Zum 1. Oktober 2022 steigt der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro die Stunde. 8,6 Millionen Menschen werden davon profitieren, mehrheitlich vor allem Frauen. Warum es einen gesetzlichen Mindestlohn braucht und was Beschäftigte noch wissen müssen
Der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde steht nichts mehr im Weg. Die neue Bundesregierung aus SPD, Grüne und FDP hat es in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Der alte und neue Bundesarbeitsministers Hubertus Heil (SPD) hat inzwischen einen Gesetzentwurf dazu vorgelegt. Demnach soll der Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 auf 12 Euro angehoben werden. Nach der einmaligen Anpassung wird die unabhängige Mindestlohnkommission dann wieder über die weiteren Erhöhungsschritte befinden. Aktuell beträgt die Lohnuntergrenze seit dem 1. Januar 9,82 Euro. Die vorgesehene zweite Erhöhung zum 1. Juli in diesem Jahr auf 10,45 Euro soll laut Heil nicht ausgesetzt werden, sondern vor dem Schritt auf 12 Euro erfolgen.
8,6 Millionen Beschäftigte verdienen derzeit weniger als 12 Euro brutto pro Stunde. Rund zwei Drittel dieser 8,6 Millionen Menschen sind Frauen. Sie würden unmittelbar von dem höheren Mindestlohn profitieren; ver.di fordert bereits seit langem die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro. Ein höheres Einkommen würden in der Mehrheit zudem Beschäftigte mit Berufen erzielen, die eine abgeschlossene Ausbildung erfordern.
Nach der Erhöhung auf 12 Euro wird es nicht – wie bisher geplant – 2023 die nächste Erhöhung des Mindestlohns geben. Die soll es laut des vorliegenden Gesetzesentwurfes frühestens zum 1.1.2024 geben. Über dessen Höhe wird dann wieder die Mindestlohnkommission entscheiden. Auf mindestens 12 Euro pro Stunde hatte sich der ver.di-Bundeskongress im September 2019 festgelegt. Inzwischen fordert ver.di bereits für 2023 eine weitere Erhöhung, die deutlich über die 12 Euro hinausgeht.
Höhe aktuell: 9,82 Euro seit dem 1. Januar 2022
Weitere terminierte Erhöhung in 2022:
1. Juli 2022: 10,45 Euro
Zum 1. Oktober 2022 soll laut eines Gesetzesentwurfs der von der Regierung angekündigte Mindestlohn-Antieg auf 12 Euro kommen.
Bei seiner Einführung zum 1. Januar 2015 lag die Höhe bei 8,50 Euro pro Stunde.
Besser bezahlt werden würden auch Beschäftigte ohne Tarifvertrag. Diese sind derzeit nämlich rund dreimal so häufig von Löhnen unter 12 Euro betroffen wie Beschäftigte, die nach Tarif bezahlt werden. Rund 30 Prozent der Beschäftigten, die in ihrem Hauptjob nicht nach einem Tarifvertrag bezahlt werden, arbeiten momentan noch für weniger als 12 Euro pro Stunde. Mit Tarifvertrag sind es lediglich 9,5 Prozent. Zu diesen Ergebnissen ist eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung gekommen.
Die Studie zeigt auch, dass die große Mehrzahl der Beschäftigten ihr Haupteinkommen aus ihrem Lohn erzielen, der derzeit noch bei unter 12 Euro in der Stunde liegt. Das betrifft insgesamt 7,3 Millionen von ihnen, etwa 1,3 Millionen gehen einer Nebentätigkeit nach. Bereits vor zwei Jahren kamen Löhne unter 12 Euro am häufigsten im Einzelhandel, dem Gesundheitswesen, der Gebäudebetreuung, der Gastronomie und dem Sozialwesen vor. Unter den Berufen waren unter anderem Fachkräfte in Gastronomie und Hauswirtschaft, Verkäuferinnen und Verkäufer, medizinische Fachangestellte, Köche oder Berufskraftfahrende stark betroffen. Zudem Hilfskräfte in Reinigung, Hauswirtschaft, Küchen und Logistik.
Die Einführung und Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns haben seit 2015 die Einkommenssituation von Millionen Menschen in Deutschland verbessert, von denen nicht wenige in „systemrelevanten“, aber niedrig bezahlten Berufen arbeiten. Der Mindestlohn hat dadurch die private Konsumnachfrage spürbar unterstützt, die in den vergangenen Jahren wesentlich zum Wirtschaftswachstum in Deutschland beigetragen hat. Ohne ver.di und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gäbe es den gesetzlichen Mindestlohn womöglich bis heute nicht in Deutschland. Zehn Jahre lang haben sich vor allem ver.di und die NGG für ihn stark gemacht. Und seit seiner Einführung setzen sie sich für seine ständige Erhöhung ein. Ist der gesetzliche Mindestlohn zu niedrig, würde er schon bald seine positive Wirkungen verlieren.
Im Jahr 2009 haben wir in diesem Video am Beispiel der Familie Otto Normalverbraucher erklärt, warum wir den Mindestlohn brauchen - gilt immer noch.
Der Mindestlohn steigt weiter – und wie schon oben erwähnt – bereits zum Oktober 2022 mit einem großen Schritt auf 12 Euro. Vorerst ist die Erhöhung auf 10,45 Euro pro Stunde ab Mitte des Jahres 2022 vorgesehen. Darauf hatte sich die Mindestlohnkommission Ende Juni 2020 verständigt. Seinerzeit wurde nach zähem Ringen in dem Gremium ein Kompromiss erreicht, eine Anhebung in insgesamt vier Schritten. Innnerhalb von zwei Jahren muss sich die Mindestlohnkommission dann normalerweise auf eine neue Empfehlung verständigt haben, wie es mit der Entwicklung der Lohnuntergrenze weitergehen soll. Als Orientierung gelten dabei die jeweiligen Lohnentwicklungen und Tarifabschlüsse in Deutschland. Angelehnt an die Lohnsteigerungen im Land steigt dann entsprechend auch der Mindestlohn.
Die Mindestlohnkommission der Bundesregierung hat neun Mitglieder, neben dem Vorsitzenden und zwei Wissenschaftler*innen gehören ihr je drei Vertreter*innen der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite an. Zu letzteren zählt derzeit die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Alle zwei Jahre legt die Kommission bis spätestens zum 30. Juni einen Bericht vor und gibt eine Empfehlung für die Lohnuntergrenze in den folgenden beiden Jahren ab.
„Allen Beteiligten ist klar, dass es sich dabei um einen Kompromiss handelt, an dessen Ende aber immerhin eine deutliche Erhöhung steht, die den betroffenen Beschäftigten Verlässlichkeit gibt“, kommentierte Kocsis die Ende Juni 2020 erreichte Einigung.
Die Gewerkschaften begrüßen den vom Bundesarbeitsminister auf den Weg gebrachten Gesetzesentwurf zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro die Stunde zum 1. Oktober 2022. Der Vorsitzende der Mindestlohnkommission warnt dagegen vor einem in seinen Augen zu schnellen Anstieg der Lohnuntergrenze auf 12 Euro.
Derzeit orientiert sich die Empfehlung für den Mindestlohn an der Lohnentwicklung in Deutschland, so ist es im Gesetz vorgesehen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, SPD, will sich diesen Mechanismus genauer ansehen. Er könne sich eine stärkere Koppelung an den Median, das mittlere Durchschnittseinkommen in Deutschland, vorstellen.
Die Gewerkschaften begrüßen auch diese Ankündigung. Sie hatten bereits im vergangenen Jahr gefordert, diese Vorgabe zu ändern. 2018 verdiente nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund ein Viertel der Beschäftigten, also rund 10 Millionen Menschen, weniger als 12 Euro pro Stunde. Besonders prekär war die Situation in den ostdeutschen Bundesländern. Hier bekommen 36,7 Prozent der Beschäftigten weniger als 12 Euro pro Stunde, an der Spitze liegt Mecklenburg-Vorpommern mit 38 Prozent.
Eine Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung hat darüber hinaus ergeben, dass sich eine solche Anhebung positiv auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auswirken würde. Zugleich wird auf Studien aus den USA verwiesen, die gezeigt hätten, „dass eine Erhöhung des Mindestlohns auf 60 bis 66 Prozent des Medianlohns ohne negative Auswirkungen auf die Beschäftigung möglich ist“, so die Wissenschaftler*innen des IMK in einer Pressemitteilung.
In der EU gibt es Bestrebungen, in den Mitgliedsländern Mindestlöhne einzuführen, die bei 60 Prozent des jeweiligen Medianlohns liegen sollen. Deutschland kommt dabei derzeit nur auf 45,6 Prozent – und liegt im EU-Vergleich so betrachtet am unteren Ende des Rankings.
Beim Start der „Initiative Mindestlohn“ von ver.di und NGG im März 2006 lautete die zentrale Forderung noch „Kein Lohn unter 7,50 Euro pro Stunde“.Sie wurde auf 4.000 Großflächenplakaten in ganz Deutschland beworben und über einen Blog kommuniziert. Bei seiner endgültigen Einführung 2015 lag er schließlich bei 8,50 Euro, ab dem 1. Juli 2021 werden es 9,60 Euro sein. In der Europäischen Union bewegt sich Deutschland damit im oberen Drittel. Nur in Luxemburg liegt der gesetzliche Mindestlohn bereits bei über 12 Euro, eine Höhe, die ver.di möglichst schnell auch hierzulande erreichen möchte.
Zudem: Die Bundesregierung war vor der Verabschiedung des Gesetzes dem Druck aus der Wirtschaft erlegen und hat Ausnahmen für Langzeitarbeitslose, Unter-18-Jährige und Beschäftigte bestimmter Branchen wie der Zeitungszustellung ins Gesetz geschrieben. Aktuell sind Pflichtpraktikanten, Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, Auszubildende, ehrenamtlich tätige Mitarbeiter*innen, Langzeitarbeitslose, Freiberufler*innen und Selbstständige vom Mindestlohn ausgeschlossen.
Unter einem Mindestlohn versteht man einen Lohn, der durch ein Gesetz oder einen von Gewerkschaften ausgehandelten Tarifvertrag festgelegt wird. Dieser Mindestlohn darf dann nicht mehr unterschritten werden. Dabei kann sich die Regelung über einen Mindestlohn entweder auf den Stundenlohn oder den Monatslohn beziehen. ...
Bevor zum 1.1.2015 in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn eingeführt wurde, gab es bereits für einige Branchen einen sogenannten Branchenmindestlohn. So zum Beispiel in folgenden Branchen: Abfallwirtschaft, Pflege, Bauhauptgewerbe, Bergbauspezialarbeiten, Wäschereidienstleistungen, Objektkundengeschäft, Dachdecker-, Elektro-, Gebäudereiniger- sowie Maler- und Lackiererhandwerk. Bereits 1970 hatte die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) eine Absichtserklärung zur Einführung von Verfahren zur vertraglichen Festlegung von Mindestlöhnen beschlossen. Im Jahr 2000 hatten erst 51 der 181 ILO-Mitgliedsstaaten eine solche Absichtserklärung zur Einführung von Mindestlöhnen in Kraft gesetzt. Inzwischen gibt es laut der ILO in über 90 Prozent ihrer Mitgliedsstaaten Mindestlöhne.
Die verstehen das nämlich genauso wenig wie Menschen, die mit Gewerkschaften bisher noch nichts zu tun hatten. Unsere Kinderreporter wollten diesmal wissen, was denn genau der Mindestlohn ist. Gewerkschaft für Anfänger.
Anders als bei unseren europäischen Nachbarn, die prozentuale Abstufungen für einen Jugendmindestlohn geltend machen, sind Minderjährige in Deutschland komplett vom Mindestlohn ausgenommen. Auch für Auszubildende und junge Leute in Einstiegsqualifizierungen (egal, ob öffentlich gefördert oder tariflich vereinbart) oder Pflichtpraktika im Rahmen einer Ausbildung oder eines Studiums gilt der Mindestlohn nicht, da es sich hierbei um ein Lernverhältnis handelt. ...
Azubis erhalten tariflich ausgehandelte Auszubildendenvergütungen. Auch wenn ein Auszubildender über 18 Jahre alt sein sollte, besteht im Ausbildungsverhältnis kein Anspruch auf Mindestlohn, wohl aber für einen Nebenjob. Menschen, die ein freiwilliges Orientierungs-Praktikum (vor Ausbildung oder Studium) machen, haben erst nach einer Dauer von drei Monaten Anspruch auf den Mindestlohn. Für alle Praktika gilt aber, dass die Vertragsinhalte vom Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt werden müssen, insbesondere die Lern- und Ausbildungsziele. Langzeitarbeitslose, die seit über einem Jahr bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet sind, haben erst sechs Monate nach Wiederaufnahme einer Tätigkeit das Recht auf einen Mindestlohn. Auch diese Regelung haben die Gewerkschaften von Anfang an kritisiert, weil Drehtüreffekte zu befürchten sind: Nach dem Motto „Heuern und Feuern“ könnten Arbeitgeber alle sechs Monate einen neuen Langzeitarbeitslosen einstellen, um so die Zahlung des Mindestlohns zu vermeiden.
Nein. Ein Ehrenamt ist in der Regel als freiwilliges öffentliches Amt zu verstehen, das nicht auf Entgelt ausgerichtet ist. Insofern erhalten Personen, die ein Ehrenamt ausüben, auch keinen Lohn, sondern allenfalls eine Entschädigung für den entstandenen Aufwand. Nach § 22 Abs. 3 des Mindestlohngesetzes ist ehrenamtliche Tätigkeit somit vom Mindestlohn ausgenommen. ...
Der Gesetzgeber hat aber klargestellt, dass nur ehrenamtliche Tätigkeit im engeren Sinn darunter fällt. Es darf nicht die Erwartung der finanziellen Gegenleistung im Vordergrund stehen und die Tätigkeit muss auf das Allgemeinwohl ausgerichtet sein. Wenn dies gegeben ist, können auch mehrere Tätigkeiten nebeneinander ausgeübt werden. Der Gesetzgeber will damit vor allem die Arbeit von Vereinen, im Sportbereich, Musikgruppen usw. nicht beinträchtigen. Die Vergütung dieser Tätigkeiten erfolgt häufig über die sogenannte Übungsleiterpauschale bzw. den Ehrenamtsfreibetrag. So müssen sogenannte „ehrenamtliche“ Tätigkeiten etwa in der Altenpflege, im Gesundheitswesen oder in der Erziehung, die im Rahmen eines Minijobs verrichtet werden, mindestens mit 8,50 Euro pro Stunde vergütet werden, weil es sich eben nicht um ein Ehrenamt handelt. Wer Übungsleiterpauschalen bekommt, wird steuerlich begünstigt. Ob auch Anspruch auf Mindestlohn besteht, kommt auf den Einzelfall an. Auch wenn diese Tätigkeit aus steuerlichen Gründen als ehrenamtlich bezeichnet wird, kann sie eine Arbeitstätigkeit sein.
In einigen Branchen ist es den Gewerkschaften gelungen, tarifliche Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz durchzusetzen. Diese Löhne wurden von der Bundesregierung per Rechtsverordnung für die Beschäftigten einer Branche allgemein verbindlich erklärt. ...
Arbeitnehmer*innen in diesen Branchen, die persönlich unter den Geltungsbereich des Mindestlohn-Tarifvertrags fallen, dürfen zwingend keinen geringeren Stundenlohn erhalten – unabhängig davon, ob sie von inländischen Arbeitgebern beschäftigt werden oder von Arbeitgebern aus anderen europäischen Ländern nach Deutschland entsandt worden sind.
Ja, auch Volljährige mit geringfügiger Beschäftigung (bis zu 450 Euro im Monat) haben Anspruch auf den gesetzlich gültigen Mindestlohn, unabhängig davon, wie viele Stunden pro Woche sie arbeiten. ...
Auch sogenannte Kleinunternehmer (die im Rahmen der Steuergesetze von der Zahlung der Umsatzsteuer befreit sind) müssen ihren Beschäftigten den geltenden Mindestlohn zahlen.
Zuständig für die Einhaltung des Gesetzes ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), die beim Zoll angesiedelt ist. Sie hat auch bisher schon die Branchenmindestlöhne auf Einhaltung kontrolliert. Um die neuen Aufgaben bewältigen zu können, hat die Regierung bei Einführung des gesetzlichen Mindestlohns angekündigt, dass das Personal bei der FKS um 1.600 Stellen aufgestockt werden soll. ...
Allerdings waren bereits in der Vergangenheit rund 500 Stellen nicht besetzt, zudem müssen Beschäftigte mit dieser spezifischen Aufgabe immer auch ausgebildet werden. Die nötigen Kontrollen waren daher mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2015 noch nicht gewährleistet. Inzwischen wurden aber wiederholt Verstöße gegen das Gesetz festgestellt. In Betrieben mit Betriebsräten achten diese nach Kräften auf die Einhaltung des Mindestlohns.
Die Mindestlohnkommission berät nachlaufend zu den Tarifverhandlungen alle zwei Jahre über eine Anpassung des Mindestlohns. Die Kommission besteht aus Vertreter*innen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie Sachverständigen aus der Wissenschaft. Am Ende befindet die Bundesregierung darüber, ob sie den gefundenen Kompromiss per Rechtsverordnung in Kraft setzt. ...
Erstmals hat die Kommission im Jahr 2016 getagt und über die Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar 2017 beraten. Für die Zeitungszusteller wurde seinerzeit eine Erhöhung der 8,50 Euro Mindestlohn pro Stunde allerdings erst nach einer Übergangsfrist ab 2018 in Aussicht gestellt. Und auch für Branchen mit einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag konnte der Mindestlohn von 8,50 Euro erst ab dem Jahr 2018 erhöht werden.
Nein. Auch Rentnerinnen und Rentner haben Anspruch auf den geltenden Mindestlohn, wenn sie sich zu ihrer Rente etwas dazuverdienen.
Ja. Der gesetzliche Mindestlohn wird nicht nach Regionen differenziert.
Ja, alle Beschäftigten, die in Deutschland arbeiten, haben seit dem 1. Januar 2015 grundsätzlich Anspruch auf den geltenden Mindestlohn. Das gilt auch, wenn die Beschäftigten oder die Unternehmen, bei denen sie angestellt sind, aus dem Ausland kommen.
Ja. Wie alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigte haben auch Taxifahrer*innen Anspruch auf den Mindestlohn. Anders sieht es bei den Selbstständigen aus – egal in welcher Branche: Für sie gilt der gesetzliche Mindestlohn nicht.
Der Gesetzgeber hatte eine Ausnahme für Zeitungszusteller*innen festgelegt. Sie hatten seit dem 1. Januar 2015 mindestens Anspruch auf 75 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns (6,38 Euro) und ab dem 1. Januar 2016 auf 85 Prozent (7,23 Euro). ...
Ab dem 1. Januar 2017 haben sie dann auch mindestens 8,50 Euro pro Stunde erhalten. Seit 2018 bekommen die Zeitungszusteller*innen den Mindestlohn, der von der Mindestlohnkommission jeweils beschlossen wird. Was bedeutet das? Seit 2018 gilt ein einheitlicher Mindestlohn für alle.
Ab Januar 2015 hatten alle Beschäftigten grundsätzlich 8,50 Euro brutto pro Stunde erhalten. Zum 1. Juli 2021 wird er um 10 Cent auf 9,60 Euro pro Stunde steigen, ab 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro.
Während einer Übergangsfrist zwischen 01.01.2015 und 31.12.2016 konnte über Tarifverträge, die für allgemein verbindlich erklärt wurden, von den 8,50 Euro nach unten abgewichen werden. Allgemein verbindliche Tarifverträge gelten immer für alle Beschäftigten einer Branche, unabhängig davon, ob der einzelne Betrieb selbst einen Tarifvertrag abgeschlossen hat. ...
Von den 2015 eingeführten 8,50 Euro Mindestlohn abweichende Tarifverträge gab es zum Beispiel bei Friseuren, Beschäftigten in der Fleischindustrie, in der Land- und Forstwirtschaft und im Gartenbau. Allgemein verbindliche Branchenmindestlöhne, die bereits existierten und höher als 8,50 Euro lagen (z.B. im Bauhauptgewerbe) hatten natürlich weiterhin Bestand.
Beschäftigte, die befristet in einer Saison – zum Beispiel im Hotel- und Gaststättengewerbe oder in der Landwirtschaft – arbeiten, erhalten den Mindestlohn. Wenn die Saisonbeschäftigung weniger als 50 Tage im Jahr ausgeübt wird, muss für diese Tätigkeit keine Sozialversicherung gezahlt werden. Das gilt aber nur, wenn die Beschäftigung nur gelegentlich und nicht berufsmäßig ausgeübt wird. ...
Das heißt, diese Tätigkeit darf nicht allein für die Sicherung des Lebensunterhalts bestimmend sein. Deswegen können Personen, die arbeitslos sind, diese Ausnahme nicht in Anspruch nehmen. Da weder Arbeitgeber noch Beschäftigte für die saisonale Beschäftigung Sozialversicherungsbeiträge zahlen, stellt sich die Frage, wer die soziale Sicherung übernimmt. Es sollte in jedem Fall sichergestellt sein, dass eine Kranken- und Unfallversicherung besteht. Dies muss mit dem Arbeitgeber geklärt werden. Arbeitgeber können zudem Kosten für Essen und Unterkunft in angemessenem Rahmen vom Mindestlohn abziehen. Auch ein Wegegeld kann unter bestimmten Umständen vom Mindestlohn abgezogen werden.
Jede*r muss sich an das Gesetz halten, sonst drohen Strafen/Bußgelder. Zunächst sollte der Vorgesetzte auf das Mindestlohngesetz hingewiesen werden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) informiert über den Mindestlohn. ...
Telefonisch gibt das Bürgertelefon des BMAS montags bis donnerstags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter 030/60 28 00 28 zum Thema Mindestlohn Auskunft. Kommt es hart auf hart, muss leider jede*r einzelne betroffene Beschäftigte den Arbeitgeber auf Zahlung des Mindestlohns verklagen. Gewerkschaftsmitglieder können sich bei ihrer Gewerkschaft kostenlos rechtlich beraten lassen und erhalten im Ernstfall Rechtsschutz.
Gegner branchenspezifischer Mindestlöhne und eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns führen immer wieder an, sie würden Arbeitsplätze vernichten. Tatsächlich haben weder Branchenmindestlöhne noch der gesetzliche Mindestlohn zum Abbau von Beschäftigung geführt. Vielmehr hat sich die Einkommenssituation von Millionen Beschäftigten im Niedriglohnsektor deutlich verbessert. ...
Über 80 Prozent der Bevölkerung sprechen sich längst für einen Mindestlohn aus. Vor allem ver.di und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) haben über die Jahre, in denen sie sich für die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland eingesetzt haben, dafür gesorgt, dass der Öffentlichkeit bewusst geworden ist, dass viel zu viele Menschen für Löhne schuften müssen, die zum Leben nicht reichen. Sie haben öffentlich gemacht, dass Niedriglöhne vor allem ein lohnendes Geschäftsmodell für Arbeitgeber sind, das wir alle über unsere Steuergelder mitfinanzieren.
Existenzsichernde Lohnuntergrenzen, also Mindestlöhne, gibt es auch in vielen anderen Ländern. Wie Deutschland haben die meisten europäischen Staaten ihre Mindestlöhne zum Jahreswechsel erhöht. Der mittlere Zuwachs betrug zum 1. Januar 2022 in der Europäischen Union 4 Prozent und fiel damit etwas größer aus als im Vorjahr (3,1 Prozent).
Aufgrund der höheren Verbraucherpreise lag die reale, inflationsbereinigte Steigerung in diesem Jahr aber nur bei 1,4 Prozent und war damit etwas geringer als 2021 (1,6 Prozent). So geht es aus dem aktuellen internationalen Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervor.
Einen deutlich höheren Mindestlohn als die aktuell 9,82 Euro in Deutschland haben die Niederlande (10,58 Euro), Frankreich (10,57 Euro), Irland (10,50 Euro) sowie Belgien (10,25 Euro). In Luxemburg wird in Europa momentan der höchste Mindestlohn gezahlt, er liegt dort aktuell bei 13,05 Euro. In Großbritannien wird der Mindestlohn ab April 2022 bei umgerechnet 11,05 Euro liegen.
18 EU-Staaten haben ihre Mindestlöhne zum 1. Januar 2022 im Jahresvergleich erhöht, Bulgarien wird zum 1. April nachziehen, ebenso wie das Ex-Mitglied Großbritannien. Luxemburg hat die Lohnuntergrenze zuletzt im Herbst 2021 angehoben. Jenseits des EU-Mittelwerts von 4 Prozent zeigt sich eine erhebliche Bandbreite bei den nominalen Zuwächsen. Die prozentual stärksten Anhebungen verzeichnen, wie in den Vorjahren, die meisten mittel- und osteuropäischen EU-Länder, wo die nominalen Zuwachsraten im Jahresvergleich zwischen 3,6 Prozent in der Slowakei und 24,2 Prozent in Ungarn liegen. In den west- und südeuropäischen Mitgliedsländern reichen die Anhebungen von 1 Prozent in Malta, 2,4 Prozent in den Niederlanden, 3,1 Prozent in Frankreich bis zu 6 Prozent in Portugal.
Die Mindestlöhne in den südeuropäischen EU-Staaten reichen von 3,83 Euro in Griechenland und 4,25 Euro in Portugal bis zu 6,06 Euro in Spanien. Etwas darüber liegt mit 6,21 Euro Slowenien. In den meisten anderen mittel- und osteuropäischen Staaten sind die Mindestlöhne niedriger.
Die Niveauunterschiede spiegeln zum Teil unterschiedliche Lebenshaltungskosten wider. Keinen Mindestlohn haben Österreich, die nordischen Länder und Italien. In diesen Staaten besteht aber eine sehr hohe Tarifbindung, die auch vom Staat stark unterstützt wird. Faktisch ziehen dort also Tarifverträge eine allgemeine Untergrenze ein, sodass der Niedriglohnsektor in diesen Ländern deutlich kleiner als in Deutschland ist.
Auch außerhalb der EU sind Mindestlöhne weit verbreitet. Exemplarisch betrachtet das WSI die Mindestlöhne in 16 Nicht-EU-Ländern mit ganz unterschiedlichen Mindestlohnhöhen. Sie reichen von umgerechnet 0,83 Euro in Moldawien, 0,86 Euro in Brasilien, 0,92 Euro landesweit in Russland über 6,13 Euro in den USA und 7,16 Euro in Japan bis zu umgerechnet 11,96 Euro in Neuseeland und 12,91 Euro in Australien. Insbesondere in den USA, wo der landesweite Mindestlohn seit 2009 nicht mehr erhöht wurde, gibt es neben der sehr niedrigen nationalen höhere regionale Untergrenzen. So beträgt der Mindestlohn in Kalifornien umgerechnet 11,84 Euro und in New York 11,16 Euro; noch höher ist der Mindestlohn in Washington DC (15,20 Dollar, umgerechnet 12,85 Euro).