ver.di weist erneute Forderungen nach Sonntagsöffnungen zurück

01.12.2020

1. Dezember 2020 | Am Sonntag gilt Ruhe von der Arbeit. Wichtige Ausnahmen gibt es nur für Rettungsdienste, Feuerwehr, Polizei, Rundfunk, Verkehrsbetriebe, Messen und Kunstschaffende, nicht aber für den Handel. Für Schnäppchenjagd dürfen die Geschäfte nicht öffnen. Doch der Handel sucht immer wieder nach neuen Schlupflöchern. Und so kommt es regelmäßig zu Gerichtsurteilen, die den Sonntagsschutz verteidigen müssen. Anlässlich der Wirtschaftsministerkonferenz der Bundesländer hat der Handelsverband Deutschland (HDE) erneut gefordert, die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage zu erhöhen. ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger bezeichnet den Vorstoß des HDE als „allmählich ermüdend“.

 
Mit Plexiglas gegen das Corona-Virus – immer mehr Kassen im Lebensmittelhandel werden mit transparenten Schutzwänden versehen


Auch durch die ständige Wiederholung werde die Behauptung nicht richtiger, dass Sonntagsöffnungen zu einer Entzerrung der Kundenströme beitrügen, sagt Stefanie Nutzenberger. Das Gegenteil sei der Fall. Sonderöffnungen, die zudem oft von besonderen Angeboten begleitet würden, wirkten als Anreiz für Menschen, gerade an diesem Tag in die Geschäfte zu eilen, so die Gewerkschafterin. „Das führt zu gefährlichen Menschenansammlungen, nicht zu einer Entspannung der Lage.“

 

„Die Rechtssicherheit von Sonntagsöffnungen, die der HDE fordert, besteht eben darin, dass diese nur als Begleitung für bedeutende Anlässe statthaft sind. Alles andere würde bedeuten, sich die Gesetze zurechtbiegen zu wollen.“

Stefanie Nutzenberger, ver.di-Bundesvorstandsmitglied

Diese Ansicht hat vor wenigen Tagen auch das Oberverwaltungsgericht Münster vertreten, das die Genehmigung von Sonntagsöffnungen in der Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen gekippt hat, weil eine präventive Wirkung geöffneter Geschäfte nicht erkennbar sei. Und auch die Bilder des diesjährigen „Black Friday“ zeigen das ungewollte Entstehen von Menschenansammlungen. „Lange Schlangen vor Geschäften verdeutlichen die Gefahr eines Kundenansturms. Es ist die Werbepolitik der Einzelhandelsketten, die zu einem konzentrierten Ansturm von Kundinnen und Kunden führt. So provoziert man Hotspots, ohne dass die Gesamtumsätze relevant zunehmen“, kritisiert Nutzenberger.

Die Unternehmen im Einzelhandel sollten Rücksicht auf die Beschäftigten nehmen. Die Kolleginnen und Kollegen hätten ein langes Jahr unter extremen Arbeitsbedingungen hinter sich. Ihnen jetzt auch noch die verdiente Ruhe an den Adventssonntagen nehmen zu wollen, sei eine Unverschämtheit. Auch der HDE müsse endlich zur Kenntnis nehmen, dass der Schutz des arbeitsfreien Sonntags nicht umsonst im Grundgesetz festgeschrieben sei. „Die Rechtssicherheit von Sonntagsöffnungen, die der HDE fordert, besteht eben darin, dass diese nur als Begleitung für bedeutende Anlässe statthaft sind. Alles andere würde bedeuten, sich die Gesetze zurechtbiegen zu wollen“, so Nutzenberger.