Berlin, 4. Dezember 2019 – Die Einführung von Systemen Künstlicher Intelligenz (KI) trägt bislang nur unzureichend zur Verbesserung der Arbeitsqualität bei. Vielmehr drohen Arbeitsplatzabbau sowie eine höhere Arbeitsintensität, zudem haben die Beschäftigten geringere Handlungsspielräume. Das sind die zentralen Befunde des „ver.di-Innovationsbarometers 2019 – Künstliche Intelligenz“, das am 3. Dezember in Berlin veröffentlicht wurde. „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz müssen so gestaltet werden, dass sie den Beschäftigten sowie dem Schutz und dem Ausbau der Arbeitnehmerrechte dienen“, sagte Christoph Schmitz, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. Dringend notwendig sei, die betrieblichen Mitbestimmungsorgane bei der Einführung von KI-Projekten frühzeitig stärker einzubeziehen. Nur so könnten deren Folgewirkung richtig abgeschätzt und nur so können sie sozialverträglich gestaltet werden. Das gerade bekannt gewordene Beispiel des Modehändlers Zalando, der offenbar mit neuen Formen der digital gestützten Leistungskontrolle für mehr Überwachung und Druck sorge, zeige, wie dringend ein verstärkter Schutz der Beschäftigten sei.
Das ver.di-Innovationsbarometer erscheint alle zwei Jahre und gibt Auskunft über die Innovationsfähigkeit im Dienstleistungssektor. Es basiert auf Umfragen unter ver.di-Arbeitnehmervertreter*innen in Aufsichtsräten, Betriebs- und Personalräten. Das „ver.di-Innovationsbarometer 2019 – Künstliche Intelligenz“ basiert auf den Angaben von 990 ver.di-Arbeitnehmervertreter*innen. Die Umfrage wurde im Mai und Juni 2019 durchgeführt.
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen deutliche Defizite beim Einsatz von KI-Systemen. So fürchten 66 Prozent der Befragten in betroffenen Unternehmen, dass die Zahl der Arbeitsplätze durch den KI-Einsatz sinken wird (nur drei Prozent erwarten eine Zunahme). Zudem berichten 52 Prozent der Befragten von einer Zunahme der Arbeitsintensität (von einer Abnahme nur elf Prozent); 42 Prozent der Befragten benennen häufigere Störungen der Arbeitsabläufe (lediglich 11 Prozent weniger Störungen); 50 Prozent der Befragten erkennen eine Zunahme der Transparenz des Arbeits- und Leistungsverhaltens der Beschäftigten (nur 13 Prozent eine Abnahme); und 60 Prozent der Befragten berichten von einer Verringerung der Handlungs- und Entscheidungsspielräume durch KI (nur vier Prozent von einer Ausweitung).
Diese Befunde bedeuteten aber nicht, dass Künstliche Intelligenz keinen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsqualität leisten könne, sagt ver.di-Bundesvorstandmitglied Schmitz. Derzeit stimmen die Bedingungen des KI-Einsatzes nicht. „Die Umfrage zeigt, woran es hapert: an Information und Mitbestimmung“, so Schmitz. Wenn 32 Prozent der Befragten angeben, ihnen sei nicht einmal bekannt, ob in ihrem Unternehmen KI verwendet werde, müsse sich die Informationspolitik der Unternehmensleitungen schleunigst ändern. Ein Unding sei, wenn 57 Prozent der Mitbestimmungsorgane nicht an der Planung und Durchführung von KI-Projekten beteiligt seien. „Gerade in diesem Bereich brauchen wir mehr und nicht weniger Mitbestimmung; der Gesetzgeber ist gefordert, die entsprechenden Rechtsgrundlagen zu schaffen.“