Befristete Arbeitsverträge sind entweder aus sachlichem Grund befristet oder kalendermäßig – sogenannte sachgrundlose Befristungen. Jeder 13. Arbeitsvertrag abhängig Beschäftigter über 25 Jahren hat ein solches Verfallsdatum. In Folge bedeutet das ein Leben in Unsicherheit
Befristete Arbeitsverträge sind entweder aus sachlichem Grund befristet oder kalendermäßig – sogenannte sachgrundlose Befristungen. Jeder 13. Arbeitsvertrag abhängig Beschäftigter über 25 Jahren hat laut Statistischem Bundesamt ein solches Verfallsdatum. In Folge bedeutet das für die Menschen ein Leben in Unsicherheit, denn wer einen befristeten Arbeitsvertrag hat, kann nicht richtig für die Zukunft planen. Mit einem befristeten Arbeitsvertrag überlegen sich Beschäftigte dreimal mehr, ob sie sich krankmelden oder gewerkschaftlich engagieren, beispielsweise bei einem Streik. Damit werden sie schnell zum Spielball von manchen Arbeitgebern, die ihre prekäre Situation ausnutzen, zum Beispiel als Streikbrecher. ver.di setzt sich seit Jahren gegen den Missbrauch von Befristungen ein.
Laut einer aktuellen Auswertung der Hans-Böckler-Stiftung sind nach neuesten verfügbaren Daten von Ende 2023 fast 38 Prozent aller Neuanstellungen befristet, bei jungen Beschäftigten fast die Hälfte. Den höchsten Anteil (62,5 Prozent) befristet begonnener Beschäftigungsverhältnisse gibt es in der Universitätsstadt Heidelberg mit ihrem großen Universitätsklinikum. Dicht gefolgt von Köln, wo Medien- und Werbewirtschaft ein erhebliches Gewicht haben und zuletzt 62,2 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Einstellungen befristet waren. An dritter Stelle liegt Potsdam (59,0 Prozent), was nicht zuletzt auf die dortige Filmindustrie zurückzuführen sein dürfte.
Insbesondere junge Menschen sind von Befristungen betroffen, was eine zuverlässige Lebensplanung erschwert. Von den neu Eingestellten unter 25 Jahren haben 48,4 Prozent nur einen befristeten Arbeitsvertrag, in der Altersgruppe zwischen 25 und 54 Jahren sind es 35,1 Prozent. Bei den Einstellungen von 55 bis unter 65-Jährigen sinkt der Anteil knapp unter ein Drittel (32,3 Prozent), steigt dann aber bei Neueinstellungen im Rentenalter wieder stark an: Über die Hälfte aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse im Rentenalter wurden 2023 befristet abgeschlossen. Laut Teilzeit- und Befristungsgesetz können Arbeitslose nach dem 52. Lebensjahr unter bestimmten Umständen auch länger als Jüngere befristet eingestellt werden, was die Statistik bei Älteren befeuert.
Schaut man auf die Qualifikation, müssen sowohl Beschäftigte ohne Ausbildungsabschluss (50,2 Prozent) als auch Hochschulabsolvent*innen (41,1) in einem neuen Job mit einem befristeten Vertrag Vorlieb nehmen. Deutlich niedriger ist der Anteil von Befristungen bei Einstellungen von Personen mit abgeschlossener beruflicher Ausbildung. Allerdings erhalten auch von ihnen 27,6 Prozent erstmal nur einen befristeten Job.
Besonders verbreitet sind befristete Neueinstellungen auch bei bestimmten Tätigkeiten: So werden Beschäftigte in den darstellenden, unterhaltenden Berufen in mehr als neun von zehn Fällen befristet eingestellt. Das gleiche gilt für Wissenschaftler*innen. Besonders hier macht sich ein breites Bündnis stark, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu ändern, damit die Schlechterstellung endlich aufhört.
Die Befristung des Arbeitsvertrages ist laut Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG, § 14, Absatz 1) zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.
Ein Arbeitsvertrag, der mit einem Sachgrund befristet wurde, darf länger als zwei Jahre dauern, beispielsweise bei einer Elternzeitvertretung.
Weitere übliche und allgemein anerkannte sachliche Gründe für befristete Arbeitsverträge sind die Vertretung erkrankter, beurlaubter oder aus anderen Gründen vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderter Arbeitnehmer*innen.
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz listet auf, ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor wenn:
1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5. die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7. der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8. die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages, also ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes, ist laut Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG, § 14, Absatz 2) bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist die höchstens dreimalige Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Die Verlängerungen der sogenannten sachgrundlosen Befristung dürfen nicht dazu führen, dass die gesetzlich erlaubte Höchstdauer von zwei Jahren überschritten wird.
Eine Ausnahme hinsichtlich der Gesamtdauer befristeter Arbeitsverträge ohne Sachgrund besteht bei neu gegründeten Unternehmen (TzBfG, § 14, Absatz 2a). Existenzgründer*innen haben die Möglichkeit, in den ersten vier Jahren des Bestehens des neu gegründeten Unternehmens befristete Arbeitsverträge ohne Sachgrund bis zur Dauer von vier Jahren abzuschließen. Eine mehrfache Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages ist bis zu dieser Gesamtdauer möglich. Dies gilt aber nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen.
Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat (TzBfG, § 14, Absatz 3) und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos (im Sinne von § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch) gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme (nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch) teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.
Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) bildet seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2007 die Rechtsgrundlage für befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Es ist ein Sonderbefristungsrecht, was es erlaubt das wissenschaftliche und künstlerische Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in deutlich größerem Umfang befristet zu beschäftigen als es laut Teilzeit -und Befristungsgesetz möglich wäre. Ohne besonderen Sachgrund sind Befristungen von bis zu zwölf Jahren möglich (sechs Jahre vor und sechs Jahre nach der Promotion, in der Medizin länger).
Eine befristete Beschäftigung als studentische Hilfskraft (SHK) oder wissenschaftliche Hilfskraft (WHK) ist nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz für maximal 6 Jahre möglich.
Die Bundesländer haben in ihren Hochschulgesetzen weitere Möglichkeiten für befristete Beschäftigung insbesondere von Juniorprofessor*innen verankert. Die Befristung kann hierüber hinaus auch nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz erfolgen.
Die Befristungen während der Beschäftigung im Studium verringern nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz nicht die Möglichkeiten von befristeten Beschäftigungen nach Abschluss des Studiums. In der Novelle des Gesetzes 2016 wurde das ausdrücklich klargestellt. Wie die Praxis vor Ort aussieht, können Studierende bei ihrer Gewerkschaft ver.di oder dem jeweiligen Personal- oder Betriebsrat erfahren.
Mehr bei ver.di erfahren: https://www.verdi-studierende.de/tv-stud/faq/
Befristetete Arbeitsverhältnisse in Deutschland boomen seit Jahren. Das Phänomen erstreckt sich über alle Branchen. Was aber bedeutet Befristung für die Beschäftigten und wie hat sich die Praxis der zeitlich befristeten Verträge entwickelt?
Die Befristung des Arbeitsvertrages bedarf der Schriftform (TzBfG, 14, Absatz 4). Darunter fallen auch befristete Vertragsverlängerungen. Fehlt es an einer schriftlichen Vereinbarung, so gilt der Arbeitsvertrag als unbefristet.
Schriftlich muss die Dauer des Arbeitsverhältnisses vor Vertragsbeginn festgehalten werden. Die nach Vertragsbeginn vorgenommene schriftliche Niederlegung einer vor Vertragsbeginn mündlich getroffenen Befristungsvereinbarung kann den Formmangel nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes nicht heilen.
Befristet abgeschlossene Arbeitsverhältnisse enden ohne Kündigung mit Ablauf der vereinbarten Zeit; das heißt befristete Arbeitsverträge laufen aus. Eine vorherige Kündigung ist nur ausnahmsweise möglich.
ver.di und weitere Gewerkschaften kämpfen mit dem DGB für bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft. Insbesondere das Wissenschaftszeitvertragsgesetz muss nachgebessert werden. Der bisherige Entwurf für eine Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes bleibt weit hinter dem zurück, was im Koalitionsvertrag der Bundesregierung versprochen wurde, kritisiert ein breites Bündnis aus Studierenden- und Beschäftigtenvertretungen sowie Gewerkschaften. Über 65.000 Menschen haben eine Petition mit der Forderung nach einer wirklichen Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes unterzeichnet. Das Bündnis hat die Unterschriften im Juni 2024 an den Vorsitzenden des Bildungsausschusses im Bundestag übergeben. Unter dem Hastag #IchBinHanna haben in den letzten Jahren tausende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Misere geschildert.
Hier mehr erfahren: ver.di Gesundheit, Soziales, Bildung