Umfrage: Tarifverträge genießen höchstes Ansehen

    20.06.2016

    20. Juni 2016 – In über 1000 Betrieben bundesweit ist ver.di noch bis Freitag unterwegs, um im Rahmen einer Aktionswoche mit bislang unorganisierten Kolleg/innen über die Vorteile einer ver.di-Mitgliedschaft zu reden. „Gute Arbeit – Gute Löhne. Tarifverträge bringen mehr“ ist das Motto. Dass Tarifverträge mehr bringen, ist den Beschäftigten durchaus bewusst. 94 Prozent halten sie für wichtig oder sogar für sehr wichtig, hat eine repräsentative Umfrage von TNS Infratest im Auftrag von ver.di ergeben. Gäbe es keinen Tarifvertrag in ihrem Betrieb, gehen 64 Prozent der Befragten davon aus, dass ihr Einkommen geringer ausfallen würde.

     
    Aktionswoche - Gute Arbeit 2016
    © ver.di
    Aktionswoche - Gute Arbeit 2016

    Bessere Kernbedingungen mit Tarifvertrag

    „Mit Tarifvertrag sind die Kernbedingungen der Arbeit besser als ohne“ sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse zu Beginn der Aktionswoche. „Tarifverträge sind das Ergebnis von Beteiligung – und dafür gibt ver.di den Rahmen.“ Denn dort, wo viele Mitglieder auch bereit sind, gemeinsam für ihre Ziele zu kämpfen, sind die Chancen deutlich höher, sie auch durchzusetzen.
    Doch das hohe Maß an Anerkennung, das Tarifverträge nach der Umfrage genießen, schlägt sich nicht automatisch in hohen Mitgliederzahlen der Gewerkschaften nieder, sagte Bsirske. Das Thema sei jedoch ein guter Anknüpfungspunkt für Gespräche im Rahmen der Aktionswoche, aber auch darüber hinaus. Das sei eine Werbung für die Stärkung des Tarifsystems von unten.

    Tarifbindung stärken

    Doch auch von oben müsse das Tarifvertragssystem gestärkt werden, also von der politischen Ebene aus. Am Donnerstag steht die Stärkung der Tarifbindung auf der Tagesordnung eines Treffens der Bundesregierung mit Vertreter/innen von Gewerkschaften und Arbeitgebern, auf Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU. Denn zwar begrüßen mehr als 90 Prozent der von ver.di Befragten Tarifverträge, aber bei weniger als 60 Prozent aller Beschäftigten gelten überhaupt Tarifverträge. Ein Schlüssel zu einer breiteren Tarifbindung ist für Bsirske die Allgemeinverbindlichkeitserklärung. Damit korrespondieren der Grad der Tarifbindung – und nicht mit dem Organisationsgrad.

    In Deutschland wurden im vergangenen Jahr gerade einmal 1,3 Prozent der Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt. Häufig blockierten die Arbeitgeber in den paritätisch besetzten Tarifausschüssen diese Erklärung. Hier habe die Bundesregierung ihre selbstgesteckten Ziele zur Stärkung der Tarifbindung noch längst nicht erreicht. In anderen EU-Ländern wie Frankreich, Österreich, Belgien oder Finnland sei die Tarifbindung mit 90 Prozent und mehr deutlich höher – aber auch die Zahl der Allgemeinverbindlichkeitserklärungen. Deutschland liegt im EU-weiten Vergleich nur in der unteren Hälfte.