Kleine Geschichte der Pause

Kleine Geschichte der Pause
02.06.2014
Pause machen

 

Unser Arbeitsalltag ist geprägt von Hetze, Druck und Stress. Aber nutzen wir unser Recht auf Pause? Die Zeit zum Durchschnaufen bei einer guten Tasse Tee oder Kaffee? Die Zeit für das Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen. Oft gehen wir mit unserer Pause lax um, gehen ans Telefon, lesen E-Mails, beantworten dienstliche Fragen. Stopp!

Einmal durchatmen. Eine Pause tut allen gut. Und danach geht`s gleich besser wieder weiter. Pausen im Arbeitstag sind ein Muss. Unverzichtbar für die Gesundheit, unverzichtbar für die Kraft zur konzentrierten Arbeit. Daran lassen Arbeitsmediziner, Arbeitswissenschaftler und andere Fachleute heute keinen Zweifel mehr. Wir müssen unser Rechtbesser nutzen.
Denn, es ist nicht vom Himmel gefallen.

Beschwerlicher Kampf der Gewerkschaften

Bis es allerdings verlässliche Pausenregelungen für die arbeitenden Menschen gab, hatten die Gewerkschaften zahlreiche und lange Auseinandersetzungen zu bestehen. Zwölf, 14, ja bis zu 16 Stunden lang waren die Arbeitstage in den Fabriken zu Beginn der Industrialisierung, Pausen waren nicht vorgesehen. Erst ab 1839 gab es wenigstens für Kinder die Vorschrift, dass bei zehn Stunden Arbeit anderthalb Stunden Pause einzuhalten seien. So war es mit königlicher Zustimmung festgelegt in einem preußischen Landesregulativ. Nicht aber festgeschrieben war, wie denn die Einhaltung der Pausen kontrolliert werden sollte. Und nicht überliefert ist, ob die Vorschrift den Kindern tatsächlich zugute kam. Schließlich erfreute sich ja nicht nur das Landesregulativ, sondern auch die Kinderarbeit selbst der vollen königlichen Zustimmung.

Angesichts der unerträglich langen Arbeitstage konzentrierten sich die Gewerkschaften, die sich seinerzeit gründeten, vor allem darauf, die Verkürzung der täglichen Arbeitszeit zu erreichen. Auf dem Internationalen Arbeiterkongress 1889 in Paris wurde die
Forderung nach dem Acht-Stunden-Tag als grenzüberschreitende internationale Losung beschlossen. Allein die Buchdrucker, zusammengeschlossen im Verband der Deutschen Buchdrucker, einer Vorläufer-Organisation von ver.di, hatten 1873 eine Pausenregelung in einem Tarifvertrag erreichen können, dem ersten überhaupt. „Die tägliche Arbeitszeit ist eine zehnstündige, incl. eine Viertelstunde Frühstück und eine Viertelstunde Vesper“, heißt es da.

Je massiver um die 1920er Jahre herum die Rationalisierung in den Fabriken vorangetrieben wurde, je schwerer die nochmals und nochmals verschärfte Akkordarbeit drückte, desto dringender wurde für die Gewerkschaften der Kampf um Erholpausen. Für Arbeiterinnen über 16 Jahren sah die seinerzeit geltende Gewerbeordnung Pausenregeln vor, nicht aber für die Arbeiter. Und wie schon 100 Jahre zuvor die Pausenregeln für Kinder mangels Kontrolle einfach umgangen wurden, so gab es auch das Recht auf Pausen für die Frauen in den Fabriken ganz überwiegend nur auf dem Papier.

Erfolge der Nachkriegsjahre 

In der Gründungsphase der Bundesrepublik konnten Zug um Zug umfassendere Schutzbestimmungen für Arbeiterinnen und Arbeiter sowie für die Angestellten durchgesetzt werden. Heute schreibt das Arbeitszeitgesetz von 1994 einen Mindestumfang von gesetzlichen Ruhepausen während des Arbeitstages vor; das sind bei einer Arbeitszeit von sechs bis neun Stunden 30 Minuten, bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden 45 Minuten. Nach dem Arbeitszeitgesetz muss die gesetzliche Ruhepause mindestens 15 Minuten betragen. Die ab sechs Stunden vorgeschriebene Ruhezeit von 30 Minuten kann also in zwei Pausen von je 15 Minuten unterteilt werden.

Die Pausen müssen im Vorhinein festgelegt werden und genommen werden können. In der Pause darf der Arbeitsplatz verlassen werden und man muss nicht erreichbar sein. Die gesetzlichen Ruhepausen werden grundsätzlich nicht entlohnt, sie gelten nicht als Arbeitszeit.

Pause bleibt ein Dauerthema gewerkschaftlicher Arbeit

Den Gewerkschaften ist es jedoch in den zurückliegenden Jahren gelungen, über die unbezahlte gesetzliche Ruhepause hinaus bezahlte Pausen durchzusetzen. So gelang es 1978 der Industriegewerkschaft Druck und Papier, der Nachfolgerin des Buchdruckerverbands und Vorgängerin von ver.di, die sogenannte Bildschirmpause tarifvertraglich festzuschreiben. Allerdings erst nach einem langen Arbeitskampf. „Bei Tätigkeiten, die überwiegend Blick-Kontakt zum Bildschirm von mehr als 4 Stunden zusammenhängend erfordern, muss (...) entweder jede Stunde Gelegenheit zu einer fünfminütigen oder alle zwei Stunden zu einer fünfzehnminütigen Unterbrechung dieser Tätigkeit bestehen“, heißt es in dem hart erkämpften Tarifwerk über die „Einführung und Anwendung rechnergesteuerter Textsysteme“.

Nach einem dreiwöchigen Streik war es fünf Jahre zuvor der IG Metall gelungen, für die Akkordarbeiter in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden eine fünfminütige bezahlte zusätzliche Erholungspause durchzusetzen. Bekannt geworden ist sie nach dem damaligen IG-Metall-Verhandlungsführer als „Steinkühler-Pause“. Und nicht nur die wurde erreicht: Zudem wurden drei bezahlte Minuten pro Stunde für persönliche Bedürfnisse erkämpft.

1990 dann stritten die Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Postgewerkschaft, Gründungsgewerkschaft von ver.di, für bezahlte Pausen, unter der Losung: „Wenn Arbeit kaputt macht, hört der Spaß auf“. In dem seinerzeit erreichten „Bemessungstarifvertrag“ wurde das Recht auf bezahlte „Erholzeiten“ in jeder Arbeitsstunde festgelegt, pro Woche
insgesamt immerhin vier Stunden und fünf Minuten.

In Tarifverträgen der ver.di gibt es insbesondere in Schichtbetrieben Regelungen, nach denen Pausen bezahlt werden müssen. Es hat viele Auseinandersetzungen gekostet, bis es schließlich heißen konnte: Endlich Pause!

Und immer wieder mussten die Gewerkschaften und ihre Mitglieder darum kämpfen, dass es auch dabei blieb. Lasst uns das Recht auf Pause nutzen. Denn: Eine Pause tut allen gut.