TikTok: Mitarbeiter hoffen auf mehr Unterstützung

30.08.2022

Berlin, 30.08.2022 – Am 12. Oktober werden Mitarbeiter*innen der TikTok Germany GmbH in Berlin einen Betriebsrat wählen. Das teilte der wenige Wochen zuvor gewählte Wahlvorstand mit. Unter den Beschäftigten am Standort Berlin herrscht derzeit große Unzufriedenheit. Ein Betriebsrat soll dabei helfen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und einen Dialog zwischen Mitarbeitenden und Geschäftsführung zu etablieren. 

Der Termin für die Betriebsratswahl steht, die Vorbereitungen sind bereits im Gange. „Wir unterstützen den Wahlvorstand bei den Vorbereitungen und bereiten sie derzeit auf ihre wichtige Aufgabe vor“, erklärt die für TikTok zuständige Gewerkschaftssekretärin Kathlen Eggerling. Bisher habe TikTok Germany gut mit ver.di und dem Wahlvorstand kooperiert, die Betriebsversammlung konnte erfolgreich stattfinden und man gehe davon aus, dass auch die Wahl zum Betriebsrat reibungslos ablaufen werde, so Eggerling weiter. 

Für Kriegspropaganda missbraucht

TikTok gehört zum chinesischen Mutterkonzern ByteDance und hat mehr als 10.000 Mitarbeitende weltweit. In Berlin beschäftigt der Konzern über 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Viele Mitarbeiter*innen kritisieren ihr zu niedriges Gehalt, die hohe Arbeitsbelastung und eine toxische Arbeitsatmosphäre. Die Content-Plattform steht jedoch nicht nur wegen der Arbeitsbedingungen in der Kritik. Vor dem Hintergrund des Russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wird die Plattform auch zu Propagandazwecken missbraucht. Man habe sich laut TikTok zwar dem Kampf gegen Desinformation verschrieben, die dafür hauptsächlich zuständigen Content-Moderatior*innen tragen hier jedoch eine ungeheure Last.

Kriegspropaganda auf TikTok: Das SWR-Format VOLLBILD recherchiert

 

 

Kriegsinhalte und Propaganda machen auch vor TikTok nicht halt. Doch wer prüft eigentlich, was wir dort sehen?

Einer der größten Arbeitsbereiche bei TikTok ist die Content-Moderation, also die Bewertung von nutzergenerierten Inhalten, welche beispielsweise von Nutzer*innen gemeldet oder auf andere Weise entdeckt werden. Dazu gehören Videos, die Misshandlung von Kindern, Tierquälerei, Kriegsinhalte und Propaganda zeigen. Alles Inhalte, die die eingesetzte KI (Künstliche Intelligenz) häufig nicht überprüfen und bewerten kann, weshalb hier Inhaltsmoderator*innen eingesetzt werden müssen. In einer 8-Stunden-Schicht müssen diese Moderator*innen etwa 1.000 Videos anschauen und bearbeiten bzw. bewerten. Mitarbeitende berichten, dass dies nur möglich sei, indem man sie in vierfacher Geschwindigkeit abspielt. 

Eine sehr belastende Situation und ein mahnendes Beispiel, warum ein Betriebsrat gerade jetzt von größter Wichtigkeit ist, sagt Eggerling. „Die Arbeitsbedingungen für Content-Moderator*innen sind wirklich hart und die Situation hat sich in den letzten Monaten weiter verschlechtert. Hier muss man nun ganz genau hinschauen, damit die psychische Gesundheit und das Wohl der Mitarbeitenden nicht weiter leidet. Sie brauchen Unterstützung und bessere Rahmenbedingungen – dabei kann ein Betriebsrat helfen."

Mit Hilfe von ver.di

Mehr als 100 Beschäftigte hatten sich am 11. Juli 2022  in der ver.di-Bundesverwaltung in Berlin an der Wahl eines Wahlvorstands beteiligt. Bereits vor mehr als einem Jahr, mitten in der Pandemie, wurde ein erster Versuch unternommen, eine Versammlung zur Betriebsratsgründung abzuhalten. Weil das Betriebsverfassungsgesetz jedoch eine Präsenzwahl vorsehe, sei das erste digital abgehaltene Treffen im März 2021 nicht als Versammlung zur Wahl des Wahlvorstandes anerkannt und auf Veranlassung von TikTok von zwei Arbeitsgerichtsinstanzen für ungültig erklärt worden. Die Initiativgruppe hatte ver.di daher um Unterstützung gebeten, um einen zweiten, rechtssicheren Anlauf zur Betriebsratsgründung durchzuführen.

Text: Rita Schuhmacher

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