Arbeitszeitgesetz: Maximale Arbeitszeit, Pausen, Überstunden

Für die tägliche Arbeitszeit gelten gesetzliche Grenzen. Alles, was Beschäftigte darüber wissen müssen, über Nacht- und Sonntagsarbeit, Pausen, Ruhezeiten und Ausnahmeregelungen

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Zeitumstellung: Wer hat an der Uhr gedreht...?
20.06.2023

INHALT

Einführung

Das deutsche Arbeitszeitgesetz schützt Beschäftigte vor überlangen Arbeitszeiten, denn die machen krank. Dazu regelt es nicht nur die maximale Länge der Arbeitszeit, auch Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, Sonntagsarbeit und den Umgang mit Überstunden. Es bildet mit seinen Regelungen einen schützenden Rahmen. Es regelt keine Vergütungsansprüche, sondern dient dem Gesundheitsschutz.

Am bekanntesten dürfte daraus folgende Regelung sein: Im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten dürfen täglich nicht mehr als acht Arbeitsstunden gearbeitet werden (Paragraf 3). Das heißt, an einzelnen Tagen darf länger als acht Stunden gearbeitet werden, nach zehn Arbeitsstunden ist aber Schluss und die Überschreitung der täglichen Arbeitszeit muss innerhalb von 24 Wochen wieder ausgeglichen werden. Nur in sehr großen Notfällen darf noch länger als zehn Stunden gearbeitet werden. Zu den bekannten Faustformeln bezüglich der täglichen Arbeitszeit gibt es zahlreiche weitere Regelungen im deutschen Arbeitszeitgesetz, die jede*r Beschäftigte kennen sollte. Diese umfangreichen Regelungen, beispielsweise zu den Ruhezeiten zwischen zwei Arbeitstagen, zur Regelung von Nachtschichten, zu Bereitschaftszeiten und zur Sonntagsruhe, werden in der nachfolgenden Gliederung erläutert.

Hervorzuheben ist die Sonntagsruhe (Paragraf 9), denn um die gibt es öfter Streit mit den Arbeitgebern. Auch ver.di hat dazu schon zahlreiche Prozesse geführt und gewonnen. Häufig gibt es im Handel wegen Sonntagsöffnungen Konflikte. Sie gehen oft über den zulässigen Rahmen hinaus. Umsatzsteigerung und Kauflust sind keine Gründe für Sonntagsarbeit, findet – nicht nur – ver.di. Die wertvolle Sonntagsruhe ist sogar verfassungsrechtlich festgeschrieben: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt“, heißt es im Grundgesetz (Artikel 140 GG mit Verweis auf Art. 139 Weimarer Reichsverfassung). Demzufolge legt der Paragraf 9 des Arbeitszeitgesetzes fest: „Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden.“ Davon gibt es nur Ausnahmen in wichtigen Berufen und die sind ebenfalls im Arbeitszeitgesetz, in Paragraf 10, geregelt – wie etwa für Rettungsdienste, Feuerwehr, Polizei, Rundfunk, Verkehrsbetriebe, Messen und Kunstschaffende. Aber niemand darf jeden Sonntag zur Arbeit eingeteilt werden, mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen frei bleiben. Und für jeden gearbeiteten Sonntag steht den Beschäftigten ein Ersatzruhetag zu (Paragraf 10 Arbeitszeitgesetz, Sonn- und Feiertagsbeschäftigung).

Weitere Konflikte mit Arbeitgebern drehen sich regelmäßig um die Länge der Arbeitszeit. Häufig arbeiten Beschäftigte, ohne die gesamte Dauer ihrer Arbeit vollständig zu dokumentieren – und damit auch zumindest teilweise unbezahlt in ihrer Freizeit. Doch inzwischen muss laut Gesetz jede Arbeitsstunde erfasst und bei Überprüfungen nachvollziehbar sein. Das ist ein wichtiger Schutz für die Beschäftigten vor überlangen Arbeitszeiten. Dem gegenüber fordern arbeitgebernahe Lobbyisten schon länger von der Politik, das Arbeitszeitgesetz aufzuweichen. Sie wünschen sich noch mehr Flexibilität. ver.di wird auch in Zukunft dagegenhalten.

Nur bei sinnvollen und auf die Branche zugeschnittenen Pilotprojekten mit vollem Schutz für die Beschäftigten stimmt ver.di zu, beispielsweise für Projekte mit Langzeitkonten in Kombination mit einem Belastungsschutztarifvertrag oder in Verbindung mit einem Tarifvertrag zum Gesundheitsmanagement. Die Regelungen dürfen aber keinen bestehenden Schutz aufweichen. ver.di findet nämlich, das deutsche Arbeitszeitgesetz ist bereits flexibel genug, um Arbeitgebern ausreichend Handlungsspielräume in Notfällen und in besonderen Situationen an die Hand zu geben.
Alles, was Beschäftigte zu ihrem Schutz über die wichtigen Regelungen aus dem deutschen Arbeitszeitgesetz wissen müssen, und welche weiteren Regelungen es zu ihrem Schutz am Arbeitsplatz gibt, ist hier nachfolgend erläutert.

 

1. Was regelt das deutsche Arbeitszeitgesetz – wozu ist es gut?

Überlange Arbeitszeiten gefährden die Gesundheit. Davor soll das Arbeitszeitgesetz schützen. Dazu regelt es die Länge der maximalen Arbeitszeit, Pausen, Ruhezeiten, Nacht- und Schichtarbeit, aber auch Ausnahmen von der täglichen Arbeitszeit und den Umgang mit Sonntagsarbeit. Das Arbeitszeitgesetz legt den gesetzlichen Rahmen für die tägliche Arbeitszeit in Deutschland fest. Alle im Arbeitszeitgesetz festgelegten Maßnahmen dienen der „Sicherheit und dem Gesundheitsschutz“ der Beschäftigten hierzulande (Paragraf 1 Arbeitszeitgesetz, Zweck des Gesetzes). Innerhalb der schützenden Vorgaben kann flexibel mit den Arbeitszeiten umgegangen werden. Doch vor überlangen Arbeitszeiten sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch das Gesetz geschützt. Das ist auch deshalb wichtig, weil das nicht jeder für sich selbst aushandeln und gegenüber seinem Arbeitgeber im Alleingang durchsetzen kann.

 

2. Für wen gilt das Arbeitszeitgesetz?

Das Arbeitszeitgesetz gilt für alle lohnabhängigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Auszubildende (Paragraf 2 Abs. 2) in Betrieben und Dienststellen.

Ein großer Teil der arbeitsrechtlichen Literatur hält die in Paragraf 18 aufgeführten Ausnahmen (Nichtanwendung des Arbeitszeitgesetzes beispielsweise für Chefärzte oder in Religionsgemeinschaften) nicht mit EU-Recht vereinbar. Die im deutschen Arbeitszeitgesetz genannten Ausnahmen sind demnach unwirksam. ver.di begrüßt das.

Für Beschäftigte und Auszubildende unter 18 Jahren gilt anstelle des deutschen Arbeitszeitgesetzes das Jugendarbeitsschutzgesetz mit seinen noch stärker schützenden Regelungen: https://www.gesetze-im-internet.de/jarbschg/

Für Besatzungsmitglieder auf Handelsschiffen (im Sinne des Paragrafen 3 des Seearbeitsgesetzes) gilt das Seearbeitsgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/seearbg/ 

 

3. Gibt es eine Höchstgrenze für die tägliche Arbeitszeit?

Im deutschen Arbeitszeitgesetz (Paragraf 3) ist festgelegt, dass die Arbeitszeit die Länge von acht Stunden pro Arbeitstag nicht überschreiten darf. Ein Arbeitstag dauert vom Arbeitsbeginn 24 Stunden an und deckt sich somit nicht mit dem Kalendertag. Es ist möglich, dass die tägliche Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden ausgedehnt wird, wenn ein Ausgleich stattfindet. Die durchschnittliche Arbeitszeit muss innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten bzw. 24 Wochen dann trotzdem insgesamt acht Stunden betragen. Absolute Höchstgrenze ist, bis auf ganz wenige Ausnahmen, eine Arbeitszeit von zehn Stunden pro Arbeitstag.

Ausnahmen: Ausnahmen für die Höchstgrenze bei der täglichen Arbeitszeit von zehn Stunden gibt es unter anderem für den Bereich von Bereitschaftsdiensten, wenn tarifvertragliche Regelungen vorliegen, und bei außergewöhnlichen Notfällen (Paragraf 7).

 

4. Welche Pausen stehen mir zu?

Pausen müssen eingeplant und die Arbeit unterbrochen werden. Die vorgeschriebenen Pausen betragen mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt. Die Pausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht ohne Pause beschäftigt sein (Arbeitszeitgesetz, Paragraf 4).

 

5. Welche Ruhezeiten muss ich laut Arbeitszeitgesetz einhalten?

Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit müssen Beschäftigte eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden bekommen (Paragraf 5). Der Arbeitstag beginnt mit Arbeitsbeginn und dauert ab dann 24 Stunden, er ist folglich nicht identisch mit dem Kalendertag.

Ausnahmen: Sie sind erlaubt in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk sowie in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung. Als Ausnahme kann dort die Dauer der Ruhezeit von elf Stunden um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird.

Abweichend können in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu anderen Zeiten ausgeglichen werden (Paragraf 5 Abs. 2).

 

6. Welche Höchstgrenzen für die tägliche Arbeitszeit gelten bei Nacht- und Schichtarbeit?

Nachtzeit im Sinne des deutschen Arbeitszeitgesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr (Paragraf 2 Arbeitszeitgesetz, Begriffsbestimmungen)

Ausnahme: in Bäckereien und Konditoreien ist Nachtzeit eine Stunde früher, von 22 bis 5 Uhr.

Nachtarbeit ist nach dem Arbeitszeitgesetz jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst.

Als Nachtarbeitnehmerinnen und Nachtarbeitnehmer gelten diejenigen, die normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten oder die Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr machen (Paragraf 2 Arbeitszeitgesetz, Begriffsbestimmungen).

Die werktägliche Arbeitszeit der nachts arbeitenden Beschäftigten darf wie bei allen anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern acht Stunden nicht überschreiten (Paragraf 6 Arbeitszeitgesetz, Nacht- und Schichtarbeit). Sie kann nur dann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Wenn Nachtarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer seltener als 48 Tage zur Nachtarbeit herangezogen werden, also plötzlich gehäuft Tagschichten machen, und am Tag mehr als acht Stunden arbeiten, dann genügt es wie bei anderen Beschäftigten, die keine Nachtarbeit leisten, die Mehrarbeit innerhalb von 24 Wochen auszugleichen, um im Durchschnitt auf 8 Stunden zu kommen.

Weiterhin gewährleistet Paragraf 6 Abs. 5 den Anspruch auf zusätzliche freie Tage oder einen Nachtarbeitszuschlag.

Gesundheit: Nachtarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer haben zudem einen Anspruch auf regelmäßige arbeitsmedizinische Untersuchungen. Wenn dabei eine Gefährdung der Gesundheit durch die Nachtarbeit auffällt, muss der Arbeitgeber den Nachtarbeitnehmer bzw. die Nachtarbeitnehmerin auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz umsetzen, um die Gesundheit zu schützen. Das gilt auch, wenn im Haushalt des betroffenen Beschäftigten ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder wenn er oder sie einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der ebenfalls nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann. Diese Regelung gilt, sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen.

 

7. Muss ich sonntags arbeiten?

Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden (Paragraf 9 Arbeitszeitgesetz, Sonn- und Feiertagsruhe).

In mehrschichtigen Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht kann der Beginn oder das Ende der Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu sechs Stunden vor- oder zurückverlegt werden, wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht.

Für Kraftfahrer*innen und Beifahrer*innen kann der Beginn der 24-stündigen Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu zwei Stunden vorverlegt werden.

Ausnahmen für die Sonn- und Feiertagsruhe gelten für die Arbeit von Not- und Rettungsdiensten, bei der Feuerwehr, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, zur Verteidigung, in Krankenhäusern, in Pflegeeinrichtungen, in Gaststätten und Hotels, bei Musik-, Theatervorstellungen und Filmvorführungen, bei Veranstaltungen von Religionsgesellschaften, bei Verbänden, Vereinen, Parteien, beim Sport und in der Freizeit-, in Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen, beim Fremdenverkehr, in Museen, bei Rundfunk und Nachrichtenagenturen, im Druck, bei Messen und Ausstellungen, in Verkehrsbetrieben, bei Energie- und Wasserversorgungsbetrieben sowie in Abfall- und Abwasserentsorgungsbetrieben, in der Landwirtschaft und Tierhaltung, zur Aufrechterhaltung von Datennetzen, in kontinuierlich durchzuführenden Forschungsarbeiten etc. (Paragraf 10 Arbeitszeitgesetz, Sonn- und Feiertagsbeschäftigung).

Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben (Paragraf 11 Abs. 3). Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei sein (Paragraf 11 Abs. 1). Abweichungen davon sind in einigen Branchen möglich, zum Beispiel beim Theater, beim Orchester oder bei der Tierhaltung (Paragraf 12). Die Höchstarbeitszeitgrenzen und Ausgleichszeiträume dürfen nicht überschritten werden (Paragraf 11 Abs. 2). Die Arbeitszeiten können aber in vollkontinuierlichen Schichtbetrieben auf bis zu zwölf Stunden ausgedehnt werden, wenn dadurch zusätzliche freie Schichten an Sonn- und Feiertagen erreicht werden (Paragraf 12 Satz 1 Nr. 4).

 

8. Kann ich gezwungen werden mehr als zehn Stunden zu arbeiten?

Wenn ein Chef es duldet, dass eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer mehr als zehn Stunden arbeitet, und es dafür keine erlaubte Ausnahmeregelung und auch keinen besonderen Notfall gibt, der vom Arbeitszeitgesetz oder einem Tarifvertrag gedeckt ist, dann begeht er eine Ordnungswidrigkeit und ihm droht eine Geldbuße (Paragraf 22).

 

9. Muss ich meine Arbeitszeiten dokumentieren?

Nachweispflicht: Ohne ein Zeiterfassungssystem, das die tägliche Arbeitszeit der Beschäftigten zuverlässig festhält, können die geleisteten Arbeitsstunden und die eingehaltenen Ruhezeiten nicht verlässlich ermittelt und nachgewiesen werden. Dann ist es auch schwierig für die Arbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer, nachzuweisen, wie lange sie tatsächlich gearbeitet haben und ob die Höchstarbeitszeitgrenzen eingehalten oder überschritten wurden. Die einzelnen Arbeitgeber sind jedoch verpflichtet, dafür zu sorgen, dass jede Arbeitsstunde von Beschäftigten objektiv, verlässlich und zugänglich erfasst wird. Das hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung zu einer Klage der spanischen Gewerkschaft Federación de Servicios de Comisiones Obreras am 14. Mai 2019 entschieden (Rechtssache C-55/18; dies wurde durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) bestätigt.)

Das deutsche Arbeitszeitgesetz schreibt zwar grundsätzliche einheitliche Regelungen zur Höchstarbeitszeit vor, zu Pausen, Ruhezeiten und vielem mehr, aber bisher mussten nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz nur die Überschreitung der täglichen Arbeitszeit und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht die gesamte Arbeitszeit (Paragraf 16 Arbeitszeitgesetz, Arbeitszeitnachweise). Nach dem jüngsten Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) besteht auch in Deutschland die Pflicht zur systematischen Erfassung der gesamten Arbeitszeit. Dies ergibt sich aus dem Arbeitsschutzgesetz (Paragraf 3) unabhängig von geplanten Gesetzesänderungen.

Mehr zum Thema Arbeitszeiterfassung bei ver.di: https://www.verdi.de/themen/recht-datenschutz/++co++0ba8cc14-1882-11ed-9793-001a4a160129 

 

10. Weitere FAQs zu Aspekten der Arbeitszeit

Kann ich meine Arbeitszeit verlängern?

Es besteht die Möglichkeit, dass teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer*innen beim Arbeitgeber den Wunsch anzeigen, die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zu verlängern. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, ihn oder sie bei der Besetzung entsprechender freier Stellen bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen, sofern nicht dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer Teilzeitbeschäftigter entgegenstehen.

Habe ich erst einen Anspruch auf Überstundenvergütung, wenn ich mehr gearbeitet habe als gesetzlich erlaubt ist?

Der Anspruch auf Überstundenvergütung ist nicht daran gebunden, dass mehr als die gesetzlich erlaubte Höchstarbeitszeit von zehn Stunden gearbeitet wurde. Der Anspruch auf Überstundenvergütung richtet sich nach der vereinbarten Arbeitszeit und wird fällig bei deren Überschreiten. Unabhängig davon ist der Arbeitgeber  dazu verpflichtet, die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit einzuhalten.

Habe ich einen Anspruch auf die Vergütung der Überstunden?

Für die Überstunden ist entweder ein Ausgleich in Geld oder in Zeit zu gewähren.

Wurde zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*in ein Monatslohn und gleichzeitig die Höhe der Arbeitszeit vereinbart, folgt daraus, dass sich die Monatsvergütung auf die vereinbarte Arbeitszeit bezieht. Damit verbindet sich ein Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe des üblichen Stundenlohns. Wenn es einzelvertragliche, tarifliche oder betriebliche Zusatzvereinbarungen gibt, besteht eventuell ein höherer Anspruch.

Ob Überstunden vergütet werden oder ob die Stunden in Freizeit umgewandelt werden, ist abhängig davon, welche tariflichen, betrieblichen oder einzelvertraglichen Regelungen zur Anwendung kommen. In manchen Betrieben wird nur vergütet, in anderen nur ein Freizeitausgleich gewährt. Informationen darüber gibt es beim Arbeitgeber oder dem Betriebsrat. Bei Konflikten helfen der Betriebsrat oder der zuständige ver.di-Bezirk.

 

11. Weitere schützende Regelungen und Gesetze für Beschäftigte

Die europäische Arbeitszeitrichtlinie: Sie regelt die Arbeitszeiten in der Europäischen Union, die von den einzelnen Ländern mindestens eingehalten werden müssen. Demnach liegt die vorgesehene Höchstarbeitszeit in der Woche bei 48 Stunden. Das Gesetz regelt auch Ruhezeiten, zum Beispiel den Anspruch auf Pausen spätestens nach sechs Stunden oder den Anspruch auf bezahlten Urlaub von vier Wochen im Jahr. Die Mitgliedstaaten der Union können eigene Gesetze erlassen, müssen sich aber innerhalb des Rahmens bewegen, den die EU vorgibt.

Das deutsche Arbeitszeitgesetz hat das Ziel, Beschäftigte vor überlangen Arbeitszeiten und daraus folgende Gesundheitsgefährdungen zu schützen. Über das deutsche Arbeitszeitgesetz hinaus gibt es viele weitere Gesetze und Regelungen in Deutschland, die Beschäftigte am Arbeitsplatz vor Gesundheitsgefahren schützen.

Deutsches Arbeitsschutzgesetz: Das „Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit“, kurz Arbeitsschutzgesetz genannt, dient dazu, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Das wird u.a. durch die im Arbeitsschutzgesetz vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung erreicht.

Gefährdungsbeurteilung: In Paragraf 5 des Arbeitsschutzgesetzes ist festgelegt, dass Arbeitgeber ermitteln müssen, welche Gefährdungen am Arbeitsplatz für die Beschäftigten bestehen und welche Maßnahmen erforderlich sind. Dabei geht es nicht nur um Risiken für Leib und Leben wie physikalische, chemische oder biologische Einwirkungen, belastende Arbeitsverfahren und den Umgang mit Maschinen, Geräten und Arbeitsstoffen, sondern explizit auch um psychische Belastungen bei der Arbeit.

Jugendarbeitsschutz: Das deutsche Jugendarbeitsschutzgesetz schützt junge Menschen unter 18 Jahren vor Überlastungen durch Arbeit, die sie gefährdet, zu früh beginnt, zu lange dauert oder zu schwer für sie ist.

Kinderarbeitsschutz: Personen unter 15 Jahren gelten als Kinder. Die Verordnung über den Kinderarbeitsschutz konkretisiert die nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz für Kinder über 13 Jahren und Vollzeit schulpflichtige Jugendliche ausnahmsweise zulässigen leichten und für sie geeigneten Arbeiten. Zugelassen werden – mit Ausnahme des Austragens von Zeitungen, Zeitschriften, Anzeigenblättern und Werbeprospekten – nur Beschäftigungen im nichtgewerblichen Bereich.

Mutterschutz: Das „Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium“ schützt die Gesundheit der Frau und ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplatz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit. Das Gesetz ermöglicht es der Frau, ihre Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit in dieser Zeit ohne Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes fortzusetzen und wirkt Benachteiligungen während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit entgegen. Regelungen in anderen Arbeitsschutzgesetzen bleiben unberührt.

Arbeits- und Gesundheitsschutz im Betrieb: Unter den Arbeitsschutz fallen die mitbestimmten Regelungen, die sich aus dem Arbeitsschutzgesetz ableiten, beispielsweise zum Schutz vor Lärm, Gefahrstoffen und Unfällen. Gesundheitsschutz umfasst auch betrieblich relevante Regelungen, etwa zum Gesundheitsmanagement. Davon abzugrenzen ist die individuelle Gesundheitsförderung, beispielsweise mit Kursen zur Rückenschule oder zur Raucherentwöhnung. Bei diesen Themen bestimmt auch der Betriebsrat mit, deshalb können sich Beschäftigte vertrauensvoll an ihn wenden, wenn sie ihre Gesundheit gefährdet oder sich überlastet fühlen. In einer sogenannten „Überlastungsanzeige“ können sie auf ihre belastende Situation aufmerksam machen und sich im Rahmen etwaiger Haftungsansprüche durch die Folgen der Überlastung entlasten.

Überlastungsanzeige: Viele Beschäftigte sind einem wachsendem Leistungs- und Verantwortungsdruck ausgesetzt. Wird der zu groß, kann es zu Sach- und Personenschäden bei der Arbeit kommen. Eine Überlastungsanzeige bietet die Möglichkeit, auf die Situation aufmerksam zu machen und sich im Rahmen etwaiger Haftungsansprüche entlasten zu können. Die Überlastungsanzeige dient dazu, den Arbeitgeber deutlich und nachweisbar auf Gefahren hinzuweisen und zum Ergreifen von Gegenmaßnahmen anzuregen. Die Überlastungsanzeige ist zwar nicht im Gesetz selbst festgeschrieben, sie hat aber ihre Grundlagen u.a. in Teilen des Arbeitsschutzgesetzes, des Arbeitsvertrags (Nebenpflichten) und des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Eine Überlastungsanzeige ist der (schriftliche) Hinweis an den Arbeitgeber bzw. unmittelbaren Vorgesetzten mit der Kernaussage, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der Arbeitsleistung in einer konkret zu beschreibenden Situation gefährdet ist, und Schäden zu befürchten sind. Nicht notwendig ist, dass die Überlastungsanzeige auch so benannt wird, welche Überschrift gewählt wird, ist irrelevant. Es kommt nur darauf an, dass die kritische Situation ausführlich beschrieben wird.

 

12. Umfassender Arbeits- und Gesundheitsschutz als Gewerkschaftsaufgabe

ver.di macht sich stark für einen umfassenden Arbeits- und Gesundheitsschutz: in der Selbstverwaltung der gesetzlichen Unfallversicherung, in den einzelnen Fachbereichen ebenso wie in der Tarif- und Sozialpolitik. Ehren- und Hauptamtliche vertreten die Gewerkschaft in den Ausschüssen für Gefahrstoffe, Biostoffe, Arbeitsstätten, Arbeitsmedizin und Betriebssicherheit. Hier werden die staatlichen Regelwerke zum Arbeitsschutz erarbeitet, gleichzeitig beraten die Ausschüsse das Bundesarbeitsministerium bei der Festlegung von Arbeitsschutzverordnungen.

Um angesichts extremer Arbeitsverdichtungen und wachsender Belastungen zu verhindern, dass Arbeit krank macht, setzt ver.di auf gesetzliche Regelungen und auf einen besseren betrieblichen Gesundheitsschutz. Dazu bietet die Gewerkschaft regelmäßig Seminare zur individuellen Prävention und Gesundheitsförderung an. Die ver.di-Fachbereiche veröffentlichen Handlungshilfen, die branchenspezifische Gesundheitsgefährdungen für die Beschäftigten aufzeigen – und Maßnahmen zum betrieblichen Gesundheitsschutz vorstellen. Und um Betriebs- und Personalräte fit fürs betriebliche Gesundheitsmanagement zu machen, bietet ver.di regelmäßig Fortbildungen und Materialien zur Mitbestimmung beim betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes an.

Mehr erfahren: https://www.verdi.de/themen/mitbestimmung/++co++87950832-adff-11e0-7d3a-00093d114afd 

Das Arbeitszeitgesetz ist nicht vom Himmel gefallen – und es ist auch nicht selbstverständlich, dass es so bleibt, wie es ist. Die Arbeitgeber versuchen ständig, das Arbeitszeitgesetz aufzuweichen und z.B. die tägliche Höchstarbeitszeit zu Gunsten einer wöchentlichen abzuschaffen oder die Ruhezeiten zu verkürzen. ver.di tritt dem entgegen – rechtspolitisch und im parlamentarischen Raum. Gewerkschaften sind immer so stark wie die Summe ihrer Mitglieder.

Deswegen jetzt ver.di-Mitglied werden: https://mitgliedwerden.verdi.de/?mtm_campaign=verdi-eintritt