Alles, was man zum Thema Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld wissen muss, ist hier in den wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst. In Krisen sind Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld ein wichtiges Instrument, um Unternehmen und Arbeitsplätze zu sichern
Insgesamt rund 7,3 Millionen Menschen sind während der Corona-Pandemie in Kurzarbeit geraten, so viele Menschen, wie noch nie zuvor zur gleichen Zeit in Deutschland. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig das Instrument der Kurzarbeit samt Kurzarbeitergeld in Deutschland ist. Allen Kurzarbeiter*innen ist gemeinsam, das sie weniger oder gar nicht arbeiten und Kurzarbeitergeld beziehen. Die Kurzarbeit ist Teil der Arbeitsmarktpolitik, um Entlassungen zu vermeiden, wenn Unternehmen vorübergehend in eine Krise geraten. Und mag die Corona-Krise eine besondere gewesen sein, in denen die Gewerkschaften zudem eine generelle Anhebung des Kurzarbeitergelds durchsetzen konnten, bleiben die Kurzarbeit und das Kurzarbeitergeld in allen Krisen ein wichtiges Instrument für Unternehmen und ihre Beschäftigten zum Erhalt von Arbeitsplätzen.
Kurzarbeit hat in der Coronakrise über zwei Millionen Jobs gerettet. Rein rechnerisch worden mehr als sechsmal so viele Arbeitsplätze gesichert wie auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009. Laut einer Studie des IMK, des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, sank die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden pro Beschäftigtem im zweiten Quartal 2020 gegenüber dem vierten Quartal 2019 um 17,6 Stunden, im entsprechenden Drei-Monatszeitraum 2009 lediglich um 3,1 Stunden. Das entspricht knapp 2,2 Millionen gesicherten Jobs in der aktuellen Krise gegenüber rund 330.000 in der Finanzkrise. Vor allem zu Beginn der Krise war in der Agentur für Arbeit, die die Anträge auf Kurzarbeit bearbeitet und das Kurzarbeitergeld auszahlt, Land unter.
Eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung war zunächst zu dem Ergebnis gekommen, dass mindestens eine Million Arbeitsplätze gerettet worden. In einer repräsentativen Befragung hatten mehr als 6.100 Erwerbstätige und Arbeitsuchende im April, Juni und November 2020 Auskunft über ihre persönliche Situation gegeben. Knapp die Hälfte der Befragten verzeichnete deutliche finanzielle Einschränkungen auf Grund von Kurzarbeit, etwas mehr als die Hälfte hatte Existenzängste.
Auch das ergab die zuvor erwähnte Studie des WSI: Im November 2020 erhielten rund 42 Prozent der Befragten eine Aufstockung ihres Kurzarbeitergeldes. Zum Teil ging das auf den automatischen Anstieg des Kurzarbeitergeldes ab dem vierten beziehungsweise dem siebten Monat Bezugsdauer durch gesetzliche Regelungen zurück. Aber auch tarifliche und betriebliche Vereinbarungen spielten und spielen immer wieder eine große Rolle: In Betrieben mit Tarifvertrag bezogen knapp 53 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit eine Aufstockung, in Betrieben ohne Tarifvertrag waren es lediglich knapp 29 Prozent. Noch höher fiel das Kurzarbeitergeld in Betrieben mit Betriebsrat aus, in denen gut 66 Prozent eine Aufstockung erhielten. Dort, wo es keinen Betriebsrat gab, also keine betriebliche Mitbestimmung, lag der Anteil bei lediglich 26 Prozent.
Kurzarbeit ist die vorübergehende Reduzierung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Sie liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, SGB III, nicht erfüllt sind.
Umso wichtiger ist es daher, dass der Betriebsrat darauf achtet, dass – wenn überhaupt Kurzarbeit eingeführt wird – diese nur dann eingeführt wird, wenn das Kurzarbeitergeld durch die Bundesagentur für Arbeit auch tatsächlich gewährt wird.
Ja, vor der Einführung der Kurzarbeit bestimmt der Betriebsrat mit (§ 87 Abs.1 Ziff. 3 BetrVG, Betriebsverfassungsgesetz)! Die Einführung von Kurzarbeit ist eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit; auch wenn sie sich nur auf bestimmte Abteilungen oder Bereiche des Betriebes erstrecken soll.
Sie unterliegt damit der vollen Mitbestimmung und damit auch dem Initiativrecht des Betriebsrats. Die Kurzarbeit bei gleichzeitiger Absenkung des Entgeltanspruchs kann der Arbeitgeber nur dann wirksam einführen, wenn es hierzu entweder einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder aber eine arbeitsvertragliche Vereinbarung gibt (siehe u.a. das Urteil des Bundesarbeitsgerichts BAG 12.10.1994, AZ: 7 AZR 398/93).
Ja, bevor es zu einer Absenkung der Gehälter durch Kurzarbeit kommt, sollten alle Alternativen überdacht und nach Möglichkeit in Anspruch genommen werden.
Hierzu können zum Beispiel die Durchführung von (Pflicht-)Schulungen in der arbeitsarmen Zeit ebenso gehören wie die Genehmigung von Urlauben, der Abbau von Überstunden, der Verzicht oder die Aussetzung von Fremdvergaben und der Einsatz von Leih- und Werksvertragsarbeitnehmer*innen. Da der Betriebsrat bei der Einführung von Kurzarbeit ein volles Mitbestimmungsrecht hat, kann er die Alternativen auch als Voraussetzung einfordern.
Bei einer vorherigen, freiwilligen befristeten Arbeitszeitreduzierung wegen des Arbeitsrückganges auf eine Rückkehrmöglichkeit auf die ursprüngliche Arbeitszeit vor der Einführung der Kurzarbeit...
auf die Auswahl der betroffenen Bereiche, Abteilungen und Beschäftigten, und damit
auf die gerechte Verteilung der Kurzarbeit
auf die Dauer der Kurzarbeit
auf die Höhe der Arbeitszeitreduzierung
auf die Einführung der Kurzarbeit nur bei Bewilligung des Kurzarbeitergelds
auf die Ankündigungsfrist vor der Rückkehr auf die ursprüngliche Arbeitszeit
auf eine regelmäßige gemeinsame Überprüfung, ob Kurzarbeit überhaupt noch erforderlich ist
auf den Ausschluss von Überstunden in der Zeit der Kurzarbeit
auf die Berechnung und Auszahlung des Urlaubsgeldes, Urlaubsentgeltes, sonstiger
Sonderzuwendungen, der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder an Feiertagen auf Grundlage der ursprünglichen Arbeitszeit (ggf. mit Mehrarbeits- und Überstundenbezahlung)
gehören Mehrarbeits- und Überstundenbezahlung zum „Alltag“, dann sollte auch für den Verlust dieses Entgeltbestandteils ein Ausgleich versucht werden
ggf. auf konkretere Regelungen zur Festlegung und Mitbestimmung bei der Lage und Verteilung der Arbeitszeiten in der Zeit der Kurzarbeit als sie die bisherigen Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeit enthalten
ggf. Aufstockung des Kurzarbeitergeldes
auf die Teilnahme des Betriebsrats an den Gesprächen mit der Bundesagentur für Arbeit
auf die regelmäßige Unterrichtung des Betriebsrats über die Auftragslage und die wirtschaftliche Situation.
ver.di unterstützt euch als Betriebsrat gern bei diesen und anderen Themen eurer Betriebsratsarbeit!
Die Bedeutung steckt schon im Wort Kurzarbeit, man arbeitet „kurz“. Tatsächlich arbeiten Beschäftigte in Kurzarbeit „kürzer“ als es in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart ist oder auch gar nicht, dann befinden sie sich in Kurzarbeit 0 oder zu 100 Prozent in Kurzarbeit. Wichtig dabei ist: Nur vorübergehend wird die regelmäßige Arbeitszeit im Betrieb reduziert oder ausgesetzt.
Die Bedeutung steckt schon im Wort Kurzarbeit, man arbeitet „kurz“. Tatsächlich arbeiten Beschäftigte in Kurzarbeit „kürzer“ als es in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart ist oder eben auch vorübergehend überhaupt nicht. Ordnet ein Betrieb Kurzarbeit an, dann ist die Ursache dafür ein erheblicher Arbeitsausfall, meist aufgrund von Auftragseinbrüchen, oder ein „unabwendbares Ereignis“ wie Hochwasser, eine Schneekatastrophe oder auch eine Pandemie wie Corona. Von Kurzarbeit betroffen können dann alle Beschäftigten eines Betriebes sein oder nur ein Teil von ihnen. Beschäftigte in Kurzarbeit arbeiten dann weniger oder aber überhaupt nicht. Bevor ein Unternehmen Kurzarbeit einführen oder anordnen kann, sind verschiedene arbeitsrechtliche Bestimmungen zu berücksichtigen. Kurzarbeit ist in jedem Fall ein wichtiges Instrument, um bei einem vorübergehenden Arbeitsausfall Kündigungen zu vermeiden. Kommt es zur Kurzarbeit, können die betroffenen Beschäftigten ihren Verdienstausfall teilweise ausgleichen, unter bestimmten Voraussetzungen haben sie Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung aus der Arbeitslosenversicherung, das sogenannte Kurzarbeitergeld (siehe weiter unten).
Normalerweise trägt jedes Unternehmen das Risiko eines Auftragsrückgangs und infolgedessen des Arbeitsausfalls. Wenn ein Betrieb keine Arbeit für seine Beschäftigten hat, muss er dennoch ihre Vergütung in voller Höhe weiterzahlen. Die Kurzarbeit stellt von diesem Grundsatz eine Ausnahme dar.
Die wiederum kann der Betrieb nur anordnen, wenn dies in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einer Individualvereinbarung, also im individuellen Arbeitsvertrag mit einem oder einer Beschäftigten vereinbart worden ist. In Betrieben mit Betriebsrat muss dieser zudem der Kurzarbeit zugestimmt haben. So ist es im Betriebsverfassungsgesetz festgeschrieben (§ 87Abs. 1 Nr. 3 BetrVG).Wird die Kurzarbeit nicht nach den genannten Kriterien angeordnet, hat der oder die Beschäftigte, die ihre vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung anbietet, trotz des Arbeitsausfalls Anspruch auf den vollen Lohn. Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht wegen des fehlenden Entgeltausfalls nicht. Neben den sozial- und arbeitsrechtlichen Regelungen können auch über Tarifverträge Regelungen zur Kurzarbeit vereinbart werden. Das können ein Zuschuss des Unternehmens zum Entgelt von Beschäftigten in Kurzarbeit, eine Beschäftigungssicherung oder Qualifizierungsmaßnahmen für Beschäftigte in Kurzarbeit sein.
Achtung: Leiharbeiter*innen können nicht in Kurzarbeit gehen, das schließt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz aus (§ 11Abs. 4 AÜG). Die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld sind bei dieser Beschäftigungsform generell nicht erfüllt, weil Arbeitsausfall in Zeitarbeitsunternehmen üblich ist.
In erster Linie schützt die Kurzarbeit Beschäftigte vor einer Entlassung. Bei einer zum Beispiel vorübergehenden schlechten Auftragslage entlastet die Kurzarbeit die Personalkosten eines Unternehmens, weil der Staat einspringt, beziehungsweise die Bundesagentur für Arbeit, die das Kurzarbeitergeld letztendlich zahlt.
Einkommensverluste müssen die Beschäftigten im Fall von Kurzarbeit dennoch in Kauf nehmen, denn das Kurzarbeitergeld ersetzt nicht das volle Nettoeinkommen (siehe weiter unten unter den FAQs zum Kurzarbeitergeld). Aber – da zeigt es sich, wie wichtig Tarifverträge sind, die die Gewerkschaften mit der Arbeitgeberseite aushandeln – sind durch tarifliche oder auch arbeitsvertragliche Regelungen zur sogenannten Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf bis zu 100 Prozent des Nettoeinkommens möglich.
Ganz klar: Nein. Tut es das, haben die Beschäftigten Anspruch darauf, im vereinbarten Umfang beschäftigt und bezahlt zu werden.
Ganz klar: Nein. Tut es das, haben die Beschäftigten Anspruch darauf, im vereinbarten Umfang beschäftigt und bezahlt zu werden. Das Unternehmen muss in jedem Fall eine Vereinbarung mit den Beschäftigten über Kurzarbeit für eine begrenzte Dauer und in einem begrenzten Umfang treffen. Ausreichend hierfür ist, dass das Unternehmen zum Beispiel auf einer Betriebsversammlung erklärt, warum Kurzarbeit notwendig ist. Im Normalfall erkennen die Beschäftigten die Notwendigkeit an und arbeiten dann entsprechend verkürzt. Damit haben sie dann auch stillschweigend der Kurzarbeit zugestimmt. Ordnet das Unternehmen hingegen einseitig Kurzarbeit an, befindet es sich im sogenannten Annahmeverzug, nimmt also die Arbeitsleistung der Beschäftigten nicht entgegen. Die haben dann trotz des Arbeitsausfall Anspruch auf ihre vertragliche Vergütung, so sieht es das Bürgerliche Gesetzbuch vor (§ 615 BGB).
Laut dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 87 Abs.1 Nr.3 BetrVG)hat der Betriebsrat über jegliche vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen. Unter diese Vorschrift fällt auch die Kurzarbeit.
Laut dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 87 Abs.1 Nr.3 BetrVG)hat der Betriebsrat über jegliche vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen. Unter diese Vorschrift fällt auch die Kurzarbeit. Ist der Betriebsrat mit der Kurzarbeit nicht einverstanden, darf das Unternehmen den Betriebsrat nicht übergehen und die Kurzarbeit einseitig anordnen. Das darf das Unternehmen auch dann nicht, wenn die Beschäftigten einverstanden sein sollten. Es muss sich mit dem Betriebsrat einigen und dafür gegebenenfalls die Einigungsstelle anrufen (§ 87 Abs.2 BetrVG), die dann über die Einführung der Kurzarbeit entscheidet.
Im November 2015 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 18.11.2015, 5 AZR 491/14) zu dieser Frage klare Vorgaben gemacht.
Danach müssen Betriebsvereinbarungen zur Einführung von Kurzarbeit den Beginn und die Dauer der Kurzarbeit, die Lage und Verteilung der verringerten Arbeitszeit und die betroffenen Beschäftigten genau festlegen.
Nein. Aus betriebsbedingten Gründen hat ein Betrieb auch während der Kurzarbeit die Möglichkeit, zu kündigen. Die Frage ist, ob die Kündigung auch wirksam ist.
Wenn die gekündigten Beschäftigten nämlich länger als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als zehn Beschäftigten tätig sind und daher Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG)genießen, muss die Kündigung gemäß § 1 KSchGverhältnismäßig sein. In diesem Fall darf es kein „milderes Mittel“ für den Betrieb geben als den Ausspruch der Kündigung. Allerdings kann Kurzarbeit je nach Einzelfall bei einem nur vorübergehenden Arbeitsausfall ein solches milderes Mittel sein. Dann wäre eine Kündigung unverhältnismäßig und daher unwirksam.
Reagiert ein Betrieb auf eine Auftragseinbruch gleich mit Entlassungen, verliert er gut eingearbeitete Beschäftigte. Rechnen muss er auch mit krankheits- und motivationsbedingten Arbeitsausfällen während der Kündigungsfristen.
Für Beschäftigte ist das eine Möglichkeit, sich nahtlos um eine neue Stelle bemühen zu können. Auf den Betrieb könnten auch hohe Abfindungen zukommen. Kosten entstehen dem Arbeitgeber zudem wenn das Geschäft wieder anläuft und erneut Beschäftigte angeworben, eingestellt und eingearbeitet werden müssen. Für viele Betriebe ist es daher wirtschaftlicher, Kurzarbeit einzuführen anstatt zu entlassen. Zudem: Der Arbeitgeber spart auch schon durch die Einführung von Kurzarbeit, nämlich an den Nettolohnkosten, denn das Kurzarbeitergeld zahlt die Bundesarbeitsagentur für Arbeit und nicht er.
Für die Beschäftigten besteht der Vorteil von Kurzarbeit vor allem im Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Beschäftigte, die durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Sozialpläne Anspruch auf Aufstockung des Kurzarbeitergeldes haben, stehen während der Kurzarbeit vor allem finanziell besser da als beim Bezug von Arbeitslosengeld.
Bei Besserverdienenden ist die Situation allerdings eine andere. Wer mit seinem Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung liegt (6.200 EUR brutto, Stand 2016) und keine Aufstockungszahlungen beanspruchen kann, verliert mehr als 40 Prozent bzw. 33 Prozent (bei Kindern) seines Nettoeinkommens (zur Höhe des Kurzarbeitergeldes siehe die FAQs zum Kurzarbeitergeld weiter unten). Für solche Beschäftigte kann es deshalb sinnvoll sein, sich gleich eine neue Stelle zu suchen, als sechs oder zwölf Monate Kurzarbeitergeld zu beziehen.
Immer häufiger vertreten Unternehmen die Rechtsauffassung, während der Kurzarbeit könnten die Ansprüche der Beschäftigten auf Erholungsurlaub gekürzt werden. Das hat im November auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einem Urteil im Prinzip bestätigt.
Die Anhänger dieser Rechtsauffassung sehen sich gestützt durch zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus den Jahren 2012 und 2018. Der EuGH hatte vertreten, dass Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nach dem Unionsrecht der EU grundsätzlich anhand der Zeiträume der tatsächlich geleisteten Arbeit zu berechnen seien. Ein Arbeitnehmer, der sich in „Kurzarbeit null“ befinde, könne Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nach dem Unionsrecht nur für die Zeiträume erwerben, in denen er tatsächlich gearbeitet habe. Seine Bewertung stützte der EuGH auf der Annahme, Kurzarbeit sei mit der Teilzeitarbeit vergleichbar. In einem Fall hat hat sich im November 2021 hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) dieser Auslegung angeschlossen. Fallen aufgrund von Kurzarbeit einzelne Arbeitstage vollständig aus, sei dies bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen.
Nach § 3 Abs. 1 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist die Anzahl der Urlaubstage grundsätzlich unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus zu berechnen, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten. Dies gilt entsprechend für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien – wie dies im vorliegenden Fall des BAG der Fall geswesen ist – für die Berechnung des Urlaubsanspruchs keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben (Urteil vom 30. November 2021 – 9 AZR 225/21).
Unter Arbeitsrechtler*innen ist diese Position sehr umstritten. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften sind überzeugt, dass die Arbeitgeber nicht berechtigt sind, den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch aufgrund der konjunkturbedingten Kurzarbeit zu kürzen. Aktuell hat die Debatte wegen Corona wieder Fahrt aufgenommen. Der DGB weist in einem Positionspapier darauf hin, dass das Bundesurlaubsgesetz keinerlei Bestimmungen zu der Zulässigkeit der Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs bei Kurzarbeit enthalte. Demnach blieben die aufgrund der Kurzarbeit entstandenen Verdienstkürzungen ausdrücklich ohne Auswirkung auf die Berechnung des Urlaubsentgelt. Diese Regelung seien auch nach dem Recht der Europäischen Union geboten: Der EuGH habe bestätigt, dass Kurzarbeitszeiten die Höhe des Urlaubsentgelts nicht verringern dürften. Laut dem DGB darf auch nicht übersehen werden, dass Kurzarbeiter*innen in ihrer Freizeitgestaltung erheblich eingeschränkt sind, weil sie zahlreiche Verpflichtungen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit haben. Wenn der Urlaubsanspruch bei Kurzarbeiter*innen gekürzt werden könnte, seien sie damit schlechter gestellt als Arbeitslose. Und: Beschäftigte in den von Kurzarbeit betroffenen Bereichen, würden neben den reduzierten Einkünften zusätzlich Einschnitte beim Erholungsurlaub hinnehmen müssen und seien deshalb gegenüber den Beschäftigten, die nicht in Kurzarbeit geschickt würden, in doppelter Weise benachteiligt.
Grundsätzlich gilt in Sachen Urlaub: Um Kurzarbeitergeld zu bekommen, musst zunächst der Urlaub aus dem Vorjahr verbraucht sein. Auch Resturlaubstage können nicht in das neue Jahr mit genommen werden. Ist der Urlaub während der Kurzarbeit geplant, so kann er ganz normal genommen werden. In dieser Zeit erhält man das Durchschnittsgehalt der letzten 13 Wochen vor der Kurzarbeit. Das ist so im gesetzlich geregelt (§ 11 Abs. 1 Satz 3 BurlG).
Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt.
Erheblich ist ein Arbeitsausfall, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, vorübergehend ist, nicht vermeidbar ist und im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb Beschäftigten von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist.
Anspruch hat der vom Arbeitsausfall betroffene Beschäftigte, wenn er die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, insbesondere wenn sein Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden soll, und der Arbeitsausfall der Bundessagentur für Arbeit durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat schriftlich angezeigt worden ist. Der Anzeige durch den Arbeitgeber sollte eine Stellungnahme des Betriebsrates beigefügt sein, sofern es in dem Betrieb einen solchen gibt.
Wegen der Corona-Pandemie hatte das Bundesfinanzministerium ein Hilfspaket als Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen auf den Weg gebracht. Unter die Maßnahmen fallen auch Lockerungen bei den Voraussetzungen von Kurzarbeit. So müssen über die Dauer der Pandemie nur 10 Prozent der Beschäftigten von Kurzarbeit betroffen sein statt wie oben erwähnt ein Drittel. Und Kurzarbeitergeld gibt es anders als in „normalen Zeiten“ auch für Leiharbeitnehmer*innen. Zudem wird nicht mehr vorausgesetzt, dass zuvor Arbeitszeitkonten ausgeglichen werden.
Nein. Der Betrieb oder der Betriebsrat müssen die Kurzarbeit anzeigen und Kurzarbeitergeld beantragen. Dazu gibt es amtliche Formulare.
Bei der Anzeige der Kurzarbeit müssen die Ursachen für den Arbeitsausfall angeben und erläutern werden, warum der Arbeitsausfall nur vorübergehend ist. Bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld muss der Arbeitgeber mitteilen, welchen Beschäftigten er wieviel Kurzarbeitergeld gezahlt hat. Der Arbeitgeber hat auch die Aufgabe, das Kurzarbeitergeld zu berechnen und als Lohnersatzleistung (netto) an die Arbeitnehmer auszuzahlen. Die Arbeitsagentur erstattet dem Arbeitgeber dann das von ihm gezahlte Kurzarbeitergeld.
Bei der Höhe des gesetzlichen Kurzarbeitergeldes ist Deutschland Schlusslicht unter den europäischen Ländern mit vergleichbaren Regelungen. Viele Länder zahlen zwischen 80 und 100 Prozent. In Deutschland beträgt die Leistung nur höchstens 67 Prozent des Nettoverdienstes.
In immer mehr Branchen schließen die Gewerkschaften allerdings Tarifverträge ab, in denen das Kurzarbeitergeld auf teilweise bis zu 100 Prozent aufgestockt wird. Generell beträgt das Kurzarbeitergeld gemäß dem Sozialgesetzbuch (§ 105 SGB III)60 Prozent des Nettolohns, der infolge der Kurzarbeit ausfällt. Beschäftigte mit Kindern erhalten 67 Prozent. Allerdings ist das Arbeitseinkommen nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung abgesichert, das heißt darüber hinausgehende Gehaltsbestandteile sind nicht abgesichert. Während der Corona-Pandemie wurde Ende April 2020 beschlossen, das Kurzarbeitergeld befristet bis Ende 2020 zu erhöhen. Diese Regelung wurde später zunächst bis zum Ende des Jahres 2021, erneut dann bis zum 30. Juni 2022 verlängert. Bei einem Arbeitsausfall mit Entgeltausfall von mindestens 50 Prozent werden ab dem vierten Monat 70 Prozent (77 Prozent mit Kinderfreibetrag) und ab dem siebten Monat 80 Prozent (87 Prozent mit Kinderfreibetrag) gezahlt.
Kurzarbeitergeld wird seit 2016 generell (§ 104 Abs.1 Satz 1 SGB III) für höchstens zwölf Monate gewährt. Früher betrug die maximale Bezugsdauer sechs Monate.
Diese Bezugsdauer gilt einheitlich für alle in einem Betrieb Beschäftigten. Sie beginnt mit dem ersten Kalendermonat, für den Kurzarbeitergeld vom Arbeitgeber gezahlt wird. Aufgrund der Corona-Pandemie kann Kurzarbeitergeld, das bereits 2019 angelaufen war, über die 12 Monate hinaus gewährt werden, jedoch längstens bis Ende Juni 2022 für maximal 28 Monate. Kurzarbeitergeld ist in der Krise ein Mittel, um Entlassungen zu verhindern. Wegen Corona wurde der Zugang hierzu erheblich erleichtert. In einem begrenzten Zeitraum soll durch Kurzarbeit vermieden werden, dass Unternehmen Insolvenz beantragen oder Beschäftigte entlassen müssen.
Das Kurzarbeitergeld wird wie der Lohn zunächst vom Arbeitgeber an die Beschäftigten ausgezahlt,
es wird dem Arbeitgeber aber anschließend von der Bundesagentur für Arbeit zurückerstattet.
Auch für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld werden Sozialversicherungsbeiträge gezahlt, sodass die Beschäftigten dort nur wenige Ansprüche verlieren. Für das Kurzarbeitergeld bemessen sich die Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung nach einem fiktiven Entgelt, welches in der Regel 80 Prozent des normalen Bruttoentgelts entspricht.
Diese Beiträge hat der Arbeitgeber allein zu tragen, in der gesetzlichen Krankenversicherung inklusive der 0,9 Beitragssatzpunkte, die ansonsten der Arbeitnehmer zu tragen hat, wenn er kein Kurzarbeitergeld erhält. Für die Zeit, die der Arbeitnehmer tatsächlich beschäftigt ist und Arbeitsentgelt erzielt, tragen er und der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge nach der üblichen Höhe und Verteilung.
Leistungsmindernd wirkt sich der Bezug von Kurzarbeitergeld auf einen späteren Anspruch auf Elterngeld aus. Da sich die Höhe des Elterngelds ausschließlich nach dem vorher erzielten Einkommen richtet, bleibt das Kurzarbeitergeld bei der Berechnung des Elterngeldes daher unberücksichtigt. Befinden sich also Beschäftigte in „Kurzarbeit Null“, wird ihnen später beim Antrag auf Elterngeld ein Nettoeinkommen von 0 € zugrunde gelegt.
Kurzarbeitergeld ist als Lohnersatzleistung eine Nettozahlung, das heißt Sozialabgaben oder Steuern werden nicht abgezogen. Allerdings wird der Erhalt von Kurzarbeitergeld bei der Errechnung des zu versteuernden Gesamteinkommens mitgezählt. Es gibt darüber hinaus noch einen weiteren Nachteil für Beschäftigte, die Kurzarbeitergeld beziehen.
Im deutschen Steuerrecht gibt es eine tückische Regelung, die sich Progressionsvorbehalt nennt. In Deutschland zahlt nicht jeder den gleichen Steuersatz auf sein Einkommen. Je höher das zu versteuernde Einkommen ist, desto höher ist grundsätzlich auch der Steuersatz. Das nennt sich Steuerprogression, und im deutschen Steuerrecht gibt es gleich mehrere Progressionsstufen. Wer 2019 ein Jahreseinkommen von bis zu 9.168 Euro bezog, zahlte keine Einkommenssteuer. Über jedes Einkommen darüber hinaus fiel der Eingangssteuersatz von 14 Prozent an. Bei einem Einkommen zwischen 14.255 € bis 55.960 € betrug der Eingangssteuersatz 23,97 Prozent. Lag das Jahreseinkommen darüber, fielen bereits 42 Prozent an. Ab einem Einkommen von 265.327 € griff der Spitzensteuersatz von 45 Prozent. Für Sozialleistungen müssen deren Empfänger in Deutschland keine Steuern zahlen. Die meisten dieser Leistungen unterliegen aber dem genannten Progressionsvorbehalt. Dazu gehören Kurzarbeitergeld, Krankengeld und Arbeitslosengeld, allerdings nicht „Hartz IV“. Für die Höhe des Steuersatzes wird eine Sozialleistung, die diesem Vorbehalt unterliegt, als Einkommen angesehen. Weil der Arbeitgeber aber für das Kurzarbeitergeld keine Einkommenssteuer an das Finanzamt abgeführt hat, kann eine Nachzahlung drohen. Das Kurzarbeitergeld kann also dazu führen, dass für andere Einkünfte höhere Steuern zu zahlen sind. Das heißt, beim Bezug von mehr als 410 Euro Kurzarbeitergeld in einem Kalenderjahr muss für das betreffende Jahr eine Einkommenssteuerklärung abgegeben werden.
Anders als beim Urlaubsentgelt schlägt der Bezug von Kurzarbeitergeld auf die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch, wenn Beschäftigte während des Bezugs von Kurzarbeitergeld erkranken.
Das Entgeltfortzahlungsgesetz besagt, dass bei einer Erkrankung während einer Kurzarbeit die verkürzte Arbeitszeit als die regelmäßige Arbeitszeit anzusehen ist und auf deren Grundlage die Entgeltfortzahlung zu berechnen ist. Ergänzend dazu gibt es weiterhin Kurzarbeitergeld. Endet der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach sechs Wochen und besteht die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit weiter fort, erhalten Beschäftigte Krankengeld von ihrer Krankenkasse. Das Krankengeld ist dann auf der Grundlage des Entgelts zu berechnen, das der Arbeitnehmer zuletzt vor Beginn der Kurzarbeit erzielt hat, das heißt dann wieder auf der Grundlage des Regelentgelts, so ist es im Sozialgesetzbuch festgelegt (§ 47b Abs.3 SGB V).