Friseur*innen

Friseurhandwerk in der Krise

Arbeiten in Zeiten von Corona
09.04.2020

Berlin, 9. April 2020 – Mit der Schließung aller Friseursalons Ende März sind die Friseur*innen in die Kurzarbeit „0“ gerutscht. Man hätte es vorher wissen können: Das Kurzarbeitergeld reicht in dieser Niedriglohnbranche vorn und hinten nicht aus, die Existenz zu sichern. Nicht nur, dass bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes Mehrarbeitsstunden und auch weitere Zuschläge in der Regel nicht mitberücksichtigt werden, auch die Trinkgelder der Kund*innen fallen gerade weg, ein nicht unerheblicher Teil der Einkommen. Faktisch erhält ein*e Friseur*in daher deutlich weniger als 60  bzw. 67 Prozent ihres bisherigen Netto-Einkommens ausgezahlt. Wenn sie dann noch in Teilzeit, zum Beispiel mit 50 Prozent, arbeitet, erhält eine – auch das als Beispiel – alleinziehende Mutter mit einem Kind in Nordrhein-Westfalen lediglich ein Kurzarbeitergeld von nur knapp 470 Euro ausgezahlt.

Aber auch für den kleinen Friseursalon „um die Ecke“ ist die Corona-Krise zu einer Existenzfrage geworden. Rücklagen zur Überbrückung langer Schließungszeiten existieren einfach nicht. Und hier wird die ganze Problematik der fehlenden Wertschätzung vieler Dienstleistungen, auch des Friseurhandwerks, deutlich: Obwohl wir sie regelmäßig brauchen und gerade in die Friseur*innen großes Vertrauen setzen – schließlich müssen wir uns mit den Ergebnissen der Arbeit täglich sehen lassen – werden ihre Dienstleistungen bisher minimal honoriert.

Vier Friseurinnen erzählen, in welche Krise sie die Krise gestürzt hat

 

Friseurin – ich überlege mir, einen Strick zu nehmen


Zu Beginn der Corona-Krise sahen sich die Friseur*innen und Friseure in Deutschland einer deutlich höheren Ansteckungsgefahr ausgesetzt als der größte Teil der Bevölkerung. Denn obwohl das öffentliche Leben schon in weiten Teilen zum Erliegen gekommen waren, blieben die Friseursalons geöffnet. Mindestabstand und Schutzausrüstung: Fehlanzeige!

Dann kam endlich die bundesweite Schließung der Salons. Die gleichzeitige Absicherung der Existenzen ist damit jedoch nicht einhergegangen.

Mindestentgelte würden helfen

Ein engmaschig kontrolliertes Mindestentgelt würde sowohl den Beschäftigten als auch den Inhaber*innen kleinerer Salons helfen, den Wertverlust der Dienstleistung zu stoppen und zugleich in Krisenzeiten den Bezug des Kurzarbeitergeldes nicht gleich zur Existenzfrage zu machen.

Aktuell setzt sich ver.di daher gerade für die Berufsgruppen im Niedriglohnbereich weiter dafür ein, dass das Kurzarbeitergeld über den gesetzlichen und tarifvertraglichen Weg auf 90 Prozent erhöht wird. Es ist eine Lösung für die aktuelle Situation. Die Frage der mangelnden Honorierung und damit Wertschätzung wesentlicher Dienstleistungen muss aber nach der Corona-Krise politisch und gesellschaftlich weiter diskutiert werden.

 
Friseurinnen erlernen ein Handwerk, dass kaum Wertschätzung erfährt