Im kommunalen Rettungsdienst kommen viele Beschäftigte durch die Kombination aus Arbeits- und Bereitschaftszeit regelmäßig auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden. Viele Rettungskräfte verlassen nach maximal zehn Jahren den Beruf, weil sie die Belastung auf Dauer nicht aushalten. Mit dem Deutschen Roten Kreuz hat ver.di bereits eine Verkürzung der Arbeitszeit vereinbart. Doch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) zeigte in vier Verhandlungsrunden kein Interesse, die überlangen Arbeitszeiten schnell zu verkürzen. ver.di hat deshalb die Tarifverhandlungen über eine kürzere Höchstarbeitszeit im kommunalen Rettungsdienst am 21. Mai 2024 abgebrochen. Die Gewerkschaft wird sich weiterhin für bessere Bedingungen im kommunalen Rettungsdienst einsetzen.
„Auch nach etlichen Gesprächen und vier Verhandlungsrunden haben die kommunalen Arbeitgeber offensichtlich die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Statt mit einem entschlossenen Schritt endlich die Arbeitsbedingungen zu verbessern, wollen sie die überlangen Arbeitszeiten so lange wie möglich beibehalten“, kritisierte ver.di-Verhandlungsführerin Sylvia Bühler. Die VKA habe lediglich angeboten, die wöchentliche Höchstarbeitszeit von aktuell 48 Stunden bis zum Jahr 2028 auf 44 Stunden pro Woche zu verringern. Die von ver.di geforderte Höchstarbeitszeit von 42 Stunden, die in einem Stufenplan vereinbarte werden sollte, hätten die Arbeitgeber gänzlich abgelehnt. „Mit dem Angebot der VKA wäre der kommunale Rettungsdienst erst in vier Jahren bei den Arbeitszeiten dort, wo Mitbewerber heute schon sind. Das kann man niemandem erklären.“ Es werde sich nun zeigen, ob es künftig noch genug Beschäftigte im Rettungsdienst gebe, die für den Lohn von 39 Stunden bis zu 48 Stunden pro Woche (inklusive Bereitschaftszeiten) arbeiten wollten.
Beim Deutschen Roten Kreuz hat ver.di bereits eine Verkürzung der maximalen Arbeitszeit von aktuell 44 auf 42 Wochenstunden bis zum Jahr 2028 vereinbart. Außerdem erhalten Notfallsanitäter bei dem größten Anbieter von Rettungsdienstleistungen eine monatliche Zulage von bis zu 400 Euro. „Die kommunalen Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten im Rettungsdienst jetzt erklären, warum sie attraktivere Arbeitsbedingungen verweigern, die zunehmend Standard sind“, sagte Bühler. „Wir wissen, dass auch viele örtliche Arbeitgeber auf eine Arbeitszeitreduzierung gehofft haben, offensichtlich sind sie bei ihrem Arbeitsgeberverband bisher nicht durchgedrungen.“
Die Verhandlungen über die Höchstarbeitszeiten im Rettungsdienst waren im Zuge der Tarifeinigung bei Bund und Kommunen im Frühjahr 2023 vereinbart worden und fanden während der Friedenspflicht statt. Ein neuer Verhandlungstermin wurde nicht vereinbart. „Wir waren bereit zu Kompromissen, aber zu einer solchen Minimallösung reichen wir nicht die Hand“, betonte Bühler. Die Betriebs- und Personalräte seien nun aufgefordert, die Ausnutzung der Höchstarbeitszeit im Einzelfall auf die Rechtmäßigkeit zu prüfen. Bühler abschließend: „Die Beschäftigten im kommunalen Rettungsdienst haben bessere Bedingungen verdient. Wir bleiben dran.“
Viele Rettungskräfte verlassen nach maximal zehn Jahren den Beruf, wie eine ver.di-Befragung nach dem DGB-Index Gute Arbeit 2022 ergeben hat, 58 Prozent der Befragten gaben das an. „Rettungswagen stehen überall still, weil keine Leute da sind“, weiß Norbert Wunder, angestellt bei der Rettungsdienst Kooperation in Schleswig-Holstein gGmbH und Sprecher der ver.di-Bundesfachkommission Rettungsdienst. Weglaufendes Personal scheint den kommunalen Arbeitgebern aber völlig egal zu sein. An einer schnellen Lösung zeigen sie sich nicht interessiert, sonst hätten sie die Verhandlungen um kürzere Arbeitszeiten nicht aufgehalten. „Die VKA nimmt mit ihrer Blockadehaltung billigend in Kauf, dass die Versorgung schlecht ist, weil mit so langen Arbeitszeiten keine Rettungskräfte im Beruf gehalten werden“, sagt Norbert Wunder. Dass viele Rettungskräfte nach nur wenigen Jahren den Beruf aufgeben, davor scheinen die kommunalen Arbeitgeber die Augen zu verschließen.