Nachdem die Deutsche Rentenversicherung am 18. März allen Rehaeinrichtungen im Land einen zehntägigen Aufnahmestopp empfohlen hatte, nehmen Reha-Kliniken inzwischen längst wieder Patient*innen auf. Doch angesichts der Corona-Pandemie haben viele Berechtigte ihre Reha aus Angst vor dem Virus vorzeitig abgebrochen, andere Patient*innen überlegen, ob sie ihre schon lange bewilligte Rehabilitation verschieben sollen. Doch für viele Menschen ist die Reha wichtig. Patient*innen mit Krebserkrankungen werden durch eine onkologische Reha, eine sogenannte Anschlussrehabiliation (AHB) nach einer Strahlentherapie oder Operation, wieder auf den Alltag, das Familien- und Berufsleben vorbereitet. Meldungen, in denen wie im Fall der Reha-Klinik Rosenhof in Bad Birnbach offenbar eine ältere Frau mit einer Corona-Infektion aus der Klinik zurückgekommen und an ihr verstorben sei, lassen hingegen die Sorgen von Reha-Patient*innen nicht unberechtigt erscheinen.
Die Reha-Branche ist daher durch die Corona-Krise teils angeschlagen. Um ihre Bettenkapazitäten auszulasten, übernehmen Reha-Kliniken mittlerweile frühzeitig Patient*innen aus den Akutkliniken, die so Platz schaffen für Corona-Infizierte. Allein in Bayern, noch vor Baden-Württemberg das Bundesland mit den meisten Reha-Einrichtungen, arbeiten 60.000 Menschen in diesem Gesundheitsbereich. Der Freistaat ist jetzt auch das erste Bundesland, dass der Branche mit mehr als 60 Millionen Euro über bereits bestehende Bundeshilfen hinaus beistehen will. Für die Beschäftigten in den Reha-Einrichtungen ist das ein gutes Zeichen.
15. April 2020 – „Die fachlichen Schwerpunkte unseres Hauses sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes oder starkes Übergewicht, Gefäßerkrankungen und Atemwegskrankheiten. Zum einen bieten wir Anschlussheilbehandlungen an. Das machen wir auch jetzt noch, allerdings übernehmen wir derzeit einige Patientinnen und Patienten auch schon etwas früher, um die Akutkrankenhäuser in der Region zu entlasten.
Ambulante Reha oder teilstationäre Behandlungen machen wir derzeit nicht. Die Patienten, die deswegen bei uns waren, haben wir zu einem Stichtag Ende März entlassen bzw. die Maßnahmen unterbrochen. Im Normalbetrieb sind über 200 Patientinnen und Patienten bei uns, derzeit sind es 115 in der Anschlussheilbehandlung und 15 Plätze, mit denen wir die Krankenhäuser entlasten können. Mehr gibt das Haus nicht her, denn es hat eher Hotelcharakter, viele Zimmer sind mit Teppich ausgelegt. Darin können wir keine Akutpatienten unterbringen.Mit 130 Leuten ist es noch gerade so möglich, die Abstandsregeln einzuhalten. So werden die Mahlzeiten in zwei Schichten eingenommen, die Leute sitzen sich diagonal gegenüber, um den größtmöglichen Abstand einzuhalten.
In den nächsten Tagen erwarten wir den ersten geheilten Covid-19-Erkrankten bei uns zur Anschlussheilbehandlung. Er muss zwei negative Testabstriche vorweisen, damit wir ihn überhaupt aufnehmen können. Besucherinnen und Besucher kommen bei uns zur Zeit keine mehr ins Haus, nur neue Patienten für Anschlussheilbehandlungen nehmen wir noch auf. Allerdings müssen sie einen Fragebogen ausfüllen, in dem sie angeben, ob sie in der letzten Zeit in einem Risikogebiet gewesen sind oder Kontakt zu Infizierten hatten. Bevor sie überhaupt in unser Haus kommen, messen wir bei ihnen erst einmal Fieber.
Ich habe das Gefühl, die Patientinnen und Patienten fühlen sich auch in diesen Zeiten sicher bei uns. Wir haben hier jeden Tag eine Sitzung, an der alle Bereiche des Hauses teilnehmen. Da werden jeweils die neuesten geltenden Sicherheitsempfehlungen des Robert-Koch-Instituts durchgesprochen und umgesetzt.
Ich fühle mich bei meiner Arbeit auch sicher, obwohl ich aufgrund von Vorerkrankungen zur Risikogruppe gehöre. Ich arbeite seit 40 Jahren in der Pflege, es gelten immer hohe Hygienestandards. Und hier bei uns im Haus betreuen wir ja auch frisch Operierte, zum Beispiel nach Herz-OPs, da muss man immer auf größtmögliche Hygiene achten. Jeder sollte so leben, als ob man sich jeden Tag infizieren könnte. Covid-19 wird durch Tröpfchen- oder Schmierinfektionen übertragen, aber regelmäßiges Händewaschen und desinfizieren ist ja nichts Neues. Das machen wir sonst auch.
Ich betreue als Reha-Beraterin üblicherweise 32 Patienten. Derzeit arbeite auf der Station. Natürlich komme ich dabei den Patienten nah, denken wir nur an das Blutdruckmessen. Dass wir jetzt weniger Patientinnen und Patienten haben als sonst, bringt Änderungen mit sich. Wir haben keine Kurzarbeit, einige Kolleginnen und Kollegen nehmen freiwillig ihre Überstunden oder ihren geplanten Urlaub. Andere erledigen, was schon lange liegen geblieben ist. Wir haben immer zu wenig Ärztinnen und Ärzte, die können jetzt Berichte abarbeiten, die schon lange hätten geschrieben werden müssen. Das Qualitätsmanagement wird aktualisiert. Und das Fehlen der Langzeiterkrankten, die wir immer haben, fällt derzeit personell nicht so ins Gewicht. Wir haben hier nicht das Gefühl, dass weniger zu tun ist.“
Protokoll: Heike Langenberg