haushalten und Unternehmen bringen.

Andrea Kocsis, stellvertretende ver.di-Vorsitzende

 
Susanne Wäling, Zustellerin bei der Deutschen Post AG
© Christian Jungeblodt

Die Kilostemmerin

Susanne Wäling hat vier Kinder groß gezogen, ist 61 Jahre alt und seit 15 Jahren Verbundzustellerin bei der Deutschen Post AG in Münster. Die ausgebildete Sozialarbeiterin stellt Briefe, Kataloge und Karten, aber auch Pakete bis zu 31,5 Kilogramm Gewicht zu. „Das ist eine sehr harte Arbeit“, sagt sie. Sie beklagt sich nicht über ihre Arbeit, hofft aber noch auf die gesetzliche Gewichtshöchstbegrenzung auf 23 Kilo – und auf einen guten Abschluss in der Tarifrunde. Du möchtest mehr erfahren über Susanne? ver.di publik hat sie an ihrem Arbeitsplatz besucht.

In der Debatte zum Entwurf der SPD und Bündnis 90/Die Grünen hat sich die CDU für die Beratung in den Ausschüssen offen gezeigt, ohne sich klar zu positionieren. FDP und AfD haben die Gesetzesinitiative der Regierung abgelehnt.

Mehr Informationen findest Du hier: Postdienste, Speditionen und Logistik (verdi.de)