Berlin, 6. April 2020 | ver.di und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) haben sich auf Eckpunkte eines Tarifvertrages für eine Sonderprämie aufgrund der besonderen Belastung der Beschäftigten in der stationären Langzeitpflege und der ambulanten Pflege in der Corona-Krise geeinigt. Beschäftigte in Vollzeit erhalten danach mit dem Juli-Gehalt eine Sonderprämie von 1.500 Euro, Teilzeitbeschäftigte eine Prämie entsprechend ihren tatsächlich geleisteten Stunden. Die Prämie soll an Pflegefachkräfte, Pflegehilfskräfte und Pflegeleitungen gezahlt werden. Auch Alltagsbegleiterinnen und -begleiter, Betreuungskräfte und Assistenzkräfte sind einbezogen. Hierbei haben sich die Tarifvertragsparteien am Geltungsbereich des Pflegemindestlohnes orientiert. Auszubildende in der Pflege sollen eine Prämie von 900 Euro erhalten.
„Die Corona-Pandemie führt allen vor Augen, wie wichtig die Versorgung von alten und pflegebedürftigen Menschen ist. Markt und Wettbewerb haben hier nichts verloren, die Politik muss hier dringend umsteuern.“
„Wir wollen, dass die Pflegekräfte in der Altenpflege eine Prämie bekommen, unabhängig davon, ob sie einen Tarifvertrag haben oder nicht. Deshalb werden wir beantragen, dass der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird und alle Arbeitgeber diese Prämie zahlen müssen – auch die kommerziellen Anbieter, die faire Löhne für die verantwortungsvolle Arbeit in der Pflege verweigern“, sagte Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand, nach der Einigung. Für die BVAP wies Vorstandsmitglied Gero Kettler darauf hin, dass die Prämie eine Anerkennung der besonderen Belastung in dieser Krise sei und keineswegs eine angemessene Vergütung für die auch im Alltag verantwortungsvolle, oft auch belastende und zu schlecht bezahlte Arbeit ersetze. Deshalb würden BVAP und ver.di auch weiter daran arbeiten, einen Tarifvertrag abzuschließen, der auf alle Arbeitgeber erstreckt werden soll.
„Die Corona-Pandemie führt allen vor Augen, wie wichtig die Versorgung von alten und pflegebedürftigen Menschen ist. Markt und Wettbewerb haben hier nichts verloren, die Politik muss hier dringend umsteuern“, so Bühler. Auch ein Tarifvertrag, der auf alle Träger erstreckt werde, könne keinen Tarifvertrag ersetzen, der alle Beschäftigten in den Einrichtungen erfasse und die Arbeitsbedingungen umfassend regle. „Die falsche politische Weichenstellung der Ökonomisierung beziehungsweise Kommerzialisierung der Pflege kann auch mit Hilfe des Arbeitnehmerentsendegesetzes nicht geheilt werden“, so Bühler weiter.
BVAP-Vorstandsmitglied Kettler merkte zum weiteren Vorgehen an, dass der Tarifabschluss unter Gremienvorbehalt stehe und die jeweiligen Entscheidungsgremien der Tarifvertragsparteien auch ohne persönliches Zusammenkommen zeitnah über das Ergebnis beraten werden. Wichtig sei den Tarifvertragsparteien, dass Altenpflegeheime und ambulante Dienste unverzüglich mit Schutzausstattung versorgt würden. Hier sitze man auf einem Pulverfass, das kein Geld der Welt ausgleichen könne, warnten Kettler und Bühler übereinstimmend.
Einen einmaligen Corona-Pflegebonus von 1.500 Euro werden auch die rund 20.000 Pflegekräfte in Schleswig-Holstein bekommen. Dies hat die Landesregierung in Kiel beschlossen und die dafür erforderlichen Mittel im Nachtragshaushalt vorgesehen, sollte keine entsprechende Regelung auf Bundesebene getroffen werden. ver.di begrüßte die Entscheidung, fordert aber, auch die anderen Berufsgruppen in den Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen im Fokus zu behalten. Sie alle haben Prämien verdient.
Eine einmalige 500-Euro-Prämie pro Monat erhalten die rund 250.000 Pflegekräfte in Bayerns Kliniken sowie in Alten-, Pflege- und Behindertenheimen. Insgesamt kostet das den Freistaat 126 Millionen Euro. Die Zielgruppe geht in Bayern weit über die Pflege in Heimen hinaus. Es ist ein Bonus für alle Beschäftigte im bayerischen Gesundheits- und Pflegebereich. Notfallsanitäter*innen und Rettungsassistenten leisten gleichermaßen Enormes bei der Bewältigung der Corona-Pandemie wie die Pflegekräfte in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten. Sie alle halten die wichtige Gesundheitsversorgung am Laufen und sind trotz aller Vorkehrungen einem zusätzlichen Infektionsrisiko ausgesetzt. Beschäftigte, die regelmäßig mehr als 25 Stunden die Woche arbeiten, erhalten 500 Euro, Beschäftigte, die regelmäßig 25 Stunden in der Woche oder weniger arbeiten, erhalten eine Prämie in Höhe von 300 Euro.
Gleichwohl fordert ver.di langfristig und bundesweit eine wirkliche Perspektive für das Pflegepersonal durch tarifliche Verhandlungen über mehr Gehalt und eine bessere personelle Ausstattung der Krankenhäuser und aller anderen Einrichtungen im Gesundheitswesen.