Berlin, 29. Mai 2020 – Ob Altenpflege, Beratung, Feuerwehr, Gesundheitsschutz oder Kinderbetreuung: Wie durch ein Brennglas erkennen wir unter den Bedingungen der Corona-Pandemie, dass die Angebote und Dienstleistungen der Städte und Gemeinden unverzichtbar für unsere Gesellschaft sind. Die Kommunen stemmen den Alltag unter den Bedingungen von Covid-19. Dabei geraten sie zunehmend unter Druck, denn die Ausgaben steigen und die Einnahmen brechen weg. Allein die jüngste Steuerschätzung prognostiziert ein Gewerbesteuer-Minus in Höhe von 11,8 Milliarden Euro. Und je länger die Krise andauert, desto höher werden die finanziellen Belastungen für die Kommunen.
„Die Kommunen sind wie zuletzt bei der Bewältigung der Corona-Pandemie für die Bürgerinnen und Bürger da. Sie tragen die Verantwortung für die Bewältigung der Krise, haben zusätzliche Kosten und gleichzeitig Einnahmeausfälle zu verkraften. Wichtig ist, dass Städte und Gemeinden gerade in der jetzigen Situation handlungsfähig bleiben“, sagen der Erste Bürgermeister Uwe Brandl, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), und Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des DStGB, unisono in einer Presseerklärung vom 28. Mai.
„Auch die Bundesländer müssen ihren Beitrag leisten, die Finanzkrise von den Kommunen abzuwenden und den Solidarpakt ihrerseits unterstützen.“
„Der öffentliche Dienst hält dieses Land zusammen. Deswegen setzen wir uns nachdrücklich für einen Rettungsschirm für die Kommunen einschließlich einer Tilgung von Altschulden ein. Auch die Bundesländer müssen ihren Beitrag leisten, die Finanzkrise von den Kommunen abzuwenden und den Solidarpakt ihrerseits unterstützen. In einem gemeinsamen Brief haben sich die in ver.di organisierten Personalräte der Kommunen diese Woche an die Finanz- und Innenminister*innen der Länder gewandt und einen Rettungsschirm für Kommunen gefordert und um Unterstützung des Solidarpakts 2020 gebeten“, so der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und ver.di machen sich stark für einen weit aufgespannten Rettungsschirm: Es ist im Interesse aller Bürger*innen, dass Kommunen die Zukunft gestalten können. Dass sie stattdessen Haushaltssperren verhängen und in Sparhaushalten die Not verwalten, kann durch den Solidarpakt 2020 verhindert werden.
Die Länder sind aufgefordert, die Mittelzuweisung im kommunalen Finanzausgleich im laufenden Jahr und in den Folgejahren zu erhöhen und den Kommunen die zur Bewältigung der aktuellen Situation benötigten Mittel zuzuweisen. Kommunen dürfen aktuell nicht in eine Situation geraten, in der sie Finanzengpässe durch überteuerte Kassenkredite überbrücken müssen. Der Bund sollte die Länder hierbei finanziell unterstützen. Das ist Teil des Auftrags, gleichwertige Lebensverhältnisse zu ermöglichen.
Für das Wiederhochfahren der lokalen Wirtschaft inklusive der Kulturbetriebe sind Kommunen ein wichtiger Investitionsmotor. Investitionen in die öffentliche Infrastruktur mit besonderem Schwerpunkt auf Pandemie- und Klimaresilienz sind notwendig. Bereits vor der Krise lag der Investitionsrückstand in Städten und Gemeinden bei circa 140 Milliarden Euro. Bund und Länder müssen hier ansetzen und zusätzliche Investitionsmittel bereitstellen. „Bei Investitionen in die Zukunft muss es jetzt darum gehen, Beschäftigung zu erhalten und abzusichern sowie gleichzeitig die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft voranzubringen. Im Mittelpunkt eines Investitions- und Konjunkturprogramms stehen die Stärkung der sozialen Sicherungssysteme, der Tarifbindung, der Arbeitnehmerrechte und der Daseinsvorsorge. Für Zukunftsinvestitionen und die Sicherung der Daseinsvorsorge ist eine höhere Staatsverschuldung vertretbar und jetzt auch notwendig“, sagt Werneke.
„Kommunen sind von entscheidender Bedeutung für die Wiederbelebung der Wirtschaft. Kommunale Investitionen sind Konjunkturmotoren und sorgen dafür, dass Unternehmen und Handwerk vor Ort profitieren. Gleichzeitig tragen Investitionen in Schulen, Straßen und Sportstätten dazu bei, dass die Lebensqualität vor Ort steigt“, so Brandl und Landsberg.
Die krisenbedingten Einnahmeausfälle der kommunalen wie auch der privaten Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs sind mit einem dafür zu schaffenden Notfallprogramm auszugleichen. Der öffentliche Personennahverkehr dürfe nicht zum Krisenverlierer werden. Wenn aus Klimaschutzgründen die notwendige Verkehrswende gelingen soll, brauche es nicht weniger, sondern mehr Menschen, die Busse und Bahnen nutzen. Deswegen müsse die Taktung im ÖPNV jetzt erhöht werden, so dass weniger Personen in den einzelnen Bussen und Bahnen mit dem nötigen Abstand sicher fahren können und diese Verkehrsmittel wieder mehr genutzt werden. Je höher die Hygienestandards umso größer sei das notwendige Vertrauen der Menschen, betonen Brandl und Landsberg. „Die Nutzung von Geldern aus dem Notfallprogramm Nahverkehr sollte an soziale und wirtschaftliche Bedingungen geknüpft werden: den Erhalt der Arbeitsplätze, das Einkommen der Beschäftigten sollte weitestmöglich gesichert werden, und Tarifbindung ist dafür ein Baustein. Ansprüche aus dem Notfallprogramm sollten von den Unternehmen mit entsprechenden Verlustnachweisen belegt werden“, sagt Werneke.
Gerade mit Blick auf die Regionen jenseits der Ballungsräume brauche es jetzt finanzielle Impulse und Unterstützung. Mit Blick auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse müsse verhindert werden, dass einzelne Regionen zu Krisenverlierern werden, fordern Brandl und Landsberg. Niemand dürfe den Anschluss verlieren, kommunale Initiativen für den Breitbandausbau sollten auf regionale Unternehmen setzen und Beschäftigung in der Region fördern, so Werneke.