Das neue Jahr startet mit einer neuen Regierung und auch mit zahlreichen neuen Gesetzen und Verordnungen. Welche Änderungen im Jahr 2022 auf Beschäftigte zukommen, zeigt unsere Übersicht.
Ausbildung
Ab 1. Januar 2022 steigt die Mindestausbildungsvergütung. Die Mindestvergütung für Auszubildende ist seit 2020 im Berufsbildungsgesetz festgeschrieben. Sie gilt für Ausbildungsverträge, die außerhalb der Tarifbindung liegen und ab dem 1. Januar 2020 begonnen haben. Die Mindestvergütung für das erste Ausbildungsjahr steigt 2022 von 550 auf 585 Euro. 2023 liegt sie dann bei 620 Euro. Im zweiten Lehrjahr bekommen Azubis jeweils 18 Prozent mehr und im dritten Lehrjahr 35 Prozent und im vierten Jahr 40 Prozent mehr. 2022 sind das dann 690 Euro im zweiten Ausbildungsjahr, 790 Euro im dritten und 819 Euro im vierten Jahr.
Betriebliche Altersvorsorge
Wer seit 2019 eine betriebliche Altersvorsorge abgeschlossen hat, bekommt 15 Prozent Zuschuss vom Arbeitgeber. Mit Inkrafttreten der Stufe drei des Betriebsrentenstärkungsgesetztes zum 1. Januar 2022 muss dieser Zuschuss dann auch für Altverträge gezahlt werden. Den vollen Zuschuss erhält, wessen Verdienst unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Krankenversicherung liegt (58.050 Euro brutto im Jahr 2022). Bei höherem Verdienst kann der Zuschuss gleitend abgesenkt werden.
Corona-Bonus
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können noch bis zum 31. März 2022 einen Corona-Bonus von ihrem Arbeitgeber erhalten. Dabei sind aktuell Zahlungen – auch in mehreren Teilraten – von bis zu 1.500 Euro möglich, und zwar steuerfrei. Alle Beschäftigten in Deutschland können diesen Bonus, der zusätzlich zum Gehalt gezahlt wird, erhalten, auch diejenigen, die bereits 2020 und/oder 2021 eine Sonderzahlung erhalten haben. Die Bundesregierung hat angekündigt, den Bonus auf 3.000 Euro zu erhöhen, sodass sich dann der Freibetrag verdoppeln würde.
Corona-Hilfen
Die Bundesregierung verlängert die Wirtschaftshilfen in der Corona-Pandemie. Bis Ende März 2022 verlängert werden unter anderem der erleichtere Zugang zum Kurzarbeitergeld, die Neustarthilfe für Soloselbstständige und die in Zuständigkeit der Länder liegenden Härtefallhilfen. Die bis Jahresende befristete Überbrückungshilfe III wird bis Ende März 2022 als Überbrückungshilfe IV verlängert.
Elektronische Krankmeldung
Ab dem 1. Januar 2022 müssen Arztpraxen eine Krankschreibung elektronisch an die Krankenkasse übermitteln. Arbeitnehmer*innen müssen aber noch bis zum 30. Juni 2022 ihrem Betrieb die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) in Papierform vorlegen. Danach soll die Krankschreibung dann auch elektronisch an den Arbeitgeber übermittelt werden – und zwar indem er sie bei den Krankenkassen abruft. Dafür muss der Arbeitgeber allerdings von seinen Beschäftigten über die Arbeitsunfähigkeit benachrichtigt werden. Nach der Probephase in 2022, ist die elektronische Krankscheibung ab 2023 die Regel. Der „gelbe Schein“ auf Papier wird damit mehr oder weniger digitalisiert. Die Patienten erhalten lediglich noch eine ausgedruckte Ausfertigung zur eigenen Dokumentation.
Frührente
Frührentnerinnen und Frührentner dürfen auch 2022 deutlich mehr hinzuverdienen, ohne dass ihnen die Rente gekürzt wird: Wegen der Corona-Krise und des Fachkräftemangels – u.a. im Pflegebereich – ist aktuell die Hinzuverdienstgrenze für Rentner*innen mit vorgezogener Altersrente deutlich angehoben. Die Regelung wurde nun bis Ende 2022 verlängert. Frührentner*innen dürfen somit auch 2022 bis zu 46.060 Euro hinzuverdienen (etwa 3.838 Euro brutto im Monat), ohne dass ihre vorgezogene Altersrente gekürzt wird. Die Bundesregierung hatte erstmals im März 2020 mit der Anhebung der Hinzuverdienstgrenze auf den durch die Corona-Krise gestiegenen Bedarf an medizinischem Personal und anderen Fachkräften reagiert. Vorher lag die Hinzuverdienstgrenze bei 6.300 Euro im Jahr.
Homeoffice-Pauschale
Steuerpflichtige können 2020 und 2021 für jeden Kalendertag, an dem sie ausschließlich im Homeoffice arbeiten, einen Betrag von 5 Euro geltend machen, maximal jedoch 600 Euro pro Jahr. Diese Homeoffice-Pauschale, die Arbeitnehmer*innen als steuersparende Werbungskosten und Unternehmer als gewinnmindernde Betriebsausgaben berücksichtigen dürfen, war ursprünglich auf die Jahre 2020 und 2021 begrenzt. SPD, Grüne und FDP wollen die Homeoffice-Pauschale bis Ende 2022 verlängern.
Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegeberufe
Mit einem ihrer ersten Gesetze führt die neue Ampelkoalition eine „einrichtungsbezogene“ Impfpflicht ein. Wer in einem Gesundheits- oder Pflegeberuf arbeitet oder beruflich Behinderte betreut, muss seinem Arbeitgeber bis zum 15. März 2022 eine Impfung gegen das Corona-Virus nachweisen. Ab dem 16. März 2022 können diese Arbeitnehmer*innen nur noch nach Vorlage eines entsprechenden Impf- oder Genesenennachweises ihre Arbeit antreten.
Kinderzuschlag
Der Kinderzuschlag, eine Leistung zusätzlich zum Kindergeld für Familien mit geringem Einkommen, steigt von 205 Euro auf bis zu 209 Euro pro Monat pro Kind. Das gilt nach Angaben des Familienministeriums allerdings nur, falls nicht kurzfristig eine Kindergelderhöhung zum 1. Januar beschlossen wird.
Kurzarbeit
Das Bundesarbeitsministerium hat die erleichterten Voraussetzungen für den Zugang zum Kurzarbeitergeld noch einmal um drei Monate bis Ende März 2022 verlängert. Die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes beträgt weiterhin 24 Monate.
Mindestlohn
Zum 1. Januar steigt der gesetzliche Mindestlohn von derzeit 9,60 Euro auf 9,82 Euro. Für 1. Juli war die Anhebung des Mindestlohns auf 10,45 Euro geplant. Im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP allerdings eine Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro angekündigt. Dies soll bereits 2022 geschehen.
Pfändung
Auf Schuldner*innen kommen beim Pfändungsschutz Änderungen zu: Zum Jahresbeginn 2022 erweitert der Gesetzgeber die Liste der unpfändbaren Gegenstände, die jeder besitzen darf. Die Liste wird insofern ausgeweitet, dass künftig auch die Gegenstände aller mit dem Schuldner im selben Haushalt lebenden Personen vor einer Pfändung geschützt sind. Außerdem wird eine „Unpfändbarkeit von Haustieren“ hinzugefügt.
Pflege
Ab dem 1. Januar 2022 werden die Beträge für die Pflegesachleistungen und Kurzzeitpflege erhöht. Damit bekommen pflegebedürftige Menschen mehr Geld zur häuslichen Pflege und zur Kurzzeitpflege hinzu. Die „Pflegesachleistungen“ werden ab Pflegestufe 2 um 5 Prozent erhöht:
Die Leistungen der Kurzzeitpflege steigen um 10 Prozent – von 1.612 Euro auf 1.774 Euro pro Kalenderjahr. Heimbewohnerinnen und Heimbewohner ab Pflegestufe 2 bekommen ab Januar 2022 einen Leistungszuschlag zu den Pflege- und Ausbildungskosten. Je länger die Senioren im Heim leben, desto höher ist der Zuschlag.
Pflegereform
Die Pflegereform der ehemaligen schwarz-roten Koalition kommt. Unter anderem wird der Beitrag für Kinderlose ab dem vollendeten 23. Lebensjahr in der gesetzlichen Pflegeversicherung von 0,25 Prozent des Bruttogehalts um 0,1 Punkte auf 0,35 Prozent angehoben. Zusätzlich beteiligt sich der Bund ab 2022 jährlich mit einer Milliarde Euro an den Aufwendungen der sozialen Pflegeversicherung. Ab September 2022 dürfen nur noch die Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen werden, die ihre Pflege- und Betreuungskräfte nach Tarif vergüten.
Pflegebedürftige sollen durch die Reform nicht überfordert werden. Die Pflegeversicherung zahlt deshalb künftig neben dem je nach Pflegegrad differenzierten Leistungsbetrag einen Zuschlag zu den Pflegekosten. Dieser solle mit der Dauer der Pflege steigen. Im ersten Jahr trage die Pflegekasse 5 Prozent des pflegebedingten Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent und danach 70 Prozent.
Rente
Wer überlegt, statt Nullzinsen auf dem Sparbuch die Rente durch Ausgleichszahlungen aufzubessern, sollte das im Jahr 2022 tun. Da in 2022 das „vorläufige Durchschnittsentgelt“, der „Einkaufspreis“ für die Ausgleichszahlung sinkt, sind „Extrazahlungen“ an die Rentenversicherung besonders günstig. Mehr Infos gibt es hier.
Rentenversicherung
Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) sinkt auf 7.050 Euro/Monat (2021: 7.100 Euro/Monat) und die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) steigt auf 6.750 Euro/Monat (2021: 6.700 Euro/Monat).
Sachzuwendungen
Ab 2022 wird die monatliche Freigrenze für Sachbezüge von derzeit 44 Euro auf 50 Euro angehoben. Doch aufgepasst: Werden die Sachzuwendungen mittels Gutscheinen oder Geldkarten zugewendet, müssen ab 1. Januar 2022 die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllt sein.
Steuer – Steuertarif
2022 steigt der Grundfreibetrag um 204 Euro. Bei einer ledigen Person wird somit erst ab einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 9.948 Euro im Jahr Einkommensteuer fällig. Bei Ehepaaren beziehungsweise eingetragenen Lebenspartnern verdoppelt sich der Betrag auf 19.896 Euro.
Steuer – Unterhaltsfreibetrag
Mit dem Grundfreibetrag erhöht sich 2022 auch der Unterhaltsfreibetrag auf 9.984 Euro. Das bedeutet, dass man von Unterhaltsleistungen an die bedürftigen Kinder oder Eltern mehr steuermindernd geltend machen kann.
Teilhabestärkungsgesetz
Ende Mai 2021 hat der Bundesrat dem Teilhabestärkungsgesetz zugestimmt. Dadurch kommt es ab Januar 2022 zu Änderungen: So wird das Budget für Ausbildung, das Menschen mit Behinderungen eine reguläre Berufsausbildung ermöglicht, ausgeweitet. Außerdem soll eine einheitliche Ansprechstelle für Arbeitgeber zur Information, Beratung und Unterstützung bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen eingerichtet werden.
Wahlalter
Das Wahlalter für Betriebsratswahlen wird herabgesetzt. Ab 2022 dürfen bereits 16-Jährige ihre Stimme abgeben. Zuvor lag das Mindestalter bei 18 Jahren. Wer selbst in den Betriebsrat gewählt werden will, muss jedoch nach wie vor mindestens 18 Jahre alt sein.